18015/J XXVII. GP
Eingelangt am 28.02.2024
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ANFRAGE
des Abgeordneten Peter Wurm
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Dots-Gruppe: Martin Ho und die seltsamen Gewerbeberechtigungen in seinem Imperium
Folgender Bericht der Tageszeitung „Standard“ vom 15. Jänner 2024 lässt die interessierte Öffentlichkeit aufhorchen:[1]
Dots-Gruppe
Martin Ho und die seltsamen Gewerbeberechtigungen in seinem Imperium
Das Firmenkonstrukt ist nur schwer zu durchblicken. Kaum eines der von Ho gegründeten Unternehmen hat noch eine Gewerbeberechtigung, sie gehören aber dennoch weiter zur Dots-Gruppe
Es sind viele Unternehmen, sie wechseln relativ oft den Namen, teilweise auch die Anschrift. Und welcher Betrieb wo dazugehört, das lässt sich aufgrund des undurchsichtigen Konstrukts nur schwer nachvollziehen. Der Wiener Szenegastronom Martin Ho ist nach wie vor das Gesicht der Dots-Gruppe, doch im Hintergrund kommt es seit geraumer Zeit zu zentralen Veränderungen.
Im September 2022 trat Ho offiziell vom operativen Geschäft in seiner Dots-Gruppe zurück, auch als Geschäftsführer der Dots Beteiligung GmbH – sozusagen der Holdinggesellschaft – dankte er ab. Aus "wichtigem Grund", hieß es damals, und um sich auf die internationale Expansion zu konzentrieren. So weit, so bekannt.
Gewerbeberechtigungen
Weniger bekannt ist, dass bei fast allen Dots-Gesellschaften, die Ho selbst gegründet hat, Mitte Juli 2022 die Gewerbeberechtigungen endeten. Ho selbst hatte die gewerberechtliche Geschäftsführung der Unternehmen in den meisten Fällen bereits im Jahr 2018 abgegeben. Das zeigt ein Blick ins öffentlich einsehbare Gewerberegister (Gisa).
Ab dem 12. Juli 2022, einem Dienstag, wurde es dann ziemlich kompliziert im Firmenimperium von Anh Tuan Ho, wie der 37-Jährige offiziell heißt. Zehn Firmen trugen im Laufe weniger Jahre 20 verschiedene Namen – zumindest jene, bei denen Martin Ho selbst im Gisa aufscheint. Zur Dots-Gruppe gehören noch deutlich mehr. Sowohl die Gewerbeberechtigungen für die entsprechenden Standorte als auch die jeweiligen Geschäftsführungen änderten sich fast überall mehrmals. Die Anfrage, warum das so läuft, lässt die Dots-Gruppe unbeantwortet.
Gründe, weswegen eine Gewerbeberechtigung endet, gibt es viele. Es heißt nicht zwingend, dass man seinen Zuverlässigkeitsnachweis verloren hat. Die Möglichkeiten reichen von einer einfachen Zurücklegung über mangelnde Benachrichtigungen der Gewerbebehörde nach meldungspflichtigen Vorgängen bis hin zur Entziehung durch die Behörde.
Zuständig ist im Fall von Dots das Magistrat der Stadt Wien, dort erfährt man allerdings nicht viel zu den Hintergründen – das wäre rechtlich auch nicht möglich. "Gemäß § 365e Abs 1 GewO gibt es für die Gründe der Endigung der Gewerbeberechtigung ein Auskunftsverbot. Das heißt, es ist im Gisa nicht ersichtlich, warum die Gewerbeberechtigung geendet ist, auch bei berechtigtem Interesse darf diese Auskunft nicht erteilt werden", sagte eine Sprecherin der Wirtschaftskammer zum STANDARD.
Offene Fragen zur Pratersauna
Ein anschauliches Beispiel für die eigenwilligen Bewegungen im Gewerberegister ist die Soundgang Studio GmbH. Wie berichtet schlitterte diese Ende 2023 in die Insolvenz. Soundgang Studio ist im Gebäude des beliebten Wiener Clubs Pratersauna beheimatet – laut Dots ist Soundgang verantwortlich für Tonstudio, Künstlermanagement und Eventorganisation, nicht aber für den Betrieb der Pratersauna. Wer die Disco betreibt, lässt man offen. Laut Dots zählt der Club aber zur Unternehmensgruppe. Vor der Entstehung der Soundgang Studio GmbH hieß das Unternehmen Dots PS mit Anschrift im zweiten Bezirk, Dots PS im sechsten Bezirk und Dots 21. Die Gewerbeberechtigung lief laut Gisa unter "Gastgewerbe in der Betriebsart einer Bar".
Seit September 2022 hat die gewerberechtliche Geschäftsführung ein gewisser Christian E. inne. Gewerbeberechtigungen hat die Soundgang Studio für Gastgewerbe und den Betrieb einer Badeanlage. Stellt sich die Frage, warum man Letztere braucht, wenn man die Pratersauna (in der es einen Swimmingpool gibt) nicht betreibt. Auch laut der Ediktsdatei des Handelsgerichts Wien ist Soundgang Studio GmbH der Betreiber der Pratersauna.
