17789/J XXVII. GP

Eingelangt am 06.02.2024
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Hannes Amesbauer

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Medizinische und pflegerische Versorgung von Häftlingen in der Steiermark in den Jahren 2021, 2022 und 2023

 

 

Seit 1. Jänner 2017 beträgt der Pauschalbetrag, den die Länder jährlich an den Bund als Beitrag für die stationäre Behandlung sowie Betreuung von Insassen von Justizanstalten durch öffentliche Krankenanstalten einschließlich der Pflegeabteilungen bezahlen, 12.749.430,46 Euro. Der Anteil des Landes Steiermark an diesen Kosten beläuft sich auf rund 1,76 Millionen Euro pro Jahr.

 

Die 15a-Vereinbarung, aus der sich die Zahlungsverpflichtung ergibt, wurde abgeschlossen, da die meisten Gefängnisinsassen bzw. elektronisch überwachten Straftäter nicht krankenversichert sind und somit das Justizministerium für deren Spitalsaufenthalte aufkommen muss. Für die Inanspruchnahme medizinischer Krankenhausleistungen wird den Justizanstalten dabei von den Krankenanstalten der Tarif unversicherter Privatpatienten verrechnet. Dieser liegt deutlich über den von den Sozialversicherungsträgern eingehobenen Beiträgen.

 

Es verwundert folglich wenig, dass die medizinische Versorgung von Häftlingen den steirischen Justizanstalten enorme Kosten beschert, was auch seit Jahren berechtigte Kritik hervorruft wie ein Bericht der „Steirerkrone“ aus dem Sommer 2021 belegt:[1]

 

Dass akuter Handlungsbedarf [im Bereich der Abgeltung stationärer medizinischer Versorgungsleistungen, Anm.] herrscht, belegt eine aktuelle Anfragebeantwortung des steirischen Gesundheitsressorts an die FPÖ. Demnach sind die medizinischen Kosten vom Jahr 2018 auf 2019 deutlich gestiegen: Verrechnete die KAGes im Jahr 2018 für 1.014 behandelte Insassen noch exakt 7,85 Millionen Euro, schlugen die stationären Fälle (997 an der Zahl) im Jahr 2019 bereits mit 8,26 Millionen Euro zu Buche. Kostenträger waren die drei steirischen Justizanstalten Graz-Karlau, Graz-Jakomini und Leoben.

 

Im Corona-Jahr 2020 ging die Zahl der Fälle (910) zwar zurück, jedoch stiegen die abgerechneten Beträge für Krankenhausaufenthalte von Häftlingen in den steirischen Kliniken. Und zwar um satte 2,6 Millionen Euro auf 10,904 Millionen. Begründbar ist die Kostenexplosion mit der gestiegenen Anzahl an Pflegetagen. Im ersten Quartal dieses Jahres sind übrigens bereits 3,26 Millionen Euro angefallen.

 

Angesichts der hohen Kosten stellt sich seit Jahren die Frage, ob eine zumindest teilweise Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten – wie sie etwa auch der Rechnungshof forderte – in die gesetzliche Krankenversicherung effizienter und vor allem sparsamer wäre. Tatsächlich findet sich dieses Ziel im Regierungsprogramm der aktuellen Bundesregierung.[2] Inwiefern das Projekt von ÖVP und Grünen im Sinne der Steuerzahler weiterverfolgt wurde, ist nicht bekannt. Durch die gegenständliche Anfrage soll dies in Erfahrung gebracht und auch geklärt werden, welche konkreten Kosten in den Jahren 2021, 2022 und 2023 aufgrund der medizinischen Versorgung von Insassen von Justizanstalten erwachsen sind.

 

 

In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Häftlinge (inkl. forensische Patienten) wurden in den Jahren 2021, 2022 und 2023 in einer steirischen Krankenanstalt ambulant medizinisch behandelt (Aufschlüsselung nach den jeweiligen Jahren, nach der Krankenanstalt, den Fallzahlen bzw. nach dem Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger sowie unter Bekanntgabe der betroffenen Justizanstalten)?

2.    Wie hoch war der finanzielle Aufwand für derartige medizinische Leistungen, der den Justizanstalten bzw. dem Justizministerium verrechnet wurde, insgesamt sowie pro Kopf bzw. Fall in den Jahren 2021, 2022 und 2023 (Aufschlüsselung nach den jeweiligen Jahren, den Kostenstellen, nach der Krankenanstalt bzw. nach dem Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger sowie unter Bekanntgabe der betroffenen Justizanstalten)?

3.    Wie viele Häftlinge (inkl. forensische Patienten) wurden in den Jahren 2021, 2022 und 2023 in einer steirischen Krankenanstalt stationär medizinisch behandelt (Aufschlüsselung nach den jeweiligen Jahren, nach der Krankenanstalt, den Fallzahlen, der Anzahl der Pflegetage bzw. nach dem Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger sowie unter Bekanntgabe der betroffenen Justizanstalten)?

4.    Wie hoch war der finanzielle Aufwand für derartige medizinische Leistungen, der den Justizanstalten bzw. dem Justizministerium verrechnet wurde, insgesamt sowie pro Kopf bzw. Fall in den Jahren 2021, 2022 und 2023 (Aufschlüsselung nach den jeweiligen Jahren, den Kostenstellen, nach der Krankenanstalt bzw. nach dem Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger sowie unter Bekanntgabe der betroffenen Justizanstalten)?

5.    Falls über den Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger keine Informationen vorliegen, warum ist dies der Fall?

6.    Wurde seit der Angelobung der amtierenden Bundesregierung im Jänner 2020 an der Umsetzung des im Regierungsprogramm „Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020–2024“ auf Seite 29 festgehaltenen Ziels „Einbeziehung der Insassen in die gesetzliche Krankenversicherung ohne Einbeziehung der Angehörigen (Standardleistungen)“ gearbeitet?

a.    Wenn ja, welche konkreten Schritte wurden seit Jänner 2020 gesetzt, um das Ziel zu verwirklichen (z.B. Einrichtung von Arbeitsgruppen, konkrete Termine, Einholung von Expertengutachten, politische Abstimmung mit dem Koalitionspartner etc.)?

7.    Aus welchen Gründen wurde das Ziel dennoch nicht zur Umsetzung gebracht?

8.    Wird es in der aktuellen Gesetzgebungsperiode Ihrer fachlichen Beurteilung nach noch zu einer Umsetzung kommen?

a.    Wenn ja, wie stellen sich die diesbezüglichen Pläne dar?

b.    Wenn nein, woran scheitert die Umsetzung?

9.    Wie viele geistig abnorme Rechtsbrecher bzw. Personen mit forensischem Hintergrund waren in den Jahren 2021, 2022 und 2023 in einem steirischen Pflegeheim untergebracht (Aufschlüsselung nach den jeweiligen Jahren, nach den Pflegeheimen, nach der Pflegestufe bzw. nach dem Aufenthaltsstatus der Personen)?

10. Wie hoch war der finanzielle Aufwand, der dem Justizministerium aufgrund der Unterbringung dieser geistig abnormen Rechtsbrecher bzw. Personen mit forensischem Hintergrund in steirischen Pflegeheimen insgesamt sowie pro Kopf in den Jahren 2021, 2022 und 2023 erwachsen ist (Aufschlüsselung nach den jeweiligen Jahren, nach der Pflegeeinrichtung bzw. nach dem Aufenthaltsstatus der Leistungsempfänger)?



[1] Printausgabe der „Steirerkrone“ vom 12. Juli 2021, Seiten 12 und 13

[2] Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020–2024, Seite 29