17405/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.12.2023
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Frauen‚ Familie‚ Integration und Medien

betreffend Integrationsmaßnahmen für Ukrainer:innen

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine tobt nun seit fast zwei Jahren. Folter, Misshandlungen, sexuelle Gewalt, Massenhinrichtungen, Verschleppung von Kindern, gezielte Angriffe auf zivile Einrichtungen sowie weitere schwere Verbrechen im Sinne des internationalen Völkerstrafrechts sind in der Ukraine an der Tagesordnung. Das daraus resultierende Leid führte Millionen Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und in den europäischen Nachbarstaaten Schutz zu suchen, darunter rund 80.000 Ukrainer:innen in Österreich. Auch die österreichische Regierung versprach Solidarität mit der Ukraine und Hilfe für Ukrainer:innen. Jedoch zeichnen sich seitdem zahlreiche Mängel in Sachen Versorgung und Unterbringung von Ukrainer:innen ab - und auch im Integrationsbereich besteht Verbesserungspotential. 

Von den 80.000 Ukrainer:innen bezieht rund die Hälfte Grundversorgung, und vor allem bei jenen, die Grundversorgung beziehen, besteht laut UNHCR das Risiko, in die Armut abzurutschen - denn gerade für alleinstehende Mütter mit Kindern ist das System der Grundversorgung ungeeignet, da die Grundversorgung erstens nicht für einen längerfristigen Verbleib von hilfsbedürftigen Menschen konzipiert ist und zweitens zur adäquaten Versorgung von Kindern unzureichend ist.1 Die Erwerbstätigkeit von Ukrainer:innen ist niedrig, wohl aufgrund der komplizierten Zuverdienstregelungen und der Tatsache, dass die Grundversorgung auch nicht darauf ausgerichtet ist, den Weg auf den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Die Anerkennung von Bildungsabschlüssen ist außerdem langsam und bürokratisch. Da 73% der Ukrainer:innen in Österreich einen Hochschulabschluss haben und laut Studie generell ein hohes Bildungsniveau sowie Leistungsbereitschaft mitbringen, ist das besonders bedauernswert.2

Zudem herrscht aufgrund des Ablaufs des temporären Bleiberechts (spätestens im März 2025) aufenthaltsrechtliche Unsicherheit. Laut Berichterstattung des Profil dürfte eine diesbezügliche Lösung an Uneinigkeit innerhalb der ÖVP scheitern - seitens des Innenministeriums wäre eine Überführung ins Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gewünscht sowie ein Zugang zur Sozialhilfe, seitens des Integrationsministeriums sollen vorerst Sprachkenntnisse erworben und abgeprüft sowie Erwerbstätigkeit nachgewiesen werden, um für die Sozialhilfe infrage zu kommen. Ausnahmen etwa für Ältere, chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderungen müssen geschaffen und ebenfalls kontrolliert werden.3

Wir NEOS forderten seit Tag 1 per Antrag eine rasche Integration von aus der Ukraine geflüchteten Menschen. Hierzu braucht es ein ganzheitliches Konzept- von Erstorientierung, Fast track-Verfahren für Nostrifizierungen ukrainischer Bildungsabschlüsse sowie Zugang zum Bildungssystem für Kinder und Jugendliche über rasche Kompetenzchecks zur Arbeitsmarktvermittlung bis hin zu familiengerechten Unterkünften und Zugang zu psychologischer Betreuung.4 Leider ist seitens des Bundesministeriums für Frauen‚ Familie‚ Integration und Medien bis heute kein umfassendes Konzept bzw. keine klare Strategie zur raschen und unbürokratischen Integration von Ukrainer:innen zu erkennen. 