Ein Hotel sticht heraus
An sich bewegt sich Dots innerhalb Wiens, doch mit dem Hotel La Petite Ivy in der Wachau gibt es eine Ausnahme. Es fällt nicht nur geografisch aus der Reihe, sondern ist auch der einzige von Ho selbst gegründete Betrieb, bei dem die ursprüngliche Gewerbeberechtigung aufrecht ist. Geschäftsführer ist aber auch hier jemand anderes.
Das La Petite Ivy in Mühldorf sticht deutlich aus der Masse heraus – und wirft Fragen auf. Buchungen sind der Website zufolge von Dienstag bis Donnerstag und Freitag bis Sonntag möglich. Eine Nacht kostet wohlfeile 2.500 Euro, exklusive Reinigung. Man kann auch nur das ganze Hotel auf einmal buchen, das sind fünf Doppelzimmer. Kein unbedingt sehr ortsüblicher Tarif. Auf Booking.com ist das Hotel nicht gelistet, und auf der Bewertungsplattform Tripadvisor gibt es eine einzige Rezension vom Juli 2020. "Dass dort ein wirklicher Hotelbetrieb stattfindet, habe ich bisher noch nie mitbekommen", sagt ein Brancheninsider aus der Wachau, der namentlich nicht genannt werden möchte. Eine Anfrage nach Auslastungszahlen oder dem Betrieb per se beantwortet man bei Dots ebenfalls nicht.
Hidden Club bleibt offen
Deutlich auskunftsfreudiger zeigte sich das Unternehmen Ende Dezember in einer anderen Causa. Hos Lokal Hidden Club auf der Mariahilfer Straße in einer ehemaligen DM-Filiale wurde auf Basis einer Generalgenehmigung in einem verkürzten Verfahren genehmigt. Zwar gab es immer wieder Lärmbeschwerden von Anrainern, aber weil der Club mit besagtem vereinfachtem Verfahren eröffnet worden war, konnten diese keine Bedenken bei einer Behörde äußern.
Nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, wonach diese Auslegung unrechtmäßig sei, schien es, als müsste der Club zusperren. Der entsprechende Bescheid wurde kurz darauf aber vom Magistrat als gegenstandslos erklärt. Somit bleibt der Hidden Club vorerst offen, zumindest bis Sommer. Ab 30. Juni müssen Genehmigungen auch in Liegenschaften mit einer Generalgenehmigung wie Einkaufszentren in einem umfangreichen ordentlichen Verfahren erteilt werden. Das Genehmigungsverfahren für den Hidden Club werde deswegen ein weiteres Mal durchlaufen, sämtliche Unterlagen dafür seien bereits eingereicht, heißt es bei Dots. (Andreas Danzer, 15.1.2024)
Die Wirtschaftskammer Österreich nimmt zur Beendigung einer Gewerbeberechtigung folgendermaßen Stellung:[2]
Das Recht, ein Gewerbe auszuüben, kann auf verschiedene Weise enden. Mit der Beendigung der Gewerbeberechtigung ist der Betrieb einzustellen, wenn nicht ein Betriebsnachfolger die entsprechende Gewerbeberechtigung erworben hat. Eine Gewerbeausübung nach Endigung der Berechtigung ist als unbefugte Gewerbeausübung mit Strafen bis zu 3.600 EUR bedroht.
Endigungsgründe
Die Gewerbeordnung enthält einen umfangreichen Katalog von Endigungsgründen. Danach endigt die Gewerbeberechtigung:
· mit dem Tod des Gewerbeinhabers, außer in den Fällen, in denen ein Fortbetriebsrecht besteht;
· mit rechtskräftiger Nichteröffnung oder Aufhebung des Insolvenzverfahrens mangels Kostendeckung;
· mit dem Untergang der juristischen Person (GmbH, Genossenschaft, AG);
· mit der Auflösung der eingetragenen Personengesellschaft (OG, KG) sofern keine Liquidation stattfindet, sonst mit der Beendigung der Liquidation;
· sechs Monate nach Ausscheiden des letzten Mitgesellschafters einer Personengesellschaft, wenn der verbleibende Gesellschafter keine Anzeige an die Gewerbebehörde erstattet hat oder kein Geschäftsführer bestellt wurde;
· sechs Monate nach Eintragung der Umgründung, Spaltung etc. in das Firmenbuch, wenn keine ausdrückliche Anzeige an die Gewerbebehörde erfolgt oder innerhalb dieser Frist kein Geschäftsführer bestellt wird;
· mit der Zurücklegung der Gewerbeberechtigung bzw. des Fortbetriebsrechtes;
· durch Urteil eines Gerichtes;
· mit der Untersagung der Ausübung in der Form eines Industriebetriebes;
· mit Zeitablauf oder mit Eintritt einer auflösenden Bedingung;
· durch Nichtigerklärung des Bescheides oder
· mit Entziehung der Gewerbeberechtigung.
