18154/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.03.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Erteilung von Visa an russische Staatsangehörige

 

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat die internationale Völkerrechtsordnung und Sicherheitsarchitektur in ihren Grundfesten erschüttert. Er jährte sich nun zum zweiten Mal. Während viele europäische Staaten der Russischen Föderation gegenüber klar Position beziehen und versuchen, sicherheitspolitische Risiken zu minimieren, trifft das auf Österreich aufgrund der Untätigkeit der Bundesregierung leider nicht zu. Österreich importiert, wie kaum ein anderes europäisches Land, Gas aus Russland und lässt zu, dass ein aufgeblähter Botschaftsapparat der Russischen Föderation in Österreich ungezügelt (digitale) Spionage betreibt.

Laut Statistik Austria sind zu Jahresbeginn 2024 rund 37.000 russische Staatsangehörige in Österreich aufhältig (1). Für Drittstaatangehörige ist es allgemein möglich, über das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) einen Aufenthaltstitel zu erhalten. Hierzu müssen u.a. die in § 11 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes normierten allgemeinen Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel erfüllt sein. Diese sehen unter anderem vor, dass Aufenthaltstitel einem/einer Fremden nur erteilt werden dürfen, sofern der Aufenthalt des/der Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet (§ 11 Abs 2 Z 1 NAG). Dies ist etwa der Fall, wenn der Aufenthalt einer fremden Person die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (§ 11 Abs 4 Z 1-2 NAG).

Ähnlich wie das NAG sieht auch der Schengen-Visakodex im Rahmen der Visaerteilungsverfahren an Drittstaatsangehörige eine Prüfung der Einreisevoraussetzungen sowie eine Risikobewertung vor. Darin muss insbesondere sichergestellt werden, dass der/die Antragsteller:in keine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedsstaaten bzw. keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt (Art 21 Abs 3 lit d Visakodex VO (EG) Nr. 810/2009).

Aufgrund der Erteilungen von Visa an sanktionierte russische Staatsangehörige zur Teilnahme an der Versammlung der OSZE, sorgte Österreich bereits für Eklats (2). Es ist an der Zeit, dass Österreich entschlossen gegen Russland vorgeht. Das heißt primär: Raus aus dem russischen Gas, Schluss mit dem Spionageparadies-Österreich. Des weiteren ist es unabdinglich, russische Staatsbürger:innen, denen Visa zur Einreise in den Schengen-Raum erteilt werden, einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen, um die sicherheitspolitischen Interessen Österreichs und der EU zu gewährleisten. Dies gewinnt umso mehr an Bedeutung, als sich herausstellte, dass der seit 2008 amtierende Sondervertreter Putins für internationale Kulturzusammenarbeit, Michail Schwydkoj, sich vor Kurzem in Wien aufhielt und das Außenministerium sich weigerte, Auskunft über seine Einreise zu erteilen (3).

  1. https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/bevoelkerung/bevoelkerungsstand/bevoelkerung-nach-staatsangehoerigkeit/-geburtsland
  2. https://www.derstandard.at/story/2000143074561/oesterreich-droht-eklat-wegen-visa-fuer-russen-auf-eu-sanktionsliste
  3. https://kurier.at/politik/ausland/hochrangiger-putin-vertreter-michail-schwydkoj-diese-woche-zu-gast-in-wien/402816943

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie viele Anträge auf Erteilung eines Schengen-Visum (Visum C) wurden seit dem 24. Februar 2022 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung von russischen Staatsangehörigen gestellt? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und Vertretungsbehörde.
    1. Wie viele davon wurden bewilligt?
    2. Wie viele davon wurden abgelehnt?

                                          i.    Was waren die häufigsten Ablehnungsgründe?

                                        ii.    Wie oft wurde die Erteilung eines Schengen-Visum an eine/einen russische:n Staatsangehörige:n abgelehnt, weil die Risikobewertung ergab, eine Einreise würde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Mitgliedsstaaten, die öffentliche Ordnung, oder die innere Sicherheit darstellen?

