Eingelangt am 12.02.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg
Sarre, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend Talenteförderung
Die Qualifikationen und Talente der hier
lebenden Menschen sind der wichtigste "Rohstoff" unserer Gesellschaft
und Volkswirtschaft. Jedes Kind ist mit Talenten gesegnet, diese gilt es zu
entdecken und zu fördern. Neben den Eltern und der Elementarpädagogik
ist es vor allem das Schulsystem, dem diese Aufgabe
zukommt. Unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund sollen
Schülerinnen und Schüler dabei unterstützt werden, ihr Potenzial
zu erkennen und nach überdurchschnittlichen Leistungen zu streben, wo es
ihrer Veranlagung entspricht.
Das österreichische
Schulsystem ist jedoch stark am Mittelmaß orientiert, wie auch
internationale Vergleichsstudien wie PISA immer wieder zutage fördern.
Einerseits gelingt es zu wenig, leistungsschwache Kinder zu fördern und
andererseits wird auch zu wenig getan, um Spitzenleistungen zu erreichen. Es
gibt zwar einige öffentliche Einrichtungen und Initiativen wie bspw. die
Sir-Karl-Popper-Schule in Wien oder die "Talente OÖ"
Hochbegabtenförderung, aber es erscheint fragwürdig, ob damit
genügend Schüler:innen erreicht werden, um tatsächlich von einer
systematischen Förderung sprechen zu können.
An der Pädagogischen
Hochschule Salzburg ist das Österreichische Zentrum für
Begabtenförderung und Begabungsforschung1) eingerichtet, das in
der Forschung, Entwicklung, Evaluierung und Aus-, Fort- und Weiterbildung in
diesem Bereich tätig ist. Das ISTA Klosterneuburg ist mit der "Vifzack
Academy"3) für 75 Schüler:innen nun ebenfalls in
Bereich der Talenteförderung für Schüler:innen eingestiegen, wie
kürzlich bei einer Pressekonferenz bekannt gegeben wurde.
Das BMBWF hat 2017 einen
Grundsatzerlass zur Begabungs- und Begabtenförderung3)
herausgegeben, der acht pädagogisch-didaktische Grundsätze der
Begabungsförderung auflistet. Als begabungsfördernde Maßnahmen
werden Differenzierung und Individualisierung/Personalisierung, Enrichment,
Akzeleration, Curriculum Compacting und Contracting genannt. Unter Akzeleration
ist das Überspringen von Schulstufen gemeint. Erwähnt werden auch
Freigegenstände und unverbindliche Übungen sowie das Programm
"Schüler:innen an die Hochschulen", mit dem es Schüler:innen
gestattet wird, vom Unterricht fernzubleiben, um an Hochschulkursen
teilzunehmen.
1) https://phsalzburg.at/oezbf/
2) https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240129_OTS0090/bm-martin-polaschek-und-ista-vifzack-academy-die-neue-forschungswoche-fuer-nachwuchstalente
3) https://rundschreiben.bmbwf.gv.at/rundschreiben/?id=766
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Welche Informationen und Zahlen liegen Ihnen
vor, mit denen erläutert werden kann, in welchem Ausmaß die im
Grundsatzerlass aufgelisteten Maßnahmen zur Begabungs- und
Begabtenförderung in der schulischen Praxis zur Umsetzung kommen:
- Differenzierung und
Individualisierung/Personalisierung
- Enrichment
- Akzeleration
- Curriculum Compacting
- Contracting
- Welche spezifischen Programme und
Initiativen gibt es derzeit auf Bundesebene zur Förderung von
talentierten und hochbegabten Schülerinnen und Schülern in
Österreich?
- Wie viele Schüler:innen nehmen an den
jeweiligen Programmen teil bzw. profitieren davon jeweils?
- Nach welchen Kriterien und durch wen werden
Schüler:innen für die Teilnahme an diesen Programmen
ausgesucht?
- Wie viel Budget ist für
Talenteförderung im aktuellen Haushaltsjahr vorgesehen? Bitte um
Auflistung der Budgetposten und Beträge.
- In welcher Form findet eine Koordination
oder ein Austausch zwischen dem Bund und den Bundesländern (und/oder
zwischen den Bundesländern untereinander, unter Moderation oder
Mitwirkung des Bundes) statt, um eine österreichweite und effektive
Talentförderung zu gewährleisten?
- Welche Maßnahmen werden ergriffen, um
Lehrkräfte in der Erkennung und Förderung von Talenten
weiterzubilden und zu unterstützen? Bitte um Erläuterung und -
etwa im Falle von Fortbildungsveranstaltungen - um Quantifizierung.
- Welche Maßnahmen werden ergriffen, um
Freizeitbetreuer:innen in Ganztagsschulen in der Erkennung und
Förderung von Talenten weiterzubilden und zu unterstützen? Bitte
um Erläuterung und - etwa im Falle von Fortbildungsveranstaltungen -
um Quantifizierung.
- Wie viele
Schüler:innen nahmen in den Schuljahren 2022/23, 2012/2013, 2002/03
und 1992/93 jeweils an mindestens einem Freifach oder einer
unverbindlichen Übung teil? Bitte um Auflistung nach Schulart,
jeweils in absoluten Zahlen und in Prozent der Gesamtzahl
Schüler:innen der jeweiligen Schulart.
- Wie viele
Schüler:innen nehmen aktuell (laufendes Schuljahr oder - falls noch
nicht verfügbar - voriges Schuljahr) an mindestens einem Freifach
oder einer unverbindlichen Übung teil? Bitte um Auflistung nach
Bundesländern, jeweils in absoluten Zahlen und in Prozent der Gesamtzahl
Schüler:innen des jeweiligen Bundeslandes.