Nichtigerklärung eines Bescheides, Löschung aus dem Gewerberegister
Die Gewerbeberechtigung endet auch mit der Nichtigerklärung eines gewerberechtlichen Bescheides. Ein solcher Bescheid ist u. a. dann für nichtig zu erklären, wenn
· die Gewerbeordnung auf die betreffende Tätigkeit nicht anzuwenden ist,
· die Zugehörigkeit einer gewerblichen Tätigkeit zu einem reglementierten oder freien Gewerbe oder einem Teilgewerbe unrichtig beurteilt worden ist, oder
· das Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen (z.B. Gewerbeausschluss, fehlende Aufenthaltsbewilligung) zu Unrecht angenommen oder die Erbringung des Befähigungsnachweises zu Unrecht als erbracht beurteilt worden ist.
Liegt einer dieser Nichtigkeitsgründe vor, kann die zuständige Oberbehörde auch in Ausübung ihres Aufsichtsrechts eine Löschung der Eintragung im Gewerberegister verfügen. Die Berechtigung endet dann mit Rechtskraft des Löschungsbescheides.
Gewerbeentziehung
Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber oder eine Person, der auf den Betrieb der Geschäfte ein maßgeblicher Einfluss zukommt (z.B. persönlich haftender Gesellschafter, Mehrheitsgesellschafter),
· von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen oder – unabhängig von der Strafhöhe - u.a. wegen betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen oder bei Gastgewerben wegen eines Suchtgiftdeliktes verurteilt wurde, und diese Vorstrafen noch nicht getilgt sind, oder
· wegen Schmuggels, Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben, Abgabenhehlerei, Hinterziehung von Monopoleinnahmen o. ä., mit einer Geldstrafe von mehr als 726 EUR oder mit Freiheitsstrafe bestraft wurde, und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist oder
· die erforderliche Zuverlässigkeit verliert (z.B. bei schwerwiegenden Verstößen gegen gewerbespezifische Rechtsvorschriften oder Schutzinteressen, wie Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, der illegalen Prostitution sowie rassische, ethnische oder religiöse Diskriminierung) oder
· wegen Beihilfe zur unbefugten Gewerbeausübung bestraft wurde und weiteres vorschriftswidriges Verhalten zu befürchten ist.
Weitere Entziehungsgründe sind:
· nur beim Gewerbe der Versicherungsvermittlung: Eröffnung des Insolvenzverfahrens;
· der Wegfall oder der nicht rechtzeitige Nachweis einer mit der Ausübung des Baumeistergewerbes oder des Erdbaus, Betonbohrens und –schneidens zusammenhängenden Haftpflichtversicherung für Personen-, Sach- und Vermögensschäden, des Immobilientreuhandgewerbes oder des Gewerbes der Vermögensberatung zusammenhängenden Vermögensschadenhaftpflichtversicherung oder nicht rechtzeitig erbrachter entsprechender Nachweis über eine solche Versicherung oder Wegfall einer mit der Ausübung der Versicherungsvermittlung zusammenhängenden Berufshaftpflichtversicherung oder einer sonstigen Haftungsabsicherung;
· der Wegfall des letzten Vertretungsverhältnisses eines Wertpapiervermittlers
· der Wegfall des letzten Vertretungsverhältnisses eines als Wertpapiervermittler oder gebundener Vermittler tätigen gewerblichen Vermögensberaters hinsichtlich der Wertpapiervermittlung oder der Tätigkeit als gebundener Vermittler (die übrige Tätigkeit als Gewerblicher Finanzberater ist von diesem Entziehungstatbestand nicht betroffen);
· Verlust des Rechtes sich in Österreich aufzuhalten;
· die Nichtausübung des Gewerbes durch drei Jahre und Nichtentrichtung der Kammerumlage oder
· die Nichtausübung des Gewerbes durch fünf Jahre und der unbekannte Aufenthalt des Gewerbeinhabers.
Die Behörde kann jedoch aus verschiedenen Gründen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung absehen.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft nachstehende
Anfrage
1. Kennen Sie den Inhalt des Artikels „Dots-Gruppe Martin Ho und die seltsamen Gewerbeberechtigungen in seinem Imperium“?
2. Welche „materiellen“ gewerberechtliche Gründe gibt es aus Ihrer Sicht als Arbeits- und Wirtschaftsminister, dass es gemäß § 365e Abs 1 GewO keine öffentliche Auskunftserteilung über die Gründe der Endigung der Gewerbeberechtigung gibt?
3. Ist aus Ihrer Sicht als zuständiger Arbeits- und Wirtschaftsminister im Sinne des Rechtsschutzes für Dritte, Konsumenten und Wirtschaftspartner eine öffentliche Auskunftserteilung über die Gründe der Endigung der Gewerbeberechtigung nicht eigentlich geboten?
a. Wenn nein, wie begründen Sie das als zuständiger Arbeits- und Wirtschaftsminister und wie halten Sie Konsumenten und Wirtschaftspartner „schadlos“, wenn diese auf eine aufrechte Gewerbeberechtigung in ihrem Geschäftsverkehr vertrauen durften?