Eingelangt am 15.02.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg
Sarre, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend Wissenschaftsskepsis und die
DNAustria-Kampagne
Für eine eine
chancen- und zukunftsorientierte Gesellschaft und Wirtschaft ist es wichtig,
die Erkenntnisse der Wissenschaften nicht im "Elfenbeinturm"
verkümmern zu lassen, sondern allen Bevölkerungsgruppen und
Berufssparten zugänglich zu machen. Dafür - und auch für eine
wirkungsvolle Eindämmung von Fake News und Desinformation - braucht es
eine positive und vertrauensvolle Einstellung zur Wissenschaft.
Das Vertrauen in die
Wissenschaft ist in Österreich jedoch in der Krise, wie das
Wissenschaftsbarometer der Österreichischen Akademie der Wissenschaft
(ÖAW) zeigt1). Die Wissenschaftsskepsis ist zwar von 2022 auf
2023 - nach dem Abklingen der Coronakrise - leicht rückläufig, aber
im internationalen Vergleich hierzulande besonders hoch, wie eine
Eurobarometer-Umfrage von 2021 gezeigt hat2).
Laut Wissenschaftsbarometer 2023 vertrauen
zwar 73 Prozent der befragten Österreicherinnen und Österreicher
Wissenschaft und Forschung, doch mehr als ein Viertel der Bevölkerung tut
das nicht oder wenig. Je zufriedener Menschen mit ihrem Leben sind, desto eher
vertrauen sie Wissenschaft und Forschung. Das Vertrauen variiert auch stark
nach Wissenschaftsdisziplin: Während rund 80 Prozent der Mathematik,
Physik und Chemie vertrauen, sind es bei der Ökologie- und Klimaforschung
nur 58 Prozent und bei Informatik und künstlicher Intelligenz (KI) gar nur
51 Prozent der Befragten. Wer unangenehme Botschaften oder oder große
Veränderungen für den Alltag im Gepäck hat, wird also offenbar
skeptischer aufgenommen.
Die laut dieser Umfrage
"Unzufriedenen" hegen generell ein größeres Misstrauen
gegenüber "Eliten", was auch die Politik und die etablierten
Medien einschließt. Knapp 80 Prozent der
Unzufriedenen sind der Ansicht, dass Wissenschafterinnen und Wissenschafter die
Öffentlichkeit über ihre Arbeit informieren sollten.
Das BMBWF hat nun die Kampagne DNAustria ins Leben
gerufen, die bestehende und zukünftige Initiativen des Ministeriums
zur Wissenschaftskommunikation und Stärkung des Vertrauens bündeln
und einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren soll.3)
Die Kampagne schließt auch die Stärkung des Vertrauens in die
Demokratie mit ein, da eine ablehnende oder kritische Haltung zur Demokratie
und zur Wissenschaft oft Hand in Hand gehen. Mit Plakatsujets, die
populärwissenschaftlich auf Forschungsarbeiten Bezug nehmen, soll die
Kampagne das Interesse der Bevölkerung wecken. Die Website www.dnaustria.at
gibt einen Überblick über alle Projekte und Veranstaltungen.
Vor dem Hintergrund, dass vom BMBWF in
verschiedensten Bereichen zahlreiche gute Projekte mit äußerst
bescheidener Reichweite betrieben werden - zuletzt wurde etwa ein
Talenteförderungsprogramm für 75 Schüler:innen aus einer
Gesamtpopulation von 1,1 Mio. Schüler:innen präsentiert - stellt sich
die Frage, wie groß nun tatsächlich die Breitenwirkung der Projekte
zur Wissenschaftsskepsis ist.
1) https://www.derstandard.at/story/3000000197019/wissenschaftsskepsis-in-oesterreich-weiterhin-ausgepraegt
2) https://www.derstandard.at/story/2000131037835/oesterreichs-fatale-wissenschaftsskepsis
3) https://www.bmbwf.gv.at/Ministerium/Presse/20240209.html
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Welche Strategie liegt der Kampagne
DNAustria zugrunde und wie soll sie die breite Bevölkerung,
insbesondere Jugendliche und Menschen, die bisher wenig Berührung mit
wissenschaftlichen Themen hatten, erreichen, gewinnen und aktivieren?
- Handelt es sich bei DNAustria um eine Marke
zur dauerhaften Verwendung oder um eine zeitlich abgesteckte Kampagne?
Wenn letzteres, mit welchem Zeithorizont?
- Inwiefern sind Schulen, Universitäten
und andere Bildungseinrichtungen in die Entstehung und Umsetzung der
Kampagne eingebunden?
- Gibt es EU-Programme oder -Initiativen, in
die sich die Kampagne einfügt oder mit denen es Synergien gibt? Wenn
ja, welche?