- Wie viele Wochenstunden
an Freifächern und unverbindlichen Übungen werden aktuell
(laufendes Schuljahr oder - falls noch nicht verfügbar - voriges
Schuljahr) abgehalten? Bitte um Aufgliederung nach Schulart.
- Wie viele dieser
Wochenstunden betreffen Freifächer und unverbindliche Übungen,
die der Vertiefung eines regulären Unterrichtsfachs dienen und wie
viele betreffen Freifächer und unverbindliche Übungen, die
zusätzliche, nicht in der regulären Stundentafel bestehende
Fächer darstellen? Bitte um Angabe in Prozent und jeweils Auflistung
einiger Beispiele.
- Welche
Schüler:innen- und Lehrlingswettbewerbe (wie bspw. Chemie-Olympiade,
SkillsAustria etc.) gibt es derzeit und wie viele Personen nehmen an ihnen
teil?
- Im Bereich der Allgemeinbildung
- bitte um Aufschlüsselung nach Bundesländern
- Im Bereich der
beruflichen Bildung - bitte um Aufschlüsselung nach
Bundesländern
- Wie und durch wen werden
diese Wettbewerbe finanziert? Wie setzt sich deren Budget zusammen?
- Welche Schulversuche -
wie beispielsweise die Sir Karl Popper Schule - laufen derzeit noch, deren
Fokus die Begabungs- und Begabtenförderung ist?
- Welche derartigen
Schulversuche sind in den letzten Jahren bereits ins Regelschulwesen
überführt worden?
- Bis wann spätestens
müssen die noch laufenden derartigen Schulversuche ins
Regelschulwesen überführt oder beendet werden?
- Welche Änderungen
in den rechtlichen Rahmenbedingungen sind aus Ihrer Sicht notwendig, um
die Sir Karl Popper Schule in ihrer derzeitigen Form weiterzuführen?
- Inwiefern und in
welchem Ausmaß unterscheidet sich die Ressourcen-Zuteilung (z.B.
Lehrkräfte-Werteinheiten) für die Sir Karl Popper Schulen von
jener für andere Gymnasien?
- Welche Änderungen
in den rechtlichen Rahmenbedingungen sind aus Ihrer Sicht notwendig, um
andere derartige Schulversuche in ihrer derzeitigen Form
weiterzuführen?
- Inwiefern und in
welchem Ausmaß unterscheidet sich die Ressourcen-Zuteilung (z.B.
Lehrkräfte-Werteinheiten) für diese Schulen von jener für
andere Schulen?
- Welche Schulen mit
schwerpunktmäßiger Förderung im sportlichen oder
künstlerisch-musischen Bereich (z.B. Skigymnasium, Musikgymnasium
etc.) gibt es in Österreich?
- Bitte um Auflistung
nach Bundesländern, inkl. Nennung der Schüler:innenzahl
- Um wieviel höher
sind die zugeteilten finanziellen und/oder personellen Ressourcen dieser
Schulen im Vergleich zu Schulen gleicher Schulart ohne
Förderschwerpunkt?
- Handelt es sich bei
diesen Schulen um Schulversuche? Wenn nein, auf welcher Rechtsgrundlage
basieren sie?
- Wie wird sichergestellt, dass talentierte
und hochbegabte Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren oder
bildungsfernen Schichten erkannt und gefördert werden?
- Welche Programme für die
Talenteförderung von Schüler:innen in Zusammenarbeit mit
wissenschaftlichen Institutionen (z.B. Universitäten,
Fachhochschulen, ISTA, ...) gibt es derzeit und wie viele
Schüler:innen nehmen jeweils pro Schuljahr daran teil?
- Gibt es Pläne, die Programme
stärker in die Breite zu bringen, damit mehr Schüler:innen von
ihnen profitieren können? Bitte ggf. um Erläuterung und
Quantifizierung.
- Nach welchen Kriterien und durch wen werden
Schüler:innen für die Teilnahme an diesen Programmen
ausgesucht?
- Wie wird der Erfolg der verschiedenen
Programme und Initiativen zur Talentförderung evaluiert, und welche
Anpassungen oder Erweiterungen sind geplant, um die Förderung weiter
zu verbessern?
- Welche konkreten Schritte sind vorgesehen,
um innovative Ansätze in der Talentförderung zu fördern und
auf neue Herausforderungen einzugehen?
- Auf welche der folgenden Organisationsformen
der Talenteförderung soll nach den Plänen des BMBWF
zukünftig der Schwerpunkt gelegt werden? Wie sehen sie deren
jeweilige Bedeutung für die bestehende und zukünftige
Talenteförderung?
- Begabtenförderung in eigenen
Institutionen (zB Schulen für Hochbegabte)
- Additive Begabungsförderung, z.B. in
Form von Freifächern, unverbindlichen Übungen, Wettbewerben,
Kursen etc.
- Integrierte Begabungsförderung im
Regelunterricht, ohne zusätzliche Ressourcen
- Gibt es EU-Programme zur
Talenteförderung oder andere internationale Begabungs- und
Begabtenförderungsprogramme, an denen Österreich teilnimmt?
- Wenn ja, inwiefern und in welchem
Ausmaß?
- Wenn nein, ist dies zukünftig geplant?
- Welches Potenzial sehen Sie im
Distanzunterricht/Onlineunterricht für die Talenteförderung,
insbesondere in Hinblick auf die Schwierigkeit, an kleineren und
mittelgroßen Schulstandorten lokale Angebote für spezialisierte
Interessen und Talente zu schaffen?
- Gibt es seitens des BMBWF Pläne oder
Überlegungen, im Wege des Onlineunterrichts schulübergreifende
oder bundesländerübergreifende Freifächer, Leistungskurse
o.ä. ins Leben zu rufen? Wenn ja, welche?