17735/J XXVII. GP

Eingelangt am 31.01.2024
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Petra Steger

an den Bundeskanzler

betreffend EU-Erpressungsmaßnahmen gegenüber einzelnen Mitgliedstaaten

 

 

Trotz der wirtschaftlich angespannten Lage samt Rekordinflation bleibt die schwarz-grüne Bundesregierung voll auf Kurs der Brüsseler-Zentralisten, die nicht nur immer mehr Kompetenzen an sich ziehen, sondern auch die Kassen der Nettozahlerstaaten zunehmend leerräumen. Die jüngste Forderung nach einer frühzeitigen Aufstockung des mehrjährigen EU-Finanzrahmens um unfassbare 66 Milliarden Euro, wovon rund 50 Milliarden Euro für die Ukraine bestimmt sind, ist dabei nur die Spitze des Eisbergs, denn der Ukraine werden bereits seit Monaten immer neue Milliardengeschenke zuteil, um den Krieg möglichst in die Länge zu ziehen – und das, obwohl sich die Berichte über Korruption und Betrug in der Ukraine überschlagen. Der jüngste Betrugsbericht, wonach 40 Millionen Dollar bei einem Waffenkauf des ukrainischen Verteidigungsministeriums unter dem Tisch verloren gegangen sind, spricht Bände und bestätigt unsere zahlreichen Warnungen.

 

Es wundert daher nicht, dass sich allmählich Widerstand gegen weitere Ukraine-Finanzhilfen entwickelt. So hat etwa Ungarn, ein souveräner Mitgliedsstaat, der die linksglobalistische Agenda Brüssels nicht einfach kritiklos mitträgt, beim Europäischen Rat im Dezember 2023 von seinem legitimen Vetorecht Gebrauch gemacht und die Überweisung von 50 Milliarden Euro an die Ukraine blockiert. Bedenklich ist in diesem Zusammenhang jedoch das Verhalten der EU-Kommission, die mit allen Mitteln versucht, Ungarn auf Linie zu bekommen. So wurden etwa exakt einen Tag vor dem besagten EU-Gipfel im Dezember von der EU-Kommission ein Teil der bisher blockierten Milliardenzahlungen an Ungarn freigegeben – vermeintlich, um das gewünschte Abstimmungsergebnis herbeizuführen. Als Reaktion auf dieses Vorgehen bereitet das Europäische Parlament aktuell eine Klage gegen die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof vor. Davon wenig beeindruckt und resultierend aus dem dennoch ausgesprochenen Veto Ungarns, plant die EU-Kommission nun eine neue Welle des blinden Aktionismus, die darauf abzielt, das unbeugsame Ungarn zu bestrafen.

 

Die Tageszeitung „Kurier“ hält hierzu folgendes fest:[1]

 

Attacken gegen die Währung, Blockade von Fördergeldern, Abschrecken internationaler Investoren: Es ist ein Wirtschaftskrieg mit allen Mitteln, den die Vertreter mehrerer EU-Staaten offensichtlich im Geheimen planen. Allerdings richtet er sich nicht gegen eine feindliche Macht, wie etwa Russland, sondern gegen ein Mitglied des eigenen Staatenbundes: Ungarn. Wie die international renommierte britische Tageszeitung ,Financial Times‘ enthüllt, kursiert ein Strategiepapier in diesen Tagen in Brüssel im EU-Rat, also dem gemeinsamen Gremium der Mitgliedsstaaten. […] Wenn Orban also nicht nachgibt, sollten andere EU-Staats- und Regierungschefs öffentlich drohen, alle EU-Finanzierungen für Budapest dauerhaft einzustellen. So würde man die Märkte verunsichern und einen Run auf den ohnehin schwachen ungarischen Forint auslösen. Das massiv verschuldete Ungarn würde so vor einem massiven Anstieg der Kreditkosten stehen.

 

Zuckerbrot und Peitsche – der EU-Kommission ist scheinbar jede Form der Einflussnahme auf Mitgliedsstaaten genehm, solange diese dann den Vorgaben aus Brüssel entsprechen. Man könnte bei diesem Vorgehen aber auch einfach von plumpen Erpressungsversuchen sprechen. In jedem Fall zeigt das Beispiel Ungarns, wie enorm der Druck ist, der vonseiten der EU-Kommission auf souveräne Mitgliedsstaaten ausgeübt wird. Daher stellt sich auch die Frage, ob Österreich von dieser Einschüchterungsstrategie in der Vergangenheit betroffen war oder aktuell betroffen ist. Die zahlreichen Meinungsumschwünge von Nehammer und Co. lassen jedenfalls Schlimmes befürchten. Zu erwähnen ist hier etwa die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit der sich im Krieg befindenden Ukraine, die frühzeitige Aufstockung des mehrjährigen EU-Finanzrahmens zur Finanzierung des Krieges, der EU-Migrationspakt mit verpflichtenden Verteilungsquoten oder der Corona-Wiederaufbaufonds mit der Haftung für Schulden anderer Pleitestaaten. Bei all diesen Themen hat sich Kanzler Nehammer zunächst klar dagegen positioniert, nur um dann wieder im Liegen umzufallen und auf die Linie der EU-Kommission umzuschwenken.