                                       iii.    Wie viele Schengen-Visa wurden insgesamt an Staatsbürger:innen aller Staaten verweigert, weil die Risikobewertung ergab, eine Einreise würde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Mitgliedsstaaten, die öffentliche Ordnung, oder die innere Sicherheit darstellen?

  1. Wie viele Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltsvisum (Visum D) wurden seit dem 24. Februar 2022 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung von russischen Staatsangehörigen gestellt? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr.
    1. Wie viele davon wurden bewilligt?

                                          i.    Wie viele davon für 6 Monate?

                                        ii.    Wie viele davon für 12 Monate?

    1. Wie viele davon wurden abgelehnt?

                                          i.    Was waren die häufigsten Ablehnungsgründe?

                                        ii.    Wie oft wurde die Erteilung eines Visum D an eine:n russische:n Staatsangehörige:n abgelehnt, weil die Risikobewertung ergab, eine Einreise würde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Mitgliedsstaaten, die öffentliche Ordnung, oder die innere Sicherheit darstellen?

                                       iii.    Wie viele D-Visa wurden insgesamt an Staatsbürger:innen aller Staaten verweigert, weil die Risikobewertung ergab, eine Einreise würde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Mitgliedsstaaten, die öffentliche Ordnung, oder die innere Sicherheit darstellen?

  1. Wie viele Visa wurden seit dem 24. Februar 2022 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung für Reisen zu touristischen Zwecken an russische Staatsangehörige erteilt? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und Vertretungsbehörde. 
  2. Wie viele Geschäftsvisa wurden seit dem 24. Februar 2022 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung an russische Staatsangehörige erteilt? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und Vertretungsbehörde.
    1. Welche Nachweise wurden über den Reisezweck vorgelegt?

                                          i.    Von welchen Akteuren stammten diese Nachweise jeweils (welche Firmen, Vereinen usw.)?

  1. Wie viele Studentenvisa wurden seit dem 24. Februar 2022 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung für Reisen zu touristischen Zwecken an russische Staatsangehörige erteilt? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und Vertretungsbehörde.
  2. Wie verläuft das Risikobewertungsverfahren, in dem geprüft wird, ob die Einreise eines/einer Drittstaatsangehörigen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Mitgliedsstaaten, die öffentliche Ordnung, oder die innere Sicherheit darstellt?
  3. Das Verfahren zur Visaerteilung wird zum Teil von VFS Global abgewickelt: Welche Verfahrensschritte übernimmt VFS Global konkret?
    1. In wie viele Visaverfahren russischer Staatsangehöriger war VFS Global seit dem 24. Februar 2022 involviert?
  1. Ist VFS Global auch für Risikobewertungen zuständig?
    1. Wenn ja, wie wird sichergestellt, dass VFS Global diese Prüfung bzw. das Risikobewertungsverfahren nach denselben Standards abwickelt wie österreichische Vertretungsbehörden?
    2. Wenn ja, gab es bereits Fehlbewertungen? Wie viele und welche Fehler wurden begangen? Mit welcher Konsequenz?
  1. Wie wird verfahren, wenn sich im Rahmen der Risikobewertung herausstellt, dass die Einreise einer/eines russischen Staatsangehörigen eine Gefahr für die öffentliche bzw. innere Sicherheit Österreichs und/oder der EU Mitgliedsstaaten darstellen würde?
    1. Ergehen Meldungen an die DSN?

                                          i.    Wenn nein, warum nicht?

    1. Ergehen Meldungen an die Verfassungsschutzbehörden oder an die Nachrichtendienste aller EU Mitgliedsstaaten?

                                          i.    Wenn nein, warum nicht?

  1. Wie viele Visainspektionen gab es an den österreichischen Vertretungsbehörden in Russland seit dem 24. Februar 2022?
    1. Mit welchem Ergebnis?
    2. Wurden Mängel, Sicherheitslücken usw. beobachtet?

                                          i.    Wenn ja, welche Maßnahmen wurden getroffen, um diese zu beheben?

