17776/J XXVII. GP

Eingelangt am 02.02.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung

betreffend Folgeanfrage Portal digitale Schule und Bildungsportal

 

Das Portal digitale Schule (PoDS) hat die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler rund 12 Mio. Euro gekostet, wurde jedoch schon nach drei Jahren wieder eingestellt bzw., wie das BMBWF es darstellt, in das derzeit in Aufbau befindliche Bildungsportal überführt. Am 5.1.2024 wurde mit der Anfragebeantwortung 16244/AB die parlamentarische Anfrage 16761/J zu PoDS und seinem Nachfolgeprojekt Bildungsportal (bildung.gv.at) beantwortet. Die Anfragebeantwortung wirft ihrerseits eine Reihe von Fragen auf.

Unklar ist etwa, warum einerseits PoDS als Erfolg bzw. als "Projekt nach Plan" dargestellt wird, anderseits aber die Akzeptanzanalyse unter Verschluss gehalten wird. Auch die Behauptung, PoDS habe zum Erfolg des Distance Learnings in der Pandemie wesentlich beigetragen, deckt sich nicht mit dem, was Lehrkräfte und Schulleitungen über die Funktionalität und Nutzbarkeit von PoDS berichten.  

Andere Fragen der Anfrage 16761/J wurden nicht beantwortet, etwa jene nach Konsequenzen im Verhältnis zu den Auftragnehmern des PoDS-Projekts. Die Ankündigung, dass die im Rahmen des Bildungsportals neu entwickelten Softwarekomponenten als public code veröffentlicht werden, wirft wiederum die Frage auf, wo und wann das passieren wird. 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Für die Beurteilung, ob das rund 12 Mio. Euro teure Portal Digitale Schule seinen geplanten Zweck erfüllt hat, ist die um rund 66.000 Euro vom BMBWF in Auftrag gegebene Akzeptanzanalyse relevant. Seit 1.1.2023 besteht die verfassungsrechtliche Veröffentlichungspflicht solcher Studien gem.  Art. 20 Abs. 5 B-VG. Sie sieht folgendes vor: „Alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe haben Studien, Gutachten und Umfragen, die sie in Auftrag gegeben haben, samt deren Kosten in einer für jedermann zugänglichen Art und Weise zu veröffentlichen, solange und soweit deren Geheimhaltung nicht gemäß Abs. 3 (Amtsverschwiegenheit) geboten ist.“ Die Akzeptanzanalyse wurde vermutlich bereits vor dem 1.1.2023 in Auftrag gegeben und muss daher nicht zwingend veröffentlicht werden. 
    1. Gibt es inhaltliche Argumente, die dafür sprechen, die Akzeptanalyse zu PoDS unter Verschluss zu halten?

                                          i.    Wenn ja, welche?

                                        ii.    Wenn nein, warum veröffentlichen Sie die Akzeptanzanalyse nicht aus freien Stücken?

    1. Wurde im Rahmen der Akzeptanzanalyse erhoben, wieviel Prozent der Schulen PoDS tatsächlich verwendet haben?

                                          i.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

  1. PoDS hat, wie Lehrer:innen, Schulleiter:innen und Stakeholder aus der IT-Welt übereinstimmend berichten, nie jene Funktionalität erreicht, die geplant war, und hatte außerdem mit genau den Datenschutzproblemen zu kämpfen, die es eigentlich lösen sollte.
    1. Sehen Sie die Verantwortung dafür bei sich als Auftraggeber, bei den beauftragten Unternehmen oder auf beiden Seiten?
    2. Im Falle einer (Mit-)Verantwortung der beauftragten Unternehmen:

                                          i.    Haben Sie geprüft, ob Haftungsansprüche bestehen, sodass Honorare für nicht zufriedenstellend erbrachte Bestandteile des vereinbarten Werks zurückgefordert oder eine kostenlose Vollendung oder Verbesserung der Werkleistung eingefordert werden kann?

1.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

2.    Wenn nein, warum nicht?

  1. Wie belegen Sie die in der Anfragebeantwortung 16244/AB aufgestellte Behauptung, PoDS habe wesentlich zum Erfolg des Distance Learnings in der Pandemie beigetragen? Die Behauptung ist insofern nicht plausibel, da PoDS weder eine Lernplattform noch ein Videokonferenzsystem ist. Im Gegensatz zu bspw. eduvidual.at, das um weniger Geld ebenfalls im Auftrag des BMBWF entwickelt wurde, hatte PoDS für die Lehrkräfte in der Pandemie kaum einen Mehrwert. 
  2. In Beantwortung von Frage 10 von 16244/AB zum Prinzip "public money, public code" erklären Sie, dass, die im Rahmen des Bildungsportals neu entwickelten Softwarekomponenten als public code veröffentlicht werden.
    1. An welcher Stelle werden diese abrufbar sein?
    2. Wann werden die bisher entwickelten Softwarekomponenten des Bildungsportals, das ja schon in einem Teilbetrieb im Einsatz ist, veröffentlicht? Bitte um eine konkrete Zeitangabe mit Datum oder Monat.
    3. Wann ist mit weiteren Veröffentlichungen zu rechnen? 
  1. In Beantwortung von Frage 13 von 16244/AB zur österreichischen Bildungscloud erläutern Sie, dass diese im Rahmen der Content-Repositories eduthek.at und digi4school.at sowie der Lernplattformen eduvidual.at und lms.at bereits umgesetzt sei.
    1. War von Anfang an geplant, dass es nicht eine, sondern mehrere österreichische Bildungsclouds geben soll?
    2. Ist geplant, diese im Zuge der Weiterentwicklung des Bildungsportals zusammenzuführen? Wenn ja, wie?
    3. Welche technischen Voraussetzungen, etwa Speicherkapazitäten, sind für den Betrieb der österreichischen Bildungscloud notwendig?

