17797/J XXVII. GP
Eingelangt am 09.02.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Falsche Beschuldigung aufgrund fehlerhafter Gesichtserkennung
Am 4.2.2023 wurde in der Krone ein Bericht veröffentlicht, in welchem geschildert wird, dass sich ein unbeteiligter Bürger aufgrund fehlerhafter Gesichtserkennungssoftware plötzlich im Gefängnis wiederfindet. Die Geschichte beginnt am 23.05.2023, als in der Steiermark eine vermeintliche Kriminalbande zugeschlagen habe und zwar mit Falschgeld in Supermärkten Lebensmittel und Tierfutter eingekauft habe, unter der Aufsicht ihres "Chefs", der während der Zahlungen an den Kassen stets hinter ihnen gestanden habe. Die Betrügereien wurden rasch entdeckt; die Kriminalpolizei beschaffte sich in der Folge Überwachungsvideos aus den Geschäften und verfügte damit über Bilder der vermeintlichen Täter - und speiste sie in ein KI-Gesichtsfelderkennungsprogramm ein. In diesem sind Tausende Fotos von Personen, die hierzulande bereits erkennungsdienstlich behandelt worden waren, gespeichert. Das System identifizierte einige Rumänen als „Ausführer“, welche rasch gefasst werden konnten.
Die Gesichtserkennungs-KI schlug auch bei David P. an. Der KI nach sollte der Chef des Clans sein. Am 01.09.2023 wurde eine Festnahme angeordnet und ein internationaler Haftbefehl gegen ihn ausgestellt, obwohl es gar keine Anzeichen für seine Involvierung gegeben hatte. David P. wurde noch nicht einmal von den vermeintlichen Kollegen belastet. Auch wurde nicht versucht David P. an seiner Meldeadresse in Wien festzunehmen. Am 26.10.2023 wurde David P. auf einer Reise nach Serbien von dortigen Grenzwachbeamten angehalten und in ein Gefängnis in Serbien gebracht. Am 20.12.2023 wurde er nach Wien überstellt, tags darauf fand seine Einvernahme statt. In dieser stellte sich schnell heraus, dass er nicht der Gesuchte ist, weswegen er entlassen wurde.
Der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware ist ein massiver Eingriff in das Recht auf Privatsphäre. Weiters hat sie starke Verzerrungseffekte (zB bzgl Hautfarben und Geschlechter) und hohe Fehlerquoten. Die Verwendung und Filterung nach Metadaten, die unweigerlich mit biometrischen Merkmalen verbunden sind, führt zu Racial Profiling. Generell ist die Verwendung von Gesichtserkennung,gefährlich und führt zu einer Einschränkung der Freiheit. Neben der Videoüberwachung selbst führt der Einsatz solcher Überwachungs- und Ermittlungsmaßnahmen zu einem sogenannten „chilling effect“: Die Menschen verhalten sich anders, wenn sie wissen, dass sie beobachtet werden. Das hat grundlegende soziale Auswirkungen.
Quellen:
https://www.krone.at/3234784
https://epicenter.works/thema/face-recognition
https://www.amnesty.at/presse/amnesty-fordert-aus-fuer-den-einsatz-von-gesichtserkennungstechnologie/
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Welche Übereinstimmungsrate (in %) hatte der Bildabgleich im gegenständlichen Fall?
i. Falls nein: mit welchen anderen Datenbanken findet der Abgleich statt?
ii. Findet ein Abgleich mit Bildern auf sozialen Medien statt?
i. Gibt es bestimmte Erfordernisse, bevor die Gesichtserkennungssoftware zur Anwendung kommt?
i. Gab es hierzu innerhalb Ihres Ressorts und mit anderen Ressorts Gespräche?
1. Wenn ja, welche, wann und mit wem?
i. Welche Erkenntnisse konnten gewonnen werden?
1. Welche Maßnahmen wurden daraufhin gesetzt?
ii. In Welchen Intervallen findet die Evaluierung statt?
i. Wenn nein, warum nicht?