Eingelangt am 22.02.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie
Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Inneres
betreffend Inwiefern engagiert
sich Österreich im Rahmen von Frontex?
Im türkis-grünen Regierungsprogramm findet sich
folgendes Vorhaben bzgl. Europa: "Beitrag Österreichs für einen
effizienten und menschenrechtskonformen Außengrenzschutz der EU gemeinsam
mit den Mitgliedstaaten und FRONTEX – rasche Stärkung von
FRONTEX". Was blieb von dieser pro-europäischen Zusage?
Bekannt ist bisher eher, dass seitens des Innenministeriums
auf Basis bilateraler polizeilicher Kooperationen für
Grenzmanagement Exekutivbeamt:innen in andere Länder entsandt werden-
beispielsweise nach Ungarn und Serbien. Diese Entsendungen verursachen Kosten
in Millionenhöhe.1 Im Fall von Ungarn wird unter
intransparenten Bedingungen ein Staat unterstützt, der sowohl vom
Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als auch vom
Europäische Gerichtshof (EuGH) aufgrund seines Umgang mit Asylsuchenden
und Migrant:innen verurteilt wurde - und daher mit dem Risiko, dass sich
österreichische Exekutivbedienstete an Menschenrechtsverletzungen
beteiligen. Gleichzeitig ist ein sicherheitspolitischer Mehrwert für
Österreich nicht nachgewiesen; so hat hat Ungarn im Frühling 2023
hunderte Schlepper mit der Anordnung aus der Haft entlassen, dass diese Ungarn
innerhalb von drei Tagen verlassen.2
Bei EU-Grenzeinsätzen hingegen kommt es nicht zu
Asymmetrien, die für das gesamte europäische Grenzmanagement
ineffizient sind; denn wenn Beamt:innen über Frontex im Einsatz sind, sind
sie verpflichtet, Grundrechtsverletzungen zu melden (in sogenannten
"serious incident reports"). Nach innerstaatlichem Recht jedoch
besteht eine solche Verpflichtung nicht. Weiters erfordert jeder Einsatz im
Rahmen von Frontex eine vorherige Grundrechtsfolgenabschätzung, was auf
bilateraler Ebene nicht der Fall ist.3
Es wäre angezeigt, Ressourcen für ein
europäisches Grenzmanagement einzusetzen, insbesondere im Rahmen von
Frontex, wie im NEOS-Entschließungsantrag 3479/A(E) bereits gefordert.4
Nur eine verstärkte Kooperation auf EU-Ebene ermöglicht ein
Grenzmanagement nach einheitlichen, rechtsstaatlichen Standards, sodass die
gemeinsamen Außengrenzen zugleich wirksam kontrolliert und die
Menschenwürde von Asylwerber:innen und Migrant:innen gewahrt werden.
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/16110;
https://www.krone.at/3166467
- https://www.diepresse.com/6291173/schlepper-freilassungen-ungarn-fordert-von-eu-finanzielle-unterstuetzung
- https://fra.europa.eu/en/publication/2023/european-border-coast-guard?page=1#read-online
- https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3479
Die unterfertigten Abgeordneten
stellen daher folgende
Anfrage:
- Wie viele österreichische
Exekutivbedienstete waren im Jahr 2023 insgesamt im Rahmen von Frontex
tätig? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr.
- Wie viele Einsatzstunden leisteten
Exekutivbedienstete im Jahr 2023 im Rahmen von Frontex?
i. Zu welchen Kosten? Bitte um Aufschlüsselung nach
Kostenstelle.
- Wie viele österreichische
Exekutivbedienstete waren im Jahr 2023 insgesamt im Rahmen von bilateralen
Grenzeinsätzen?
- Wie viele Einsatzstunden leisteten
Exekutivbedienstete im Jahr 2023 im Rahmen von bilateralen
Grenzeinsätzen?
i. Zu welchen Kosten? Bitte um Aufschlüsselung nach
Kostenstelle.
- Wie entwickelte sich die Anzahl an
österreichischen Exekutivbediensteten, die im Rahmen von Frontex
tätig waren, in dieser Legislaturperiode (bis zum Zeitpunkt der
Anfrage)?
- Wie entwickelte sich die Anzahl an
österreichischen Exekutivbediensteten, die im Rahmen der bilateralen
polizeilichen Kooperation im Bereich Grenzmanagement tätig waren, in
dieser Legislaturperiode (bis zum Zeitpunkt der Anfrage)?
- Wie viele budgetäre Mittel sind
für das Jahr 2024 für Einsätze im Rahmen von Frontex
vorgesehen? Bitte um Aufschlüsselung nach Kostenstelle.
- Wie viele budgetäre Mittel sind
für das Jahr 2024 für Einsätze im Rahmen der bilateralen
polizeilichen Kooperation im Bereich Grenzmanagement vorgesehen? Bitte um
Aufschlüsselung nach Kostenstelle.
- Eine massive Aufstockung des Personals
für den EU-Außengrenzschutz - konkret eine Verdreifachung - ist
eine der österreichischen Bedingungen für die Lockerung des Schengen-Vetos
gegen Rumänien und Bulgarien (https://www.sn.at/politik/innenpolitik/eu-aussengrenzschutz-schon-personal-149976991):
Wie viele zusätzliche Frontex-Exekutivbediensteten plant Ihr
Ministerium in dieser Legislaturperiode einzusetzen?
