Eingelangt am 08.02.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie
Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Inneres
betreffend Folgeanfrage: Wann
wird das Grundversorgungssystem effizient aufgestellt?
Die Grundversorgungsvereinbarung gem. Art. 15a B-VG
regelt die Zuständigkeit zwischen dem Bund und den Ländern hinsichtlich
der Grundversorgung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden. Demnach
leistet der Bund im Wesentlichen die Grundversorgung für Asylwerber:innen
in der ersten Phase des Asylverfahrens, dem sogenannten Zulassungsverfahren. In
dieser Zeit werden die Asylwerber:innen grundsätzlich in
Bundesbetreuungseinrichtungen untergebracht und versorgt. Nach der
Zulassung zum Verfahren sollten Asylwerber:innen in die Grundversorgung der
Länder übernommen werden. Die Kosten der Grundversorgung werden
zwischen Bund und Ländern grundsätzlich in einem Schlüssel von
60:40 geteilt. Die Bundesländer haben sich in der
Grundversorgungsvereinbarung selbst dazu verpflichtet, eine bestimmte, nach
Bevölkerungszensus festgelegte Quote an Asylwerber:innen, zu versorgen.
Grundprinzip der Aufgabenverteilung ist, dass Asylwerbende
nur kurzfristig in der Betreuung des Bundes verbleiben und möglichst
zeitnah und gleichmäßig auf die Länder verteilt werden. Dies
ergibt auch in finanzieller Hinsicht Sinn, da die Grundversorgung des Bundes
teurer ist als jene der Länder. Die Bundesbetreuung erfolgt
zweckmäßig in größeren Einheiten und in Vollversorgung,
zumal es hier etwa eigene Küchen und medizinische Versorgung samt Personal
braucht. In den Ländern erfolgt die Unterbringung in kleineren Einheiten
und (Teil-)Selbstversorgung. Jedoch funktioniert der Verteilungsschlüssel
seit Jahren nicht und nur wenige Bundesländer erfüllen ihre Quoten.
Dementsprechend verbleiben zahlreiche Asylwerber:innen, die bereits zum
Asylverfahren zugelassen sind, entgegen anderslautender
Grundversorgungsvereinbarung viel länger als notwendig in den
Bundesbetreuungseinrichtungen. Aufgrund der Nichtübernahme von bereits zum
Verfahren zugelassenen Asylwerber:innen in die Landesgrundversorgung fielen
allein im Jahr 2022 Mehrkosten in Höhe von 71,26 Mio. EUR an, wie sich aus
einer NEOS-Anfrage ergab (1).
Dieser Missstand ist nicht nur kostenintensiv, sondern
führt auch zu vermeidbarem Leid für Betroffene - beispielsweise, wenn
Bundesbetreuungseinrichtungen überbelegt sind oder gar Zelte aufgestellt
werden, wie zuletzt im Herbst und Winter 2022 in Spielfeld, wo Asylwerber:innen
mangels Länderquartieren tage- bis wochenlang in der sogenannten
"Wartezone" verbleiben mussten. Spätestens seit 2015 ist offensichtlich,
dass das Grundversorgungssystem defizient und reformbedürftig ist. Wir
NEOS haben mittels parlamentarischer Anträge schon viele konstruktive
Vorschläge zur Verbesserung des Grundversorgungssystem gemacht,
z.B.:
- Schnellverfahren für
Asylwerber:innen mit hoher Anerkennungswahrscheinlichkeit (2)
- Durchgriffsrecht zur Unterbringung von
Asylwerber:innen (3)
- Erhöhung der Tagessätze in
der Grundversorgung für unbegleitete minderjährige
Schutzsuchende (4)
- Unterstützungsmaßnahmen
für private Quartiergeber:innen von Geflüchteten (5)
- Sanktionen für Bundesländer
bei Nichteinhaltung der Grundversorgungsvereinbarung (6)
Leider wurde diesen
Vorschlägen vonseiten der Bundesregierung keine Folge geleistet. Aktuelle
Angaben (seit 14471/J (7)) hinsichtlich der noch in dieser Legislaturperiode
geplanten Vorhaben sind daher von Interesse.
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/14066
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2878
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3030
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2375
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/2879
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3131
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/14471
Die unterfertigten Abgeordneten
stellen daher folgende
Anfrage:
- Welche konkreten Maßnahmen haben
Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Kooperation zwischen Bund und
Ländern hinsichtlich des Grundversorgungssystems zu verbessern?
- Wann jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils?
- Falls keine Maßnahmen gesetzt
worden sind: warum nicht?
- Ist geplant, in dieser
Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?
- Welche konkreten Maßnahmen haben
Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Entscheidungsfindung zwischen
Bund und Ländern zu vereinfachen bzw. zu beschleunigen?
- Wann jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils?
- Falls keine Maßnahmen gesetzt
worden sind: warum nicht?
- Ist geplant, in dieser
Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?
- Ist in diesem Zusammenhang eine
Abschaffung des Prinzips der Einstimmigkeit angedacht?
i. Wenn ja, wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Welche konkreten Maßnahmen haben
Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Dauer des Verbleibs in der
Grundversorgung zu reduzieren?
- Wann jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils?
- Falls keine Maßnahmen gesetzt
worden sind: warum nicht?
