17795/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.02.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Folgeanfrage: Wann wird das Grundversorgungssystem effizient aufgestellt?

 

Die Grundversorgungsvereinbarung gem. Art. 15a B-VG regelt die Zuständigkeit zwischen dem Bund und den Ländern hinsichtlich der Grundversorgung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden. Demnach leistet der Bund im Wesentlichen die Grundversorgung für Asylwerber:innen in der ersten Phase des Asylverfahrens, dem sogenannten Zulassungsverfahren. In dieser Zeit werden die Asylwerber:innen grundsätzlich in Bundesbetreuungseinrichtungen untergebracht und versorgt. Nach der Zulassung zum Verfahren sollten Asylwerber:innen in die Grundversorgung der Länder übernommen werden. Die Kosten der Grundversorgung werden zwischen Bund und Ländern grundsätzlich in einem Schlüssel von 60:40 geteilt. Die Bundesländer haben sich in der Grundversorgungsvereinbarung selbst dazu verpflichtet, eine bestimmte, nach Bevölkerungszensus festgelegte Quote an Asylwerber:innen, zu versorgen.

Grundprinzip der Aufgabenverteilung ist, dass Asylwerbende nur kurzfristig in der Betreuung des Bundes verbleiben und möglichst zeitnah und gleichmäßig auf die Länder verteilt werden. Dies ergibt auch in finanzieller Hinsicht Sinn, da die Grundversorgung des Bundes teurer ist als jene der Länder. Die Bundesbetreuung erfolgt zweckmäßig in größeren Einheiten und in Vollversorgung, zumal es hier etwa eigene Küchen und medizinische Versorgung samt Personal braucht. In den Ländern erfolgt die Unterbringung in kleineren Einheiten und (Teil-)Selbstversorgung. Jedoch funktioniert der Verteilungsschlüssel seit Jahren nicht und nur wenige Bundesländer erfüllen ihre Quoten. Dementsprechend verbleiben zahlreiche Asylwerber:innen, die bereits zum Asylverfahren zugelassen sind, entgegen anderslautender Grundversorgungsvereinbarung viel länger als notwendig in den Bundesbetreuungseinrichtungen. Aufgrund der Nichtübernahme von bereits zum Verfahren zugelassenen Asylwerber:innen in die Landesgrundversorgung fielen allein im Jahr 2022 Mehrkosten in Höhe von 71,26 Mio. EUR an, wie sich aus einer NEOS-Anfrage ergab (1). 

Dieser Missstand ist nicht nur kostenintensiv, sondern führt auch zu vermeidbarem Leid für Betroffene - beispielsweise, wenn Bundesbetreuungseinrichtungen überbelegt sind oder gar Zelte aufgestellt werden, wie zuletzt im Herbst und Winter 2022 in Spielfeld, wo Asylwerber:innen mangels Länderquartieren tage- bis wochenlang in der sogenannten "Wartezone" verbleiben mussten. Spätestens seit 2015 ist offensichtlich, dass das Grundversorgungssystem defizient und reformbedürftig ist. Wir NEOS haben mittels parlamentarischer Anträge schon viele konstruktive Vorschläge zur Verbesserung des Grundversorgungssystem gemacht, z.B.: 

Leider wurde diesen Vorschlägen vonseiten der Bundesregierung keine Folge geleistet. Aktuelle Angaben (seit 14471/J (7)) hinsichtlich der noch in dieser Legislaturperiode geplanten Vorhaben sind daher von Interesse. 

  1. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/14066
  2. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2878
  3. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3030
  4. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2375
  5. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2879
  6. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3131
  7. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/14471

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

  1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Kooperation zwischen Bund und Ländern hinsichtlich des Grundversorgungssystems zu verbessern?
    1. Wann jeweils? 
    2. Mit welchem Ergebnis jeweils? 
    3. Falls keine Maßnahmen gesetzt worden sind: warum nicht?
    4. Ist geplant, in dieser Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?  
  1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Entscheidungsfindung zwischen Bund und Ländern zu vereinfachen bzw. zu beschleunigen? 
    1. Wann jeweils? 
    2. Mit welchem Ergebnis jeweils? 
    3. Falls keine Maßnahmen gesetzt worden sind: warum nicht?
    4. Ist geplant, in dieser Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?  
    5. Ist in diesem Zusammenhang eine Abschaffung des Prinzips der Einstimmigkeit angedacht? 

                                          i.    Wenn ja, wann? 

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht? 

