18122/J XXVII. GP
Eingelangt am 15.03.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
betreffend Vertrauensstelle vera* in der Kritik
Auf Initiative der SPÖ wurde 2021 die Einrichtung einer Vertrauensstelle gegen Machtmissbrauch in Kunst, Kultur und Sport (vera*) im Nationalrat beschlossen, um Opfern von Belästigungen und Gewalt eine Anlaufstelle zu bieten. Sie soll Betroffenen nicht nur Unterstützung und Beratung bieten, sondern auch dazu beitragen, Bewusstsein für die Problematik zu schaffen und präventive Maßnahmen fördern. Durch die Bereitstellung von psychologischer und juristischer Unterstützung soll vera* eine Kultur der Achtsamkeit und des Respekts fördern und Betroffenen ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. Dies ist besonders in Bereichen relevant, die häufig durch ungleiche Machtverhältnisse und informelle Strukturen geprägt sind, was die Anfälligkeit für solche Vorfälle erhöht. Allein im ersten Jahr ihres Bestehens hat die Vertrauensstelle 90 Fälle von Belästigung und Gewalt im Bereich Kunst und Kultur bearbeitet[1]. Getragen wird die Vertrauensstelle von zwei unabhängigen Vereinen, dem Verein „Vertrauensstelle“ für den Bereich Kunst und Kultur und „100% Sport“ für den Sportsektor.
Nach jüngsten Berichten[2] steht diese Vertrauensstelle vera* sowie der Verein „Vertrauensstelle“ jedoch in der Kritik. Es gibt Bedenken, dass nicht alle Hilfesuchenden die benötigte Unterstützung erhalten und der mehrfache Wechsel in der Führungsebene innerhalb kurzer Zeit, die Stabilität und das Vertrauen in die Fähigkeit, effektive Unterstützung zu leisten, beeinträchtigen. Eine hohe Mitarbeiter:innenfluktuation kann zu Unterbrechungen in der Dienstleistung und einem Mangel an Kontinuität führen, was wiederum das Vertrauensverhältnis der Betroffenen und in die Stelle schwächt.
Um das Vertrauen der Betroffenen zu stärken und eine durchgängig hochwertige Unterstützung zu sichern, sind klare Maßnahmen und eine Anpassung der strategischen Ausrichtung von vera* unerlässlich. Insbesondere nachdem die NDR-Dokumentation[3] "Gegen Schweigen: Machtmissbrauch am Theater" das Thema Machtmissbrauch in der Theaterbranche intensiv beleuchtet hat und auch an Fällen aus Österreich aufzeigt, wie hierarchische Strukturen Machtmissbrauch fördern können.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage
1. Wie viele Betroffene haben sich bis jetzt an die Vertrauensstelle im Bereich Kunst und Kultur gewandt? Bitte um Auflistung nach Jahren.
2. Wie viele Fälle sind bis jetzt im Bereich Kunst und Kultur insgesamt noch offen? Bitte um Auflistung nach Monaten und Jahren, in denen die Fälle gemeldet wurden.
3. Wie lange müssen Betroffene im Bereich Kunst und Kultur durchschnittlich auf ein Erstgespräch warten?
4. Wie viele Betroffene wurden von der Vertrauensstelle im Bereich Kunst und Kultur abgewiesen?
5. Was bietet die Vertrauensstelle im Bereich Kunst und Kultur für Betroffene konkret an?
6. Wie viele Geschäftsführer:innen gab es bis jetzt und von wann bis wann waren sie tätig?
7. Warum wurden die Geschäftsführer:innen gekündigt?
8. Wann wird die Geschäftsführung erneut ausgeschrieben?
9. Welche konkreten Treffen gab es zwischen dem BMKÖS und den Verantwortlichen von vera* und welche Ergebnisse wurden dabei erzielt?
10. Wie wird eine externe Organisationsentwicklung für Vera* gestaltet?
11. Welche Ziele verfolgt dieser Prozess?
12. Welche externe Organisation wurde für die Organisationsentwicklung ausgewählt und nach welchen Kriterien erfolgte diese Auswahl?
13. Wie sieht der Zeitplan für die Organisationsentwicklung aus und welche Schritte umfasst dieser Prozess?
14. Wie ist der aktuelle Stand des Reorganisationsprozesses der Vertrauensstelle und welche Schritte sind als Nächstes geplant?
15. Wie bringt sich das BMKÖS in den Prozess ein und welche Rolle spielt es bei der Unterstützung und Umsetzung der Reorganisation?
16. Was beinhaltet das von Ihnen angekündigte Maßnahmenpaket genau? Bitte um detaillierte Erläuterung der einzelnen Maßnahmen.
17. Welche Maßnahmen planen Sie, um die personelle Stabilität innerhalb der Vertrauensstelle vera* zu gewährleisten?
18. Welche konkreten Schritte unternehmen Sie, um sicherzustellen, dass alle Hilfesuchenden die notwendige Unterstützung von vera* erhalten?
19. Werden Sie Zweigstellen in den Bundesländern etablieren? Wenn nein, warum nicht?
20. Gedenken Sie, die finanziellen und organisatorischen Ressourcen von vera* zu erhöhen, um eine umfassende Betreuung und Präventionsarbeit zu ermöglichen?
21. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Qualität und die Effizienz der Beratungs- und Unterstützungsleistungen von vera* zu verbessern und zu sichern?
22. Wie sieht die langfristige strategische Planung für vera* aus, insbesondere im Hinblick auf Präventionsarbeit und Bewusstseinsbildung?
23. Wie wird die Wirksamkeit der von vera* durchgeführten Maßnahmen und Programme evaluiert?
24. Wird diese Evaluierung durch einen externen Anbieter durchgeführt? Wenn ja, durch welchen Anbieter, wie fand der Ausschreibungsprozess statt und welches Ziel wird verfolgt? Wenn nein, warum nicht?
25. Können Sie darlegen, wie die Transparenz und Rechenschaft der Arbeit von vera* gegenüber der Öffentlichkeit und den Betroffenen verbessert werden kann?
26. Welche weiteren Maßnahmen zur Verhinderung von Machtmissbrauch und sexuellem Missbrauch in Kunst, Kultur und Sport setzen Sie?
[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20231109_OTS0092/vera-wirkt-90-faelle-im-ersten-jahr-der-vertrauensstelle-gegen-belaestigung-und-gewalt-im-bereich-kunst-und-kultur
[2] ZIB I am 4.3.2024
[3] https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ndrstory/Gegen-Schweigen-Machtmissbrauch-am-Theater,sendung1424964.html