- Ist geplant, in dieser
Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?
- Welche konkreten Maßnahmen haben
Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Aufenthaltsdauer in
Bundesbetreuungseinrichtungen zu reduzieren?
- Wann jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils?
- Falls keine Maßnahmen gesetzt
worden sind: warum nicht?
- Ist geplant, in dieser
Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?
- Welche konkreten Maßnahmen haben
Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die aufgrund der Nichtübernahme
von bereits zum Verfahren zugelassenen Asylwerber:innen in die
Landesgrundversorgung entstehenden Mehrkosten, zu reduzieren?
- Wann jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils bzw.
eine Kostenreduzierung in welcher Höhe wurde erzielt?
- Falls keine Maßnahmen gesetzt
worden sind: warum nicht?
- Ist geplant, in dieser
Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?
- Welche konkreten Maßnahmen haben
Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Verfahren von Asylwerber:innen
mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit zu beschleunigen?
- Wann jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils?
- Falls keine Maßnahmen gesetzt
worden sind: warum nicht?
- Ist geplant, in dieser
Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?
- Welche konkreten Maßnahmen haben
Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Länder, die ihre in der
Grundversorgungsvereinbarung vorgesehenen Quoten nicht erfüllen, in
die Pflicht zu nehmen?
- Wann jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils?
- Falls keine Maßnahmen gesetzt
worden sind: warum nicht?
- Ist geplant, in dieser
Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?
- Ist die Entwicklung von
Sanktionsmöglichkeiten für säumige Bundesländer
angedacht?
i. Wenn ja, wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Ist eine Neuaufteilung der Kosten
angedacht?
i. Wenn ja, wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Eine Empfehlung des RH bzgl. der
Grundversorgung lautet: "Das Bundesministerium für Inneres und
das Land Wien sollten gemeinsam mit den anderen Ländern geeignete
Rahmenbedingungen für subsidiär Schutzberechtigte
außerhalb der Grundversorgung schaffen, die auf für diese
Gruppe relevante Faktoren (Zugang zum Arbeitsmarkt, lange Bezugsdauer von
Grundversorgung, freier Aufenthalt im Bundesgebiet und Möglichkeit
eines Auslandsaufenthalts) Bedacht nehmen" (https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/Grundversorgung_Wien.pdf):
Wieso wurde diese Empfehlung nicht umgesetzt?
- Welchen diesbezüglichen
Austausch gab es zwischen Ihrem Ressort und den Ländern?
i. Welche Positionen wurden jeweils vertreten?
- Welche Maßnahmen planen Sie in
dieser Legislaturperiode noch, um diese Empfehlung umzusetzen?
- Welche Bleibeperspektiven sind
für Ukrainer:innen geplant bzw. werden in Betracht gezogen?
- Ist angedacht, Ukrainer:innen aus dem
System der Grundversorgung zu holen?
i. Wenn ja, wann?
1.
Welche Maßnahmen werden Sie in
dieser Legislaturperiode noch setzen?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Wann sollen diese umgesetzt werden
bzw. inwiefern bestehen Bemühungen, um die Dauer der
aufenthaltsrechtlichen Unsicherheit zu reduzieren?
- Welche Maßnahmen setzen Sie bzw.
Ihr Ministerium, falls Bundesländer die von Bund und Ländern
beschlossenen Reformen, nicht umsetzen - wie zuletzt
Niederösterreich, welches die Zuverdienstgrenze für
Ukraine-Flüchtlinge entgegen Beschluss nicht angehoben hat (https://noe.orf.at/stories/3224014/)?
- Wann jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils?
- Falls keine Maßnahmen gesetzt
worden sind: warum nicht?
- Ist geplant, in dieser
Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?
- Welche konkreten Maßnahmen haben
Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um die Tagessätze der unbegleiteten
minderjährigen Asylsuchenden zu erhöhen bzw. an die Echtkosten
der Unterbringung und Versorgung anzupassen?
- Wann jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils?
- Falls keine Maßnahmen gesetzt
worden sind, ist dies geplant?
- Ist geplant, in dieser
Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?
- Ist eine Ausweitung des
Realkostenmodells, auf das sich Bund und Wien geeinigt haben, auf andere
Bundesländer angedacht?
i. Wenn ja, wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Welche konkreten Maßnahmen haben
Sie bzw. Ihr Ministerium gesetzt, um private Quartiergeber:innen von
Schutzsuchenden auf lange Frist zu unterstützen?
- Wann jeweils?
- Mit welchem Ergebnis jeweils?
- Falls keine Maßnahmen gesetzt
worden sind, ist dies geplant?
- Ist geplant, in dieser
Legislaturperiode noch Maßnahmen zu setzen?
- Im Februar 2023 wurden weitere
Entlastungsmaßnahmen annonciert, es gäbe bereits eine
"Schablone" (https://kurier.at/politik/inland/asyl-quartiergeber-bekommen-teuerungsausgleich/402315824):
Was beinhalten diese Maßnahmen und wann sollen sie umgesetzt
werden?
- Welche Maßnahmen und Reformen
hinsichtlich des Grundversorgungssystems planen Sie bzw. Ihr Ministerium
in dieser Legislaturperiode noch zu setzen?