17861/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.02.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt

betreffend vermeintliche Auslandsüberweisungen durch Bezieher:innen der Grundversorgung

Die letzten Tage stand die Einführung einer Bezahlkarte für Bezieher:innen der Grundversorgung im Zentrum der innenpolitischen Debatte. Statt der Auszahlung von Bargeld sollen Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs künftig mit einer ,Sachleistungskarte' bezogen werden. Neben mehreren ÖVP-Landeshauptleuten stürzten sich auch Innenminister Karner und Integrationsministerin Raab durch diverse Interviews und Gastkommentare auf dieses Thema. Hintergrund dieser Forderung sind vermeintliche Auslandsüberweisungen („Remittances") durch Bezieher:innen der Grundversorgung: Ausbezahlte Geldbeträge würden nicht zur Deckung der eigenen Grundbedürfnisse verwendet, sondern an Familienmitglieder im Heimatland überwiesen werden. Auch wenn „Remittances" im Zusammenhang mit Arbeitsmigration ein durchaus bekanntes Phänomen darstellen, gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dies auch auf Bezieher:innen von Grundversorgung zutreffe. Während Arbeitsmigrant:innen oft ein Vielfaches dessen verdienen, was in ihren Heimatländern dem Durchschnittseinkommen entspricht, erhalten Bezieher:innen der Grundversorgung ein monatliches Taschengeld in Höhe von 40 Euro. Dass dieser unbedeutende Betrag nicht für eigene Bedürfnisse, sondern für Geldtransfers ins Ausland verwendet wird, ist nicht nur völlig lebensfremd sondern auch durch nichts belegbar. Wenn sich Beziehr:innen der Grundversorgung nicht im betreuten Wohnen befinden und der ausbezahlte Betrag auf etwa 235 Euro ansteigt, steigen auch die notwendigen Ausgaben zur Deckung der Grundbedürfnisse: Sämtliche Lebensmittel, Hygieneprodukte und vieles weitere muss in dieser Situation selbständig besorgt werden. Das hier in Zeiten von Rekordinflation nicht „gespart" werden kann, um Geld ins Auslands zu überweisen, liegt auf der Hand.

Auch wenn sich das von der ÖVP erfundene „Problem" der Auslandsüberweisungen durch keine öffentlichen Quellen belegen lässt, wird es uns die letzten Tage von diversen ÖVP Politiker:innen als Tatsache verkauft: „Das bisher ausbezahlte Bargeld wird leider häufig an Familienmitglieder im Ausland überwiesen. Etwa nach Syrien oder Afghanistan" und „Wir wissen nämlich auch, dass diese Gelder folglich wieder in den Kreislauf der Schlepperkriminalität gelangen" meinte etwa Integrationsministerin Raab. Dem Integrationsministerium liegen hier offenbar hochexklusive Informationen vor, die von großer Bedeutung für die aktuelle Debatte sind. Nur wenn das zugrundeliegende Problem ausreichend analysiert und dargestellt ist, kann sinnvoll über Lösungsvorschläge diskutiert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

1.    Am 08.02.2024 äußerte sich Integrationsministerin Raab gegenüber Krone.tv im Zusammenhang mit der möglichen Einführung von Bezahlkarten für Asylwerber folgendermaßen: „Das bisher ausbezahlte Bargeld wird leider häufig an Familienmitglieder im Ausland überwiesen. Etwa nach Syrien oder Afghanistan. Das wollen wir nicht."[1]

a.    Auf Grundlage welcher Informationen haben Sie diese Aussage getätigt?

b.    In welcher Höhe wurde in den Jahren 2021-2023 Überweisungen von Bezieher:innen der Grundversorgung nach Syrien oder Afghanistan getätigt?

c.    Wie viele Bezieher:innen der Grundversorgung haben in den Jahren 2021-2023 Überweisungen nach Syrien oder Afghanistan getätigt?

2.    Können Sie belegen, dass in den Jahren 2021-2023 ein einziger Euro von Bezieher:innen der Grundversorgung nach Syrien oder nach Afghanistan überwiesen wurde?

a.    Falls ja: Wie?

b.    Falls nein: Werden Sie nicht belegbare Vermutungen bei öffentlichen Auftritten weiterhin als „Tatsachen" (siehe Zitat in Frage 1) darstellen?

3.    Im selben Gespräch auf Krone.tv äußerte sich Integrationsministerin Raab auf die Frage, wie viel der ausbezahlten Grundversorgung tatsächlich ins Auslands überwiesen werde, folgendermaßen: „Die Zahlen sind unterschiedlich, wir sichten derzeit das Zahlenmaterial"[2]

a.    Auf welche „unterschiedliche Zahlen" wurde hierbei Bezug genommen?

b.    Welches „Zahlenmaterial" wird in Ihrem Ressort derzeit „gesichtet"?

i.   Von wem wurde Ihnen dieses „Zahlenmaterial" zur Verfügung gestellt?

ii. Welches Ergebnis bringt/brachte diese Sichtung?

4.    Haben Sie Informationen von österreichischen oder internationalen Kreditinstituten über Auslandsüberweisungen durch Bezieher:innen der Grundversorgung erhalten?

a.    Falls ja:

i.   Wann?

ii. Von welchen Kreditinstitute?

iii.    Auf welcher Rechtsgrundlage wurden diese Informationen übermittelt?

b.    Falls nein:

i.   Auf welchen Informationen basiert die in Frage 1 zitierte Aussage, dass das ausbezahlte Bargeld „häufig an Familienmitglieder im Ausland überwiesen wird, etwa nach Syrien oder Afghanistan"?

5.    In ihrem Gastkommentar in der Kleinen Zeitung vom 4.2.2024 meinte Integrationsministerin Raab im Zusammenhang mit Auslandsüberweisungen von Bezieher:innen der Grundversorgung „Wir wissen nämlich auch, dass diese Gelder folglich wieder in den Kreislauf der Schlepperkriminalität gelangen"

a.    Auf Grundlage welcher Informationen wurde diese Aussage getätigt?

b.    In welcher Höhe wurden in den Jahren 2021-2023 Gelder, die von Bezieher:innen der Grundversorgung ins Ausland überwiesen wurden, anschließend zur Bezahlung von Schleppern verwendet?

c.    Können Sie belegen, dass in den Jahren 2021-2023 ein einziger Euro, der von Bezieher:innen der Grundversorgung ins Ausland überwiesen wurde, anschließend zur Bezahlung von Schleppern verwendet wurde?

i.   Falls ja: Wie?

ii. Falls nein: Woher „wissen" Sie, dass nicht belegbare Vermutungen tatsächlich so stattfinden?

6.    Im Kurier-Interview vom 11.02.2024 meinte Integrationsministerin Raab auf die Bitte, den Missbrauchsvorwurf im Zusammenhang mit Auslandsüberweisungen zu konkretisieren: „Es ist in unseren Integrationskursen laufend Thema, dass das Geld in die Herkunftsländer geschickt wird.“

a.    In wie vielen und welchen Kursen wurden Auslandsüberweisungen thematisiert?

b.    Wann haben diese Kurse stattgefunden?

c.    In welche Kursprogrammen ist das Thema Auslandsüberweisungen vorgesehen?

d.    Waren jene Personen die in den Integrationskursen von Auslandsüberweisungen berichteten, privat oder organisiert untergebracht?

e.    Wer hat Ihnen von der Thematisierung des Themas Auslandsüberweisungen in Integrationskursen berichtet?



[1] https://www.krone.at/3239903

[2] https://www.krone.at/3239903