17542/J XXVII. GP

Eingelangt am 26.01.2024
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Anfrage

 

der Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend was macht der Finanzminister, damit die Steuerzahler:innen bei der Signa-Pleite schadlos gehalten werden?

BEGRÜNDUNG

 

“Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts”, vielleicht war es Benkos BackUp-Plan 2013, als er sich offiziell aus allen operativen Funktionen der Signa-Gruppe verabschiedete, genau diesen Satz zu verwenden, wenn sein Unternehmenskonzept des Luftschlösser-Bauens einmal scheitern würde. Nach zahlreichen Pleiten von Signa-Unternehmen, 1.000-en potentiellen Arbeitslosen in Deutschland und Schulden in Rekordhöhen, ist wohl genau dieser Fall eingetreten. Doch dass René Benko mit dem operativen Geschäftsgebaren nichts zu tun hatte, ist nicht glaubhaft. Das könnte nicht nur strafrechtliche Folgen für ihn haben. Erhärtet sich der Verdacht, dass René Benko faktischer Geschäftsführer in den Signa-Unternehmen war, könnte unter Umständen auch die Republik ihre Schulden bei ihm geltend machen. Die zu Recht verärgerten Bürger:innen erwarten Sich von Ihnen als verantwortlicher Finanzminister, rasches und entschlossenes Handeln.

 

Unter anderem um Gläubiger bei Insolvenzen mit Schein-Geschäftsführungen zu schützen, kennt das österreichische Recht neben der formellen Geschäftsführung auch die gleiche Verantwortung für faktische Geschäftsführer, wenn diese Person maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausgeübt hat. Er haftet bei einer Insolvenzverschleppung solidarisch und kann auch strafrechtlich belangt werden[1].

 

Ein faktischer Geschäftsführer haftet gemäß § 9a BAO auch für Abgabenschulden, wenn die Abgaben infolge ihrer Einflussnahmen nicht eingebracht werden können.[2]

 

So meinte auch Dr. Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, vom “der Tiroler” sprechend, ein faktischer Geschäftsführer könne auch für einen Schaden der Gläubiger und Gesellschafter herangezogen werden.[3]  Auch die Republik und damit die Steuerzahler:innen sind Gläubiger.

 

Hinweise darauf, dass Benko faktischer Geschäftsführer war und ist, gibt es zu Hauf. So schreibt etwa news.at von einer Signa internen E-Mail-Konversation zur systematischen Verschleierung von veröffentlichungspflichtigen Jahresabschlüssen im Konzern. In dem Mail, auf dessen Verteiler auch René Benko gestanden haben soll, schreibt eine Führungskraft im Herbst 2020 an eine andere: "Habe heute von RB die Info bekommen, dass die Jahresabschlüsse für 2018 und 2019 erstmal nicht eingereicht werden sollen."[4]

Auch das Stadtmagazin Falter beruft sich auf interne Quellen und berichtet Ähnliches. Benko sei bis ins letzte Detail gebrieft worden und habe zuletzt sogar über das Druckerpapier in den Signa-Büros der Wiener Innenstadt entschieden.[5]

 

Benkos Kompagnon und oberster Aufsichtstätiger im Signa-Konzern Alfred Gusenbauer meinte kürzlich im Mittagsjournal vom 13. Jänner 2024: „Er (...) hat die Signa aufgebaut und ebenso wie er sozusagen die Verantwortung für die großartige Entwicklung trägt, trägt er im gleichen Ausmaß die Verantwortung dafür, dass es mit diesem Unternehmen jetzt nach unten gegangen ist.”  Das ist eine ziemlich treffliche Beschreibung eines CEOs, der Verantwortung für das Unternehmen und die unternehmerischen Entscheidungen trägt.

 

Signa-Teilhaber Hans Peter Haselsteiner wurde in der ZIB 2 vom 24. Jänner 2024 noch deutlicher:

 

“Na ja, ich glaube, Rene Benko hat eine aktive Gesellschafterrolle gespielt, insofern das so also in die Management-Entscheidungen sehr wohl eingegriffen hat, beziehungsweise darüber informiert war. Es ist ja kein Geheimnis, dass man ihm die faktische Geschäftsführung unterstellt. Das, glaube ich, wird er sich auch schwer wehren können, dazu sollte er auch stehen. Er hat nun einmal die Zügel in der Hand gehabt und er hat seine Mitarbeiter und seine Geschäftsführer, glaube ich, auch angewiesen. Also das ist in meinen Augen offensichtlich oder offenbar gewesen und da sollte er sich auch nicht drücken in meinen Augen.”

 

Dafür, dass es sich bei Signa um vier der fünf größten Insolvenzen aller Zeiten handelt, gibt es nur wenige öffentliche Äußerungen von Ihnen als Finanzminister. Als Sie kurz vor Weihnachten zu Gast bei Vol.at live waren, antworteten Sie auf die Frage des Moderators, inwiefern die Steuerzahler:innen betroffen seien, auffällig ausweichend. Sie hätten sich die Bankensituation genau angeschaut und allenfalls müsse man überprüfen, ob zu Unrecht Förderungen geflossen seien. Zu den Steuerschulden der Signa-Gruppe gegenüber der Republik und den Sozialversicherungsträgern, haben Sie geschwiegen. [6]

 

Die Öffentlichkeit wird bisher im Dunkeln gelassen, wie hoch die tatsächlichen Ausstände der Signa-Gruppe bei der Republik sind und was die Ihnen unterstellten Behörden bereits in die Wege geleitet haben, um diese einzubringen.