  1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Dauer des Verbleibs in der Grundversorgung zu reduzieren?
    1. Wann jeweils? 
    2. Mit welchem Ergebnis jeweils? 
    3. Falls keine Maßnahmen gesetzt worden sind: warum nicht?
    4. Ist geplant, in dieser Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?  
  1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Aufenthaltsdauer in Bundesbetreuungseinrichtungen zu reduzieren?
    1. Wann jeweils? 
    2. Mit welchem Ergebnis jeweils? 
    3. Falls keine Maßnahmen gesetzt worden sind: warum nicht?
    4. Ist geplant, in dieser Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?  
  1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die aufgrund der Nichtübernahme von bereits zum Verfahren zugelassenen Asylwerber:innen in die Landesgrundversorgung entstehenden Mehrkosten, zu reduzieren? 
    1. Wann jeweils? 
    2. Mit welchem Ergebnis jeweils bzw. eine Kostenreduzierung in welcher Höhe wurde erzielt? 
    3. Falls keine Maßnahmen gesetzt worden sind: warum nicht?
    4. Ist geplant, in dieser Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?  
  1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Verfahren von Asylwerber:innen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit zu beschleunigen? 
    1. Wann jeweils? 
    2. Mit welchem Ergebnis jeweils? 
    3. Falls keine Maßnahmen gesetzt worden sind: warum nicht?
    4. Ist geplant, in dieser Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?  
  1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Länder, die ihre in der Grundversorgungsvereinbarung vorgesehenen Quoten nicht erfüllen, in die Pflicht zu nehmen?
    1. Wann jeweils? 
    2. Mit welchem Ergebnis jeweils?  
    3. Falls keine Maßnahmen gesetzt worden sind: warum nicht?
    4. Ist geplant, in dieser Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?  
    5. Ist die Entwicklung von Sanktionsmöglichkeiten für säumige Bundesländer angedacht? 

                                          i.    Wenn ja, wann? 

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht? 

    1. Ist eine Neuaufteilung der Kosten angedacht? 

                                          i.    Wenn ja, wann? 

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht? 

  1. Eine Empfehlung des RH bzgl. der Grundversorgung lautet: "Das Bundesministerium für Inneres und das Land Wien sollten gemeinsam mit den anderen Ländern geeignete Rahmenbedingungen für subsidiär Schutzberechtigte außerhalb der Grundversorgung schaffen, die auf für diese Gruppe relevante Faktoren (Zugang zum Arbeitsmarkt, lange Bezugsdauer von Grundversorgung, freier Aufenthalt im Bundesgebiet und Möglichkeit eines Auslands­aufenthalts) Bedacht nehmen" (https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Grundversorgung_Wien.pdf): Wieso wurde diese Empfehlung nicht umgesetzt? 
    1. Welchen diesbezüglichen Austausch gab es zwischen Ihrem Ressort und den Ländern? 

                                          i.    Welche Positionen wurden jeweils vertreten? 

    1. Welche Maßnahmen planen Sie in dieser Legislaturperiode noch, um diese Empfehlung umzusetzen? 
  1. Welche Bleibeperspektiven sind für Ukrainer:innen geplant bzw. werden in Betracht gezogen? 
    1. Ist angedacht, Ukrainer:innen aus dem System der Grundversorgung zu holen? 

                                          i.    Wenn ja, wann? 

1.    Welche Maßnahmen werden Sie in dieser Legislaturperiode noch setzen?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht? 

    1. Wann sollen diese umgesetzt werden bzw. inwiefern bestehen Bemühungen, um die Dauer der aufenthaltsrechtlichen Unsicherheit zu reduzieren? 
  1. Welche Maßnahmen setzen Sie bzw. Ihr Ministerium, falls Bundesländer die von Bund und Ländern beschlossenen Reformen, nicht umsetzen - wie zuletzt Niederösterreich, welches die Zuverdienstgrenze für Ukraine-Flüchtlinge entgegen Beschluss nicht angehoben hat (https://noe.orf.at/stories/3224014/)?
    1. Wann jeweils?
    2. Mit welchem Ergebnis jeweils? 
    3. Falls keine Maßnahmen gesetzt worden sind: warum nicht?
    4. Ist geplant, in dieser Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?  
  1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Tagessätze der unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden zu erhöhen bzw. an die Echtkosten der Unterbringung und Versorgung anzupassen?
    1. Wann jeweils?
    2. Mit welchem Ergebnis jeweils?
    3. Falls keine Maßnahmen gesetzt worden sind, ist dies geplant?
    4. Ist geplant, in dieser Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?  
    5. Ist eine Ausweitung des Realkostenmodells, auf das sich Bund und Wien geeinigt haben, auf andere Bundesländer angedacht?

                                          i.    Wenn ja, wann?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

  1. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um private Quartiergeber:innen von Schutzsuchenden auf lange Frist zu unterstützen? 
    1. Wann jeweils?
    2. Mit welchem Ergebnis jeweils?
    3. Falls keine Maßnahmen gesetzt worden sind, ist dies geplant?
    4. Ist geplant, in dieser Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?  
    5. Im Februar 2023 wurden weitere Entlastungsmaßnahmen annonciert, es gäbe bereits eine "Schablone" (https://kurier.at/politik/inland/asyl-quartiergeber-bekommen-teuerungsausgleich/402315824): Was beinhalten diese Maßnahmen und wann sollen sie umgesetzt werden?  
  1. Welche Maßnahmen und Reformen hinsichtlich des Grundversorgungssystems planen Sie bzw. Ihr Ministerium in dieser Legislaturperiode noch zu setzen?