17808/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.02.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Mario Lindner,

Genossinnen und Genossen,

an den Bundesminister für Inneres

betreffend „Ist unser Gesundheitssystem für einen Blackout gewappnet? – Folgeanfrage“

Nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den damit einhergehenden Engpässen in der europäischen Energieversorgung ist die Frage eines möglichen Blackouts in Teilen Österreichs oder im gesamten Bundesgebiet von hoher politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Brisanz. Auch die zunehmende Abhängigkeit vieler Teile der kritischen Infrastruktur unserer Republik von digitaler Kommunikation und dem Internet stellen die Politik vor die Frage, wie grundlegende Versorgungsleistungen, die zum Überleben von Österreicher*innen nötig sind, auch im Falle eines länger andauernden Blackouts aufrechterhalten werden können.

Besonders relevant ist diese Frage für den Gesundheitsbereich. In kaum einem anderen Bereich ist die umfassende Vorbereitung auf mögliche Kommunikations- und Energieausfälle mit besonderem Augenmerk auf die Aufrechterhaltung von Schnittstellen zwischen den einzelnen Leistungsträger*innen so lebensrelevant, wie in diesem. Während Länder wie Deutschland sich schon lange und ausführlich mit dem Vorgehen in solchen Extremsituationen beschäftigen, scheinen die Vorkehrungen in Österreich bisher weder gesamtheitlich koordiniert noch umfassend durchdacht zu sein. Die Herausforderungen, die für die Gesundheitsversorgung durch einen Blackout entstehen können, fasste das Deutsche Ärzteblatt kürzlich unter anderem wie folgt zusammen:

Arztpraxen und Ärztezentren verfügen im Unterschied zu Krankenhäusern in der Regel nur in seltenen Fällen über Notstromkapazitäten. Vor allem Facharztpraxen und Dialysezentren sind jedoch auf stromabhängige Technik angewiesen und ohne Strom kaum arbeitsfähig. Nicht nur medizintechnische Geräte oder die elektronische Patientenverwaltung sind von einem Stromausfall betroffen, auch Aufzug-, Klima- oder Heizungsanlagen kommen zum Erliegen. Die Sterilisationseinrichtungen fallen aus. Darüber hinaus können auch Batterien beispielsweise in Geräten zur Heimbeatmung knapp werden. (...) Hält ein Stromausfall länger an, verknappen sich wichtige Ressourcen wie Zeit, Beatmungsgeräte, verfügbares Personal, Treibstoff und Informationen. (...) Schon im Zeitraum von acht bis 24 Stunden fortwährenden Stromausfalls nimmt daher die Beeinträchtigung der medizinischen Versorgung deutlich zu.[1]

Betroffen sind aber nicht nur Arztpraxen und Krankenhäuser, sondern auch Apotheken – insbesondere modern ausgestattete Großapotheken, deren Warenausgabe nur mehr elektronisch erfolgt – sowie Medikamentengroßlager oder auch Notfall- und Einsatzorganisationen. Viele dieser Einrichtungen und Verbände bereiten sich seit geraumer Zeit selbstständig auf mögliche Blackout-Szenarien vor.

In der parlamentarischen Anfragebeantwortung 16535/AB des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vom 30. Jänner 2024 verweist dieser bezüglich zahlreicher Fragestellungen aus diesem Bereich auf die zentrale Koordinierungsrolle des Bundesministeriums für Inneres:

„Im Rahmen des SKKM-Koordinationsausschusses unter der Federführung des für die Koordinierung in Krisenfällen zuständigen Bundesministeriums für Inneres finden derzeit Aktivitäten im Bereich der Blackout-Vorsorge statt. Dort werden u.a. Fragen zur (medizinischen) Versorgung im Falle eines Blackouts behandelt. Mein Ressort ist dabei insbesondere im Arbeitskreis ,Gesundheit/Pflege' involviert. Hierzu fanden bereits Sitzungen zur Evaluierung möglicher Maßnahmen des Gesundheitsbereichs in der Vorsorge- und Akutphase statt und wurden einige Problemfelder festgemacht. In weiterer Folge sollen insbesondere unter Zuziehung diverser Stakeholder Lösungsvorschläge erarbeitet und Maßnahmen vorbereitet werden. Jedoch ist zu betonen, dass mein Ressort hierbei lediglich eine unterstützende koordinative Rolle im Rahmen des Arbeitskreises wahrnimmt.“[2]

Konkrete Details zu den angesprochenen Maßnahmen und Lösungsvorschlägen wurden seitens des BMSGPK jedoch nicht präsentiert.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1.    Welche Gesamtstrategien/Überlegungen/Vorkehrungen wurden seitens Ihres Ressorts bisher hinsichtlich der Aufrechterhaltung des ganzheitlichen Gesundheitssystems im Falle eines Blackouts in Österreich erstellt? Bitte fügen Sie alle dahingehenden Konzepte und Unterlagen Ihrer Anfragebeantwortung bei.

