18072/J XXVII. GP

Eingelangt am 29.02.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Hannes Amesbauer

an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung

betreffend Ausbau der Medizin-Studienplätze (insbesondere in der Steiermark)

 

 

Bis zum Jahr 2030 wird rund die Hälfte aller derzeit praktizierenden Hausärzte im pensionsfähigen Alter sein[1] Dieser Umstand ist umso erschreckender, wenn man bedenkt, dass bereits heute viele Kassenarztstellen nicht besetzt werden können. Zudem sind mittlerweile sämtliche Versorgungsbereiche von einem grassierenden Ärztemangel betroffen, wobei neben dem niedergelassenen Sektor insbesondere im Amtsärztebereich, im Notarztwesen und im heimischen Spitalssektor zahlreiche Stellen unbesetzt sind.

 

Maßnahmen zur Gegensteuerung wären beispielsweise im niedergelassenen Bereich bessere Kassentarife und weniger Bürokratie, in den Spitälern bessere Ausbildungsverhältnisse, bei den Amtsärzten flexible Arbeitsmodelle und bei den Notärzten Möglichkeiten, den Dienst leichter neben der Haupttätigkeit ausüben zu können. In Anbetracht der anstehenden Ärztepensionierungswelle wird es allerdings auch eine massive Ausbildungsoffensive brauchen, sprich eine Aufstockung der Medizinstudienplätze.

 

Während die Freiheitlichen bereits vor Jahren vor den massiven Folgen des sich anbahnenden Ärztemangel gewarnt haben, scheinen mittlerweile auch die anderen Parteien das Problem nicht länger leugnen zu können. Bemerkenswerterweise werden nun Forderungen der FPÖ übernommen, die man noch vor einigen Jahren kategorisch ablehnte. So hielt der steirische ÖVP-Landeshauptmann Christopher Drexler kurz nach seinem Amtsantritt Mitte Juli 2022 in einem Interview mit der „Wiener Zeitung“ fest, dass man das quantitative Angebot bei den Medizin-Studienplätzen steigern müsse:

 

Wir haben bei der Medizinischen Universität Graz derzeit 350 Studienplätze pro Jahrgang. Ich glaube, dass man mit Fug und Recht fordern kann, diese um zumindest 50 bis 70 Studienplätze zu erhöhen. Das muss sich bitte auch mit den jetzigen Infrastruktur-Gegebenheiten ausgehen, es ist ja eine funkelnagelneue Infrastruktur am neuen Med-Campus in Graz. Das hielte ich für vertretbar.

 

Auf die Erwiderung, dass Wissenschaftsminister Martin Polaschek in seinen jüngsten Äußerungen eine solche Aufstockung der Medizinstudienplätze ausgeschlossen habe, verwies der steirische ÖVP-Landesparteiobmann auf mehrere Beschlüsse der Konferenz der Landesgesundheitsreferenten.

 

Die Länder sind sich einig. Wir werden das mit dem Bund intensiv diskutieren. Es ist eine bizarre Situation. Wir erleben es in Graz, circa 3.000 junge Menschen kommen zu diesen Eingangstests für das Medizinstudium, am Ende werden circa 350 aufgenommen. Das heißt, wir erzeugen künstlich einen Mangel, weil es gibt offensichtlich ausreichend junge Menschen, die gern und emphatisch als Ärztinnen und Ärzte tätig wären. Ich verstehe, dass die Universitäten sagen, wir haben nur ein gewisses Ausmaß an Ressourcen. Aber ich glaube, dass wir da in Verhandlungen einen Schritt weiterkommen können.

 

Die Interviewpartner wollten sodann wissen, ob der steirische Landeshauptmann diesbezüglich schon mit Minister Polaschek geredet habe, woraufhin dieser ausführte, dass er mit dem Wissenschaftsminister Polaschek schon viele Dinge besprochen und auch dieses Thema schon im Hintergrund angesprochen habe. Weitergehende Gespräche würden folgen.[2]

 

Rund ein Jahr später erneuerte Landeshauptmann Christopher Drexler Anfang August 2023 seine Forderung nach einer Aufstockung in einem Interview mit dem Magazin „News“. Die Frage, wie viele Studienplätze er zusätzlich wolle, beantwortete der steirische Regierungschef dahinhingehend, dass es in Graz einen wunderbaren neuen MedCampus gebe.

 

Wenn wir da 100 Ausbildungsplätze mehr machen, wird die Welt infrastrukturell auch nicht untergehen.[3]

 

 

In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Medizin-Anfängerstudienplätze gab es an den öffentlichen Medizinischen Universitäten im Herbst 2023 (Aufgliederung nach den jeweiligen Universitäten)?