- Welche Maßnahmen wurden seit
der Äußerung dieser Forderung gesetzt, um zusätzliche
Frontex-Exekutivbedienstete zu rekrutieren?
- Wie viele zusätzliche
Frontex-Exekutivbedienstete wurden bereits rekrutiert?
- Welche weiteren Maßnahmen plant
Ihr Ministerium, um zu der geforderten Personalaufstockung
beizutragen?
- Aus welchen Gründen werden
zahlreiche österreichische Exekutivbedienstete im Rahmen von
bilateraler polizeilicher Kooperation im Bereich Grenzmanagement entsandt,
anstatt von Frontex?
- Wie viele zusätzliche
Frontex-Exekutivbediensteten plant Ihr Ministerium bis 2027
einzusetzen?
- Wer vertritt Österreich im
Management Board von Frontex?
- Welche Qualifikationen weisen jene
Personen auf, die Österreich im Management Board von Frontex
vertreten?
- Welche Forderungen werden seitens
Österreichs proaktiv im Management Board von Frontex gestellt?
- Welche Maßnahmen wurden seitens
Österreich hinsichtlich der Aufstockung des Personals im Management
Board von Frontex gesetzt?
- Wie oft fanden in dieser
Legislaturperiode Sitzung des Management Board von Frontex statt?
- Wie oft nahm Österreich daran
teil?
i. Mit welcher Agenda jeweils?
ii. Mit welchem Ergebnis jeweils?
- Bilaterale Grenzeinsätzen sind
hinsichtlich der EU-Harmonisierung bzw. Vereinheitlichung der
Grenzeinsätze auf EU-Ebene kontraproduktiv. Wurde dies bereits auf
EU-Ebene thematisiert? Welche Gespräche, Verhandlung udgl. wurden und
werden hierzu geführt?
- Wann und in welchen Gremien jeweils?
- Welche Positionen werden jeweils von
welchen Akteur:innen vertreten?
- Wenn Beamt:innen über Frontex im
Einsatz sind, sind sie verpflichtet, Grundrechtsverletzungen zu melden
("Serious Incident Report"): Gibt es eine derartige
Verpflichtung für österreichische Exekutivbedienstete, die im
Rahmen von bilateraler polizeilicher Kooperation im Bereich
Grenzmanagement im Einsatz sind?
- Wenn ja, wie lauten die konkreten
Anweisungen?
- Wenn ja, was passiert im Falle einer
Unterlassung?
i. Welche Stelle ist hierfür zuständig?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wenn nein, ist geplant, eine
derartige Verpflichtung einzuführen?
- Jeder Einsatz im Rahmen von Frontex
erfordert eine vorherige Grundrechtsfolgenabschätzung: Wird eine
derartige Grundrechtsfolgenabschätzung auch vor bilateralen
polizeilichen Einsätzen vorgenommen?
- Wenn ja, wann fand eine
Grundrechtsfolgenabschätzung für die Einsätze in Ungarn
und Serbien statt?
i. Wie lauten die Ergebnisse?
ii. Welche Stelle ist dafür zuständig?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wenn nein, ist geplant, die
Durchführung einer derartige Grundrechtsfolgenabschätzung
einzuführen?
- Welche Maßnahmen setzt Ihr
Ministerien, um die von der EU-Grundrechteagentur hervorgehobenen
menschenrechtlichen Bedenken zu adressieren, die aufgrund der Asymmetrien
zwischen EU- und nationalen Grenzeinsätzen entstehen?
- Wie stellen Sie sicher, dass
österreichische Bedienstete in bilateralen polizeilichen
Grenzeinsätzen nicht an geringere menschenrechtliche Standards
gebunden sind als in EU-Grenzeinsätzen?
- Welche Maßnahmen sind
diesbezüglich in dieser Legislaturperiode noch geplant?
- Welche Stelle Ihres Ressorts vertritt
Österreich in der multilateralen Schengen-Evaluierungsgruppe
EU-Kommission/Mitgliedsstaaten (https://www.euractiv.com/section/politics/news/member-states-to-visit-romania-for-schengen-evaluation/)?
- Wie viele Mitarbeiter:innen sind
hierfür zuständig? Mit welchen Qualifikationen?
- Werden auch externe Expert:innen
herangezogen? Wenn ja, wie viele und welche?
- Wie oft gab es im Rahmen dieser
Gruppe Arbeitsbesuche nach Rumänien?
i. Wie oft nahmen Vertreter:innen Österreichs daran
teil?
ii. Welche Ergebnisse brachten diese Arbeitsbesuche
jeweils?
- Wie oft gab es im Rahmen dieser
Gruppe Arbeitsbesuche nach Bulgarien?
i. Wie oft nahmen Vertreter:innen Österreichs daran
teil?
ii. Welche Ergebnisse brachten diese Arbeitsbesuche
jeweils?
- Welche weiteren Tätigkeiten
werden durch die Arbeitsgruppe durchgeführt?
i. Wie oft nahmen Vertreter:innen Österreichs daran
teil?
ii. Mit welchem Ergebnis jeweils?