17809/J XXVII. GP
Eingelangt am 15.02.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mario Lindner,
Genossinnen und Genossen,
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend „Respekt für unsere Sanitäter*innen – bundesweite Maßnahmen und Investitionen zur Stärkung des Sanitäter*innen-Dienstes“
Die Rettungssanitäter*innen der österreichischen Einsatzorganisationen leisten Tag für Tag einen zentralen Beitrag zur Versorgungssicherheit unserer Bevölkerung. Genau diese zentrale Aufgabe für die Gesellschaft leisten die Sanitäter*innen der verschiedenen Rettungsdienste aber unter schwierigen, oft persönlich herausfordernden Umständen. Nicht erst seit den Höhepunkten der Corona-Pandemie wird die Forderung nach einer besseren staatlichen Unterstützung für diese Held*innen des Gesundheitssystems auch in der breiten Öffentlichkeit immer stärker aufgegriffen. Während schließlich gerade am Beginn der Pandemie unsere Sanitäter*innen unter großem persönlichen Risiko die Versorgung tausender Österreicher*innen sichergestellt haben, gingen sie später – insbesondere beim Corona-Bonus - leer aus. Sie wurden zwar von der Politik beklatscht, echte Anerkennung für ihren Einsatz gab es aber keine.
Aktuell gibt es in Österreich bis zu 50.000 Sanitäter*innen in den Einsatzorganisationen. Nur 15 Prozent davon üben diese Tätigkeit aber hauptberuflich aus, alle anderen sind ehrenamtlich, neben ihren täglichen Jobs, als Sanitäter*innen tätig.[1] Insgesamt wurden seit 2012 mehr als 100.000 Personen als Sanitäter*innen ausgebildet. Mit rund 15 Prozent ist aber auch die Drop-Out-Rate in dieser Ausbildung vergleichsweise hoch angesiedelt – Zahlen aus einzelnen Bundesländern zeigen jedoch, dass die Berufsausstiegszahlen in diesem Bereich durch eine hohe Ausbildungsquote bisher kompensiert werden kann. Entsprechend des derzeitig gültigen Ausbildungssystems werden alle rund 50.000 Sanitäter*innen in Österreich alle fünf Jahre neu ausgebildet. Eine besondere Bedeutung bei der Rekrutierung neuer Sanitäter*innen kommt dem Zivildienst zu: Im Jahr 2022 verrichteten rund 40 Prozent der Zivildiener ihren Dienst im Rettungswesen, diese Gruppe stellt die größte Rekrutierungsquelle für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen der Rettungsorganisationen dar. Gerade unter diesem Gesichtspunkt bringt jedoch die Abnahme der Gesamtzahl an Zivildienern eine große Herausforderung für die dauerhafte Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit in ganz Österreich mit sich.
Angesichts dieser Entwicklungen ist es von höchster Relevanz, dass die Bundespolitik konkrete und spürbare Maßnahmen zur Stärkung des Rettungsdienstes setzt. Das 2023 beschlossene Unterstützungs- und Investitionspaket für die Rettungs- und Zivilschutzorganisationen kann dafür ein Baustein sein. Doch die strukturelle Stärkung der verschiedenen Einsatzorganisationen allein reicht nicht aus: Es werden dringend auch Schritte benötigt, die direkt den einzelnen Sanitäter*innen zugutekommen – alle Rettungssanitäter*innen haben sich mehr Respekt verdient!
Denn neben den gesundheitlichen und psychischen Risiken gehen auch mit anderen Komponenten der Sanitäter*innen-Tätigkeit besondere Belastungen einher. Nicht zuletzt der langjährigen Forderung nach einer Aufnahme von Sanitäter*innen in das Nachtschwerarbeitsgesetz, ähnlich zu jenen Regelungen, die für Mitarbeiter*innen der Berufsfeuerwehren gelten, kommt deshalb besondere Bedeutung zu:
„Sanitäter:innen sind die ersten vor Ort bei schweren Unfällen, akuten medizinischen Notfällen und Katastrophen. Sie leisten regelmäßig Nachtarbeit unter oft besonders schweren Umständen. Ihre Einsätze sind oft mit besonderen und unvorhergesehen Schwierigkeiten und Gefahren verbunden. Die Aufnahme in das Nachtschwerarbeitsgesetz wie es auch 2013 für die Berufsfeuerwehr umgesetzt wurde, ist daher Gebot der Stunde. In Bezug auf die Aufnahme der Rettungssanitäter:innen in das Nachtschwerarbeitsgesetz NSchG analog der Feuerwehr liegt aktuell eine Bürgerinitiative zur Unterzeichnung auf.“[2]
Auch an anderen Schrauben muss seitens der Bundespolitik dringend gedreht werden: Dazu gehört die Aufnahme aller Sanitäter*innen in das Gesundheitsberuferegister genauso, wie der Ausbau des Berufsschutzes. Die aktuellen Verhandlungen zur Reform der Sanitäter*innen-Ausbildung sind wichtig – sie dürfen aber nicht vom großen bundesweiten Handlungsbedarf hinsichtlich einer besseren Unterstützung für jeden einzelnen Sanitäter ablenken. Denn genau in diesen genannten Fragen hat die Bundespolitik noch viel zu tun.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Liegen der Bundesregierung und insbesondere Ihrem Ressort konkrete Daten darüber vor, wie viele haupt- und ehrenamtliche Rettungssanitäter*innen in Österreich tätig sind? Bitte schlüsseln Sie die entsprechenden Zahlen nach Rettungsorganisation und Bundesland auf.
