17637/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.01.2024
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak

an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft

betreffend Überarbeitung der kommunalen EU-Abwasserrichtlinie / Erweiterte Herstellerverantwortung / Gefährdung der Versorgung mit wichtigen Arzneimitteln als Folge für Österreich und die gesamte EU?

 

 

Die IGEPHA – The Austrian Self Care Association Interessengemeinschaft österreichischer Heilmittelhersteller und Depositeure hat im Zusammenhang mit der Überarbeitung der kommunalen EU-Abwasserrichtlinie, einer erweiterten Herstellerverantwortung eine massive Gefährdung der Versorgung mit wichtigen Arzneimitteln in den Raum gestellt:

 

Wesentliche Kritikpunkte an einer zukünftigen EU-Regelung sind:

 

·         Mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der kommunalen Abwasserrichtlinie soll die Erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) im europäischen Wasserrecht eingeführt werden.

·         Demnach sollen die Kosten zur Erweiterung der kommunalen Kläranlagen für eine „4. Reinigungsstufe“ zum größten Teil auf die Arzneimittelhersteller übertragen werden.

·         Das EU-Parlament betont in seiner Position für die Trilog-Verhandlungen vom 6. Oktober 2023, dass die EPR durch eine nationale Finanzierung ergänzt werden soll, damit sichergestellt ist, dass keine unbeabsichtigten Folgen für die Verfügbarkeit, Erschwinglichkeit und Zugänglichkeit lebenswichtiger Arzneimittel entstehen.

 

Die Mitgliedsfirmen der IGEPHA stellen diesbezüglich fest, dass sie zu ihrer Verantwortung stehen und Maßnahmen zur Reduktion von schädlichen Mikroverunreinigungen grundsätzlich begrüßen. Grundsätzlich werden durch die IGEPHA auch die „hybride Finanzierungsmodelle“ zum Ausbau von 4. Reinigungsstufen in kommunalen Kläranlagen, die neben der industriellen auch die gesamtgesellschaftliche Verantwortung berücksichtigt, unterstützt.

 

Kritisch wird durch die IGEPHA angemerkt, dass der verfolgte Grundgedanke zur Substitution von umweltrelevanten Arzneimitteln nicht greift, da in den meisten Fällen kein einfacher Ersatz von Wirkstoffen durch umweltfreundlichere Alternativen möglich ist. Die Entwicklung von Wirkstoffen, die sowohl medizinischen Fortschritt ermöglichen als auch ökologisch unbedenklich sind, ist aus Sicht der IGEPHA allenfalls langfristig umsetzbar.

 

Die IGEPHA merkt weiters kritisch an, dass vor diesem Hintergrund das fortgeschrittene Verhandlungsdokument des EU-Rats vom 10. Oktober 2023 eine vollständige Finanzierung durch die Hersteller von Humanarzneimitteln und Kosmetika vorsieht. Zudem würden die Formulierungen in Artikel 10 darauf hindeuten, dass den Hersteller „Ewigkeitskosten“ übertragen werden, da keine Befristung vorgesehen ist. Deshalb besteht bei der IGEPHA die Befürchtung, dass die vollständige Kostenübertragung negative Auswirkungen auf die medizinische Versorgung haben wird und wichtige, Arzneimittel vom Markt verschwinden könnten, da die Arzneimittel-Hersteller kaum Möglichkeiten haben, die entsprechenden Kosten weiterzugeben.

 

In diesem Zusammenhang betont die IGEPHA, dass sowohl die EU und auch Österreich sich das Ziel gesetzt haben, den Pharmastandort Europa zu stärken und die Versorgung mit Arzneimitteln in den Mitgliedstaaten zu verbessern. Die vollständigen Kosten zum Aufbau der 4. Reinigungsstufe EU-weit auf die Hersteller von Humanarzneimitteln zu übertragen, würde aus Sicht der IGEPHA diesen Ansatz konterkarieren und könnte zu Versorgungsengpässen führen.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordnete an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Kennen Sie als zuständiger Wirtschaftsminister die Bedenken der IGEPHA – The Austrian Self Care Association Interessengemeinschaft österreichischer Heilmittelhersteller und Depositeure betreffend die kommunale EU-Abwasserrichtlinie?

2.    Wie beurteilen Sie als Wirtschaftsminister diese Bedenken?

3.    Werden Sie als Wirtschaftsminister innerhalb der österreichischen Bundesregierung diese Bedenken zur Sprache bringen und vertreten?

a.    Wenn ja, wann werden Sie diese Bedenken zur Sprache bringen bzw. haben Sie diese Bedenken bereits zur Sprache gebracht?

4.    Welche Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln und Medizinprodukten bzw. den Pharmaproduktionsstandort würde aus Sicht des BMAW bzw. Ihrer Sicht als Arbeits- und Wirtschaftsminister die Umsetzung der kommunalen EU-Abwasserrichtlinie bedeuten?

5.    Welche konkreten Maßnahmen zum Erhalt und zur Stärkung des österreichischen Pharmaproduktionsstandorts sind aus Sicht des BMAW bzw. von Ihnen als Arbeits- und Wirtschaftsminister geplant?