2.    Wie viele Personen haben sich für diese Plätze beworben (Aufgliederung nach den jeweiligen Universitäten sowie nach Österreichern, EU-Bürgern und Drittstaatsangehörigen)?

3.    Wie viele Medizin-Anfängerstudienplätze wird es an den öffentlichen Medizinischen Universitäten im Herbst 2024 geben (Aufgliederung nach den jeweiligen Universitäten)?

4.    Gibt es konkrete Pläne, die Anzahl der Medizin-Anfängerstudienplätze zu erhöhen?

a.    Wenn ja, wie stellen sich diese Pläne an den jeweiligen Studienstandorten konkret dar, wie viele zusätzliche Plätze würde dies in den kommenden Jahren bedeuten, wann sollen die Pläne umgesetzt werden und welche Maßnahmen müssen dafür seitens des Bundes bzw. seitens der Universitäten ergriffen werden?

b.    Falls eine Aufstockung der Medizin-Anfängerstudienplätze geplant ist, inwiefern werden die betroffenen Universitäten dabei seitens des Bundes unterstützt (finanziell, infrastrukturell etc.)?

c.    Falls es keine konkreten Pläne hinsichtlich einer Aufstockung der Medizin-Anfängerstudienplätze gibt, warum ist dies nicht der Fall?

5.    Inwiefern gibt es Erhebungen, Studien etc. hinsichtlich der Vorteile und Nachteile einer Aufstockung der Medizin-Anfängerstudienplätze an den öffentlichen Medizinischen Universitäten und von wem wurden diese durchgeführt?

a.    Zu welchen Ergebnissen kommen diese Erhebungen, Studien etc.?

6.    Inwiefern wurden in der aktuellen Gesetzgebungsperiode Gremien eingerichtet, die sich mit der Thematik „Aufstockung der Medizin-Anfängerstudienplätze an den öffentlichen Medizinischen Universitäten“ beschäftigen?

a.    Wer ist in diesen Gremien konkret vertreten (Vertreter des Bundes, der Länder, der Sozialversicherungsträger, der Universitäten etc.)?

b.    Wie oft haben diese Gremien bisher getagt?

c.    Welche Inhalte wurden bei den bisher stattgefundenen Terminen besprochen?

d.    Welche konkreten Positionen (zustimmende, ablehnende, abwartende etc.) wurden dabei von den jeweiligen Teilnehmern vertreten?

e.    Welche (Zwischen-)Ergebnisse wurden bisher erzielt?

f.     Falls in der aktuellen Gesetzgebungsperiode keine diesbezüglichen Gremien eingerichtet wurden, warum sah man dazu bisher keine Notwendigkeit?

g.    Falls in der aktuellen Gesetzgebungsperiode keine diesbezüglichen Gremien eingerichtet wurden, ist dies noch geplant?

                                          i.    Wenn ja, wie stellen sich die dahingehenden Pläne konkret dar?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

7.    Inwiefern hat sich Landeshauptmann Drexler seit 4. Juli 2022 bei Ihnen bzw. Ihrem Ressort für eine Aufstockung der Medizin-Anfängerstudienplätze an den öffentlichen Medizinischen Universitäten eingesetzt?

a.    Bei welchen Gelegenheiten erfolgte dieser Einsatz des Landeshauptmannes bisher (bspw. im Rahmen von persönlichen Gesprächen mit Ihnen, im Rahmen von offiziellen Gremien, bei Parteiveranstaltungen der ÖVP etc.)?

b.    Wie stellte sich der Ablauf der bisher mit Landeshauptmann Drexler in der Thematik stattgefundenen Termine konkret dar und welche Positionen wurden dabei jeweils vertreten?

c.    Wie stellten sich die Anliegen bzw. Forderungen des Landeshauptmanns bei diesen Terminen inhaltlich konkret dar (z.B. Forderung nach einer konkreten Anzahl an zusätzlichen Medizin-Anfängerstudienplätzen an der Medizinischen Universität Graz, allgemeine Forderungen hinsichtlich eines Ausbaus der Studienplätze österreichweit, Forderungen nach einer Umsetzung ab einem bestimmten Zeitpunkt etc.)?

d.    Welche Positionen haben Sie bzw. Ihr Ressort bei diesen Terminen mit dem Landeshauptmann konkret vertreten?

e.    Inwiefern wurden dabei Zusagen bzw. Absagen erteilt sowie sonstige Ergebnisse erzielt?

f.     Inwiefern sind bereits weitere Termine mit Landeshauptmann Drexler zur Thematik geplant?



[1] https://kurier.at/chronik/burgenland/aerztemangel-welche-massnahmen-helfen-sollen/400967141

[2] https://www.wienerzeitung.at/h/jedenfalls-mehr-medizinstudienplatze

[3] https://www.news.at/a/christopher-drexler-interview-13110048