1.    Mit welchem Ergebnis?

    1. Ist VFS Global ebenfalls von Visainspektionen betroffen?

                                          i.    Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

    1. Sollte es keine Visainspektionen gegeben haben: Ist dies geplant? Wenn ja, wann?
  1. In wie vielen Fällen wurden seit dem 24. Februar 2022 Visa an russische Staatsangehörige erteilt, obwohl die Erteilungshindernisse vorlagen? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr.
    1. Von welchen Erteilungsvoraussetzungen wurde jeweils abgesehen? Aus welchen Gründen?
  1. In wie vielen Fällen wurden seit dem 24. Februar 2022 Visa an russische Staatsangehörige erteilt und stellte sich nach Einreise heraus, dass jene eine Gefahr für die öffentliche bzw. innere Sicherheit Österreichs und/oder der EU Mitgliedsstaaten darstellt?
    1. Wie wurde in der Folge verfahren?
  1. In wie vielen Fällen wurden gemäß Art 34 Abs 1 Visakodex VO (EG) Nr. 810/2009 seit dem 24. Februar 2022 Visa von russischen Staatsangehörigen annulliert, weil sich herausstellte, dass die Voraussetzungen für die Erteilung zum Ausstellungszeitpunkt nicht erfüllt waren, insbesondere, weil es ernsthafte Gründe zu der Annahme gibt, dass das Visum durch arglistige Täuschung erlangt wurde? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr.
    1. In wie vielen Fällen würden von Österreich verliehene Visa an russische Staatsangehörige von anderen Mitgliedsstaaten aus dem o.g. Grund annulliert?
    2. In wie vielen Fällen hat Österreich von anderen Mitgliedsstaaten verliehene Visa an russische Staatsangehörige aus dem o.g. Grund annulliert?
  1. In wie vielen Fällen wurden gemäß Art 34 Abs 2 Visakodex VO (EG) Nr. 810/2009 seit dem 24. Februar 2022 Visa von russischen Staatsangehörigen aufgehoben, weil sich herausstellte, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des Visums nicht mehr erfüllt waren? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr.
    1. In wie vielen Fällen würden von Österreich verliehene Visa an russische Staatsangehörige von anderen Mitgliedsstaaten aus dem o.g. Grund annulliert?
    2. In wie vielen Fällen hat Österreich von anderen Mitgliedsstaaten verliehene Visa an russische Staatsangehörige aus dem o.g. Grund annulliert?
  1. Hat Österreich bzw. eine österreichische Vertretungsbehörde dem Putin-Vertreter Michail Schwydkoj ein Visum erteilt?
    1. Wenn ja, wieso?
    2. Welche Vertretungsbehörde erteilte ihm das Visum?
    3. Gab es in seinem Fall eine Risikobewertung? Mit welchem Ergebnis?
    4. Wenn nein, wie reiste er ein?
  1. Österreich hat sich im Sommer 2022 gegen einen allgemeinen Visa-Stopp für russische Staatsangehörige ausgesprochen (https://kurier.at/politik/inland/oesterreich-lehnt-allgemeinen-visa-stopp-fuer-russen-ab/402122865): Vertreten Sie bzw. Ihr Ministerium nach wie vor diese Position oder hat sich Ihre Position geändert? 
    1. Aus welchen Gründen?
  1. Planen Sie bzw. Ihr Ministerium, aufgrund des andauernden völkerrechtswidrigen Kriegs der Russischen Föderation gegen die Ukraine, Maßnahmen zur Verschärfung der Sicherheitsprüfung bzw. Risikobewertung im Rahmen von Visa-Verfahren russischer Staatsangehöriger?
    1. Wenn ja, welche?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Ist eine Verschärfung der Visa-Bestimmungen für russische Staatsangehörige auf EU-Ebene im Gespräch?
    1. Wenn ja, welche Positionen vertritt Österreich?
    2. Wenn ja, welche Länder sprechen sich dafür, welche dagegen aus?