17802/J XXVII. GP

Eingelangt am 12.02.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung

betreffend Talenteförderung

 

Die Qualifikationen und Talente der hier lebenden Menschen sind der wichtigste "Rohstoff" unserer Gesellschaft und Volkswirtschaft. Jedes Kind ist mit Talenten gesegnet, diese gilt es zu entdecken und zu fördern. Neben den Eltern und der Elementarpädagogik ist es vor allem das Schulsystem, dem diese Aufgabe zukommt. Unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund sollen Schülerinnen und Schüler dabei unterstützt werden, ihr Potenzial zu erkennen und nach überdurchschnittlichen Leistungen zu streben, wo es ihrer Veranlagung entspricht. 

Das österreichische Schulsystem ist jedoch stark am Mittelmaß orientiert, wie auch internationale Vergleichsstudien wie PISA immer wieder zutage fördern. Einerseits gelingt es zu wenig, leistungsschwache Kinder zu fördern und andererseits wird auch zu wenig getan, um Spitzenleistungen zu erreichen. Es gibt zwar einige öffentliche Einrichtungen und Initiativen wie bspw. die Sir-Karl-Popper-Schule in Wien oder die "Talente OÖ" Hochbegabtenförderung, aber es erscheint fragwürdig, ob damit genügend Schüler:innen erreicht werden, um tatsächlich von einer systematischen Förderung sprechen zu können. 

An der Pädagogischen Hochschule Salzburg ist das Österreichische Zentrum für Begabtenförderung und Begabungsforschung1) eingerichtet, das in der Forschung, Entwicklung, Evaluierung und Aus-, Fort- und Weiterbildung in diesem Bereich tätig ist. Das ISTA Klosterneuburg ist mit der "Vifzack Academy"3) für 75 Schüler:innen nun ebenfalls in Bereich der Talenteförderung für Schüler:innen eingestiegen, wie kürzlich bei einer Pressekonferenz bekannt gegeben wurde. 

Das BMBWF hat 2017 einen Grundsatzerlass zur Begabungs- und Begabtenförderung3) herausgegeben, der acht pädagogisch-didaktische Grundsätze der Begabungsförderung auflistet. Als begabungsfördernde Maßnahmen werden Differenzierung und Individualisierung/Personalisierung, Enrichment, Akzeleration, Curriculum Compacting und Contracting genannt. Unter Akzeleration ist das Überspringen von Schulstufen gemeint. Erwähnt werden auch Freigegenstände und unverbindliche Übungen sowie das Programm "Schüler:innen an die Hochschulen", mit dem es Schüler:innen gestattet wird, vom Unterricht fernzubleiben, um an Hochschulkursen teilzunehmen. 

1) https://phsalzburg.at/oezbf/

2) https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240129_OTS0090/bm-martin-polaschek-und-ista-vifzack-academy-die-neue-forschungswoche-fuer-nachwuchstalente

