18320/J XXVII. GP
Eingelangt am 17.04.2024
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ANFRAGE
der Abgeordneten Eva Blimlinger, Olga Voglauer, Georg Bürstmayr, David Stögmüller, Ewa Ernst-Dziedzic, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Antifaschist:innen im Visier von Ex-BVT-Mitarbeiter Egisto Ott
Wie im Zuge der Ermittlungen gegen den ehemaligen
Verfassungsschützer Egisto Ott bekannt wurde, hatte dieser auch Wiener
Antifaschist:innen im Visier. Während seiner Dienstzeit führte er
mehrmals illegale Abfragen zu persönlichen Daten von antifaschistischen Aktivist:innen
und deren privatem und familiärem Umfeld durch. Es wird vermutet, dass er
diese Daten an Rechtsextreme oder FPÖ-Politiker:innen weitergeben wollte
oder sogar weitergab, die Hintergründe sind aber weiterhin unklar.
Jedenfalls hatte Ott engen Kontakt zu Hans-Jörg Jenewein, dem damaligen
Sicherheitssprecher der FPÖ.[1] Der Austausch zwischen Ott und Jenewein war den Ermittler:innen des
Bundeskriminalamts jedenfalls bekannt. Jenewein selbst verfügt schon seit
Jahrzehnten über Kontakte in die rechtsextreme Szene. Bei einer
Hausdurchsuchung im Jahr 2021 wurde bei Jenewein Material gefunden, welches
eine "eindeutig nationalsozialistische Gesinnung erkennen"
lässt.[2] Zumindest bei einer betroffenen Aktivistin kam es in der Zeit der
Datenabfrage zu einem Angriff an deren Wohnadresse durch Neonazis, obwohl diese
einer Meldesperre unterlag.
Ott wurde anscheinend auch bei rechtsextremen Demonstrationen eingesetzt, so beobachtete er die Demonstration der neofaschistischen „Identitären“ im Jahr 2016 in Wien, bei der es zu Ausschreitungen kam. Ott rechtfertigte einen Teil der Abfragen in Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen. Das auffällige Interesse an den Daten von Antifaschist:innen bleibt aber auch hier mehr als fragwürdig. So sehen das anscheinend auch die Ermittler:innen in der Causa Ott.
Die Betroffenen des mutmaßlichen Datenmissbrauchs wurden durch die zuständigen Behörden weder informiert noch wurde ihnen Unterstützung angeboten. Zudem zeigt der Fall Ott erneut die Bedrohungslage auf, die sich durch rechte Netzwerke im Sicherheitsapparat ergibt. Der Innenminister ist hier dringend aufgefordert zu handeln. Es ist schlicht ein Skandal was durch die Causa Ott alles ans Licht kommt und wie stark Antifaschist:innen aufgrund ihres Engagements gefährdet sind.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. Aufgrund welcher Vorwürfe wurde Egisto Ott 2017 als Mitarbeiter des BVT suspendiert?
2. Hat es zuvor bereits dienstrechtliche Verwarnungen gegeben?
a. Wenn ja welche und wie viele?
3. Wie viele Personen waren im BVT für den Bereich Rechtsextremismus, wie viele für den Bereich Linksextremismus zuständig? Wurden diese Bereiche getrennt behandelt oder gab es hier personelle Überschneidungen? Wenn ja welche?
4. War Egisto Ott für die Beobachtung rechtsextremer Demonstrationen wie jener der „Identitären“ im Jahr 2016 zuständig?
a. Wenn ja, welche Rolle hatte Ott bei dieser Tätigkeit?
b. Wenn ja, was wurde berichtet?
c. Wenn ja, haben sich aus den Berichten Handlungsnotwendigkeiten ergeben?
d. Wenn ja, welche?
5. Wenn die Zuständigkeit eines BVT-Beamten die Beobachtung rechtsextremer Demonstrationen war, lag eine Datenabfrage über mutmaßliche antifaschistische Aktivist:innen überhaupt in seinem Zuständigkeitsbereich?
a. Wenn ja, wie wurde kontrolliert, was abgefragt wurde?
b. Wenn ja, unterlag die Datenabfrage einem 4-Augen-Prinzip?
c. Wenn ja, ist diese Praxis in der DSN weiterhin üblich?
d. Wenn nein, warum nicht?
6. Welche Zuständigkeiten und Aufgaben hatte Egisto Ott im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als BVT-Mitarbeiter inne? Bitte um die genaue Dienstbeschreibung, die Bewertung und Beschreibung des Arbeitsplatzes.
7. Waren den zuständigen Behörden die Kontakte Otts zur FPÖ bekannt, namentlich zum damaligen FPÖ-Sicherheitssprecher Hans-Jörg Jenewein? Wenn ja, welche Konsequenzen ergaben sich daraus?
8. Wie aus dem Ermittlungsakt hervorgeht, legte Ott eigenständig Ordner an mit Personen, die er als „linksextrem“ qualifizierte. Kann das als normaler Vorgang von BVT-Mitarbeiter:innen beschrieben werden? Wenn nein, warum schritten die zuständigen Stellen hier nicht schon früher ein?
9. Laut einem Artikel der Tageszeitung „Kurier“, wurde in Folge der Causa Ott ein Beamter des LVT Wien suspendiert. Dieser soll Ott bei illegalen Datenabfragen geholfen haben. Stehen diese Abfragen im Zusammenhang mit jenen antifaschistischen Aktivist:innen, die in den Ordnern von Ott auftauchen?
10. Wie gestaltete sich der Austausch zwischen einzelnen Beamt:innen der Landesämter und dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung im Allgemeinen? Waren solche „Alleingänge“ abseits des Dienstweges üblich? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Beamt:innen zwischen DSN und LSEs nach der Reform?
11. Warum wurden bis heute die Betroffenen des mutmaßlichen Datenmissbrauchs nicht von den zuständigen Behörden informiert?
12. Wann wird das erfolgen?
13. Wann werden die abgefragten Daten gelöscht?
14. Welche Maßnahmen setzt das Bundesministerium für Inneres, um Daten- und Amtsmissbrauch durch seine Bediensteten zu verhindern?
15. Welche Maßnahmen setzt das Bundesministerium für Inneres, um gegen rechte Netzwerke in den Sicherheitsbehörden vorzugehen?