17473/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.01.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Finanzen

betreffend möglicher steuerlicher Sonderbehandlung für Benkos ‘Palazzo Protzo’ in Igls

BEGRÜNDUNG

 

Welche:r Unternehmer:in kennt das nicht: Es ist der 15. eines Monats und die Umsatzsteuerabrechnung mit dem Finanzamt ist fällig. Eine Verspätung erlaubt man sich besser nicht. Denn auch schon kleine Fehlbeträge oder das Verpassen der Fälligkeitsfrist können zu empfindlichen Strafen führen. Zu Recht, denn das Umsatzsteuersystem ist ein Kreislaufsystem, bei dem der Kunde die Umsatzsteuer bereits bezahlt hat, die der Unternehmer der Republik noch schuldet. Umso beachtlicher, dass sich bei der Signa Tochter Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG über die letzten sieben Jahre 12 Mio. an Umsatzsteuerschulden angehäuft haben.

 

Als Benko 2016 das altehrwürdige Schlosshotel für geschätzte 12 Mio. oberhalb von Innsbruck gekauft hat, ahnten viele nichts Gutes für das einstige Luxushotel. Tatsächlich wurde das komplette Gebäude 2018 abgerissen, um einen ‘Palazzo Protzo’ im amerikanischen Südstaatenstil Platz zu bauen.[1] Betrachtet man die von der Finanz im Grundbuch vermerkten Umsatzsteuerschulden der Signa Tochter, hat sich Benko das Anwesen rund 60 Mio. Euro kosten lassen. Wäre die Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG ihrer Pflicht nachgekommen, eine Bilanz im Firmenbuch zu veröffentlichen, wüssten wir es genauer. Aber praktischerweise stammt die letzte Bilanz aus dem Jahr 2018 für das Jahr 2017. [2]

 

 

 

 

 


Die Steuer- und Besitzverhältnisse der Villa lesen sich wie aus einem schlechten Krimi: Das Firmenbuch führt als Kommanditist der Schlosshotel Igls Betriebs GmbH & Co KG die Laura Privatstiftung an und als unbeschränkt haftender Gesellschafter die Laura Harmonie GmbH. Letztere gehört wiederum der Laura Privatstiftung, deren Stifter Rene Benko und seine Mutter sind. Nutzer der Villa ist Rene Benko selber, doch Mieterin des Objekts ist die Signa Holding. Aus einer grundbücherlich hinterlegten Pfandurkunde geht hervor, dass es seit Dezember 2021 einen Bestandvertrag mit der Signa Holding gibt.[3] Die Schlosshotel Igls Betriebs GmbH ist auch eine der 260 Gläubiger der insolventen Signa Holding.[4]

 

Eine Gesellschaft wird gegründet, die die Vorsteuer geltend macht, ob die Umsatzsteuer je in der gleichen Höhe vom Staat eingenommen werden kann, ist fraglich. Mieter ist eine andere Firma im Einflussbereich von Benko, die die Ausgaben wiederum steuerlich geltend machen kann und am Ende des Tages gibt es vor allem einen Begünstigter: Rene Benko.

 

Dieses äußerst fragwürdige Steueroptimierungsprogramm hat bei Benko durchaus Schule gemacht, was aus den Akten des ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss deutlich erkennbar ist. Ob Luxusresidenz am Gardasee, Yacht, Luxusappartement im 1. Bezirk oder der Privatjet - die mutmaßliche Strategie des Verschachtelns von Firmen, damit die eigenen Luxusanschaffungen möglichst Kosten sind und damit keine Steuern anfallen, liegt nahe. Dass das Luxusleben von Benko bis hin zum Lecher Chalet N von den Gesellschaftern der Signa Holding bezahlt wird, war – so das Manager Magazin – sogar vertraglich vereinbart.[5] Zum Privatjet-Konstrukt schreibt ein mit dem Steuerakt befasster Finanzbeamter der Großbetriebsprüfung:

 

„Nach dem Kenntnisstand der GBP

(Team 72, Ibk) hat die Gruppenträgerin Signa Holding GmbH in den letzten Jahren keine Ertragssteuern bezahlt, obwohl immer wieder erhebliche Wertsteigerungen im Konzern realisiert wurden; auch die Privatstiftung zahlt kaum Steuern (Schachtelprivileg) und die dahinter ste- hende natürliche Person bekommt die Lohnsteuer weitge- hend zurück, weil sie ihre Einkünfte aus nsA [Anm.: nicht selbstständiger Arbeit] mit negativen Tangenten aus ei- ner Flugzeugvermietung ausgleicht“.[6]

 

Im vorliegenden Fall der Umsatzsteuerschuld handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Vorsteuer, die von der Schlosshotel GmbH geltend gemacht worden ist. Die Laura Privatstiftung, als wirtschaftliche Eigentümerin meinte gegenüber dem Der Standard “Die Finanzverwaltung sei nun der ‘einseitigen Ansicht, dass die bereits erstatteten Vorsteuern zurückzuzahlen seien’”.[7]

 

 

 



[8]

 

Bei der Durchsicht der Pfandrechtsvormerkung sticht vor allem das Datum 13.12.2023 ins Auge. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die strittige Abgabenschuld in Millionenhöhe erst zu diesem späten Zeitpunkt von der Abgabenbehörde eingetragen worden ist. Auch warum das dubiose Steuersparmodell der Signa je akzeptiert worden ist, und es zu Auszahlungen, so wie vom Signa-Sprecher beschrieben, seitens der Finanz gekommen ist. Wurde hier ein angeblicher Milliardär von den Finanzbehörden mit Samthandschuhen behandelt?