 

  1. https://www.unhcr.org/dach/at/92101-unhcr-bericht-systemwechsel-fur-ukraine-fluchtlinge-in-osterreich-uberfallig.html
  2. https://kurier.at/chronik/oesterreich/ukrainerinnen-in-oesterreich-ein-musterbeispiel-fuer-integration/402514807
  3. https://www.profil.at/oesterreich/ukraine-vertriebene-aufenthalt-sollen-70000-kriegsfluechtlinge-dauerhaft-in-oesterreich-leben/402546953
  4. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2390

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage:

 

  1. Wie lautet das Konzept Ihres Ministeriums zur Integration von Ukrainer:innen? 
    1. Gib es ein spezifisch auf Ukrainer:innen ausgerichtetes Integrationsangebot? 
    2. Wurde dies ressortübergreifend entwickelt und abgestimmt? 
  1. Welche konkreten Maßnahmen bzw. Projekte wurden von welcher Stelle Ihres Ressorts jeweils wann gesetzt, um eine Integration aus der Ukraine ab Tag 1 sicherzustellen? Bitte um detaillierte Darstellung.
  2. Welche Maßnahmen hat Ihr Ministerium gesetzt, um Ukrainer:innen eine Erstorientierung in Sachen Integration zu ermöglichen? 
    1. Gab bzw. gibt es Workshops oder Kurse? In welchem (Stunden-)ausmaß, zu welchen Themen und wie viele Menschen wurden erreicht? 
  1. Welche Maßnahmen hat Ihr Ministerium gesetzt, um genügend Deutschkurse für Ukrainer:innen bereitzustellen? 
    1. Wie viele Ukrainer:innen besuchten seit Kriegsbeginn Deutschkurse? Welcher Niveaus jeweils? 
    2. Wie viele Kapazitäten gab bzw. gibt es seit Kriegsbeginn? Sind diese ausreichend? 
    3. Wie lange dauerte es durchschnittlich von der Ankunft in Österreich bis Erhalt eines Platzes in einem Deutschkurs? 

                                          i.    Wie lange dauerte es durchschnittlich nach dem ersten Kurs bis zum Erhalt eines Platzes in Deutschkursen höheren Niveaus? 

    1. Gibt es ein Angebot an berufsbegleitenden Deutschkursen? 
    2. Wie viele Deutschprüfungen wurden von Ukrainer:innen jeweils positiv oder negativ absolviert? Welcher Niveaus jeweils? 
  1. Welche Maßnahmen hat Ihr Ministerium gesetzt, um die Anerkennung ukrainischer Schul- und Bildungsabschlüssen zu beschleunigen? 
    1. Waren Sie diesbezüglich im Austausch mit dem Bildungsministerium? 
    2. Ist Ihnen bekannt, wie viele ukrainische Schul- und Bildungsabschlüsse anerkannt wurden?

                                          i.    Wenn ja wie viele? Wie lange dauert im Durchschnitt ein Verfahren zur Anerkennung ukrainischer Abschlüsse?  

  1. War Ihr Ministerium mit dem Bildungsministerium hinsichtlich des Zugangs zum Bildungssystem für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine im Austausch? 
    1. Welche gemeinsamen Maßnahmen wurden gesetzt? 
    2. Gibt es ein spezifisch auf Kinder und Jugendliche aus der Ukraine ausgerichtetes Integrationsangebot? 
  1. Welche Maßnahmen hat Ihr Ministerium gesetzt, um die Arbeitsmarktintegration von Ukrainer:innen zu fördern bzw. zu beschleunigen? 
    1. Welche Maßnahmen wurden gesetzt, um

                                          i.    genügend Kinderbetreuungsplätze sicherzustellen, um insbesondere alleinstehenden Frauen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen? 

                                        ii.    Kompetenzchecks zur Arbeitsmarktvermittlung zu organisieren? 

                                       iii.    Ukrainer:innen besser ans AMS zu knüpfen? 

