Eingelangt am 19.12.2023
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Dr. Stephanie
Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Frauen‚
Familie‚ Integration und Medien
betreffend Integrationsmaßnahmen für
Ukrainer:innen
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine tobt
nun seit fast zwei Jahren. Folter, Misshandlungen, sexuelle Gewalt,
Massenhinrichtungen, Verschleppung von Kindern, gezielte Angriffe auf zivile
Einrichtungen sowie weitere schwere Verbrechen im Sinne des internationalen
Völkerstrafrechts sind in der Ukraine an der Tagesordnung. Das daraus
resultierende Leid führte Millionen Menschen dazu, ihre Heimat zu
verlassen und in den europäischen Nachbarstaaten Schutz zu suchen,
darunter rund 80.000 Ukrainer:innen in Österreich. Auch die
österreichische Regierung versprach Solidarität mit der Ukraine und Hilfe
für Ukrainer:innen. Jedoch zeichnen sich seitdem zahlreiche Mängel in
Sachen Versorgung und Unterbringung von Ukrainer:innen ab - und auch im
Integrationsbereich besteht Verbesserungspotential.
Von den 80.000 Ukrainer:innen bezieht rund die
Hälfte Grundversorgung, und vor allem bei jenen, die Grundversorgung
beziehen, besteht laut UNHCR das Risiko, in die Armut abzurutschen - denn
gerade für alleinstehende Mütter mit Kindern ist das System der
Grundversorgung ungeeignet, da die Grundversorgung erstens nicht für einen
längerfristigen Verbleib von hilfsbedürftigen Menschen konzipiert ist
und zweitens zur adäquaten Versorgung von Kindern unzureichend ist.1 Die
Erwerbstätigkeit von Ukrainer:innen ist niedrig, wohl aufgrund der
komplizierten Zuverdienstregelungen und der Tatsache, dass die Grundversorgung
auch nicht darauf ausgerichtet ist, den Weg auf den Arbeitsmarkt zu
erleichtern. Die Anerkennung von Bildungsabschlüssen ist außerdem
langsam und bürokratisch. Da 73% der Ukrainer:innen in Österreich
einen Hochschulabschluss haben und laut Studie generell ein hohes
Bildungsniveau sowie Leistungsbereitschaft mitbringen, ist das besonders
bedauernswert.2
Zudem herrscht aufgrund des Ablaufs des
temporären Bleiberechts (spätestens im März 2025)
aufenthaltsrechtliche Unsicherheit. Laut Berichterstattung des Profil dürfte
eine diesbezügliche Lösung an Uneinigkeit innerhalb der ÖVP
scheitern - seitens des Innenministeriums wäre eine Überführung
ins Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gewünscht sowie ein Zugang
zur Sozialhilfe, seitens des Integrationsministeriums sollen vorerst
Sprachkenntnisse erworben und abgeprüft sowie Erwerbstätigkeit
nachgewiesen werden, um für die Sozialhilfe infrage zu kommen. Ausnahmen
etwa für Ältere, chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderungen
müssen geschaffen und ebenfalls kontrolliert werden.3
Wir NEOS forderten seit Tag 1 per Antrag eine
rasche Integration von aus der Ukraine geflüchteten Menschen. Hierzu
braucht es ein ganzheitliches Konzept- von Erstorientierung, Fast track-Verfahren
für Nostrifizierungen ukrainischer Bildungsabschlüsse sowie Zugang
zum Bildungssystem für Kinder und Jugendliche über rasche
Kompetenzchecks zur Arbeitsmarktvermittlung bis hin zu familiengerechten
Unterkünften und Zugang zu psychologischer Betreuung.4 Leider
ist seitens des Bundesministeriums für Frauen‚ Familie‚
Integration und Medien bis heute kein umfassendes Konzept bzw. keine klare
Strategie zur raschen und unbürokratischen Integration von Ukrainer:innen
zu erkennen.
