18300/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.04.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Vergütung der gemeinschaftlichen Beitragseinhebung bei Sozialversicherungsträgern von 2017 bis 2023

 

Gemäß unterschiedlicher gesetzlicher Bestimmungen - insbesondere aufgrund von §82 ASVG - erhalten die Sozialversicherungsträger für die Einhebung von Beiträgen für andere Sozialversicherungsträger, das Arbeitsmarktservice und die (Bundes-)Arbeiterkammer Ersätze, die im Verordnungsweg festgelegt sind. Alle diese (und auch weitere) Einnahmen werden rechnerisch stets von den Verwaltungskosten der KV-Träger abgezogen, was zu einer starken optischen Verringerung der Verwaltungskosten – also zu den sogenannten Netto-Verwaltungskosten – führt. Gleichzeitig ist unklar, inwiefern die verrechneten Ersätze dem tatsächlichen Verwaltungsaufwand entsprechen. Es entsteht der begründete Verdacht, dass erstens eine indirekte Quersubventionierung von Sozialversicherungsträgern und zweitens eine Verfälschung der tatsächlichen Verwaltungskosten in den KV-Trägern stattfindet. Die Entwicklung der einzelnen Vergütungen ist in den öffentlich einsehbaren Berichten und Rechnungsabschlüssen der KV-Träger nicht aufgeschlüsselt aufgegliedert.

Lediglich die Position „Vergütung gemäß § 82 ASVG“ wird aufgelistet. Im Jahresbericht 2022 der ÖGK wird bei dieser Position die Summe 263.549.399,76€ ausgewiesen (https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/load?contentid=10008.779654&version=1689762923, S. 73). Mit solch einer Zusammenfassung ohne weitere Aufschlüsselung wird die Intransparenz bei der Entwicklung einzelner Ersatzleistungen gefördert.

Da die entsprechenden Vergütungssätze für die gemeinschaftliche Beitragseinhebung größtenteils durch Verordnung, oft auch pauschal, festgelegt sind, unterliegen sie keinem direkten parlamentarischen Beschluss. Dennoch muss eine Kontrolle der Entwicklung der Festlegungen und Änderungen dieser Vergütungssätze möglich sein. Gleichzeitig fehlt jeder sachliche Zusammenhang zwischen den Ersätzen und dem tatsächlichen Leistungsaufwand für die gemeinschaftliche Beitragseinhebung. Das gilt auch für die Entwicklung dieser Ersätze.

Insbesondere die Höhe der Gesamteinnahmen aus den Vergütungen macht stutzig und lässt auf eine versteckte Quersubventionierung insbesondere der ÖGK aus anderen sozialversicherungsrechtlichen Abgaben schließen. Grundsätzlich wäre davon auszugehen, dass die anderen Stellen, für welche Beiträge eingehoben werden, anhand des tatsächlich anfallenden Aufwandes eine Vergütung bezahlen. Die Höhe der Vergütung ist größtenteils (z.B. bei Pensionsversicherungs-, Unfallversicherungs-, Arbeiterkammer-, Wohnbauförderungsbeitrag und Beitrag zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge) als %-Anteil der eingehobenen Beiträge festgelegt. Dadurch ergibt sich, dass für die Einhebung der Pensionsversicherung viel höhere Absolutbeträge vergütet werden als z.B. beim Wohnbauförderungsbeitrag. Hier liegt eine unsachliche Differenzierung vor: Denn der Verwaltungsaufwand bleibt gleich, egal, ob nun 1€ oder 100€ eingehoben und weitergeleitet werden. So ergibt sich die Erkenntnis, dass die Vergütungen gar nicht dem tatsächlichen Verwaltungsaufwand entsprechen können. Da der Verwaltungsaufwand unabhängig davon ist, wie hoch die eingehobenen Beiträge sind, ist es auch kritisch zu sehen, wie sich die Vergütungen seit 2008 entwickelt haben: Sie stiegen massiv an. Die Krankenkassen und heute die ÖGK profitieren folglich auf eine weitere Weise: Steigt die Beschäftigung, erhalten sie mehr Vergütungen. Das ist noch berechtigt, weil zusätzliche Versicherte tatsächlich den Aufwand erhöhen. Aber: Sie erhalten auch mit jeder Lohnerhöhung und jeder Erhöhung der Höchstbeitragsgrundlage eine zusätzlich höhere Vergütung. Und das ist nicht berechtigt, weil – wie bereits erwähnt – der Verwaltungsaufwand bei der Einhebung von 1€ oder 100€ immer gleich hoch ist. Die Inflation treibt also nicht nur die Löhne und Gehälter sondern auch die gegenständlichen Vergütungen nominell in die Höhe. Damit zeigt sich ein weiteres Mal, dass die Vergütungen nicht dem tatsächlichen Verwaltungsaufwand entsprechen können. Der Beweis hierfür sind die unterschiedlich festgelegten Prozentsätze zur Abgeltung für die Mitwirkung an der Einhebung für verschiedene Beiträge gemäß 6648/AB:

Die verschiedenen Regelungen zeigen somit, dass sich diese Vergütungen nicht am tatsächlichen Verwaltungsaufwand orientieren. Denn wäre dies so, dann müsste von jeder beitragseinhebenden Stelle der gleiche absolute Beitrag eingehoben werden. Man kommt deshalb nicht um die Vermutung herum, dass die ÖGK mit dieser Vorgehensweise ihre Einnahmen durch die Vergütungen aufbessert und die Verwaltungsquote drücken möchte. Die Verwaltungskosten an sich werden „ausgelagert“. Der Abzug dieser Vergütungen von den intern erhobenen Verwaltungskosten beim KV-Träger ist insbesondere durch seine exorbitante Höhe nicht nachvollziehbar. Wenn die ÖGK ihre eigenen Verwaltungskosten durch die Einhebung der Beiträge für andere Träger um rund ein Drittel reduziert, ist dies offensichtlich wesentlich überzogen. Insbesondere ergibt sich für die ÖGK kein Mehraufwand durch die Einhebung anderer Beiträge, der diese Höhe der Vergütungen rechtfertigen würde. Denn die ÖGK muss die Beiträge für sich selbst ohnehin administrieren. Der Verdacht der Überwälzung eigener Verwaltungskosten auf andere liegt nahe. Interessant ist nun, wie sich die Quersubventionierung in den vergangenen Jahren entwickelt hat.

