17780/J XXVII. GP
Eingelangt am 05.02.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend "Bürokratieabbauinitiative": Wie viel EU-Hausaufgabe steckt in Nehammers & Kochers Entlastungsversprechen?
ÖVP-Entlastungsversprechen sind ebenso nichts Neues, wie auch deren mangelnde Umsetzung. Die neuesten Bürokratieabbauinitiativen von Bundeskanzler Nehammer und Wirtschaftsminister Kocher sind ebenfalls mehr die Erfüllung von EU-Hausaufgaben als eigene Ideen. Angekündigte nationale Bürokratie-Aufräumpläne sind recht unglaubwürdig. Während Minister Kocher 25% weniger Berichtspflichten angekündigt hatte, wurden in Karl Nehammers Österreichplan daraus sogar 33%. NEOS fordern hier mehr Transparenz, ob diese Entlastungsversprechen nur umgesetztes EU-Recht betreffen oder auch die österreichische Bürokratie gestutzt werden soll.
Kocher verspricht Bürokratiestreichungsliste
Im Rahmen des 150-jährigen Jubiläums des Wirtschaftsministeriums hat Bundesminister Kocher angekündigt, gemeinsam mit Stakeholdern in den kommenden Monaten eine "Bürokratiestreichungsliste" zu erstellen. Eine Liste von Berichtspflichten solle jene herausfiltern, die im betrieblichen Alltag besonders belastend sind. "Wir sind kein Regulierungsministerium. Wir müssen es schaffen. dass Unternehmer mehr Zeit fürs Wirtschaften haben", so Bundesminister Kocher. Ziel sei es, die Berichtspflichten um 25% zu senken. (1)
Angekündigte Erleichterung "nur" EU-Projekt ohne nationale Ambitionen?
Auf Nachfragen im Wirtschaftsausschuss vom 10.10.2023 relativierte Wirtschaftsminister Kocher sein Projekt ein wenig. Dabei gehe es nicht um nationale Vorschriften, vielmehr handle es sich um eine Initiative der EU-Kommission. Die Mitgliedsstaaten seien aufgefordert, Listen mit Beispielen überbordender Berichtspflichten zu übermitteln, um dann auf EU-Ebene für eine Reduktion zu sorgen. Tatsächlich handelt es sich hierbei vielmehr um die Erfüllung von Hausaufgaben aus Brüssel. Das Versprechen von Bundesminister Kocher deckt sich mit dem KMU-Entlastungspaket der EU-Kommission vom 12.9.2023 (2), das unter anderem eine "Vereinfachung von Verwaltungsabläufen und Berichtspflichten" vorsieht. Laut Maßnahme 9 (Punkt 3.1.4) soll die Kommission "als Teil eines systematischen und wiederkehrenden Zyklus zusammen mit dem Arbeitsprogramm den nächsten Satz Vorschläge zur Rationalisierung der Berichtspflichten einschließlich der oben erwähnten Maßnahmen vorlegen, um das Ziel einer Verringerung der Berichtspflichten um 25 % zu erreichen." Rein auf nationalen Gesetzen beruhende Bürokratie ist davon leider nicht umfasst und Kochers damalige Ankündigung daher wahrscheinlich auch nicht.
Nehammers Österreichplan verspricht "Bürokratieabbauinitiative"
Bundeskanzler Nehammer fordert in seinem neuen ÖVP-Österreichplan vom 26.1.2024 (3) die "konsequente Reduktion von überbordender Regulierung" und verspricht dabei explizit den "Start einer Bürokratieabbauinitiative zur Reduktion von Berichtspflichten um ein Drittel". Die Umsetzung des Entlastungspakets der EU-Kommission scheint es bis ins neue Wahlprogramm der ÖVP geschafft zu haben. Aus dem Ziel der EU-Kommission von einem Viertel weniger Berichtspflichten wurde in Nehammers Plan immerhin ein Drittel. Fraglich bleibt, ob damit wieder nur auf EU-Gesetzen beruhende Bürokratie angegangen werden soll. Die Ankündigungen im Österreichplan gehen aber noch weiter und beinhalten auch die "Abschaffung der schwersten Regulierungsirrtümer" oder die "konsequente Verhinderung der Übererfüllung europäischer Mindeststandards". Die ÖVP stellt auch in dieser Regierung den Wirtschaftsminister. Ob aktuell an der angekündigten Entlastung gearbeitet wird, ist unbekannt.
Angesichts der nicht eingelösten Entlastungsversprechen der ÖVP in den letzten Jahrzehnten und der verschwommenen Grenzen zwischen echten Initiativen der EU-Kommission und vagen ÖVP-Versprechen soll diese Anfrage Transparenz in die aktuellen Vorbereitungsmaßnahmen bringen. Richten sich all diese Entlastungsversprechen wieder nur an Brüssel oder hat diese Bundesregierung tatsächlich konkrete Pläne, um die heimische Bürokratie entschlossen abzubauen?
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Wurde der EU-Kommission bereits eine Liste an überbordenden Berichtspflichten übermittelt?
1. Wenn ja, welche Berichte werden darin aufgeführt und warum? Bitte konkrete Artikel angeben, auf denen die jeweiligen Berichtspflichten beruhen.