a. Liegen der Bundesregierung und insbesondere Ihrem Ressort diese Daten auch aus den Jahren 2013-2022 vor? Bitte schlüsseln Sie die entsprechenden Zahlen nach Rettungsorganisation und Bundesland auf.
2. Wie viele Personen haben im Jahr 2023 die Ausbildung als Rettungssanitäterin, sowie ggf. weitere Zusatzausbildungen durchlaufen? Bitte schlüsseln Sie die entsprechenden Zahlen nach Rettungsorganisation und Bundesland auf.
a. Wie viele Personen haben in den Jahren 2013-2022 die Ausbildung als Rettungssanitäterin, sowie ggf. weitere Zusatzausbildungen durchlaufen? Bitte schlüsseln Sie die entsprechenden Zahlen nach Rettungsorganisation und Bundesland auf.
3. Liegen Ihrem Ressort Zahlen darüber vor, wie viele Rettungssanitäter*innen sich im Jahr 2023 während eines Einsatzes verletzt, mit einer Erkrankung angesteckt etc. haben? Bitte fügen Sie diese Daten Ihrer Anfragebeantwortung bei und geben Sie ggf. auch die entsprechenden Daten der Jahr 2013 bis 2022 an.
4. Wenn Ihnen die in Frage 1-3 abgefragten Daten nicht vorliegen: Welche konkreten Schritte wird Ihr Ressort noch in dieser Legislaturperiode setzen, um die von Expert*innen lange eingeforderte ganzheitliche Datensammlung um Zweck einer bundesweiten Personal- und Versorgungsplanung zu ermöglichen?
5. Welche konkreten Beitrag leistet Ihr Ressort, um die bessere Versorgung von Sanitäter*innen mit notwendiger Schutzausrüstung zu gewährleisten?
6. Wie viele Stunden Nachtarbeit wurden von Rettungssanitäter*innen im Jahr 2023 durchgeführt? Bitte schlüsseln Sie die entsprechenden Zahlen nach Rettungsorganisation und Bundesland auf.
7. Welche konkreten Schritte setzt Ihr Ressort, um Rettungssanitäter*innen noch in dieser Legislaturperiode in das Nachtschwerarbeitsgesetz aufzunehmen?
8. Wurde seitens Ihres Ressorts bereits ein Gesetzesentwurf zur Aufnahme von Rettungssanitäter*innen ins Nachtschwerarbeitsgesetz vorbereitet?
a. Wenn ja, ist dieser Entwurf beschlussfertig?
b. Wenn ja, welche Expert*innen, Organisationen etc. wurden in die Erstellung dieses Entwurfes eingebaut?
c. Wenn nein, warum sahen Sie dazu bisher keine Notwendigkeit?
9. Gab es seitens Ihres Ressorts bereits Gespräche oder Verhandlungen bez. einer Regierungsvorlage zur Aufnahme von Rettungssanitäter*innen ins Nachtschwerarbeitsgesetz mit dem Koalitionspartner?
a. Wenn ja, mit wem genau haben Sie verhandelt?
b. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
c. Wenn nein, warum sahen Sie dazu bisher keine Notwendigkeit?
d. Wenn nein, sind solche Verhandlungen nicht in dieser Legislaturperiode geplant?
10. Wird eine entsprechende Regierungsvorlage, um Rettungssanitäter*innen ins Nachtschwerarbeitsgesetz aufzunehmen, noch in dieser Legislaturperiode dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden?
