18428/J XXVII. GP
Eingelangt am 23.04.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Startbonus für Kassenarztstellen
Zu wenige Kassenärzt:innen und schlechte Verteilung der vorhandenen Mediziner:innen sind häufige Erklärungen für die viel zu langen Wartezeiten und die Probleme im niedergelassenen Gesundheitssystem. Wo genau es welchen Mangel gibt und was dagegen gemacht werden kann, ist aber oft unklar. Viele fordern mehr Medizinstudienplätze, Landarztstipendien und attraktivere Kassenverträge. Schwammige Vorstellungen, deren direkter Einfluss auf die Versorgung nicht klar messbar sein können - so lange niemand weiß, wo es welchen Mangel gibt und lediglich vage Einzelgeschichten zu einem Stimmungsbild vermischt werden.
Eine Möglichkeit zur Erhebung sind die unbesetzten Kassenarztstellen. Sieht man sich an, welche über ein Jahr lang nicht besetzt waren, entsteht relativ rasch der Eindruck, dass es einerseits große Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt und andererseits, dass ganz offensichtlich Mundgesundheit ein übersehener Aspekt ist - zumindest laut aktuellen Auswertungen der Sozialversicherungsträger (1). Fragwürdig ist dementsprechend, wie 100 neuen Kassenstellen die Lücke der 100 freien Stellen füllen sollen und wie genau diese sich aufteilen werden. Rechnet man die seit einem Quartal freistehenden Stellen hinzu, gab es Ende 2023 333 freistehende Stellen (2), im Vergleich zu Anfang des Jahres dürfte es sich um eine relativ konstante Zahl handeln (3).
50 neue Stellen sind für Allgemeinmedizin reserviert, wie genau diese regional verteilt werden, ist aber ebenfalls nicht bekannt. Erschwert wird der Einblick dadurch, dass Interessierte mehrere Regionen als bevorzugten Arbeitsort angeben können und nicht klar ist, wie diese Mehrfachnennungen in veröffentlichen Zahlen behandelt werden (1). Zusätzlich scheint sich auch die Verteilung der neuen Stellen nicht unbedingt an dem vorhandenen Angebot zu orientieren, immerhin müsste der Dienstort im Rahmen der Ausschreibungen andernfalls erwähnt werden - was nicht der Fall ist (4). Ebenso unklar ist, wie neugeschaffene Stellen und unbesetzte Stellen miteinander in Einklang gebracht werden sollen. So sind 50 der neugeschaffenen Kassenstellen für Allgemeinmedizin reserviert und auch deren Verteilung ist unklar. Die zugehörige Verordnung des BMSGPK beinhaltet nur Gesamtzahlen der Stellen pro Bundesland - eine Verteilung auf die Fächer bzw. die Fächerverteilung in den Bundesländern gibt es nicht (5). Nachdem es alleine im Bereich der Allgemeinmedizin viermal so viele interessierte Ärzt:innen wie neue Stellen gibt, lautet die große Frage: Wieso konnten diese Mediziner:innen nicht früher dazu gebracht werden, einen Kassenvertrag abzuschließen?
Die potenziellen Erklärungen sind vielfältig. In der Steiermark gab es seit 2019 einen Startbonus von 70.000 Euro für die Übernahme einer unbesetzten Kassenstelle (6). Auch dort (abseits der Zahnmedizin) sind aber 15 Kassenstellen (ohne Zahngesundheit) seit mehr als einem Jahr unbesetzt und das bei 14 neu zu schaffenden Stellen im Bundesland. Auch die 2023 geforderte Förderung neuer Primärversorgungszentren gab es da bereits seit einigen Jahren, scheint sich aber nicht ausreichend auf die Besetzung von Kassenstellen ausgewirkt zu haben.
In Wien waren im Jänner 2024 92 Kassenstellen ohne Ordination und damit ohne Versorgungswirksamkeit besetzt (7). Ein Umstand, der durch neue Kassenstellen wohl kaum verbessert wird. Gegen den Platzmangel könnte aber die Mobilisierung von Wahlärzten helfen. Die Frage ist, welchen Anreiz diese dazu haben. Kassenverträge sind aufgrund der Tarifgestaltung nach wie vor unbeliebt. Ausführliche Patientengespräche zur Anamnese und Diagnose, bessere Abgeltung für die Behandlung von chronisch Kranken, einheitliche und übersichtliche Tarifgestaltung, die Digitalisierung fördert - all das gibt es nach wie vor nicht. Wer dagegen mehrere Bundesländer als präferierten Arbeitsort angegeben hat und in Grenzregionen tätig wird, müsste nach wie vor aus wenig nachvollziehbaren Gründen nach mehreren Verträgen auch innerhalb der ÖGK abrechnen - und das und mit enormen bürokratischem Aufwand. Infolgedessen kritisierte auch die Ärztekammer den Startbonus, da die verschiedenen Bedingungen für Kassenpraxen wohl kaum zu mehr Einheit unter der Ärzteschaft führen werden (8).
Die Frage ist also, welche Anreize Wahlärzte abseits des Bonus für den Abschluss eines Kassenvertrags haben und ob es beispielsweise für den Bezug des Bonus eine verpflichtende Zeit gibt, für die im Rahmen eines Kassenvertrags gearbeitet werden muss. Immerhin gibt es immer wieder Berichte von Ärzt:innen die (gerade in bundeslandüberschreitender Tätigkeit) Probleme bei Abrechnungen haben und Kassenverträge aufgrund von Uneinigkeiten mit Versicherungsträgern zurücklegen - potenziell auch ein Grund für die langfristig unbesetzten Stellen.
Trotz der Bemühungen über diese Initiative ist die langfristige Finanzierung der zusätzlichen Kassenstellen nicht geklärt, die Sozialversicherungsträger scheinen uneins in der Position dazu zu sein (9, 10) und die Verhandlungen über einen bundesweiten Gesamtvertrag wurden von den Ärztekammern freudig beendet (10). Insofern ist - gerade auch vor dem Ende der Legislaturperiode - aus den ersten Bewerbungen potenziell ein Erkenntnisgewinn zu erhoffen, wie mehr Ärzt:innen dazu motiviert werden können, langfristig in der Kassenversorgung tätig zu werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. In wie vielen Fällen wurden diese Prüfverfahren abgeschlossen?
ii. In wie viele Fällen wurden Ärzt:innen Abrechnungsfehler nachgewiesen?
iii. In wie vielen Fällen waren Abrechnungen richtig?
iv. Wie viele dieser Prüfverfahren sind nach wie vor am Laufen? (Bitte um Aufschlüsselung nach Dauer der Verfahren)