- https://www.unhcr.org/dach/at/92101-unhcr-bericht-systemwechsel-fur-ukraine-fluchtlinge-in-osterreich-uberfallig.html
- https://kurier.at/chronik/oesterreich/ukrainerinnen-in-oesterreich-ein-musterbeispiel-fuer-integration/402514807
- https://www.profil.at/oesterreich/ukraine-vertriebene-aufenthalt-sollen-70000-kriegsfluechtlinge-dauerhaft-in-oesterreich-leben/402546953
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2390
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Wie lautet das Konzept
Ihres Ministeriums zur Integration von Ukrainer:innen?
- Gib es ein spezifisch
auf Ukrainer:innen ausgerichtetes Integrationsangebot?
- Wurde dies
ressortübergreifend entwickelt und abgestimmt?
- Welche konkreten
Maßnahmen bzw. Projekte wurden von welcher Stelle Ihres Ressorts jeweils
wann gesetzt, um eine Integration aus der Ukraine ab Tag 1
sicherzustellen? Bitte um detaillierte Darstellung.
- Welche Maßnahmen
hat Ihr Ministerium gesetzt, um Ukrainer:innen eine Erstorientierung in
Sachen Integration zu ermöglichen?
- Gab bzw. gibt es
Workshops oder Kurse? In welchem (Stunden-)ausmaß, zu welchen
Themen und wie viele Menschen wurden erreicht?
- Welche Maßnahmen
hat Ihr Ministerium gesetzt, um genügend Deutschkurse für
Ukrainer:innen bereitzustellen?
- Wie viele
Ukrainer:innen besuchten seit Kriegsbeginn Deutschkurse? Welcher Niveaus
jeweils?
- Wie viele
Kapazitäten gab bzw. gibt es seit Kriegsbeginn? Sind diese
ausreichend?
- Wie lange dauerte es
durchschnittlich von der Ankunft in Österreich bis Erhalt eines
Platzes in einem Deutschkurs?
i. Wie lange dauerte es durchschnittlich nach dem
ersten Kurs bis zum Erhalt eines Platzes in Deutschkursen höheren
Niveaus?
- Gibt es ein Angebot an
berufsbegleitenden Deutschkursen?
- Wie viele
Deutschprüfungen wurden von Ukrainer:innen jeweils positiv oder
negativ absolviert? Welcher Niveaus jeweils?
- Welche Maßnahmen
hat Ihr Ministerium gesetzt, um die Anerkennung ukrainischer Schul- und
Bildungsabschlüssen zu beschleunigen?
- Waren Sie
diesbezüglich im Austausch mit dem Bildungsministerium?
- Ist Ihnen bekannt, wie
viele ukrainische Schul- und Bildungsabschlüsse anerkannt wurden?
i. Wenn ja wie viele? Wie lange dauert im Durchschnitt
ein Verfahren zur Anerkennung ukrainischer Abschlüsse?
- War Ihr Ministerium mit
dem Bildungsministerium hinsichtlich des Zugangs zum Bildungssystem
für Kinder und Jugendliche aus der Ukraine im Austausch?
- Welche gemeinsamen
Maßnahmen wurden gesetzt?
- Gibt es ein spezifisch
auf Kinder und Jugendliche aus der Ukraine ausgerichtetes
Integrationsangebot?
- Welche Maßnahmen
hat Ihr Ministerium gesetzt, um die Arbeitsmarktintegration von
Ukrainer:innen zu fördern bzw. zu beschleunigen?
- Welche Maßnahmen
wurden gesetzt, um
i. genügend Kinderbetreuungsplätze
sicherzustellen, um insbesondere alleinstehenden Frauen den Einstieg in den
Arbeitsmarkt zu ermöglichen?
ii. Kompetenzchecks zur Arbeitsmarktvermittlung zu
organisieren?
iii. Ukrainer:innen besser ans AMS zu
knüpfen?
- Ist Ihnen bekannt, wie
viele Ukrainer:innen in Österreich nach wie vor einen Beruf in der
Ukraine haben? Wenn ja, wie viele?