 

 

In diesem Zusammenhang stellt die unterfertigte Abgeordnete an den Bundeskanzler nachstehende

 

Anfrage

 

1.    Wie bewerten Sie das beschriebene Veto Ungarns?

2.    Haben Sie Verständnis für die ungarische Position?

3.    Worin unterscheidet sich Ihre Position zu jener Ungarns genau?

4.    Haben Sie im Vorfeld des Vetos Gespräche mit Vertretern Ungarns geführt?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, mit wem?

c.    Wenn ja, welche Position haben Sie in den Gesprächen vertreten?

d.    Wenn ja, wurde von Ungarn kommuniziert, dass sie potenziell ein Veto einlegen werden?

e.    Wenn nein, wieso haben Sie diesbezüglich keine Gespräche geführt?

5.    Wie bewerten Sie den Umstand, dass die EU-Kommission exakt einen Tag vor dem beschriebenen EU-Gipfel einen Teil der bisher blockierten Milliardenzahlungen an Ungarn freigegeben hat?

6.    Haben Sie die ursprüngliche Blockierung der Milliardenzahlungen an Ungarn befürwortet?

7.    Befürworten Sie die Freigabe eines Teils der bisher blockierten Milliardenzahlungen an Ungarn?

8.    Befürworten Sie eine vollständige Freigabe der bisher blockierten Milliardenzahlungen an Ungarn?

9.    Haben Sie Informationen darüber, dass die EU-Kommission im Gegenzug für die Freigabe eines Teils der blockierten Milliardenzahlungen an Ungarn eine politische Gegenleistung erwartet hat?

10. Haben Sie im Vorfeld der Mittelfreigabe an Ungarn Gespräche mit Vertretern der EU-Kommission geführt?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, mit wem?

c.    Wenn ja, welche Position haben Sie in den Gesprächen vertreten?

d.    Wenn ja, wurde von der EU-Kommission kommuniziert, dass ein Teil der bisher blockierten Milliardenzahlungen potenziell freigegeben wird?

e.    Wenn nein, wieso haben Sie diesbezüglich keine Gespräche geführt?

11. Wie bewerten Sie den Umstand, dass das Europäische Parlament eine Klage gegen die EU-Kommission vor der dem Europäischen Gerichtshof aufgrund der zeitlich auffälligen Mittelfreigabe an Ungarn vorbereitet?

12. Kennen Sie das in der Tageszeitung „Kurier“ referenzierte Strategiepapier?

a.    Wenn ja, von wem wurde dieses an Sie oder Ihre Kabinettsmitarbeiter herangetragen?

b.    Wenn ja, welchen Inhalts ist selbiges?

c.    Wenn ja, wie reagierten Sie auf dieses Strategiepapier?

13. Haben abseits von diesem Strategiepapier Vertreter von EU-Institutionen oder anderer EU-Mitgliedstaaten Sie damit konfrontiert, eine neue Gangart gegenüber Ungarn, inklusive Attacken gegen die Währung, die Blockade von Fördergeldern und das Abschrecken internationaler Investoren, einzuleiten?

a.    Wenn ja, wann und von wem?

b.    Wenn ja, wie haben Sie reagiert?

 

14. Wurden Sie für Ihre Zustimmung zu der Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit der sich im Krieg befindenden Ukraine von der EU-Kommission in irgendeiner Form unter Druck gesetzt?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, von wem?

c.    Wenn ja, in welcher Form?

d.    Wenn ja, wie haben Sie darauf reagiert?

e.    Wenn ja, wieso haben Sie dies nicht öffentlich gemacht?

f.     Wenn nein, wieso haben Sie trotz anderslautender Aussagen Ihre Zustimmung erteilt?

 

15. Wurden Sie für Ihre Zustimmung zur frühzeitigen Aufstockung des mehrjährigen EU-Finanzrahmens von der EU-Kommission in irgendeiner Form unter Druck gesetzt?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, von wem?

c.    Wenn ja, in welcher Form?

d.    Wenn ja, wie haben Sie darauf reagiert?

e.    Wenn ja, wieso haben Sie dies nicht öffentlich gemacht?

f.     Wenn nein, wieso haben Sie trotz anderslautender Aussagen Ihre Zustimmung erteilt?

 

16. Wurden Sie für eine Zustimmung zum EU-Migrationspakt samt verpflichtender Verteilungsquoten von der EU-Kommission in irgendeiner Form unter Druck gesetzt?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, von wem?

c.    Wenn ja, in welcher Form?

d.    Wenn ja, wie haben Sie darauf reagiert?

e.    Wenn ja, wieso haben Sie dies nicht öffentlich gemacht?

f.     Wenn nein, wieso haben Sie trotz anderslautender Aussagen Ihre Zustimmung erteilt?

17. Wurden Sie für die Zustimmung zum Corona-Wiederaufbaufonds samt der Haftung für Schulden anderer Pleitestaaten von der EU-Kommission in irgendeiner Form unter Druck gesetzt?

a.    Wenn ja, wann?

b.    Wenn ja, von wem?

c.    Wenn ja, in welcher Form?

d.    Wenn ja, wie haben Sie darauf reagiert?

e.    Wenn ja, wieso haben Sie dies nicht öffentlich gemacht?

f.     Wenn nein, wieso haben Sie trotz anderslautender Aussagen Ihre Zustimmung erteilt?



[1] Kurier 29.01.2024: Streit um Milliarden für Ukraine: EU rüstet sich für Wirtschaftskrieg mit Ungarn