    1. Ist Ihnen bekannt, wie viele Ukrainer:innen in Österreich nach wie vor einen Beruf in der Ukraine haben? Wenn ja, wie viele? 
  1. Welche Maßnahmen hat Ihr Ministerium gesetzt, um Ukrainer:innen einen niederschwelligen Zugang zu psychologischer Betreuung zu ermöglichen?
  2. Welches Integrationsangebot gibt es für vulnerable Ukrainer:innen, z.B. ältere Menschen, Personen mit Behinderungen oder sonstige Krankheiten, unbegleitete Minderjährige usw.?  
  3. Welche Maßnahmen hat Ihr Ministeriums ergriffen, um die Integration von Ukrainer:innen ressortübergreifend zu koordinieren? 
  4. Welche konkreten Maßnahmen wurden von welcher Stelle Ihres Ressorts jeweils wann gesetzt, um bei der Integration von Ukrainer:innen eine Zusammenarbeit bzw. eine effektive Koordination mit den Bundesländern und den Gemeinden sicherzustellen? 
  5. Wie viel kosteten Integrationsmaßnahmen für Ukrainer:innen seit Kriegsbeginn? Bitte um Aufschlüsselung nach Integrationsmaßnahmen und Kostenstelle. 
  6. Wie viele EU-Gelder erhielt Österreich für die Integration von Ukrainer:innen? 
    1. Welche Maßnahmen wurden hiermit gesetzt? 
  1. Wurden die bisher gesetzten Integrationsmaßnahmen für Ukrainer:innen evaluiert? 
    1. Wenn ja, wann und welche? 
    2. Wenn ja, welche Ergebnisse brachten die bisherigen Maßnahmen, Projekte usw.?  
    3. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Wurden bzw. werden seitens Ihres Ministeriums Bedarfsanalysen durchgeführt, die der adäquaten und vorausschauenden Planung der benötigten Kapazitäten und Ressourcen zur Integration von Ukrainer:innen dienen?
    1. Wenn ja, wann? 
    2. Wenn ja, mit welchem Ergebnis? 
    3. Wenn nein, warum nicht? 
  1. Welche Daten werden seitens Ihres Ministeriums bezüglich der Integration von Ukrainer:innen erhoben? Bitte um Übermittlung der Daten.
  2. Wie viele Ukrainer:innen wurden bisher insgesamt mit jeweils welchen Integrationsmaßnahmen erreicht? 
  3. Welche Bleibeperspektiven sind für Ukrainer:innen geplant bzw. werden in Betracht gezogen? 
    1. Ist angedacht, Ukrainer:innen aus dem System der Grundversorgung zu holen? 

                                          i.    Wenn ja, wann? 

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht? 

    1. Wann sollen diese umgesetzt werden bzw. inwiefern bestehen Bemühungen, um die Dauer der aufenthaltsrechtlichen Unsicherheit zu reduzieren? 
    2. Laut Profil möchte das Integrationsministeriums vorerst Sprachkenntnisse prüfen und Erwerbstätigkeit nachgewiesen werden - Ausnahmen soll es für Ältere, chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderungen geben: Werden hierzu bereits Daten erhoben? 

                                          i.    Wenn ja, welche? 

1.    In wie vielen Fällen wurden Sprachkenntnisse geprüft und Erwerbstätigkeit nachgewiesen? 

2.    Wie viele Personen wären von der geplanten Ausnahmeregelung betroffen bzw. wie viele Ukrainer:innen sind Ältere, chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderungen? 

                                        ii.    Wenn nein, wann sollen die Prüfungen bzw. das Sammeln von Nachweisen beginnen? 

  1. Welche Maßnahmen zur Integration von Ukrainer:innen wird Ihr Ministerium in dieser Legislaturperiode noch setzen?
    1. Budgetäre Mittel in welcher Höhe sind hierfür veranschlagt? 
  1. Gibt es auf EU-Ebene und/oder internationaler Ebene einen Austausch hinsichtlich der Integration von Ukrainer:innen? 
    1. In welchen Gremien jeweils? 
    2. Mit welchem Ergebnis? 
    3. Gibt es einen Austausch zu best practices?

                                          i.    Wenn ja, welche davon sollen auf nationaler Ebene wann umgesetzt werden?