                                          i.    Bitte um Erläuterung und Quanitfizierung.

                                        ii.    Durch wen und wo werden diese bereitgestellt?  

                                       iii.    Verfügen Sie über eine Entwicklungsprognose, wie sich der Bedarf an diesen Kapazitäten in den nächsten Jahren entwickeln wird? Wenn ja, bitte um Erläuterung anhand von Zahlen.

                                       iv.    Welche Vorkehrungen treffen Sie, um diesen Entwicklungen gerecht zu werden?

                                        v.    Rechnen Sie mit Auswirkungen der vermehrten Anwendung von KI im Schulkontext auf die Anforderungen an die österreichische Bildungscloud? Wenn ja, inwiefern und in welchem Ausmaß?

  1. Im Zuge des Projekts Bildungsportal gibt es einige Unterschiede gegenüber dem PoDS-Projekt, die positiv zu bewerten sind, beispielsweise dass es Testschulen gibt, dass vermehrt Open Source Komponenten verwendet werden und dass - siehe Frage 4 - angekündigt wurde, die neue entwickelten Komponenten zu veröffentlichen.
    1. Ist auch geplant, einen öffentlichen Backlog einzurichten, in dem ersichtlich ist, was gerade implementiert wird?
    2. Ist ein Backlog geplant, in dem man auch Ideen einbringen kann?
    3. Ist vorgesehen, dass Ideen die durch Schulen gerankt/bewertet werden können, um bedarfsgerecht Prioritäten setzen zu können?
  1. Dem Vernehmen nach liegen - auch nach der Einführung des Bildungsportals und der Bildungscloud - viele Daten aus dem schulischen Bereich (etwa Noten, Zeugnisse, Stammdaten der Schüler:innen und Eltern) bei Privatunternehmen wie bitmedia.
    1. Ist dies zutreffend? Um welche Daten im Rahmen welcher Softwareanwendungen handelt es sich dabei?
    2. Sollten diese Daten nicht etwa beim Bundesrechenzentrum liegen? 

                                          i.    Wenn ja, bis wann ist geplant, dies umzusetzen?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

                                       iii.    Könnte aus Ihrer Sicht die DVT (Datenverarbeitung Tirol), eine bereits langjährig getestete Open-Source-Lösung im Bereich des Identitätsmanagements, ein Vorbild dafür sein?

  1. Das Bildungsportal soll mittels Single-Sign-On auch dem Datenschutz dienen, indem Lehrer:innen und Schüler:innen mit einem statt vielen Accounts im Schulalltag das Auslangen finden sollen.
    1. Ist dies zutreffend? Bitte um Erläuterung.
    2. Die Geräteinitiative, mit der Schüler:innen der Sekundarstufe 1 mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden, hat bisher eine Dynamik in die entgegengesetzte Richtung ausgelöst, indem fast alle Schulen für die Schüler:innen und Lehrer:innen Accounts bei Microsoft und/oder Google und/oder Apple anlegen und die Daten somit in Händen von US-Konzernen sind. In diesem Zusammenhang ist nicht nur problematisch, dass bisher jedes Datenschutzabkommen der EU mit den USA (Safe Harbor, Privacy Shield) vom EuGH wegen grundsätzlichen Mängeln wieder aufgehoben wurde, sondern auch dass diese Konzerne häufig mit Datendiebstahl konfrontiert sind, wie bspw. https://firewalltimes.com/microsoft-data-breach-timeline/ im Fall von Microsoft dokumentiert. Ist geplant, dass im Zuge der Weiterentwicklung des Bildungsportals und/oder der Bildungscloud, auch für die Geräteinitiative eine Lösung im Sinne der digitalen Souveränität und des Datenschutzes gefunden wird?
  1. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wer in der gegenwärtigen Konstellation für die Auskunft nach Art. 15 DSGVO zuständig ist. Wer die Anfrage stellt, welche Daten Microsoft über den Schulaccount des Kindes speichert, wird von Microsoft an die Schule und von der Schule an Microsoft verwiesen. Im Falle von Google oder Apple wäre es vermutlich ähnlich. Ist geplant, im Zuge der Weiterentwicklung des Bildungsportals und/oder der Bildungscloud, eine zentrale Lösung zu entwickeln, die sicherstellt, dass das Auskunftsrecht tatsächlich ausgeübt werden kann?
  2. Welches Budget ist für das Bildungsportal im Jahr 2024 und in den Folgejahren jeweils vorgesehen? 
  3. Welche Unternehmen wurden bisher mit Leistungen für das Bildungsportal beauftragt? Bitte jeweils um Nennung von Unternehmen, Laufzeit der Leistungsvereinbarung und vereinbartes Werkvertragshonorar.