Eingelangt am 02.02.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg
Sarre, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend Folgeanfrage Portal digitale
Schule und Bildungsportal
Das Portal digitale Schule (PoDS) hat die
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler rund 12 Mio. Euro gekostet, wurde jedoch
schon nach drei Jahren wieder eingestellt bzw., wie das BMBWF es darstellt, in
das derzeit in Aufbau befindliche Bildungsportal überführt. Am
5.1.2024 wurde mit der Anfragebeantwortung 16244/AB die parlamentarische
Anfrage 16761/J zu PoDS und seinem Nachfolgeprojekt Bildungsportal
(bildung.gv.at) beantwortet. Die Anfragebeantwortung wirft ihrerseits eine
Reihe von Fragen auf.
Unklar ist etwa, warum einerseits PoDS als
Erfolg bzw. als "Projekt nach Plan" dargestellt wird, anderseits aber
die Akzeptanzanalyse unter Verschluss gehalten wird. Auch die Behauptung, PoDS
habe zum Erfolg des Distance Learnings in der Pandemie wesentlich beigetragen,
deckt sich nicht mit dem, was Lehrkräfte und Schulleitungen über die
Funktionalität und Nutzbarkeit von PoDS berichten.
Andere Fragen der Anfrage 16761/J wurden nicht
beantwortet, etwa jene nach Konsequenzen im Verhältnis zu den
Auftragnehmern des PoDS-Projekts. Die Ankündigung, dass die im Rahmen
des Bildungsportals neu entwickelten Softwarekomponenten als public code
veröffentlicht werden, wirft wiederum die Frage auf, wo und wann das
passieren wird.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Für die
Beurteilung, ob das rund 12 Mio. Euro teure Portal Digitale Schule seinen
geplanten Zweck erfüllt hat, ist die um rund 66.000 Euro vom BMBWF in
Auftrag gegebene Akzeptanzanalyse relevant. Seit 1.1.2023 besteht die
verfassungsrechtliche Veröffentlichungspflicht solcher Studien
gem. Art. 20 Abs. 5 B-VG. Sie sieht folgendes vor: „Alle mit
Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe
haben Studien, Gutachten und Umfragen, die sie in Auftrag gegeben haben,
samt deren Kosten in einer für jedermann zugänglichen Art und
Weise zu veröffentlichen, solange und soweit deren Geheimhaltung
nicht gemäß Abs. 3 (Amtsverschwiegenheit) geboten ist.“
Die Akzeptanzanalyse wurde vermutlich bereits vor dem 1.1.2023 in Auftrag
gegeben und muss daher nicht zwingend veröffentlicht werden.
- Gibt es inhaltliche
Argumente, die dafür sprechen, die Akzeptanalyse zu PoDS unter
Verschluss zu halten?
i. Wenn ja, welche?
ii. Wenn nein, warum veröffentlichen Sie die
Akzeptanzanalyse nicht aus freien Stücken?
- Wurde im Rahmen der
Akzeptanzanalyse erhoben, wieviel Prozent der Schulen PoDS
tatsächlich verwendet haben?
i. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- PoDS hat, wie Lehrer:innen,
Schulleiter:innen und Stakeholder aus der IT-Welt übereinstimmend
berichten, nie jene Funktionalität erreicht, die geplant war, und
hatte außerdem mit genau den Datenschutzproblemen zu kämpfen,
die es eigentlich lösen sollte.
- Sehen Sie die Verantwortung dafür bei
sich als Auftraggeber, bei den beauftragten Unternehmen oder auf beiden
Seiten?
- Im Falle einer (Mit-)Verantwortung der
beauftragten Unternehmen:
i. Haben Sie geprüft, ob Haftungsansprüche bestehen, sodass
Honorare für nicht zufriedenstellend erbrachte Bestandteile des
vereinbarten Werks zurückgefordert oder eine kostenlose Vollendung oder
Verbesserung der Werkleistung eingefordert werden kann?
1. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
2. Wenn nein, warum nicht?
- Wie belegen Sie die in der
Anfragebeantwortung 16244/AB aufgestellte Behauptung, PoDS habe wesentlich
zum Erfolg des Distance Learnings in der Pandemie beigetragen? Die
Behauptung ist insofern nicht plausibel, da PoDS weder eine Lernplattform noch
ein Videokonferenzsystem ist. Im Gegensatz zu bspw. eduvidual.at, das um weniger Geld ebenfalls im Auftrag des BMBWF
entwickelt wurde, hatte PoDS für die Lehrkräfte in der Pandemie
kaum einen Mehrwert.
- In Beantwortung von
Frage 10 von 16244/AB zum Prinzip "public money, public code"
erklären Sie, dass, die im Rahmen des Bildungsportals neu
entwickelten Softwarekomponenten als public code veröffentlicht
werden.
- An welcher Stelle
werden diese abrufbar sein?
- Wann werden die bisher
entwickelten Softwarekomponenten des Bildungsportals, das ja schon in
einem Teilbetrieb im Einsatz ist, veröffentlicht? Bitte um eine
konkrete Zeitangabe mit Datum oder Monat.
- Wann ist mit weiteren
Veröffentlichungen zu rechnen?
- In Beantwortung von
Frage 13 von 16244/AB zur österreichischen Bildungscloud
erläutern Sie, dass diese im Rahmen der Content-Repositories eduthek.at und digi4school.at sowie
der Lernplattformen eduvidual.at und lms.at bereits umgesetzt sei.