So erhöht die ÖGK das Loch in der Pensionsversicherung, weil ein überzogenen Betrag einbehalten wird. Und die ÖGK verkürzt die Anwartschaften der Versicherten bei der jeweiligen Vorsorgekasse, weil ein überzogener Betrag als Einhebungsvergütung bei der ÖGK verbleibt, anstatt auf dem Beitragskonto der Erwerbstätigen zu landen. Bei der AK spielen die überdimensionierten Einhebungsvergütungen weniger eine Rolle, weil die Arbeiterkammern bekanntlich im Geld schwimmen und über hunderte Millionen schwere Rücklagen verfügen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie hoch war die Einhebungsvergütung gem. § 82 Abs. 1 ASVG für die Mitwirkung bei der Einhebung der Pensionsversicherungsbeiträge jeweils von 2017 bis 2023 bei jedem einzelnen Sozialversicherungsträger, der dies durchführte? (Auflistung jährlich und einzeln für jeden Sozialversicherungsträger; Lieferung der Daten bitte in einem Excel-File)
  2. Wie hoch war die Einhebungsvergütung gem. § 82 Abs. 1 ASVG für die Mitwirkung bei der Einhebung der Unfallversicherungsbeiträge jeweils von 2017 bis 2023 bei jedem einzelnen Sozialversicherungsträger, der dies durchführte? (Auflistung jährlich und einzeln für jeden Sozialversicherungsträger; Lieferung der Daten bitte in einem Excel-File)
  3. Wie hoch war die Einhebungsvergütung gem. § 82 Abs. 3 ASVG für die Mitwirkung bei der Erhebung, Speicherung und Weitergabe von Daten auf automationsunterstütztem Weg beim AMS bzw. der Arbeitslosenversicherung und gesetzlich übertragenen Aufgaben jeweils von 2017 bis 2023 bei jedem einzelnen Sozialversicherungsträger, der dies durchführte? (Auflistung jährlich und einzeln für jeden Sozialversicherungsträger; Lieferung der Daten bitte in einem Excel-File)
  4. Wie hoch war die Einhebungsvergütung gem. § 82 Abs. 4 ASVG für die Mitwirkung an der Durchführung der den Arbeiterkammern und der Bundesarbeitskammer übertragenen Aufgaben durch Erhebung, Speicherung und Weitergabe von Daten gemäß § 45a des Arbeiterkammergesetzes 1992 jeweils von 2017 bis 2023 bei jedem einzelnen Sozialversicherungsträger, der dies durchführte? (Auflistung jährlich und einzeln für jeden Sozialversicherungsträger; Lieferung der Daten bitte in einem Excel-File)
  5. Wie hoch waren die Ersätze für die Kinderbetreuungsgeldadministration jeweils von 2017 bis 2023 bei jedem einzelnen Sozialversicherungsträger, der dies durchführte? (Auflistung jährlich und einzeln für jeden Sozialversicherungsträger; Lieferung der Daten bitte in einem Excel-File)
  6. Von welchen Versicherungsträgern und sonstigen Stellen erhielt jeder einzelne Sozialversicherungsträger jeweils von 2017 bis 2023 "sonstige Ersätze"? (Auflistung jährlich und einzeln für jeden Sozialversicherungsträger)
  7. Wie hoch waren diese "sonstigen Ersätze" für jede der genannten Stellen in Frage 6 jährlich bei jedem einzelnen Sozialversicherungsträger? (Auflistung jährlich und einzeln für jeden Sozialversicherungsträger; Lieferung der Daten bitte in einem Excel-File)
  8. Wie hoch ist der Prozentsatz zur Abgeltung für die Mitwirkung an der Einhebung gem. Frage 1 und nach welchen Parametern wird die Höhe bemessen?
  9. Wie hat sich der Prozentsatz gem. Frage 8 von 2017 bis 2023 verändert?
  10. Wie hoch ist der Prozentsatz zur Abgeltung für die Mitwirkung an der Einhebung gem. Frage 2 und nach welchen Parametern wird die Höhe bemessen?
  11. Wie hat sich der Prozentsatz gem. Frage 10 von 2017 bis 2023 verändert?
  12. Wie hoch ist der Prozentsatz zur Abgeltung für die Mitwirkung an der Einhebung gem. Frage 3 und nach welchen Parametern wird die Höhe bemessen?
  13. Wie hat sich der Prozentsatz gem. Frage 12 von 2017 bis 2023 verändert?
  14. Wie hoch ist der Prozentsatz zur Abgeltung für die Mitwirkung an der Einhebung gem. Frage 4 und nach welchen Parametern wird die Höhe bemessen?
  15. Wie hat sich der Prozentsatz gem. Frage 14 von 2017 bis 2023 verändert?
  16. Wie hoch ist der Prozentsatz zur Abgeltung für die Mitwirkung an der Einhebung gem. Frage 5 und nach welchen Parametern wird die Höhe bemessen?
  17. Wie hat sich der Prozentsatz gem. Frage 16 von 2017 bis 2023 verändert?