- Welche Maßnahmen
hat Ihr Ministerium gesetzt, um Ukrainer:innen einen niederschwelligen
Zugang zu psychologischer Betreuung zu ermöglichen?
- Welches
Integrationsangebot gibt es für vulnerable Ukrainer:innen, z.B.
ältere Menschen, Personen mit Behinderungen oder sonstige
Krankheiten, unbegleitete Minderjährige usw.?
- Welche Maßnahmen
hat Ihr Ministeriums ergriffen, um die Integration von Ukrainer:innen
ressortübergreifend zu koordinieren?
- Welche konkreten
Maßnahmen wurden von welcher Stelle Ihres Ressorts jeweils wann
gesetzt, um bei der Integration von Ukrainer:innen eine Zusammenarbeit
bzw. eine effektive Koordination mit den Bundesländern und den
Gemeinden sicherzustellen?
- Wie viel kosteten
Integrationsmaßnahmen für Ukrainer:innen seit Kriegsbeginn?
Bitte um Aufschlüsselung nach Integrationsmaßnahmen und
Kostenstelle.
- Wie viele EU-Gelder
erhielt Österreich für die Integration von Ukrainer:innen?
- Welche Maßnahmen
wurden hiermit gesetzt?
- Wurden die bisher
gesetzten Integrationsmaßnahmen für Ukrainer:innen
evaluiert?
- Wenn ja, wann und
welche?
- Wenn ja, welche
Ergebnisse brachten die bisherigen Maßnahmen, Projekte usw.?
- Wenn nein, warum
nicht?
- Wurden bzw. werden
seitens Ihres Ministeriums Bedarfsanalysen durchgeführt, die der
adäquaten und vorausschauenden Planung der benötigten
Kapazitäten und Ressourcen zur Integration von Ukrainer:innen dienen?
- Wenn ja, wann?
- Wenn ja, mit welchem
Ergebnis?
- Wenn nein, warum
nicht?
- Welche Daten werden
seitens Ihres Ministeriums bezüglich der Integration von Ukrainer:innen
erhoben? Bitte um Übermittlung der Daten.
- Wie viele Ukrainer:innen
wurden bisher insgesamt mit jeweils welchen Integrationsmaßnahmen
erreicht?
- Welche
Bleibeperspektiven sind für Ukrainer:innen geplant bzw. werden in
Betracht gezogen?
- Ist angedacht, Ukrainer:innen
aus dem System der Grundversorgung zu holen?
i. Wenn ja, wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Wann sollen diese
umgesetzt werden bzw. inwiefern bestehen Bemühungen, um die Dauer
der aufenthaltsrechtlichen Unsicherheit zu reduzieren?
- Laut Profil
möchte das Integrationsministeriums vorerst Sprachkenntnisse
prüfen und Erwerbstätigkeit nachgewiesen werden - Ausnahmen
soll es für Ältere, chronisch Kranke oder Menschen mit
Behinderungen geben: Werden hierzu bereits Daten erhoben?
i. Wenn ja, welche?
1. In wie vielen Fällen wurden Sprachkenntnisse
geprüft und Erwerbstätigkeit nachgewiesen?
2. Wie viele Personen wären von der geplanten
Ausnahmeregelung betroffen bzw. wie viele Ukrainer:innen sind Ältere,
chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderungen?
ii. Wenn nein, wann sollen die Prüfungen bzw. das
Sammeln von Nachweisen beginnen?
- Welche Maßnahmen
zur Integration von Ukrainer:innen wird Ihr Ministerium in dieser
Legislaturperiode noch setzen?
- Budgetäre Mittel
in welcher Höhe sind hierfür veranschlagt?
- Gibt es auf EU-Ebene
und/oder internationaler Ebene einen Austausch hinsichtlich der
Integration von Ukrainer:innen?
- In welchen Gremien
jeweils?
- Mit
welchem Ergebnis?
- Gibt es einen Austausch
zu best practices?
i. Wenn ja, welche davon sollen auf nationaler Ebene wann
umgesetzt werden?