17392/J XXVII. GP
Eingelangt am 15.12.2023
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ANFRAGE
der Abgeordneten Petra Steger
an den Bundeskanzler
betreffend Vertiefung der EU-Beziehungen zur Türkei
Am 28. November 2023 hat die Europäische Kommission in Brüssel einen Bericht veröffentlicht, der eine Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei in mehreren Bereichen vorsieht. Der EU-Kommissar Oliver Varhelyi fordert von den EU-Staaten etwa Visaerleichterungen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell fordert die Wiederaufnahme der im Jahr 2019 ausgesetzten „Dialoge auf hoher Ebene“. Darüber hinaus wird eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Migration, Konnektivität und Energie sowie eine Modernisierung der Zollunion vorgeschlagen.
Diese Pläne kann man jedoch nur als eine völlig unangebrachte Wiederholung vergangener Fehler bezeichnen. Denn die Türkei hat nun schon über mehrere Jahre hinweg eindrucksvoll bewiesen, dass dieser Staat in fast allen Bereichen der denkbar schlechteste Partner ist. Nicht nur einmal ist der türkische Präsident Erdogan mit schwer bedenklichen Handlungen aufgefallen, wie etwa beim Abbau der Demokratie, bei der Einschränkung der Pressefreiheit, bei der Missachtung der Menschenrechte, beim Verbotsverfahren gegen Oppositionsparteien, bei völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen in Syrien, bei Provokationen rund um Zypern sowie die mehrmaligen Erpressungen der EU mit ‚Flüchtlingen‘ oder das Anheizen der kriegsartigen Ausschreitungen an griechischen Grenzzäunen. Die EU sollte daher endlich aus der Vergangenheit lernen und keinesfalls seine Beziehungen zu einem Land vertiefen, das in den letzten Jahren immer weiter weg von westlich-demokratischen Werten geführt wurde. Es bräuchte hier ein rasches Umdenken mit dem Eingeständnis, dass auch ein Entzug des EU-Beitrittskandidatenstatus längst überfällig wäre.
Darüber hinaus ist die EU mittlerweile ohnehin auf der ganzen Welt für ihre katastrophalen Deals und Partnerschaften bekannt. So hat etwa erst unlängst Niger sowie Tunesien mit Aufkündigungen entsprechender Migrationsdeals die EU eiskalt im Regen stehen gelassen. Solche politischen Zurückweisungen erleben die Verantwortlichen jedoch nicht zum ersten Mal – bereits im Jahr 2016 hat eben jene Türkei im Rahmen eines Migrationsabkommens die EU nach Strich und Faden vorgeführt. Schnell wurden damals Milliarden Euro in der Hoffnung auf einen Stopp der illegalen Massenmigration von der Türkei aus nach Europa locker gemacht, eine Hoffnung, welche nie Realität wurde. Das passiert, wenn man sich an unseriöse Staaten anbiedert, anstatt selbstbewusst in den eigenen Außengrenzschutz zu investieren.
In diesem Zusammenhang stellt die unterfertigte Abgeordnete an den Bundeskanzler nachstehende
Anfrage
1. Wie stehen Sie zum Vorschlag einer Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei?
a. Befürworten Sie Visaerleichterungen?
b. Befürworten Sie eine Wiederaufnahme der „Dialoge auf hoher Ebene“?
c. Befürworten Sie eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Migration, Konnektivität und Energie?
d. Befürworten Sie eine Modernisierung der Zollunion?
2. Haben Sie Gespräche mit Vertretern der EU-Kommission bezüglich einer Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei geführt?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn ja, mit wem?
c. Wenn ja, welche Position haben Sie in den Gesprächen vertreten?
d. Wenn ja, haben Sie ein Veto dagegen angekündigt?
e. Wenn nein, wieso haben Sie diesbezüglich keine Gespräche geführt?
b. Wenn ja, mit wem?
c. Wenn ja, welche Position haben Sie in den Gesprächen vertreten?
d. Wenn ja, haben Sie sich bei dieser Gelegenheit dagegen positioniert?
e. Wenn nein, wieso haben Sie diesbezüglich keine Gespräche geführt?
4. Wie bewerten Sie den Umstand, dass die Türkei nach wie vor über den EU-Beitrittskandidatenstatus verfügt, obwohl das Land in den letzten Jahren immer weiter weg von westlich-demokratischen Werten geführt wurde?
a. Befürworten Sie den EU-Beitrittskandidatenstatus der Türkei oder setzen Sie sich für dessen Entzug ein?
5. Können Sie ausschließen, dass die Türkei in absehbarer Zeit Mitglied der Europäischen Union wird?