Eingelangt am 20.03.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Dr. Helmut
Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für europäische und
internationale Angelegenheiten
betreffend Erteilung von Visa an russische
Staatsangehörige
Der
Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat die internationale
Völkerrechtsordnung und Sicherheitsarchitektur in ihren Grundfesten
erschüttert. Er jährte sich nun zum zweiten Mal. Während viele
europäische Staaten der Russischen Föderation gegenüber klar
Position beziehen und versuchen, sicherheitspolitische Risiken zu minimieren,
trifft das auf Österreich aufgrund der Untätigkeit der
Bundesregierung leider nicht zu. Österreich importiert, wie kaum ein
anderes europäisches Land, Gas aus Russland und lässt zu, dass
ein aufgeblähter Botschaftsapparat der Russischen Föderation in
Österreich ungezügelt (digitale) Spionage betreibt.
Laut
Statistik Austria sind zu Jahresbeginn 2024 rund 37.000 russische
Staatsangehörige in Österreich aufhältig (1). Für
Drittstaatangehörige ist es allgemein möglich, über das
Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) einen Aufenthaltstitel zu
erhalten. Hierzu müssen u.a. die in § 11 des Niederlassungs- und
Aufenthaltsgesetzes normierten allgemeinen Voraussetzungen für einen
Aufenthaltstitel erfüllt sein. Diese sehen unter anderem vor, dass
Aufenthaltstitel einem/einer Fremden nur erteilt werden dürfen, sofern der
Aufenthalt des/der Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet
(§ 11 Abs 2 Z 1 NAG). Dies ist etwa der Fall, wenn der Aufenthalt einer
fremden Person die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden
würde (§ 11 Abs 4 Z 1-2 NAG).
Ähnlich
wie das NAG sieht auch der Schengen-Visakodex im Rahmen der
Visaerteilungsverfahren an Drittstaatsangehörige eine Prüfung der
Einreisevoraussetzungen sowie eine Risikobewertung vor. Darin muss insbesondere
sichergestellt werden, dass der/die Antragsteller:in keine Gefahr für die
Sicherheit der Mitgliedsstaaten bzw. keine Gefahr für die öffentliche
Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder für
die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt (Art 21 Abs 3
lit d Visakodex VO (EG) Nr. 810/2009).
Aufgrund
der Erteilungen von Visa an sanktionierte russische Staatsangehörige zur
Teilnahme an der Versammlung der OSZE, sorgte Österreich bereits für
Eklats (2). Es ist an der Zeit, dass Österreich entschlossen gegen
Russland vorgeht. Das heißt primär: Raus aus dem russischen
Gas, Schluss mit dem Spionageparadies-Österreich. Des weiteren ist es
unabdinglich, russische Staatsbürger:innen, denen Visa zur Einreise in den
Schengen-Raum erteilt werden, einer sorgfältigen Prüfung zu
unterziehen, um die sicherheitspolitischen Interessen Österreichs und der
EU zu gewährleisten. Dies gewinnt umso mehr an Bedeutung, als sich
herausstellte, dass der seit 2008 amtierende Sondervertreter Putins für
internationale Kulturzusammenarbeit, Michail Schwydkoj, sich vor Kurzem in Wien
aufhielt und das Außenministerium sich weigerte, Auskunft über seine
Einreise zu erteilen (3).
- https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/bevoelkerung/bevoelkerungsstand/bevoelkerung-nach-staatsangehoerigkeit/-geburtsland
- https://www.derstandard.at/story/2000143074561/oesterreich-droht-eklat-wegen-visa-fuer-russen-auf-eu-sanktionsliste
- https://kurier.at/politik/ausland/hochrangiger-putin-vertreter-michail-schwydkoj-diese-woche-zu-gast-in-wien/402816943
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
- Wie viele Anträge auf Erteilung eines Schengen-Visum
(Visum C) wurden seit dem 24. Februar 2022 bis zum Zeitpunkt der
Anfragebeantwortung von russischen Staatsangehörigen gestellt?
Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und Vertretungsbehörde.
- Wie viele davon wurden bewilligt?
