18310/J XXVII. GP
Eingelangt am 12.04.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend „menschenrechtlich nicht vertretbare“ Altersgrenze für Strafmündigkeit
Am 23.09.2020 verabschiedete der österreichische Nationalrat eine Entschließung zum Thema ,Erhöhung des niedrigen Strafmündigkeitsalters in zahlreichen Ländern'. Der Entschließungsantrag wurde von ÖVP und Grünen eingebracht und fordert den Außenminister auf, sich auf internationaler und europäische Ebene für eine Erhöhung des Strafmündigkeitsalters in diversen Drittstaaten einzusetzen. In der Begründung wird ausgeführt, dass ein Strafmündigkeitsalter vor dem 14. Geburtstag aus menschenrechtlicher Sicht nicht vertretbar ist: Die negativen Auswirkungen eines Gefängnisaufenthalts auf Kinder seien nämlich enorm. Verwiesen wird von ÖVP und Grünen in ihrem Antrag auch auf die UN-Kinderrechtskonvention, die vorsieht, dass eine Freiheitsstrafe bei einem Kind im Gesetz nur als letztes Mittel und nur für die kürzest mögliche Zeit angewendet werden darf.
In der Volkspartei dürfte sich seitdem einiges getan haben. Anfang März forderten mehrere ÖVP Vertreter, allen voran Bundeskanzler Nehammer, eine Herabsetzung der Strafmündigkeit auf unter 14 Jahre.
Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm, die den erwähnten Entschließungsantrag als Abgeordnete noch mit eingebracht hat, stört sich mittlerweile offenbar nicht mehr an „menschenrechtlich nicht vertretbaren Altersgrenzen"(sic!). Im Gegenteil: Während Nigeria, Kuwait und Thailand in Plakolms Antrag noch zu einer Erhöhung der Strafmündigkeit bewegt werden sollten, nehmen diese Länder aus Sicht der ÖVP mittlerweile eine Vorbildrolle ein. Die von Bundeskanzler Nehammer angestoßene Debatte bringt nun aber vor allem den Außenminister in eine ungewöhnliche Lage. Bundesminister Schallenberg wird in der Entschließung nämlich ausdrücklich genannt und von seiner eigenen Partei aufgefordert, sich auf internationaler Ebene für eine Anhebung der Strafmündigkeit in diversen Staaten einzusetzen.
Der österreichische Außenminister hat nun den klaren parlamentarischen Auftrag, internationale Verbündete zu suchen und mit ihnen gemeinsam Druck auf die Republik Österreich auszuüben, um eine „menschenrechtlich nicht vertretbare" Herabsetzung der Strafmündigkeit auf unter 14 Jahre zu verhindern.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Am 23.09.2020 verabschiedete der Nationalrat die Entschließung 901/A(E), in der Sie persönlich aufgefordert werden, sich auf internationaler und europäischer Ebene für eine Erhöhung des Strafmündigkeitsalters in diversen Ländern einzusetzen. Staaten, in denen die Strafmündigkeit bereits vor dem 15. Lebensjahr erreicht wird, sollten durch gemeinsames Vorgehen der europäischen Union unter Druck gesetzt werden, die Altersgrenze anzuheben.
a. In welchen Sitzungen des Rates für Auswärtige Angelegenheiten haben sie – im Sinne der Entschließung 901/A(E) – zu niedrige Strafmündigkeitsgrenzen in diversen Staaten thematisiert?
i. Wie wurde die österreichische Initiative aufgenommen?
ii. Welche Vorschläge haben Sie dem Rat – im Sinne der Entschließung 901/A(E) – bezüglich eines gemeinsamen Einwirkens auf betroffene Staaten zur Erhöhung der Strafmündigkeit unterbreitet?
1. Wie wurden diese Vorschläge aufgenommen?
2. Auf welches gemeinsames Vorgehen hat man sich verständigt?
2. Haben Sie auf bilateraler Ebene Initiativen gesetzt, die auf ein gemeinsames Vorgehen der Europäischen Union gegen Staaten, in denen die Strafmündigkeit vor Erreichen des 15. Lebensjahres einsetzt, abzielt?
a. Falls ja: Welche Initiativen? Welches Ergebnis brachten diese?
b. Falls nein: Warum nicht? Sehen Sie sich an Entschließungen des Nationalrates, die Sie als Bundesminister zu einem bestimmten Handeln auffordern, gebunden?
3. Neben dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird in der Entschließung 901/A(E) auch die Bundesministerin für Justiz aufgefordert, sich auf internationaler Ebene für eine Herabsetzung der Strafmündigkeit in diversen Staaten einzusetzen.
a. Wie wurde das Vorgehen zwischen Außenministerium und Justizministerium koordiniert bzw. abgestimmt?
b. Gab es Gespräche zwischen Ihnen und Bundesministerin Zadic, die auf ein abgestimmtes und koordiniertes Vorgehen abzielten?
4. Anfang März 2024 startete der österreichische Bundeskanzler Nehammer eine Debatte über die Senkung der Strafmündigkeit und beauftragte Innenminister Karner und Verfassungsministerin Edtstadler ein entsprechendes Maßnahmenpaket vorzulegen.
a. Haben Sie als österreichischer Außenminister – im Sinne der Entschließung 901/A(E) – den Vorstoß des österreichischen Bundeskanzlers auf internationaler Ebene thematisiert und ein Einwirken auf die Republik Österreich gefordert, um eine Herabsatzung der Strafmündigkeit auf unter 14 Jahre zu verhindern?
i. Falls ja: Wie wurde Ihre Initiative aufgenommen? Welche Mitgliedsstaaten haben Unterstützung signalisiert?
ii. Falls nein: Warum nicht? Sehen Sie sich an Entschließungen des Nationalrates, die Sie als Bundesminister zu einem bestimmten Handeln auffordern, gebunden?
5. In der Begründung des Entschließungsantrags 901/A(E) wird angekündigt, dass Österreich seine Bemühungen betreffend Erhöhung der Strafmündigkeit in diversen Staaten bei der 75. UN-Generalversammlung im Herbst 2020 fortsetzen wird.
a. Inwieweit hat der österreichische Vertreter diesen Bemühungen bei der 75. UN- Generalversammlung entsprochen?
i. Welches Ergebnis brachte die österreichische Initiative?
6. Wird der österreichische Vertreter seine Bemühungen betreffend Erhöhung der Strafmündigkeit in diversen Staaten bei der 79. UN-Generalversammlung im September 2024 fortsetzen?
a. Falls nein: Warum nicht? Wo wurde dieser Strategiewechsel beschlossen?
b. Falls ja: Wie werden Sie einen nachhaltigen Reputationsschaden vermeiden, sollte Österreich die Altersgrenze der Strafmündigkeit bis zur Generalversammlung – entsprechend der aktuellen Forderungen von ÖVP Vertreter:innen – auf unter 14 Jahre herabgesetzt haben?