17867/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.02.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Inwiefern engagiert sich Österreich im Rahmen von Frontex?

 

Im türkis-grünen Regierungsprogramm findet sich folgendes Vorhaben bzgl. Europa: "Beitrag Österreichs für einen effizienten und menschenrechtskonformen Außengrenzschutz der EU gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und FRONTEX – rasche Stärkung von FRONTEX". Was blieb von dieser pro-europäischen Zusage? 

Bekannt ist bisher eher, dass seitens des Innenministeriums auf Basis bilateraler polizeilicher Kooperationen für Grenzmanagement Exekutivbeamt:innen in andere Länder entsandt werden- beispielsweise nach Ungarn und Serbien. Diese Entsendungen verursachen Kosten in Millionenhöhe.1 Im Fall von Ungarn wird unter intransparenten Bedingungen ein Staat unterstützt, der sowohl vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) als auch vom Europäische Gerichtshof (EuGH) aufgrund seines Umgang mit Asylsuchenden und Migrant:innen verurteilt wurde - und daher mit dem Risiko, dass sich österreichische Exekutivbedienstete an Menschenrechtsverletzungen beteiligen. Gleichzeitig ist ein sicherheitspolitischer Mehrwert für Österreich nicht nachgewiesen; so hat hat Ungarn im Frühling 2023 hunderte Schlepper mit der Anordnung aus der Haft entlassen, dass diese Ungarn innerhalb von drei Tagen verlassen.2

Bei EU-Grenzeinsätzen hingegen kommt es nicht zu Asymmetrien, die für das gesamte europäische Grenzmanagement ineffizient sind; denn wenn Beamt:innen über Frontex im Einsatz sind, sind sie verpflichtet, Grundrechtsverletzungen zu melden (in sogenannten "serious incident reports"). Nach innerstaatlichem Recht jedoch besteht eine solche Verpflichtung nicht. Weiters erfordert jeder Einsatz im Rahmen von Frontex eine vorherige Grundrechtsfolgenabschätzung, was auf bilateraler Ebene nicht der Fall ist.

Es wäre angezeigt, Ressourcen für ein europäisches Grenzmanagement einzusetzen, insbesondere im Rahmen von Frontex, wie im NEOS-Entschließungsantrag 3479/A(E) bereits gefordert.4 Nur eine verstärkte Kooperation auf EU-Ebene ermöglicht ein Grenzmanagement nach einheitlichen, rechtsstaatlichen Standards, sodass die gemeinsamen Außengrenzen zugleich wirksam kontrolliert und die Menschenwürde von Asylwerber:innen und Migrant:innen gewahrt werden. 

  1. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/16110; https://www.krone.at/3166467
  2. https://www.diepresse.com/6291173/schlepper-freilassungen-ungarn-fordert-von-eu-finanzielle-unterstuetzung
  3. https://fra.europa.eu/en/publication/2023/european-border-coast-guard?page=1#read-online
  4. https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/A/3479

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie viele österreichische Exekutivbedienstete waren im Jahr 2023 insgesamt im Rahmen von Frontex tätig? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr. 
    1. Wie viele Einsatzstunden leisteten Exekutivbedienstete im Jahr 2023 im Rahmen von Frontex? 

                                          i.    Zu welchen Kosten? Bitte um Aufschlüsselung nach Kostenstelle. 

  1. Wie viele österreichische Exekutivbedienstete waren im Jahr 2023 insgesamt im Rahmen von bilateralen Grenzeinsätzen? 
    1. Wie viele Einsatzstunden leisteten Exekutivbedienstete im Jahr 2023 im Rahmen von bilateralen Grenzeinsätzen? 

                                          i.    Zu welchen Kosten? Bitte um Aufschlüsselung nach Kostenstelle. 

  1. Wie entwickelte sich die Anzahl an österreichischen Exekutivbediensteten, die im Rahmen von Frontex tätig waren, in dieser Legislaturperiode (bis zum Zeitpunkt der Anfrage)? 
  2. Wie entwickelte sich die Anzahl an österreichischen Exekutivbediensteten, die im Rahmen der bilateralen polizeilichen Kooperation im Bereich Grenzmanagement tätig waren, in dieser Legislaturperiode (bis zum Zeitpunkt der Anfrage)?
  3. Wie viele budgetäre Mittel sind für das Jahr 2024 für Einsätze im Rahmen von Frontex vorgesehen? Bitte um Aufschlüsselung nach Kostenstelle. 
  4. Wie viele budgetäre Mittel sind für das Jahr 2024 für Einsätze im Rahmen der bilateralen polizeilichen Kooperation im Bereich Grenzmanagement vorgesehen? Bitte um Aufschlüsselung nach Kostenstelle. 
  5. Eine massive Aufstockung des Personals für den EU-Außengrenzschutz - konkret eine Verdreifachung - ist eine der österreichischen Bedingungen für die Lockerung des Schengen-Vetos gegen Rumänien und Bulgarien (https://www.sn.at/politik/innenpolitik/eu-aussengrenzschutz-schon-personal-149976991): Wie viele zusätzliche Frontex-Exekutivbediensteten plant Ihr Ministerium in dieser Legislaturperiode einzusetzen? 
    1. Welche Maßnahmen wurden seit der Äußerung dieser Forderung gesetzt, um zusätzliche Frontex-Exekutivbedienstete zu rekrutieren? 
    2. Wie viele zusätzliche Frontex-Exekutivbedienstete wurden bereits rekrutiert? 
    3. Welche weiteren Maßnahmen plant Ihr Ministerium, um zu der geforderten Personalaufstockung beizutragen? 
  1. Aus welchen Gründen werden zahlreiche österreichische Exekutivbedienstete im Rahmen von bilateraler polizeilicher Kooperation im Bereich Grenzmanagement entsandt, anstatt von Frontex? 
  2. Wie viele zusätzliche Frontex-Exekutivbediensteten plant Ihr Ministerium bis 2027 einzusetzen? 
  3. Wer vertritt Österreich im Management Board von Frontex? 
    1. Welche Qualifikationen weisen jene Personen auf, die Österreich im Management Board von Frontex vertreten?
  1. Welche Forderungen werden seitens Österreichs proaktiv im Management Board von Frontex gestellt? 
    1. Welche Maßnahmen wurden seitens Österreich hinsichtlich der Aufstockung des Personals im Management Board von Frontex gesetzt? 
  1. Wie oft fanden in dieser Legislaturperiode Sitzung des Management Board von Frontex statt? 
    1. Wie oft nahm Österreich daran teil?