Bereits im ÖVP-Korruptionsausschuss konnten wir eindeutig nachweisen, dass es in Steuerfragen für Rene Benko ein Wohlfühlprogramm im Finanzministerium gegeben hat - an dem nicht nur Thomas Schmid beteiligt war. Eine Behandlung, von der normale Steuerzahler:innen nur träumen können.

Der vorliegende Fall legt die Dringlichkeit offen, das zögerliche Tun der Finanz genauer zu untersuchen. Auch Christoph Badelt schreibt am 01.01.2024 auf Twitter trefflich:


 

 

Rechtschaffene Steuerzahler:innen müssen sich darauf verlassen können, dass es keine Sonderbehandlung für Superreiche gibt und alle vor dem Steuergesetz gleich sind. Deshalb stellen wir an Sie als zuständiger Finanzminister folgende

 

 

 


A N F R A G E

 

1.    Ist es korrekt, dass es sich bei der Umsatzsteuerschuld von 12 Mio. Euro der Schlosshotel GmbH um bereits ausgezahlte Vorsteuer handelt?

1.1.   Falls ja, auf Grundlage welcher Prognoserechnung wurde diese Vorsteuer ausbezahlt?

1.2.  Falls ja, wie und durch wen wurde die Prognoserechnung überprüft?

1.3.  Falls ja, wie lange dauerte die Überprüfung der Prognoserechnung?

1.4 Falls ja, wie hoch war die Miete angesetzt um die sog. Liebhaberei zu vermeiden?

1.5.  Falls ja, handelt es sich bei der 60 Mio. Euro-Villa um eine Dienstnehmerwohnung der Signa Holding?

1.6.  Falls ja, warum wurde die Vorsteuer zuerst ausbezahlt, um sie im Nachhinein wieder zurückzufordern?

 

2.    Wann und wie oft sind Betriebs- und Steuerprüfungen erfolgt?

 

3.    Welche Stellen des Finanzamts Österreich und des Finanzministeriums waren in die Causa involviert?

 

4.    Seit wann ist dem Finanzamt Österreich bekannt, dass die Schlosshotel GmbH keine Bilanz im Firmenbuch hinterlegt hat?

4.1.  Welche Rolle spielt diese Tatsache im Steuerverfahren zur Umsatzsteuerschuld?

 

5.    Warum wurden Steuerschulden im vorliegenden Fall seit 2016 erst im Jahr 2023 grundbücherlich gesichert?

 

6.    Im Zuge welcher Überprüfung wurde die Entscheidung getroffen, die Abgabenschuld von 12 Mio. grundbücherlich zu sichern?

 

7.    Gibt es Hinweise auf eine Involvierung von Thomas Schmid?

 

8.    Gibt es Hinweise auf eine Involvierung von Eduard Müller?

 

9.    Welche weiteren Unregelmäßigkeiten zu Steuerschulden aus dem Einflussbereich von Signa Holding bzw. der Privatperson Rene Benko sind Ihnen bekannt? Bitte um das Anführen der betroffenen Gesellschaften und Stiftungen.

 

10.  Wie viel weitere ähnlich gelagerten Fälle sowohl was die betragliche Höhe als auch die Verfahrensdauer anbelangt- sind Ihnen bekannt?

 

11.  Erwägen Sie als Finanzminister eine Überprüfung durch die interne Revision der Causa wie von Christoph Badelt vorgeschlagen?

 

12.  Werden Sie den Aktenkomplex zur Causa an den COFAG-Untersuchungsausschuss liefern?

 

13.  Durch wen und wann haben Sie als Finanzminister von der Steuerschuld einer einzigen privat genutzten Villa von 12 Mio. Euro erfahren?

 

14.  Durch wen und wann haben Sie als Finanzminister von der drohenden Milliardenpleite der Signa-Firmen erfahren?



[1] Tiroler Tageszeitung, Schlosshotel steht nicht mehr.

[2] eigene Firmenbuchrecherche

[3] Tiroler Tageszeitung, Die Republik greift nach Benkos Luxus-Villa.

[4] https://www.tt.com/artikel/30870595/von-der-bh-innsbruck-bis-zur-wirtschaftskammer-60-signa-

glaeubiger-aus-tirol

[5] Manager Magazin, Benkos Schuldentürme, S. 50.

[6] Zit. nach Grüner Fraktions U-Ausschussbericht, S. 43.

[7] https://www.derstandard.at/story/3000000201568/benkos-gepfaendete-luxusvilla-steuerskandal-oder-gewoehnlicher-vorgang

[8] Auszug aus fder Pfandrechtsvormerkung vom 13.12.2023