- War von Anfang an
geplant, dass es nicht eine, sondern mehrere österreichische
Bildungsclouds geben soll?
- Ist geplant, diese im
Zuge der Weiterentwicklung des Bildungsportals zusammenzuführen?
Wenn ja, wie?
- Welche technischen
Voraussetzungen, etwa Speicherkapazitäten, sind für den Betrieb
der österreichischen Bildungscloud notwendig?
i. Bitte um Erläuterung und Quanitfizierung.
ii. Durch wen und wo werden diese bereitgestellt?
iii. Verfügen Sie über eine
Entwicklungsprognose, wie sich der Bedarf an diesen Kapazitäten in den
nächsten Jahren entwickeln wird? Wenn ja, bitte um Erläuterung anhand
von Zahlen.
iv. Welche Vorkehrungen treffen Sie, um diesen
Entwicklungen gerecht zu werden?
v. Rechnen Sie mit Auswirkungen der vermehrten
Anwendung von KI im Schulkontext auf die Anforderungen an die
österreichische Bildungscloud? Wenn ja, inwiefern und in welchem
Ausmaß?
- Im Zuge des Projekts
Bildungsportal gibt es einige Unterschiede gegenüber dem
PoDS-Projekt, die positiv zu bewerten sind, beispielsweise dass es
Testschulen gibt, dass vermehrt Open Source Komponenten verwendet werden
und dass - siehe Frage 4 - angekündigt wurde, die neue entwickelten
Komponenten zu veröffentlichen.
- Ist auch geplant, einen
öffentlichen Backlog einzurichten, in dem ersichtlich ist, was
gerade implementiert wird?
- Ist ein Backlog
geplant, in dem man auch Ideen einbringen kann?
- Ist vorgesehen, dass
Ideen die durch Schulen gerankt/bewertet werden können, um
bedarfsgerecht Prioritäten setzen zu können?
- Dem Vernehmen nach
liegen - auch nach der Einführung des Bildungsportals und der
Bildungscloud - viele Daten aus dem schulischen Bereich (etwa Noten,
Zeugnisse, Stammdaten der Schüler:innen und Eltern) bei
Privatunternehmen wie bitmedia.
- Ist dies zutreffend? Um
welche Daten im Rahmen welcher Softwareanwendungen handelt es sich dabei?
- Sollten diese Daten
nicht etwa beim Bundesrechenzentrum liegen?
i. Wenn ja, bis wann ist geplant, dies umzusetzen?
ii. Wenn nein, warum nicht?
iii. Könnte aus Ihrer Sicht die DVT
(Datenverarbeitung Tirol), eine bereits langjährig getestete
Open-Source-Lösung im Bereich des Identitätsmanagements, ein Vorbild
dafür sein?
- Das Bildungsportal soll
mittels Single-Sign-On auch dem Datenschutz dienen, indem Lehrer:innen und
Schüler:innen mit einem statt vielen Accounts im Schulalltag das
Auslangen finden sollen.
- Ist dies zutreffend? Bitte um
Erläuterung.
- Die Geräteinitiative, mit der
Schüler:innen der Sekundarstufe 1 mit digitalen Endgeräten
ausgestattet werden, hat bisher eine Dynamik in die entgegengesetzte
Richtung ausgelöst, indem fast alle Schulen für die
Schüler:innen und Lehrer:innen Accounts bei Microsoft und/oder
Google und/oder Apple anlegen und die Daten somit in Händen von
US-Konzernen sind. In diesem Zusammenhang ist nicht nur problematisch,
dass bisher jedes Datenschutzabkommen der EU mit den USA (Safe Harbor,
Privacy Shield) vom EuGH wegen grundsätzlichen Mängeln wieder
aufgehoben wurde, sondern auch dass diese Konzerne häufig mit
Datendiebstahl konfrontiert sind, wie bspw. https://firewalltimes.com/microsoft-data-breach-timeline/
im Fall von Microsoft dokumentiert. Ist geplant, dass im Zuge der
Weiterentwicklung des Bildungsportals und/oder der Bildungscloud, auch
für die Geräteinitiative eine Lösung im Sinne der
digitalen Souveränität und des Datenschutzes gefunden wird?
- In diesem Zusammenhang stellt sich auch die
Frage, wer in der gegenwärtigen Konstellation für die Auskunft
nach Art. 15 DSGVO zuständig ist. Wer die Anfrage stellt, welche
Daten Microsoft über den Schulaccount des Kindes speichert, wird von
Microsoft an die Schule und von der Schule an Microsoft verwiesen. Im
Falle von Google oder Apple wäre es vermutlich ähnlich. Ist
geplant, im Zuge der Weiterentwicklung des Bildungsportals und/oder der
Bildungscloud, eine zentrale Lösung zu entwickeln, die sicherstellt,
dass das Auskunftsrecht tatsächlich ausgeübt werden kann?
- Welches Budget ist für das
Bildungsportal im Jahr 2024 und in den Folgejahren jeweils
vorgesehen?
- Welche Unternehmen wurden bisher mit
Leistungen für das Bildungsportal beauftragt? Bitte jeweils um
Nennung von Unternehmen, Laufzeit der Leistungsvereinbarung und
vereinbartes Werkvertragshonorar.