                                          i.    Mit welcher Agenda jeweils? 

                                        ii.    Mit welchem Ergebnis jeweils? 

  1. Bilaterale Grenzeinsätzen sind hinsichtlich der EU-Harmonisierung bzw. Vereinheitlichung der Grenzeinsätze auf EU-Ebene kontraproduktiv. Wurde dies bereits auf EU-Ebene thematisiert? Welche Gespräche, Verhandlung udgl. wurden und werden hierzu geführt?
    1. Wann und in welchen Gremien jeweils?
    2. Welche Positionen werden jeweils von welchen Akteur:innen vertreten?  
  1. Wenn Beamt:innen über Frontex im Einsatz sind, sind sie verpflichtet, Grundrechtsverletzungen zu melden ("Serious Incident Report"): Gibt es eine derartige Verpflichtung für österreichische Exekutivbedienstete, die im Rahmen von bilateraler polizeilicher Kooperation im Bereich Grenzmanagement im Einsatz sind? 
    1. Wenn ja, wie lauten die konkreten Anweisungen? 
    2. Wenn ja, was passiert im Falle einer Unterlassung? 

                                          i.    Welche Stelle ist hierfür zuständig? 

    1. Wenn nein, warum nicht? 
    2. Wenn nein, ist geplant, eine derartige Verpflichtung einzuführen? 
  1. Jeder Einsatz im Rahmen von Frontex erfordert eine vorherige Grundrechtsfolgenabschätzung: Wird eine derartige Grundrechtsfolgenabschätzung auch vor bilateralen polizeilichen Einsätzen vorgenommen? 
    1. Wenn ja, wann fand eine Grundrechtsfolgenabschätzung für die Einsätze in Ungarn und Serbien statt? 

                                          i.    Wie lauten die Ergebnisse? 

                                        ii.    Welche Stelle ist dafür zuständig?

    1. Wenn nein, warum nicht? 
    2. Wenn nein, ist geplant, die Durchführung einer derartige Grundrechtsfolgenabschätzung einzuführen? 
  1. Welche Maßnahmen setzt Ihr Ministerien, um die von der EU-Grundrechteagentur hervorgehobenen menschenrechtlichen Bedenken zu adressieren, die aufgrund der Asymmetrien zwischen EU- und nationalen Grenzeinsätzen entstehen?
    1. Wie stellen Sie sicher, dass österreichische Bedienstete in bilateralen polizeilichen Grenzeinsätzen nicht an geringere menschenrechtliche Standards gebunden sind als in EU-Grenzeinsätzen? 
    2. Welche Maßnahmen sind diesbezüglich in dieser Legislaturperiode noch geplant? 
  1. Welche Stelle Ihres Ressorts vertritt Österreich in der multilateralen Schengen-Evaluierungsgruppe EU-Kommission/Mitgliedsstaaten (https://www.euractiv.com/section/politics/news/member-states-to-visit-romania-for-schengen-evaluation/)? 
    1. Wie viele Mitarbeiter:innen sind hierfür zuständig? Mit welchen Qualifikationen? 
    2. Werden auch externe Expert:innen herangezogen? Wenn ja, wie viele und welche? 
    3. Wie oft gab es im Rahmen dieser Gruppe Arbeitsbesuche nach Rumänien? 

                                          i.    Wie oft nahmen Vertreter:innen Österreichs daran teil? 

                                        ii.    Welche Ergebnisse brachten diese Arbeitsbesuche jeweils? 

    1. Wie oft gab es im Rahmen dieser Gruppe Arbeitsbesuche nach Bulgarien? 

                                          i.    Wie oft nahmen Vertreter:innen Österreichs daran teil? 

                                        ii.    Welche Ergebnisse brachten diese Arbeitsbesuche jeweils? 

    1. Welche weiteren Tätigkeiten werden durch die Arbeitsgruppe durchgeführt? 

                                          i.    Wie oft nahmen Vertreter:innen Österreichs daran teil? 

                                        ii.    Mit welchem Ergebnis jeweils?