17513/J XXVII. GP
Eingelangt am 23.01.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Sachverständige für Psychiatrie, Psychologie, Psychotherapie im Bereich Maßnahmenvollzug
Im Dezember 2022 hat der Nationalrat den längst überfälligen ersten Teil der Reform des Maßnahmenvollzugs (Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz) beschlossen.
Im Gesetz heißt es:
„§ 430. (1) Sobald aufgrund bestimmter Anhaltspunkte (§ 1 Abs. 3 StPO) angenommen werden kann, dass die Voraussetzungen für die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum vorliegen, gelten folgende Besonderheiten:
(…)
2. Der Betroffene ist durch einen Sachverständigen der Psychiatrie, vorzugsweise eines solchen, der auch für das Fachgebiet psychiatrische Kriminalprognostik eingetragen ist, zu untersuchen. Das Gutachten hat sich auch darauf zu erstrecken, ob es alternative Behandlungs- oder Betreuungsmaßnahmen gibt, die ein vorläufiges Absehen vom Vollzug einer Unterbringung ermöglichen könnten (§ 157a StVG).“[1]
Die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck schreibt dazu in ihrer Stellungnahme:
„Mit dem vorliegenden Entwurf allein wird dieses Ziel allerdings (einmal mehr) schon deshalb nicht zu erreichen sein, weil (…) den Staatsanwaltschaften und Strafgerichten die im Unterbringungsverfahren beizuziehenden Sachverständigen der Psychiatrie, die nach dem Entwurf vorzugsweise auch noch für das Fachgebiet der psychiatrischen Kriminalprognostik eingetragen sein sollen (vgl. § 430 Abs 1 Z 2 StPO in der vorgeschlagenen Fassung), bereits jetzt nicht in der erforderlichen Zahl zur Verfügung stehen.“[2]
Die Anfragebeantwortung (14136/AB) vom Mai 2023 hat einen enormen Mangel im Bereich der Sachverständigen für Psychiatrische Kriminalprognostik ergeben.
Fachgerechte Gutachten sind zentral, damit Menschen richtig behandelt werden können. Der Reformkommission zufolge kommt auf vier fälschlicherweise in den Maßnahmenvollzug eingewiesene ein fälschlicherweise nicht eingewiesener.[3]
In der Vergangenheit hat sich Österreich in Bezug auf den Maßnahmenvollzug mehrfach Kritik auf menschenrechtlicher Ebene eingehandelt. In den Jahren 2015 und 2017 wurde die Republik vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte unter anderem wegen zu langer Unterbringungsdauer verurteilt.[4]
Menschen auf unbestimmte Zeit wegzusperren und nicht zu therapieren ist inakzeptabel.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Wie oft wurden in den Jahren 2020, 2021, 2022, 2023 Sachverständige für Psychiatrie/Psychotherapeutische Medizin in Strafverfahren herangezogen?
2. Wie hoch waren die Kosten für die Heranziehung von Sachverständigen für Psychiatrie/Psychotherapeutische Medizin in Strafverfahren aus dem Maßnahmenvollzug in den Jahren 2020, 2021, 2022, 2023 jeweils?
3. Welche Sachverständigen für Klinische Psychologie wurden in den Jahren 2020, 2021, 2022, 2023 dafür am häufigsten herangezogen? Bitte um Nennung der 5 Personen mit den häufigsten Beauftragungen je Bundesland und Jahr.
4. Wie oft wurden in den Jahren 2020, 2021, 2022, 2023 Sachverständige für Psychiatrie/ Psychotherapeutische Medizin für Einweisungen in den Maßnahmenvollzug herangezogen?
5. Wie hoch waren die Kosten für die Heranziehung von Sachverständigen für Psychiatrie/ Psychotherapeutische Medizin für Einweisungen in den Maßnahmenvollzug in den Jahren 2020, 2021, 2022, 2023 jeweils.
6. Welche Sachverständigen wurden in den Jahren 2020, 2021, 2022, 2023 dafür am häufigsten herangezogen? Bitte um Nennung der 5 Personen mit den häufigsten Beauftragungen je Bundesland und Jahr.
7. Wie oft wurden in den Jahren 2020, 2021, 2022, 2023 Sachverständige für Psychiatrie/ Psychotherapeutische Medizin für Entlassungsverfahren aus dem Maßnahmenvollzug herangezogen?
8. Wie hoch waren die Kosten für die Heranziehung von Sachverständigen für Psychiatrie/ Psychotherapeutische Medizin für Entlassungsverfahren aus dem Maßnahmenvollzug in den Jahren 2020, 2021, 2022, 2023 jeweils.
9. Welche Sachverständigen wurden in den Jahren 2020, 2021, 2022, 2023 dafür am häufigsten herangezogen? Bitte um Nennung der 5 Personen mit den häufigsten Beauftragungen je Bundesland und Jahr.
[1] Vgl.: Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2021 (128/ME) | Parlament Österreich
[2] Vgl.: Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2021 (14/SN-128/ME) | Parlament Österreich
[3] Vgl.: bericht ag maßnahmenvollzug.pdf
[4] Vgl.: (2) psychisch krank - Rechnungshof kritisiert Reform des Maßnahmenvollzugs - Wiener Zeitung Online