17512/J XXVII. GP

Eingelangt am 23.01.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag.[1] Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Übersiedelung des Jugendvollzugs von Gerasdorf nach Wien

Lange Zeit gab es Gerüchte über die Umstrukturierung des Jugendvollzugs. Im Dezember 2023 teilte dann das Justizministerium mit, dass der Jugendvollzug von Gerasdorf in Niederösterreich nach Wien übersiedeln soll. Dort soll er an die Justizanstalt Simmering, allerdings als eigene Anstalt unter dem Namen Münnichplatz, angedockt werden. Das habe eine Expertengruppe des Justizministeriums empfohlen.[2]

Die einzige Jugendstrafanstalt Gerasdorf (für männliche Jugendliche) ist ein Modell der 1970er Jahre und galt lange als Vorzeigebeispiel. Heute ist sie nicht mehr ausreichend für die aktuellen Bedürfnisse geeignet. Zum einen kritisiert die Volksanwaltschaft u.a. überalterte Betriebe, die dringend modernisiert werden müssten. Mit Umbauarbeiten zu einem Jugendkompetenzzentrum wurde auch begonnen, diese Arbeiten wurden aber – offenbar aus finanziellen Gründen im Frühjahr 2019 – eingestellt.[3]

In ihrem Bericht „Jugend in Haft“ hat sich die Volksanwaltschaft ausführlich mit dem Thema auseinandergesetzt. Im Mai 2022 habe das Justizministerium mitgeteilt, dass ein moderner Jugendstrafvollzug in der Justizanstalt Gerasdorf aufgrund der baulichen Lage nicht möglich sei. Die vollzuglichen Anforderungen hätten sich in den letzten Jahrzehnten zu sehr geändert.

„Angesichts der niedrigen Belagszahlen ist auch fraglich, ob eine Sonderanstalt für den Jugendvollzug eine wirtschaftlich tragbare Lösung ist. Für so wenige Insassen ist es nicht möglich, eine große Anzahl an (Lehr-)Betrieben anzubieten. Die immer kürzeren Haftstrafen legen die Überlegung nahe, die jugendlichen Straftäter in den Jugendabteilungen der gerichtlichen Gefangenenhäuser zu betreuen. Voraussetzung dafür ist, dass diese Abteilungen mit ausreichend Personal und Mitteln ausgestattet werden, um einen modernen Betreuungsvollzug zu leisten. Derzeit ist dies nicht der Fall.“, so die Volksanwaltschaft in ihrem Bericht.3

Eine wohnortnahe Anhaltung der Jugendlichen brächte einige Vorteile, wie etwa den Erhalt des sozialen Netzes oder die Möglichkeit eine Ausbildung weiter zu verfolgen. Für einige Jugendliche mit längeren Haftstrafen brauche es aber spezielle Lösungen. „Eventuell könnte man die Struktur einer bestehenden JA mitnutzen, einen baulich klar abgegrenzten Wohn- und Unterkunftsbereich für diese Insassengruppe schaffen, im Übrigen aber die Infrastruktur (Werkstätten und Betriebe, Sport und Freizeitanlagen) mitnützen.“, heißt es weiter.

Nun soll laut Medienberichten – angeblich per 1. Juli 2024 – der Jugendvollzug in Wien, Münnichplatz, starten. In Bezug auf den Jugendstrafvollzug bleiben aber viele Fragen offen.

Die Unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz folgende

Anfrage

1.     Wann wird der Betrieb in der Justizanstalt Münnichplatz starten?

2.     Wie viele Jugendliche sollen dort untergebracht werden können (männlich, weiblich)?

3.     Welche Angebote werden den Jugendlichen dort zur Verfügung stehen (Ausbildung, Werkstätten etc.)?

4.     Welche Umbauarbeiten werden durch die notwendige räumliche Trennung von Jugendlichen und Erwachsene notwendig?

5.     Welche Umbauarbeiten sind des Weiteren notwendig?

6.     Welche Kosten entstehen durch den Umbau?

7.     Sind diese Kosten im Budget eingeplant?

8.     Mit welchen Synergieeffekten rechnen Sie durch das Andocken der Justizanstalt Münnichplatz an die Justizanstalt Simmering?

9.     Welche Zusatzkosten entstehen (beispielsweise durch eine zweite Anstaltsleitung)?

10.   Wurden die Mitarbeiter:innen der Justizanstalt Simmering über die geplanten Änderungen informiert?

a)    Wenn ja, wann und in welcher Form?

b)   Wenn nein, warum nicht?

c)   Wenn ja, wurden Bedenken vorgebracht und wurden diese berücksichtigt?

11.   Wie viele Mitarbeiter:innen wird die Justizanstalt Münnichplatz haben? Bitte um Aufschlüsselung in Justizwache und Verwaltung.

12.   Wie können Sie angesichts der Personalnot im Bereich der Justizwache die Besetzung dieser Posten garantieren?

13.   Wie stellen Sie sicher, dass den Mitarbeiter:innen der Justizanstalt Simmering im Fall von Personalknappheit nicht noch mehr Arbeit aufgehalst wird?

14.   Mit welchen jährlichen Kosten kalkulieren Sie durch den Betrieb der Justizanstalt Münnichplatz?

15.   Welche Kosten bedeutet das pro Häftling?

16.   Welche Kosten verursachte der Betrieb der Justizanstalt Gerasdorf jährlich?

17.   Welche Kosten bedeutete das pro Häftling?

18.   Welche weiteren Maßnahmen stehen im Bereich des Jugendvollzuges an?



[1] Vgl.: https://noe.orf.at/stories/3217400/

[2] Vgl.: Bericht der Volksanwaltschaft an den Wiener Landtag 2021, S. 36.

[3] Vgl.: https://volksanwaltschaft.gv.at/downloads/58l05/jugend-in-haft_wahrnehmungsbericht-2022.pdf