- Wie viele davon wurden abgelehnt?
i. Was
waren die häufigsten Ablehnungsgründe?
ii. Wie
oft wurde die Erteilung eines Schengen-Visum an eine/einen russische:n
Staatsangehörige:n abgelehnt, weil die Risikobewertung ergab, eine
Einreise würde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit der
Mitgliedsstaaten, die öffentliche Ordnung, oder die innere Sicherheit darstellen?
iii. Wie
viele Schengen-Visa wurden insgesamt an Staatsbürger:innen aller Staaten
verweigert, weil die Risikobewertung ergab, eine Einreise würde eine
Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Mitgliedsstaaten, die
öffentliche Ordnung, oder die innere Sicherheit darstellen?
- Wie viele Anträge auf Erteilung eines
Aufenthaltsvisum (Visum D) wurden seit dem 24. Februar 2022 bis zum
Zeitpunkt der Anfragebeantwortung von russischen Staatsangehörigen
gestellt? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr.
- Wie viele davon wurden bewilligt?
i. Wie
viele davon für 6 Monate?
ii. Wie
viele davon für 12 Monate?
- Wie viele davon wurden abgelehnt?
i. Was
waren die häufigsten Ablehnungsgründe?
ii. Wie
oft wurde die Erteilung eines Visum D an eine:n russische:n
Staatsangehörige:n abgelehnt, weil die Risikobewertung ergab, eine
Einreise würde eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit der
Mitgliedsstaaten, die öffentliche Ordnung, oder die innere Sicherheit
darstellen?
iii. Wie
viele D-Visa wurden insgesamt an Staatsbürger:innen aller Staaten
verweigert, weil die Risikobewertung ergab, eine Einreise würde eine
Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Mitgliedsstaaten, die
öffentliche Ordnung, oder die innere Sicherheit darstellen?
- Wie viele Visa wurden seit dem 24. Februar 2022 bis zum
Zeitpunkt der Anfragebeantwortung für Reisen zu touristischen Zwecken
an russische Staatsangehörige erteilt? Bitte um Aufschlüsselung
nach Jahr und Vertretungsbehörde.
- Wie viele Geschäftsvisa wurden seit dem 24. Februar
2022 bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung an russische
Staatsangehörige erteilt? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und
Vertretungsbehörde.
- Welche Nachweise wurden über den Reisezweck
vorgelegt?
i. Von
welchen Akteuren stammten diese Nachweise jeweils (welche Firmen, Vereinen
usw.)?
- Wie viele Studentenvisa wurden seit dem 24. Februar 2022
bis zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung für Reisen zu touristischen
Zwecken an russische Staatsangehörige erteilt? Bitte um
Aufschlüsselung nach Jahr und Vertretungsbehörde.
- Wie verläuft das Risikobewertungsverfahren, in dem
geprüft wird, ob die Einreise eines/einer Drittstaatsangehörigen
eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit der Mitgliedsstaaten,
die öffentliche Ordnung, oder die innere Sicherheit darstellt?
- Das Verfahren zur Visaerteilung wird zum Teil von VFS
Global abgewickelt: Welche Verfahrensschritte übernimmt VFS Global
konkret?
- In wie viele Visaverfahren russischer
Staatsangehöriger war VFS Global seit dem 24. Februar 2022
involviert?
- Ist VFS Global auch für Risikobewertungen
zuständig?
- Wenn ja, wie wird sichergestellt, dass VFS Global diese
Prüfung bzw. das Risikobewertungsverfahren nach denselben Standards
abwickelt wie österreichische Vertretungsbehörden?
- Wenn ja, gab es bereits Fehlbewertungen? Wie viele und
welche Fehler wurden begangen? Mit welcher Konsequenz?
- Wie wird verfahren, wenn sich im Rahmen der
Risikobewertung herausstellt, dass die Einreise einer/eines russischen
Staatsangehörigen eine Gefahr für die öffentliche bzw.
innere Sicherheit Österreichs und/oder der EU Mitgliedsstaaten
darstellen würde?
- Ergehen Meldungen an die DSN?
i. Wenn
nein, warum nicht?
- Ergehen Meldungen an die Verfassungsschutzbehörden
oder an die Nachrichtendienste aller EU Mitgliedsstaaten?
i. Wenn
nein, warum nicht?
- Wie viele Visainspektionen gab es an den
österreichischen Vertretungsbehörden in Russland seit dem 24.
Februar 2022?