2.    Welche konkreten Vorkehrungen wurden unter Federführung Ihres Ressorts hinsichtlich eines möglichen Blackouts oder anderer ähnlich gelagerter Krisensituationen für den Bereich des Gesundheitssystems im Rahmen der SKKM- Koordinierung getroffen?

3.    Welche Institutionen, Organisationen oder Expert*innen sind im Rahmen der SKKM- Koordinierung im Arbeitskreis „Gesundheit/Pflege“ vertreten und wie kam diese Auswahl zustande?

4.    Von welcher Stelle wird der Arbeitskreis „Gesundheit/Pflege“ koordiniert?

5.    Wie viele Sitzungen des Arbeitskreises „Gesundheit/Pflege“ gab es bisher?

6.    Welche konkreten Aufgaben sollen vom Arbeitskreis „Gesundheit/Pflege“ für mögliche Krisensituationen wie Blackouts erfüllt werden?

a. Seitens des BMSGPK wurde angegeben, dass in diesem Arbeitskreis „u.a. Fragen zur (medizinischen) Versorgung im Falle eines Blackouts behandelt“ werden – welche weiteren konkreten Fragestellungen werden in diesem Arbeitskreis behandelt?

7.     Welche konkreten Ergebnisse brachte die bereits in Sitzungen des Arbeitskreises abgehandelte „Evaluierung möglicher Maßnahmen des Gesundheitsbereichs in der Vorsorge- und Akutphase“ hervor und welche „Problemfelder“ konnten dadurch konkret festgemacht werden.

8.     Welche konkreten „Lösungsvorschläge“ und „Maßnahmen“ wurden durch den Arbeitskreis im Fall eines Blackouts bisher erarbeitet werden und für welche „Problemfelder“ steht eine solche Ausarbeitung bisher noch aus?

9.     Welche konkreten Zielsetzungen im Bereich Pflege werden durch diesen Arbeitskreis hinsichtlich möglicher Krisensituationen und insbesondere eines Blackouts verfolgt?

10. Von welchen weiteren Maßnahmen im Bereich der SKKM-Koordinierung kann der Gesundheitsbereich im Fall eines Blackouts nach Ansicht Ihres Ressorts profitieren?

11. Welchen Einfluss hat das Inkrafttreten des Bundes-Krisensicherheitsgesetz (B-KSG) mit 1.1.2024 auf die Vorbereitungen/Strategien/etc. für die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung im Fall eines Blackouts?

12. Welche genauen Aufgaben übernimmt dahingehend das gesundheitspolitische Fachgremium im Sinn des B-KSG und welche Ziele werden damit konkret verfolgt?

a.      Welche Stellen/Institutionen/Einrichtungen sind in diesem gesundheitspolitischen Fachgremium vertreten?

b.      Wie genau wir die kontinuierliche Beobachtung, Analyse und Bewertung aktueller Entwicklungen im Bereich dieses gesundheitspolitischen Fachgremium organisiert?

13. Gibt es hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung in solchen Blackout-Szenarien konkrete Abstimmungen mit anderen EU- bzw. Nachbarstaaten?

a.   Wenn ja, welche Vereinbarungen wurden dahingehend konkret getroffen?

14. Welche Budgetmittel sind bisher in Vorkehrungen für die Aufrechterhaltung der ganzheitlichen Gesundheitsversorgung im Fall eines (länger andauernden) Blackouts geflossen und wofür wurden diese konkret eingesetzt?

15. Welche Budgetmittel sind für das Kalenderjahr 2024 konkret für Vorkehrungen für die Aufrechterhaltung der ganzheitlichen Gesundheitsversorgung im Fall eines (länger andauernden) Blackouts bestimmt und wofür konkret werden diese eingesetzt?

16. Stehen dem Gesundheitsbereich, abgesehen der Vorbereitungen durch die Länder und Leistungsträger*innen, im Rahmen der SKKM-Koordinierung gesonderte finanzielle Mittel zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit des Gesundheitsbereiches im Fall eines Blackouts zur Verfügung?

a.      Wenn ja, welche Mittel und aus welchen Budgetquellen?

b.      Wenn nein, warum sehen Sie in Ihrer Rolle als Koordinierungsstelle für Krisenvorbereitung dafür keine Maßnahmen?

17. Wie konkret wurde die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung im Fall eines (länger andauernden) Blackouts bisher im Bereich der SKKM-Koordinierung bearbeitet?

18. Wie konkret soll insbesondere die Tätigkeit von Einsatzorganisationen und Notfallsanitäter*innen im Fall eines (länger andauernden) Blackouts aufrechterhalten werden und welche Pläne, Vorkehrungen bzw. Bestimmungen wurden für diesen Fall bisher ausgearbeitet?



[1] Vgl. https://www.aerzteblatt.de/archiv/123167/Sicherheitsmanagement-Blackout-im-Gesundheitswesen

[2] 16535/AB XXVII. GP