 

Die unterzeichnenden Abgeordneten erwarten sich, dass die österreichischen Steuerzahlenden vom Benko-Skandal möglichst schadlos gehalten werden und Sie als Finanzminister eine Steuerrückholaktion mit höchster Priorität verfolgen, und stellen deshalb folgende

 

 

A N F R A G E

 

 

  1. Wie hoch sind die Abgabenschulden der Unternehmen der Signa-Gruppe und anderen Benko zuzurechnenden Firmen und Stiftungen. Bitte um Aufschlüsselung nach Abgabenart (Ertragssteuer, Umsatzsteuer, etc.) und Jahr des Entstehens der Abgabenschuld?

1.1. Wie hoch sind die Abgabenschulden der Unternehmen der Signa-Gruppe für die bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde?

  1. Welche Maßnahmen wurden von der Finanzverwaltung bereits gesetzt, um die ausstehenden Steuerschulden einzubringen?
  2. Welche Maßnahmen wurden von der Finanzverwaltung gesetzt, um die Einbringlichkeit der Steuerschulden zu besichern?

3.1. Falls keine Maßnahmen erfolgt sind, warum nicht?

  1. Wurden seitens der Finanzverwaltung bereits Maßnahmen gesetzt, um Rene Benko als faktischen Geschäftsführer der von den Abgabenschulden betroffenen Unternehmen der Signa-Gruppe festzustellen?

4.1.  Falls keine Maßnahmen erfolgt sind, warum nicht?

  1. Welche Maßnahmen wurden von der Finanzverwaltung gegen Rene Benko als vermeintlichen faktischen Geschäftsführer gesetzt, um die Steuerschulden einzubringen?

5.1. Falls keine Maßnahmen erfolgt sind, warum nicht?

  1. Wurden neben der medial bekannten Pfändung von Benkos privat genutzter Villa in Igls durch die Finanzverwaltung seit September 2023 noch weitere Pfändungen von Vermögenswerten von Benko oder ihm zuzurechnenden Gesellschaften durch die Finanzverwaltung durchgeführt?

6.1. Wenn ja, welche und wann?

  1. Anfang November haben Sie angekündigt, dass Sie bei Unternehmen der Signa-Gruppe, sollten sie Förderungen zu Unrecht erhalten haben, alles daran setzen würden, dass Förderungen zurückgezahlt werden müssen.[7]

7.1. Welches Ergebnis hat die Überprüfung ergeben?

7.2. Wie viele Förderungen wurden an Unternehmen der Signa-Gruppe ausbezahlt? Welche zu Unrecht?

7.3. Falls die Überprüfung noch läuft, bis wann erwarten Sie ein Ergebnis?

  1. Wird die Finanzverwaltung die ihr zustehenden Gläubigerrechte dazu nutzen, um im Insolvenzverfahren auf eine Inanspruchnahme des mutmaßlich faktischen GF Benko hinzuwirken?
  2. Wird die Finanzverwaltung die ihr zustehenden Gläubigerrechte dazu nutzen, um im Insolvenzverfahren auf die Einsetzung eines besonderen Verwalters zur Untersuchung der Gründe des Vermögensverfalls und der Malversationen des Hrn Benko hinzuwirken?
  3. Wird die Finanzverwaltung die ihr zustehenden Gläubigerrechte dazu nutzen, um gegen die Annahme von Sanierungsplänen zu stimmen, wenn die Gefahr besteht, dass dadurch die Rückabwicklung von Verschiebungen von Vermögen der insolventen Gesellschaften in das Privatvermögen von Rene Benko und seiner Familie verunmöglicht wird?
  4. Wird die Finanzverwaltung die ihr zustehenden Gläubigerrechte dazu nutzen, um gegen die Annahme von Sanierungsplänen zu stimmen, wenn die Gefahr besteht, dass - wie das bei der Kika/Leiner Insolvenz leider passiert - die Rückführung rechtswidrig entzogener Vermögenswerte durch weitere Insolvenzen verunmöglicht wird?
  5. In der Anfragebeantwortung 15362/AB vom 03. Oktober 2023 geben Sie an, dass die Finanzverwaltung bereits mit Ende 2023 einen „Bonitätsindikator“ einsetzen wird.

12.1. Ist dieser Bonitätsindikator bereits implementiert?

12.2. Wie viele Mahnungen oder andere Maßnahmen wurden auf Grundlage des Bonitätsindikators bereits erstellt?



[1] https://www.ris.bka.gv.at/JustizEntscheidung.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20051213_OGH0002_0110OS00117_05Y0000_000&IncludeSelf=True

[2] Mehr zur Abgabenhaftung des faktischen Geschäftsführers zB hier: Althuber (Hrsg), Geschäftsführer- und Vorstandshaftung im österreichischen Steuerrecht (2018)

[3]https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/17962410/sehe-ganz-ganz-grosse-verfehlungen-aufseiten-des-signa-konglomerats

[4] https://www.news.at/a/causa-rene-benko

[5] https://www.falter.at/zeitung/20231205/ausblick-negativ

[6] https://www.vol.at/brunner-halt-nichts-von-der-fixzinspflicht/8464570 (ab Minute 7:00)

[7] https://www.puls24.at/news/wirtschaft/benko-finanzminister-brunner-aeussert-sich-zur-signa-krise/312425