- Mit welchem Ergebnis?
- Wurden Mängel, Sicherheitslücken usw.
beobachtet?
i. Wenn
ja, welche Maßnahmen wurden getroffen, um diese zu beheben?
1. Mit welchem
Ergebnis?
- Ist VFS Global ebenfalls von Visainspektionen betroffen?
i. Wenn
ja, mit welchem Ergebnis?
- Sollte es keine Visainspektionen gegeben haben: Ist dies
geplant? Wenn ja, wann?
- In wie vielen Fällen wurden seit dem 24. Februar 2022
Visa an russische Staatsangehörige erteilt, obwohl die
Erteilungshindernisse vorlagen? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr.
- Von welchen Erteilungsvoraussetzungen wurde jeweils
abgesehen? Aus welchen Gründen?
- In wie vielen Fällen wurden seit dem 24. Februar 2022
Visa an russische Staatsangehörige erteilt und stellte sich nach
Einreise heraus, dass jene eine Gefahr für die öffentliche bzw.
innere Sicherheit Österreichs und/oder der EU Mitgliedsstaaten
darstellt?
- Wie wurde in der Folge verfahren?
- In wie vielen Fällen wurden gemäß Art 34
Abs 1 Visakodex VO (EG) Nr. 810/2009 seit dem 24. Februar 2022 Visa von
russischen Staatsangehörigen annulliert, weil sich herausstellte,
dass die Voraussetzungen für die Erteilung zum Ausstellungszeitpunkt
nicht erfüllt waren, insbesondere, weil es ernsthafte Gründe zu
der Annahme gibt, dass das Visum durch arglistige Täuschung erlangt
wurde? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr.
- In wie vielen Fällen würden von Österreich
verliehene Visa an russische Staatsangehörige von anderen
Mitgliedsstaaten aus dem o.g. Grund annulliert?
- In wie vielen Fällen hat Österreich von anderen
Mitgliedsstaaten verliehene Visa an russische Staatsangehörige aus
dem o.g. Grund annulliert?
- In wie vielen Fällen wurden gemäß Art 34
Abs 2 Visakodex VO (EG) Nr. 810/2009 seit dem 24. Februar 2022 Visa von
russischen Staatsangehörigen aufgehoben, weil sich herausstellte,
dass die Voraussetzungen für die Erteilung des Visums nicht mehr
erfüllt waren? Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr.
- In wie vielen Fällen würden von Österreich
verliehene Visa an russische Staatsangehörige von anderen
Mitgliedsstaaten aus dem o.g. Grund annulliert?
- In wie vielen Fällen hat Österreich von anderen
Mitgliedsstaaten verliehene Visa an russische Staatsangehörige aus
dem o.g. Grund annulliert?
- Hat Österreich bzw. eine österreichische
Vertretungsbehörde dem Putin-Vertreter Michail Schwydkoj ein Visum
erteilt?
- Wenn ja, wieso?
- Welche Vertretungsbehörde erteilte ihm das Visum?
- Gab es in seinem Fall eine Risikobewertung? Mit welchem
Ergebnis?
- Wenn nein, wie reiste er ein?
- Österreich hat sich im Sommer 2022 gegen einen
allgemeinen Visa-Stopp für russische Staatsangehörige
ausgesprochen (https://kurier.at/politik/inland/oesterreich-lehnt-allgemeinen-visa-stopp-fuer-russen-ab/402122865):
Vertreten Sie bzw. Ihr Ministerium nach wie vor diese Position oder hat
sich Ihre Position geändert?
- Aus welchen Gründen?
- Planen Sie bzw. Ihr Ministerium, aufgrund des andauernden
völkerrechtswidrigen Kriegs der Russischen Föderation gegen die
Ukraine, Maßnahmen zur Verschärfung der Sicherheitsprüfung
bzw. Risikobewertung im Rahmen von Visa-Verfahren russischer
Staatsangehöriger?
- Wenn ja, welche?
- Wenn nein, warum nicht?
- Ist eine Verschärfung der Visa-Bestimmungen für
russische Staatsangehörige auf EU-Ebene im Gespräch?
- Wenn ja, welche Positionen vertritt Österreich?
- Wenn ja, welche Länder sprechen sich dafür,
welche dagegen aus?