17500/J XXVII. GP
Eingelangt am 18.01.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Rasche, digitale Unternehmensgründung: Was wurde aus dem Versprechen?
Im Regierungsprogramm hatte sich die Bundesregierung im Jahr 2020 noch vorgenommen, die im internationalen Vergleich sehr langwierigen Verfahren zur Gründung von Unternehmen in Österreich zu beschleunigen. Viele Regierungen davor hatten bereits Verbesserungen versprochen, die dann aber nicht eingehalten wurden. Im Laufe der Legislaturperiode fragten NEOS mittels parlamentarischer Anfragen wiederholt bei den zuständigen Bundesministern nach, welche Verbesserungen herbeigeführt wurden bzw. welche weiteren Schritte vorbereitet werden. Wortreich wurden Verzögerungen gerechtfertigt oder minimalste Verbesserung hoch gelobt. Es blieb aber bisher stets dabei: Mit nur 8% sind rein digitale Gründungen eine Randerscheinung. Ein Unternehmen in Österreich zu gründen, kostet nach wie vor sehr viel Zeit und Nerven. Die Legislaturperiode ist nun bald vorbei und es stellt sich daher die Frage: Was wurde aus der versprochenen raschen und rein digitalen Unternehmensgründung?
Bei Regierungsantritt war es auch den Regierungsparteien klar, dass Gründungen in Österreich sehr lange dauern und auch moderner ablaufen sollten. Daher hat man entsprechende Versprechen als Regierungsvorhaben festgehalten:
"Weitere Beschleunigung und Vereinfachung von Unternehmensgründungen, z. B. durch einen Ausbau der Digitalisierung im Gesellschaftsrecht, Einführung einer strukturierten Eingabe in das Firmenbuch und die Ermöglichung von Firmenbuch-Eingaben" (S. 25)
"Neue Gesellschaftsform schaffen: Aufbauend auf internationalen Beispielen soll eine neue Kapitalgesellschaftsform geschaffen werden, die besonders für innovative Start-ups und Gründerinnen bzw. Gründer in ihrer Frühphase eine international wettbewerbsfähige Option bietet. – Unbürokratische Gründung (Stammkapital-Ansparmodelle, digitale Behördenwege, Englisch als Amtssprache)" (S. 62)
Unbürokratische Gründungen wären durch die Zurverfügungstellung von digitalen Gründungstools einfach zu ermöglichen. In Österreich ist es aber nur in den wenigsten Fällen möglich, über eine einzige Plattform rein digital eine Gesellschaft zu gründen. Eine elektronische Gründung ist nur für zwei Rechtsformen (Einzelunternehmer und Ein-Personen-GmbH) vorgesehen. Nicht mal bei der neue eingeführten FlexCo wurde dies ermöglicht, auch hier sind nach wie vor Notariatsakte zur Gründung nötig.
Das mangelnde digitale Gründungsangebot spiegelt sich dann auch in der Zahl digitaler Gründungen über das Unternehmensserviceportal (USP) nieder, die zwar über die letzten Jahre gestiegen ist, aber angesichts aller Gründungen immer noch verschwindend gering ist. Wenn von 39.360 Unternehmen im Jahr 2022 gegründet Unternehmen nur 2.978 über das USP (also rund 8 %) gegründet werden, dann ist das kein großer Erfolg.
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eGründungen über das USP |
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Jahr |
Einzelunternehmen |
GmbH |
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2019 |
674 |
594 |
|
2020 |
891 |
675 |
|
2021 |
1616 |
787 |
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2022 |
1927 |
1051 |
Große Ziele schien die Bundesregierung bereits im letzten Jahr nicht mehr zu verfolgen. Bundesminister Brunner lies im März 2023 erkennen, dass kein Ausbau digitaler Gründungsmöglichkeiten über das USP bei anderen Gesellschaftsformen vorbereitetet werde. Er kündigte jedoch an, "im Laufe des Jahres 2024 die eGründung in Vertretung technisch auf neue Beine zu stellen sowie das Design und die Usability über den gesamten Gründungsprozess (für Vertreter) zu vereinheitlichen und zu verbessern". Seither wurden keine weiteren Informationen dazu kommuniziert. Angesichts des herannahenden Endes der Legislaturperiode sollte der Bundesminister zumindest einen Überblick darüber haben, wann das Projekt abgeschlossen seins soll.
