18282/J XXVII. GP
Eingelangt am 28.03.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Die neue ESG-Rating-Verordnung im Zusammenspiel mit SFDR, CSRD und Taxonomie
Das von der EU-Kommission entworfene ESG Legal Framework setzt sich aus verschiedenen Richtlinien und Verordnungen zusammen, die jeweils unterschiedliche Zielgruppen haben. Gleichzeitig sollen sie so ineinander greifen, dass ein umfassendes Gesamtkonzept entsteht. Nun kommt mit der ESG-Rating-Verordnung eine weitere Verordnung dazu, deren Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger sich nicht sofort erschließt. Bisher kennen wir:
SFDR-Verordnung: Ziel der EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR, Verordnung (EU) 2019/2088) ist es, Kapitalflüsse in nachhaltige Anlagen bzw. Wirtschaftstätigkeiten zu lenken. Die Verordnung soll dafür vor allem Transparenz für Investorinnen und Investoren in Sachen Nachhaltigkeit herstellen.
CSRD-Richtlinie: Bestimmte Unternehmen von öffentlichem Interesse in der EU müssen bereits seit einigen Jahren über ihre Nachhaltigkeit Bericht erstatten. Dies regelt die seit 2014 geltende Non-Financial Reporting Directive (NFRD) . Auf diese Weise sollen Stakeholder den Beitrag der Unternehmen zur Nachhaltigkeit besser bewerten können. Diese Berichtspflicht soll nun erheblich ausgeweitet werden. Die CSRD wird die NFRD erweitern und den Anwendungsbereich deutlich ausweiten. Mit der Ausweitung der Berichtspflicht steigt die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen Schätzungen zufolge EU-weit von 11.600 auf 49.000. Betroffen sind die folgenden Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften mit ausschließlich haftungsbeschränkten Gesellschaftern. Die CSRD soll bestehende Lücken bei den Berichtsvorschriften schließen und die Nachhaltigkeitsberichterstattung insgesamt ausweiten. Ziel ist es, die Rechenschaftspflicht europäischer Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte zu erhöhen und erstmals verbindliche Berichtsstandards auf Ebene der EU einzuführen.
EU-Taxonomie-Verordnung: Die EU-Taxonomie ist ein gemeinsames Klassifizierungssystem für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten. Damit die Klima- und Energieziele der EU erreicht werden, sollen Investitionen in nachhaltige Projekte und Aktivitäten gelenkt werden. Die EU-Taxonomie Verordnung soll den Begriff „Nachhaltigkeit“ näher definieren.
Im Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend EU-Jahresvorschau 2024 in III-1110 d.B. wird darüber hinaus auf eine in Vorbereitung befindliche ESG-Rating-Verordnung verwiesen. Das BMF führt dazu in der Jahresvorschau aus:
3.8.
Nachhaltige Finanzierung – EU ESG-Rating Vorordnung
Hintergrund
ESG (Environmental, Social and Governance)-Ratings stellen eine wesentliche
Informationsquelle dar, die von Investoren, bewerteten Unternehmen und
Finanzinstituten für Investitionsstrategien, Risikomanagement und Analysen
genutzt werden. Während es für die Bewertung der
Kreditwürdigkeit einen rechtlichen Rahmen gibt, fehlen Regelungen für
ESG-Ratings. Deshalb herrscht aktuell am Markt ein Mangel an Vertrauen in ESG
Ratings. Der EK-Vorschlag von Juni 2023 zielt daher darauf ab, die
Zuverlässigkeit und Transparenz in Bezug auf Methoden und Ziele von
ESG-Ratings sowie die Arbeitsweise von ESG-Ratinganbietern zu verbessern.
Aktueller Stand
Gemäß dem EK-Vorschlag bezieht sich der Anwendungsbereich auf
ESG-Ratings von in der EU tätigen Anbietern, die veröffentlicht
oder anderen zur Verfügung gestellt werden. Es gibt aberzahlreiche
Ausnahmen in Bezug auf ESG-Ratings für eigene Zwecke, für
ESG-Datenanbieter oder Anbieter von anderen ESG-Bewertungsinstrumenten.
ESG-Ratinganbieter benötigen eine Konzession der Europäischen
Wertpapiermarktaufsichtsbehörde (ESMA) und werden auch von ESMA
beaufsichtigt. Im Dezember 2023 wurde im Rat eine allgemeine Ausrichtung
erzielt. Die Verordnung befindet sich nun im Trilog und eine Einigung wird
noch vor Mitte Februar 2024 angestrebt.
Position des BMF
Aufgrund der hohen Nachfrage nach grünen Finanzprodukten werden
ESG-Ratings zunehmend an Bedeutung gewinnen. Das BMF befürwortet
Regelungen, die die Transparenz und Verlässlichkeit von ESG-Ratings
verbessern und es Nutzern, Investoren und Unternehmen
ermöglichen, informierte Entscheidungen in Bezug auf ESG-bezogene
Risiken, Auswirkungen und Chancen zu treffen. Die Beaufsichtigung durch
ESMA wird grundsätzlich positiv gesehen, wobei aber
ein proportionaler Ansatz im Hinblick auf kleinere, spezialisierte
ESG-Ratinganbieter wesentlich ist.
Die im Ausschuss gestellte Frage, welchen zusätzlichen Nutzen die neue Verordnung mit Blick auf das bestehende Regelwerk stifte, wurde vom BMF und den anwesenden Mitarbeitern nicht beantwortet.
Auf Grund der bestehenden hohen Regelungsdichte erfordern neue Regelungen gute Argumente. Eine hohe Regelungsdichte kann beispielsweise dazu führen, dass neuen Marktteilnehmern der Markteintritt erschwert wird, weil aufwendige Zulassungsverfahren bei europäischen Behörden vorausgesetzt werden. Das würde Neugründer und Start-ups bremsen und etablierte Großanbieter bevorzugen. Zu den Proargumenten wiederum könnte zählen, dass ESG-Ratinganbieter aus Drittstaaten, die in der EU tätig werden wollen, beispielsweise eine ESMA-Zulassung brauchen oder zumindest eine Entscheidung der ESMA über die Gleichwertigkeit der bestehenden Zulassung im Drittland. Aus dem Bericht des BMF gehen derartige Argumente nicht hervor.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende