18189/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.03.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak‚ MA, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Auslieferung Boris Mazo

 

Boris Mazo, russischer Staatsbürger, war ab August 2012 im russischen Kulturministerium als stellvertretender Leiter der Abteilung für Vermögensverwaltung und Investitionspolitik und ab März 2013 als Leiter dieser Abteilung tätig. Aufgrund eines Verdachtes, dass Boris Mazo in seiner Funktion gemeinsam mit anderen Personen im Zeitraum zwischen August 2012 bis Marz 2013 Staatsgelder im Betrag von umgerechnet € 2.474.000,00 veruntreut hat, wurde er am 16. März 2016 in Russland verhaftet. Er wurde daraufhin zu einer Freiheitsstrafe von 1,5 Jahren sowie zu einer Geldstrafe von 250.000 Rubel (entspricht ca. 3390 Euro) verurteilt und hat seine Strafen gänzlich verbüßt. 
Am 25. Februar 2018 war Boris Mazo für eine medizinische Behandlung nach Österreich eingereist. Im Mai 2018 haben die russischen Behörden ein weiteres Strafverfahren gegen Boris Mazo eingeleitet und beschuldigten ihn der Veruntreuung weiterer 450 Millionen Rubel im Zuge von Bau- und Montagearbeiten der Eremitage St. Petersburg. 
Am 7. Dezember 2018 ersuchte die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation die Auslieferung des Betroffenen zur Strafverfolgung wegen der Straftat des Betrugs, welche mit Beschluss vom 15.10.2019 vom Landesgericht Wien als zulässig erklärt wurde, was letztendlich in einer Festnahmeanordnung am 18. Februar 2021 mündete. Rechtsmittel von Boris Mazo sowie zahlreiche Anträge auf Hemmung der Durchführung der Auslieferung blieben erfolglos. Bei der Einschätzung der Sicherheitslage in Russland wird in den Gerichtsurteilen häufig auf diplomatische Zusicherungen verwiesen. Parallel dazu ersuchten auch die spanischen Behörden um Auslieferung von Boris Mazo aufgrund von Geldwäscherei von in Russland veruntreuten Geldern. Die Auslieferung nach Spanien wurde jedoch nicht bewilligt. 

Am 23. Mai 2018, nachdem Boris Mazo von dem erneuten Strafverfahren der russischen Behörden gegen ihn erfahren hat, beantragte er in Österreich Asyl. Er brachte vor, politisch verfolgt zu sein und im Falle einer Rückkehr der Folter und unmenschlicher Behandlung iSd Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ausgesetzt zu sein. Zusätzlich wurde in Russland eine Verfassungsänderung durchgeführt, welche vorsieht, dass Gerichtsurteile einschließlich europäischer Gerichtsurteile nicht mehr umzusetzen sind, wenn sie russischen Interessen widersprechen. 

Bereits kurz nach der Festnahme im Februar 2021, begann Russland bereits am 25. März 2021 Druck auf das BMJ zu machen, Mazo auszuliefern, woraufhin dieser nach Russland ausgeliefert wurde und es am 12.8.2021 zu einer Verhandlung über die Verlängerung der U-Haft in Moskau kam. Das Gericht gab dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt, dem Antrag von Mazos Verteidiger, die U-Haft in Hausarrest umzuwandeln, weil dieser an Protastatakrebs, Diabetes und Depressionen leide, nicht. Bei einem der wenigen Haftbesuche (diese werden oft kurzfristig ohne Angaben von Gründen abgesagt/unterbunden) von Vertretern der Österreichischen Botschaft am 15. Februar 2022 bestätigte sich der schlechte Gesundheitszustand Mazos abermals. 

Am 2. Mai 2022 erklärte das LG Wien das Auslieferungsersuchen Russlands als unzulässig. Am 22. Februar 2023 hob sogar das OLG die ursprüngliche Entscheidung der Auslieferung auf, weil Garantien nicht eingehalten wurden. Eine angestrebte Rückauslieferung wurde von Russland, wie zu erwarten, abgelehnt. Mittlerweile wurde Mazo nochmals rechtskräftig zu der oben erwähnten Untreue zur achteinhalb Jahren Haft verurteilt. 
 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Welche konkreten Maßnahmen wurden von Seiten des BMEIA gesetzt, um die rechtswidrige Auslieferung von Boris Mazo zu korrigieren? (Bitte um konkrete Auflistung)
  2. Von Seiten des BMJ kam es zu der Einschätzung, dass am 16. August 2021 "keine Spezialitätsverletzung" erkennbar war, aber am 15. Juli 2022 plötzlich schon. Gab es hier Austausch zwischen Ihrem Ministerium und dem BMJ?
    1. Was konkret hat sich zwischen August 2021 und Juli 2022 geändert? 
  1. Wurde bei der Auslieferung auf den Status des Asylverfahrens in irgendeiner Art und Weise geachtet?
    1. Wenn ja, inwiefern? 
    2. Wenn nein, warum nicht? 
  1. War dem BMEIA der Asylstatus Mazos bekannt? 
    1. Wenn ja, spielte er bei dem Verfahren eine Rolle? 
  1. Weswegen vergingen zwischen dem Antrag auf Auslieferung (Dezember 2018) und der konkreten Festnahme Mazos (Februar 2021) fast zwei Jahre? 
  2. Wie kommt das BMJ auf die Idee, dass Russland-Garantien eingehalten werden würden? Vor allem im Hinblick darauf, dass einerseits Nawalny im August 2020 im Ausland vergiftet wurde und ziemlich genau ein Monat vor der Festnahmeanordnung Mazos bei der Einreise in Russland inhaftiert und in weiterer Folge in einem Schauprozess verurteilt wurde. Davon abgesehen, dass Russland sich spätestens seit 2014 als unzuverlässiger völkerrechtlichter Partner erwiesen hat. 
    1. Gab es diesbezüglich einen Austausch zwischen Ihrem Ministerium und dem BMJ?

                                          i.    Wenn ja, zu welchen Ergebnissen ist man gekommen?

                                        ii.    Wenn nein, warum nicht?

  1. Wie viele Personen wurden eigentlich generell zwischen Jänner 2021 und Dezember 2023 nach Russland ausgeliefert?
  2. Gab es im Zusammenhang mit der Auslieferung Weisungen? 
    1. Wenn ja, welche?
    2. Wenn ja, wann?  
  1. Aus welchem Grund wurde das Auslieferungsverfahren wieder aufgenommen? 
  2. Gibt es abseits von Auslieferungsabkommen auch andere Bewertungsmaßstäbe, die bei Auslieferungen angewendet werden?
    1. Wenn ja, welche und wurden diese im konkreten Fall angewendet?
  1. Mittlerweile wurde Boris Mazo auf Basis eines Untreuesachverhalts, den er bereits verbüßt hat, abermals rechtskräftig zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Welche Konsequenzen zieht das BMJ daraus? 
    1. Wurde der Grundsatz "ne bis in idem" bei der Prüfung der Ausliefung Mazos berücksichtigt?  
  1. Liegen dem BMEIA Informationen vor, ob Mazo die U-Haft auf die aktuelle Strafhaft angerechnet wird?
    1. Liegen dem BMEIA generell Informationen über die Art der Haft oder über die Haftbedingungen vor?

                                          i.    Wenn ja, in welcher Art von Haft befindet sich Mazo aktuell? (Strafhaft, U-Haft, Arbeitslager etc..)

                                        ii.    In welchem Gefängnis verbüßt Mazo die Haft?  

  1. Gab es von Seiten des BMEIA irgendwelche Unterstützungsleistungen für Mazo?
    1. Wird ihm beispielsweise ein Rechtsvertreter zur Verfügung gestellt? 
  1. Wie viele Haftbesuche wurden bereits durchgeführt?
    1. Wie viele Haftbesuche wurden von Seiten der russischen Behörden unterbunden?