In Österreich werden im internationalen Vergleich nur wenige Unternehmen gegründet. Ein Grund dafür ist das veraltete Gesellschaftsrecht, das langwierige Verfahren und unnötige Kosten verursacht. Aufgrund zahlreicher Formalitäten und langsamer Behörden dauert eine Unternehmensgründung in Österreich durchschnittlich 20 Tage. In Frankreich ist das laut Weltbank-Ranking in drei Tagen möglich. Das 2023 vorgelegte Startup-Paket hätte eine deutliche Entbürokratisierung und damit mehr Entlastung für Unternehmer bringen müssen, blieb jedoch hinter den Erwartungen zurück. Anfang 2023 hielt Finanzminister Brunner in seiner Anfragebeantwortung noch klar fest, wie unglaublich lange eine Gründung in Österreich dauert:
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Gründungsverfahren (Durchschnittliche Gesamtdauer in Kalendertagen) |
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2019 |
21,74 |
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2020 |
26,12 |
|
2021 |
28,41 |
|
2022 |
20,21 |
|
2023 |
19,68 |
Nicht mal die Erteilung einer Steuernummer erfolgt in Österreich rasch. In einer Anfragebeantwortung vom 3.11.2021 gab der damalige Finanzminister Blümel zu, dass so etwas simples wie die Vergabe einer Steuernummer nur in ¼ der Fälle einen einzigen Tag und bei rund 50% eine Woche dauert. Bundesminister Brunner beantwortet diese Frage in der Anfragebeantwortung 13180/AB (Frage 13) nicht.
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Erteilung der Steuernummer (Durchschnittliche Gesamtdauer in Kalendertagen) |
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Zeitraum |
Erledigungen |
Median |
Durchschnitt |
|
2019 |
99.339 |
10 |
21 |
|
2020 |
112.227 |
8 |
30 |
|
2021 (Jän. - Sep.) |
111.230 |
10 |
38 |
Was die Gründung auf Englisch angeht, wehrt sich die Bürokratie selbst. Es wird immer wieder vorgebracht, dass keine Rechtspfleger über entsprechende Sprachkenntnisse verfügen. Dieses Argument erscheint geradezu absurd, da man solche Kapazitäten zumindest an ein paar Stellen in Österreich bereitstellen könnte. Stattdessen verwehrt man sich der internationalen Realität und bleibt weiterhin international unattraktiv.
Ende 2021 klang BM Schramböck immerhin so, als ob innerhalb der Bundesregierung daran gearbeitet werde. Sie hielt in einer Anfragebeantwortung fest: "Die Möglichkeit zur e-Gründung in englischer Sprache ist in Zusammenarbeit mit den jeweils inhaltlich zuständigen Ressorts bereits in Planung. Die e-Gründungs-Applikation selbst wird von meinem Ressort übersetzt werden. Ein genauer Zeitplan und die dadurch entstehenden Kosten sind derzeit nicht abschätzbar."
Die Antwort von Bundesminister Brunner vom März 2023 klang dann wesentlich weniger optimistisch. Darin wird lediglich auf die vorherige Antwort der Bundesministerin Schramböck verwiesen und festgehalten, dass im Jahr 2023 "vorrangig an der Umsetzung der technischen Möglichkeit zur Übersetzung der Formulare gearbeitet" werde. Stellt sich die Frage ob der Finanz- und Digitalisierungsminister die Ambitionen aufgegeben hat, eine e-Gründung in englischer Sprache auch in Österreich zu ermöglichen?
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Soll die Gründung von GmbHs (mit mehreren Gesellschaftern) oder von AGs rein digital möglich sein?
ii. Wann soll dies möglich sein bzw. wann sollen entsprechende Gesetzesänderungen vorgelegt werden?
i. Wann soll dies möglich sein bzw. wann sollen entsprechende Gesetzesänderungen vorgelegt werden?
i. Wann sollen die versprochenen Änderungen umgesetzt werden?
ii. Welche konkrete Änderungen werden aktuell vorbereitet?
iii. Welche Kosten sind damit insgesamt verbunden? Bitte konkrete Teilleistungen samt Kosten getrennt angeben.
i. Welche Kosten waren 2023 mit Ausbau und laufendem Betrieb des USP verbunden? Bitte Kosten nach Art der Ausgaben und Auftragnehmer gliedern.
i. Wann soll dies möglich sein bzw. wann sollen entsprechende Gesetzesänderungen vorgelegt werden?