11. Welche konkreten Schritte wird Ihr Ressort noch in dieser Legislaturperiode zur Aufnahme aller Rettungssanitäter*innen in das Gesundheitsberuferegister setzen?
12. Gab es seitens Ihres Ressorts bereits Gespräche oder Verhandlungen bez. einer Aufnahme aller Rettungssanitäter*innen in das Gesundheitsberuferegister mit dem Koalitionspartner?
a. Wenn ja, mit wem genau haben Sie verhandelt?
b. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
c. Wenn nein, warum sahen Sie dazu bisher keine Notwendigkeit?
d. Wenn nein, sind solche Verhandlungen nicht in dieser Legislaturperiode geplant?
13. Wird eine entsprechende Regierungsvorlage zur Aufnahme aller Rettungssanitäter*innen in das Gesundheitsberuferegister noch in dieser Legislaturperiode dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden?
14. Welche konkreten Schritte wird Ihr Ressort noch in dieser Legislaturperiode zur Aufnahme aller Rettungssanitäter*innen in das Gesundheitsberuferegister setzen?
15. Welche konkreten Schritte wird Ihr Ressort noch in dieser Legislaturperiode setzen, um Rettungssanitäter*innen im Bereich des gesetzlichen Berufsschutzes abzusichern?
16. Gab es hinsichtlich der Absicherung von Rettungssanitäter*innen durch den gesetzlichen Berufsschutz seitens Ihres Ressorts bereits Verhandlungen oder Gespräche mit dem Koalitionspartner?
a. Wenn ja, mit wem genau haben Sie verhandelt?
b. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
c. Wenn nein, warum sahen Sie dazu bisher keine Notwendigkeit?
d. Wenn nein, sind solche Verhandlungen nicht in dieser Legislaturperiode geplant?
17. Wird eine entsprechende Regierungsvorlage zur Absicherung von Rettungssanitäter*innen durch den gesetzlichen Berufsschutz noch in dieser Legislaturperiode dem Nationalrat zur Beschlussfassung vorgelegt werden?
18. Welche konkreten Schritte wird Ihr Ressort noch in dieser Legislaturperiode zur Absicherung von Rettungssanitäter*innen durch den gesetzlichen Berufsschutz setzen?
19. Welche konkreten Schritte plant Ihr Ressort, um endlich eine höhere Durchlässigkeit von Rettungssanitäter*innen in andere Gesundheits- und Sozialberufe zu ermöglichen und damit die Wahrnehmung der Sanitäter*innen-Arbeit als „Sackgassenberuf“ zu verändern?
20. Welche konkreten Schritte plant Ihr Ressort, um zu einer Kompetenzvereinheitlichung von Notfallsanitäter*innen über alle Bundesländer und Organisationen hinweg zu sorgen (beispielsweise in Hinsicht auf Arzneilisten oder die Anwendung von Notfallkompetenzen)?
a. Gab es seitens Ihres Ressorts dahingehend bereits Gespräche mit den Bundesländern und Einsatzorganisationen und wenn ja, mit welchem konkreten Ergebnis?
b. Wenn es seitens Ihres Ressorts dahingehend noch keine Gespräche, Verhandlungen etc. gab, warum sahen Sie dazu bisher keine Notwendigkeit?
21. Welche konkreten Schritte plant Ihr Ressort, um in Abstimmung mit den Bundesländern und Einsatzorganisationen Versorgungslücken im Bereich der Notarzt-Versorgung, insbesondere in Regionen ohne Notarzt-Stützpunkte, zu schließen?
a. Gab es seitens Ihres Ressorts dahingehend bereits Gespräche mit den Bundesländern und Einsatzorganisationen und wenn ja, mit welchem konkreten Ergebnis?
b. Wenn es seitens Ihres Ressorts dahingehend noch keine Gespräche, Verhandlungen etc. gab, warum sahen Sie dazu bisher keine Notwendigkeit?
22. Welche konkreten Schritte plant Ihr Ressort, abseits des Investitionspaketes für Zivilschutzorganisationen 2023, um noch in dieser Legislaturperiode eine Stärkung des Rettungsdreiecks aus Rettungsdienst, bodengebundenem Notarztdienst und Flugrettung zu erwirken?
23. Welche konkreten Schritte plant Ihr Ressort darüber hinaus und abseits der aktuellen Verhandlungen über eine Ausbildungsreform im Sanitäterwesen, um die Tätigkeit unserer Rettungssanitäter*innen endlich besser zu unterstützen?