2. Wenn nein, bis wann ist die Übermittlung vorgesehen?
3. Inwiefern wird darin angegeben, welche graduelle Entlastung damit erreicht werden soll?
a. Wie wird das konkret berechnet?
b. Inwiefern wird das Ziel einer Entlastung um 25% erreicht?
c. Wird das Ziel einer Entlastung um ein Drittel angestrebt?
i. Hat die EU-Kommission eine Liste an überbordenden Berichtspflichten den Mitgliedsstaaten übermittelt oder veröffentlicht?
1. Wenn ja, welche Berichte werden darin aufgeführt und warum? Bitte konkrete Artikel angeben, auf denen die jeweiligen Berichtspflichten beruhen.
2. Wenn nein, inwiefern hat die die EU-Kommission ein Datum festgelegt, bis wann eine solche Liste an die Mitgliedsstaaten übermittelt oder veröffentlicht werden soll?
3. Inwiefern wird darin angegeben, welche graduelle Entlastung damit erreicht werden soll?
a. Wie wird das konkret berechnet?
i. Ist dem BMAW bekannt, ob andere EU-Mitgliedsstaaten eine Liste an überbordenden Berichtspflichten an die EU-Kommission übermittelt haben?
1. Wenn ja, welche Berichte werden darin aufgeführt und warum? Bitte konkrete Artikel angeben, auf denen die jeweiligen Berichtspflichten beruhen.
2. Wenn nein, inwiefern hat die EU-Kommission ein Datum festgelegt, bis wann eine solche Liste an die Mitgliedsstaaten übermittelt oder veröffentlicht werden soll?
3. Inwiefern wird darin angegeben, welche graduelle Entlastung damit erreicht werden soll?
a. Wie wird das konkret berechnet?
i. Versprechen als Erfüllung von EU-Hausaufgaben: Spricht dieses Versprechen lediglich die EU-Initiative an oder ist damit die Reduktion weiterer Berichtspflichten, die rein auf nationalen Gesetzen beruhen, vorgesehen?
ii. Nationale Berichtspflichten: Wenn Berichtspflichten, die rein auf nationale Gesetze beruhen, reduziert werden sollen:
1. Welche Berichte werden darin aufgeführt und warum? Bitte konkrete Paragrafen angeben, auf denen die jeweiligen Berichtspflichten beruhen.
2. Inwiefern wird darin angegeben, welche graduelle Entlastung damit erreicht werden soll?
a. Wie wird das konkret berechnet?
b. Inwiefern wird das Ziel einer Entlastung von rund 33% erreicht?
iii. Maßnahmen: Welche Maßnahmen wurden vom BMAW bisher genau gesetzt?
iv. Zeitplan: Bis wann sollen konkrete Ergebnisse vorgelegt werden?
v. Abstimmungstreffen mit anderen Ministerien: Wie viele Abstimmungstreffen mit anderen Ministerien hat es dazu bereits gegeben bzw. wie viele sind für 2024 vorgesehen? Bitte Datum und Teilnehmer vorheriger Treffen angeben.
vi. Abstimmungstreffen mit Stakeholdern: Wie viele Abstimmungstreffen mit Stakeholdern aus der Wirtschaft hat es dazu bereits gegeben bzw. wie viele sind derzeit für 2024 vorgesehen? Bitte Datum und Teilnehmer vorheriger Treffen angeben.
i. Maßnahmen: Welche Maßnahmen wurden vom BMAW bisher genau gesetzt?
1. Welche Regulierungsirrtümer wurden bereits identifiziert? Bitte konkrete Paragrafen angeben, auf denen die jeweiligen Regulierungsirrtümer beruhen.
ii. Zeitplan: Bis wann sollen konkrete Ergebnisse vorgelegt werden?
iii. Abstimmungstreffen mit anderen Ministerien: Wie viele Abstimmungstreffen mit anderen Ministerien hat es dazu bereits gegeben bzw. wie viele sind für 2024 vorgesehen? Bitte Datum und Teilnehmer vorheriger Treffen angeben.
iv. Abstimmungstreffen mit Stakeholdern: Wie viele Abstimmungstreffen mit Stakeholdern aus der Wirtschaft hat es dazu bereits gegeben bzw. wie viele sind derzeit für 2024 vorgesehen? Bitte Datum und Teilnehmer vorheriger Treffen angeben.
i. Maßnahmen: Welche Maßnahmen wurden vom BMAW bisher genau gesetzt?
1. BM a.D. Schramböck hat mehrfach angekündigt, Gesetze nach Gold Plating zu durchsuchen: Inwiefern wurde seit 2017 evaluiert, wo es bei der Umsetzung von EU-Recht zu Gold-Plating gekommen ist?
2. Welche konkreten Gold Plating Fälle wurden bisher identifiziert? Bitte konkrete EU-Rechtsakte und nationale Umsetzungsbestimmungen angeben.
3. Inwiefern sollen die identifizierten Gold Plating Fälle abgeändert werden?
ii. Zeitplan: Bis wann sollen konkrete Ergebnisse vorgelegt werden?
iii. Abstimmungstreffen mit anderen Ministerien: Wie viele Abstimmungstreffen mit anderen Ministerien hat es dazu bereits gegeben bzw. wie viele sind für 2024 vorgesehen? Bitte Datum und Teilnehmer vorheriger Treffen angeben.
iv. Abstimmungstreffen mit Stakeholdern: Wie viele Abstimmungstreffen mit Stakeholdern aus der Wirtschaft hat es dazu bereits gegeben bzw. wie viele sind für 2024 vorgesehen? Bitte Datum und Teilnehmer vorheriger Treffen angeben.