- Gab es für DNAustria internationale
Vorbilder oder Best Practice Beispiele, an denen man sich orientiert hat?
- Laut Wissenschaftsbarometer der ÖAW
variiert die Skepsis der Belvölkerung stark nach Disziplinen. Planen
Sie Maßnahmen, die insbesondere auf die Kommunikation von
Forschungsdisziplinen wie Informatik und Künstliche Intelligenz sowie
Ökologie- und Klimaforschung ausgerichtet sind?
- Welche der unter DNAustria zusammengefassten
bisherigen und geplanten Projekte und Veranstaltungsreihen dienen
vorrangig der Präsentation von Wissenschaft und welche sind auf einen
Dialog ausgerichtet, um auch Fragen, Sorgen und Wünsche von
Bürgerinnen und Bürgern aufzunehmen und in der Forschung und
Wissenschaftskommunikation zu berücksichtigen?
- Gibt es im Rahmen von DNAustria Projekte,
Kommunikationsmaßnahmen oder Dialogforen, die nicht auf die
"breite Öffentlichkeit" ausgerichtet sind, sondern gezielt
auf
- definierte Gruppen von
"Unzufriedenen" und "Skeptiker:innen", bspw.
gesellschaftlich marginalisierte Gruppen?
- Multiplikator:innen/Influencer, die in
wissenschaftsskeptischen Teilen der Bevölkerung hohe
Glaubwürdigkeit besitzen?
- Wie viele Schüler:innen und wie viele
sonstige Personen werden mit folgenden Projekten und Veranstaltungsreihen
pro Jahr erreicht? Bitte um Aufschlüsselung der jeweiligen
Teilnehmer:innenzahlen nach Bundesländern.
- Wissenschaftsbotschafter:innen
- Science Talk
- Sparkling Science 2.0
- Lange Nacht der Forschung
- Wissenschaftswoche
- Citizen Science Award
- Kinder- und
Jugenduniversitäten
- Wie viele Lehrveranstaltungen im Bereich der
Lehrkräftefortbildung gibt es zu den Themen
Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsskepsis und wie viele
Lehrpersonen nehmen an diesen pro Jahr Teil? Bitte
um Aufschlüsselung nach Verbünden für die letzten drei
Studienjahre/Schuljahre.
- Was ist in den bisherigen und kommenden
Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten zur "Third
Mission" und zur Wissenschaftskommunikation vorgesehen? Bitte um
Erläuterung und Quanitifizierung.
- Welche Aktivitäten im Bereich der
Erwachsenenbildung setzt das BMBWF im Bereich Wissenschaftskommunikation
und Wissenschaftsskepsis?
- Wann wird die LLL-Strategie 2030
beschlossen und präsentiert, die seit 2020 ausständig ist?
- Wie wird der Erfolg der DNAustria-Kampagne
gemessen und evaluiert? Gibt es spezifische Indikatoren oder Zielvorgaben,
die erreicht werden sollen?
- Wer hat wann die Kampagne bei wem
beauftragt?
- Welche Agentur verantwortet die Sujets
inhaltlich und gestalterisch?
- Welche Agentur bucht die Sujets ein?
i. Wurden vorgelegte Schaltpläne vom Ministerium abgeändert?
1. Wenn ja, warum und wie genau?
- Wer verantwortete die Kampagne innerhalb
des Ministeriums?
- Waren weitere externe Dienstleister:innen
betraut oder eingebunden und wenn ja, welche und wer hat diese
beauftragt?
- War die Abteilung I/4:
Informationsinitiativen, Mediaplanung und -budget im Bundeskanzleramt in
die Mediaplanung eingebunden?
i. Wenn ja, was war die Aufgabe?
ii. Wenn nein, weshalb nicht?
- Wenn es sich bei den oder der beauftragten
Agentur(en) nicht um Unternehmen aus dem Kreis jener handelt, die den
Pitch für die beiden Etats (180 Mio Media sowie 30 Mio Kreation) im
Frühjahr 2021 für sich entschieden haben: Weshalb wurde nicht
auf diese Dienstleister zurückgegriffen?
- Wurden mehrere Agenturen angefragt, um
vergleichbare Angebote im Sinne der Sparsamkeit einzuholen?
- Wenn ja, welche?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wie sieht der Mediaplan aus? Bitte um
Übermittlung.
- Wann wurden die ersten Inserate, Banner und
weiteren Werbeformen wo geschaltet und wie lange dauert die Kampagne?
- In wie vielen und welchen Printmedien wurde
sie auf Basis welcher Kriterien geschalten?
- Wie hoch ist der Etat, der für diese
Kampagne veranschlagt wurde? Bitte um genaue Angabe der jeweiligen Posten.
- Woher stammt das Budget für die
Kampagne? Welches Ministerium bezahlt die Rechnungen aus welchem Topf?