17086/J XXVII. GP
Eingelangt am 11.12.2023
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Anfrage
des Abgeordneten Mario Lindner,
Genossinnen und Genossen,
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend „Planungsversagen des Bundes bei wichtigen Covid-19-Medikamenten“
Der aktuelle Winter sorgt laut Abwasser-Analysen für neue Höchstwerte an Covid-19-Infektionen. Auch wenn die Masse an Covid-19-Infektionen bei weitem nicht mehr jene verheerenden Auswirkungen auf unseren Alltag, unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft haben als noch vor einigen Jahren, können Infektionen für individuelle Betroffene eine enorme und teilweise auch langfristige gesundheitliche Belastung sein. Gerade in diesen Fällen ist der rasche und problemlose Zugang zu den notwendigen medikamentösen Behandlungen von zentraler gesundheitspolitischer Bedeutung.
Gerade für ältere und vulnerable Personen, beispielsweise Menschen mit relevanten Vorerkrankungen, ist daher der Zugang zu Paxlovid besonders wichtiger. Je schneller das Medikament eingenommen wird, desto effektiver lassen sich schwere Krankheitsverläufe, Hospitalisierungen oder sogar tödliche Komplikationen verhindern. Wie die Tageszeitung Der Standard aber aufdeckte, ist die Versorgung mit diesem Medikament aber aktuell in vielen Teilen Österreichs nicht gegeben:
Von "rasch" kann derzeit in Österreich vielerorts aber keine Rede sein: DER STANDARD hat von zahlreichen Betroffenen erfahren, dass sie zuletzt die ärztlich verschriebenen Tabletten in den Apotheken nicht bekommen konnten, weil dort die Vorräte erschöpft seien. Das deckt sich auch mit einem Rundruf bei mehreren Apotheken in Wien, die von einem Mangel an Paxlovid berichten. Der Bedarf der Kundschaft an dem kostenlos abgegebenen Medikament könne in der aktuellen Infektionswelle mitunter nicht gestillt werden.
Auch in Apotheken in St. Pölten zeigen stichprobenartige Erkundigungen dasselbe Bild, in Linz und Graz werden hingegen noch vorhandene Packungen gemeldet. Die Apothekerkammer bestätigte dem STANDARD am Mittwochabend, dass es aktuell regionale Paxlovid-Engpässe gibt.[1]
Recherchen des Standard lassen die Befürchtung aufkommen, dass „der Bund schlicht zu geringe Mengen bestellt habe, weil man im Sommer das Ausmaß der Infektionen und somit den Bedarf unterschätzt habe“. Weder das zuständige Gesundheitsministerium noch die Apothekerkammer können sagen, wo in Österreich sich aktuell wie viele der bis Ende Oktober ausgelieferten 110.000 Dosen (von insgesamt 180.000 bestellten Packungen) befinden. Das Ministerium gibt – unter Verweis darauf, dass bisher nicht mehr als 15.000 Packungen pro Monat gebraucht worden wären – lediglich an das derzeitig beschaffte Medikament bis Ende Jänner 2024 haltbar ist. Aktuell werde an Umschichtungen der noch vorhandenen Mengen, insbesondere von Spitälern auf Apotheken, gearbeitet. Aber:
Bei wie vielen Packungen diese Umschichtung gelingen wird, sei derzeit aber fraglich, die Abklärung sei im Laufen. Immerhin dürften die Vorräte auch in den Spitalsapotheken nicht mehr riesig sein, wie von Kennern der Materie zu hören ist.
Phago hat zwar die Lagerung der noch nicht an Apotheken gelieferten Packungen übernommen. Wie groß deren Restmenge im Lager ist, könne man aber nicht sagen, da sich die Vorräte im Eigentum des Bundes befinden. Auch die Herstellerfirma Pfizer verweist auf die Zuständigkeit des Bundes für den Lagerstand.[2]
Weitere Dosen für die Zeit nach dem Jänner 2024 wurden bisher noch nicht bestellt. Eine echte Versorgungssicherheit für jene Personen, die dringend auf dieses Medikament angewiesen sind, besteht angesichts des fehlenden Gesamtüberblicks des Bundes offensichtlich nicht.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Wie konnte diese akute Versorgungslücke mit Paxlovid entstehen?
a. Welche Stelle in Ihrem Ressort ist für Planung, Monitoring und Evaluierung des zugrundeliegenden Vorgangs verantwortlich?
2. Welche konkreten Konsequenzen zieht Ihr Ressort aus der aktuellen Versorgungslücke mit Paxlovid?
3. Wie kann es möglich sein, dass das zuständige Gesundheitsministerium als Ankaufs- und Verteilungsstelle dieses Medikaments keinen Überblick darüber hat, wie viele Packungen sich wo in Österreich befinden und wo genau diese fehlen?
4. Wie viele Packungen Paxlovid wurden seit Beginn der Verfügbarkeit dieses Medikaments in Österreich jeweils ausgegeben? Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland, Spitälern und Apotheken?
5. Wann wurden seit der Verfügbarkeit von Paxlovid welche Anzahl an Packungen angekauft und wann wurden jeweils wie viele Packungen an Spitäler oder Apotheken ausgeliefert? Bitte um Aufschlüsselung nach Monat.
6. Nach welchen genauen Kriterien wurde der bisherige Verteilungsplan bei der Auslieferung von Paxlovid gestaltet und wie wird dieser angesichts der aktuellen Pannen geändert bzw. evaluiert werden?
7. Wie viele Dosen Paxlovid, die bisher noch nicht ausgeliefert wurden, befinden sich aktuell im Eigentum des Bundes?
a. Warum wurden diese angesichts der aktuellen Lage noch nicht ausgeliefert?
8. Wie viele Packungen Paxlovid wurden seit dem gegenständlichen Medienbericht beispielsweise aus Spitälern an niedergelassene Apotheken umgeschichtet?
9. Wie vielen Dosen wurden seit dem gegenständlichen Medienbericht neu angekauft bzw. deren Ankauf in Auftrag gegeben um die Versorgung nach Ablauf der gegenwärtig zugänglichen Packungen sicherzustellen?
a. Wie kam die Berechnung der angekauften Anzahl an neuen Medikamenten zustande?
b. Warum wurde, angesichts der seit Wochen steigenden Infektionszahlen, nicht früher ein Ankauf neuer Paxlovid-Dosen in die Wege geleitet?
10. Liegen Ihrem Ressort Zahlen darüber vor, wie viele Personen bisher aufgrund des fehlenden Zugangs zu einer raschen Paxlovid-Therapie hospitalisiert werden mussten?