3) https://rundschreiben.bmbwf.gv.at/rundschreiben/?id=766

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche Informationen und Zahlen liegen Ihnen vor, mit denen erläutert werden kann, in welchem Ausmaß die im Grundsatzerlass aufgelisteten Maßnahmen zur Begabungs- und Begabtenförderung in der schulischen Praxis zur Umsetzung kommen:
    1. Differenzierung und Individualisierung/Personalisierung
    2. Enrichment
    3. Akzeleration
    4. Curriculum Compacting
    5. Contracting
  1. Welche spezifischen Programme und Initiativen gibt es derzeit auf Bundesebene zur Förderung von talentierten und hochbegabten Schülerinnen und Schülern in Österreich?
    1. Wie viele Schüler:innen nehmen an den jeweiligen Programmen teil bzw. profitieren davon jeweils? 
    2. Nach welchen Kriterien und durch wen werden Schüler:innen für die Teilnahme an diesen Programmen ausgesucht?
  1. Wie viel Budget ist für Talenteförderung im aktuellen Haushaltsjahr vorgesehen? Bitte um Auflistung der Budgetposten und Beträge.
  2. In welcher Form findet eine Koordination oder ein Austausch zwischen dem Bund und den Bundesländern (und/oder zwischen den Bundesländern untereinander, unter Moderation oder Mitwirkung des Bundes) statt, um eine österreichweite und effektive Talentförderung zu gewährleisten?
  3. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Lehrkräfte in der Erkennung und Förderung von Talenten weiterzubilden und zu unterstützen? Bitte um Erläuterung und - etwa im Falle von Fortbildungsveranstaltungen - um Quantifizierung. 
  4. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Freizeitbetreuer:innen in Ganztagsschulen in der Erkennung und Förderung von Talenten weiterzubilden und zu unterstützen? Bitte um Erläuterung und - etwa im Falle von Fortbildungsveranstaltungen - um Quantifizierung. 
  5. Wie viele Schüler:innen nahmen in den Schuljahren 2022/23, 2012/2013, 2002/03 und 1992/93 jeweils an mindestens einem Freifach oder einer unverbindlichen Übung teil? Bitte um Auflistung nach Schulart, jeweils in absoluten Zahlen und in Prozent der Gesamtzahl Schüler:innen der jeweiligen Schulart. 
  6. Wie viele Schüler:innen nehmen aktuell (laufendes Schuljahr oder - falls noch nicht verfügbar - voriges Schuljahr) an mindestens einem Freifach oder einer unverbindlichen Übung teil? Bitte um Auflistung nach Bundesländern, jeweils in absoluten Zahlen und in Prozent der Gesamtzahl Schüler:innen des jeweiligen Bundeslandes. 
  7. Wie viele Wochenstunden an Freifächern und unverbindlichen Übungen werden aktuell (laufendes Schuljahr oder - falls noch nicht verfügbar - voriges Schuljahr) abgehalten? Bitte um Aufgliederung nach Schulart.
    1. Wie viele dieser Wochenstunden betreffen Freifächer und unverbindliche Übungen, die der Vertiefung eines regulären Unterrichtsfachs dienen und wie viele betreffen Freifächer und unverbindliche Übungen, die zusätzliche, nicht in der regulären Stundentafel bestehende Fächer darstellen? Bitte um Angabe in Prozent und jeweils Auflistung einiger Beispiele. 
  1. Welche Schüler:innen- und Lehrlingswettbewerbe (wie bspw. Chemie-Olympiade, SkillsAustria etc.) gibt es derzeit und wie viele Personen nehmen an ihnen teil?
    1. Im Bereich der Allgemeinbildung - bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern
    2. Im Bereich der beruflichen Bildung - bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern
  1. Wie und durch wen werden diese Wettbewerbe finanziert? Wie setzt sich deren Budget zusammen?
  2. Welche Schulversuche - wie beispielsweise die Sir Karl Popper Schule - laufen derzeit noch, deren Fokus die Begabungs- und Begabtenförderung ist?
  3. Welche derartigen Schulversuche sind in den letzten Jahren bereits ins Regelschulwesen überführt worden?
  4. Bis wann spätestens müssen die noch laufenden derartigen Schulversuche ins Regelschulwesen überführt oder beendet werden?
  5. Welche Änderungen in den rechtlichen Rahmenbedingungen sind aus Ihrer Sicht notwendig, um die Sir Karl Popper Schule in ihrer derzeitigen Form weiterzuführen?
    1. Inwiefern und in welchem Ausmaß unterscheidet sich die Ressourcen-Zuteilung (z.B. Lehrkräfte-Werteinheiten) für die Sir Karl Popper Schulen von jener für andere Gymnasien?
  1. Welche Änderungen in den rechtlichen Rahmenbedingungen sind aus Ihrer Sicht notwendig, um andere derartige Schulversuche in ihrer derzeitigen Form weiterzuführen?
    1. Inwiefern und in welchem Ausmaß unterscheidet sich die Ressourcen-Zuteilung (z.B. Lehrkräfte-Werteinheiten) für diese Schulen von jener für andere Schulen?
  1. Welche Schulen mit schwerpunktmäßiger Förderung im sportlichen oder künstlerisch-musischen Bereich (z.B. Skigymnasium, Musikgymnasium etc.) gibt es in Österreich?
    1. Bitte um Auflistung nach Bundesländern, inkl. Nennung der Schüler:innenzahl
    2. Um wieviel höher sind die zugeteilten finanziellen und/oder personellen Ressourcen dieser Schulen im Vergleich zu Schulen gleicher Schulart ohne Förderschwerpunkt?
    3. Handelt es sich bei diesen Schulen um Schulversuche? Wenn nein, auf welcher Rechtsgrundlage basieren sie?
  1. Wie wird sichergestellt, dass talentierte und hochbegabte Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren oder bildungsfernen Schichten erkannt und gefördert werden?
  2. Welche Programme für die Talenteförderung von Schüler:innen in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Institutionen (z.B. Universitäten, Fachhochschulen, ISTA, ...) gibt es derzeit und wie viele Schüler:innen nehmen jeweils pro Schuljahr daran teil?
    1. Gibt es Pläne, die Programme stärker in die Breite zu bringen, damit mehr Schüler:innen von ihnen profitieren können? Bitte ggf. um Erläuterung und Quantifizierung. 
    2. Nach welchen Kriterien und durch wen werden Schüler:innen für die Teilnahme an diesen Programmen ausgesucht?
  1. Wie wird der Erfolg der verschiedenen Programme und Initiativen zur Talentförderung evaluiert, und welche Anpassungen oder Erweiterungen sind geplant, um die Förderung weiter zu verbessern?
  2. Welche konkreten Schritte sind vorgesehen, um innovative Ansätze in der Talentförderung zu fördern und auf neue Herausforderungen einzugehen?
  3. Auf welche der folgenden Organisationsformen der Talenteförderung soll nach den Plänen des BMBWF zukünftig der Schwerpunkt gelegt werden? Wie sehen sie deren jeweilige Bedeutung für die bestehende und zukünftige Talenteförderung? 
    1. Begabtenförderung in eigenen Institutionen (zB Schulen für Hochbegabte)
    2. Additive Begabungsförderung, z.B. in Form von Freifächern, unverbindlichen Übungen, Wettbewerben, Kursen etc.
    3. Integrierte Begabungsförderung im Regelunterricht, ohne zusätzliche Ressourcen
  1. Gibt es EU-Programme zur Talenteförderung oder andere internationale Begabungs- und Begabtenförderungsprogramme, an denen Österreich teilnimmt?
    1. Wenn ja, inwiefern und in welchem Ausmaß?
    2. Wenn nein, ist dies zukünftig geplant?
  1. Welches Potenzial sehen Sie im Distanzunterricht/Onlineunterricht für die Talenteförderung, insbesondere in Hinblick auf die Schwierigkeit, an kleineren und mittelgroßen Schulstandorten lokale Angebote für spezialisierte Interessen und Talente zu schaffen?
    1. Gibt es seitens des BMBWF Pläne oder Überlegungen, im Wege des Onlineunterrichts schulübergreifende oder bundesländerübergreifende Freifächer, Leistungskurse o.ä. ins Leben zu rufen? Wenn ja, welche?