18435/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.04.2024
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Anfrage

 

der Abgeordneten Jan Krainer

Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

Haben Sie sich von den Deutschen beim AUA-Lufthansa-Deal über den Tisch ziehen lassen, Herr Brunner?

 

Das Verhalten und die wirtschaftspolitische Performance der schwarz-grünen Bundesregierung in der Corona-Krise ist heute ausreichend dokumentiert und auch der Vergleich macht leider einiges sichtbar.  

 

ÖVP-Bundeskanzler und ÖVP-Finanzminister haben sich in den letzten Jahren damit gerühmt, in der Corona-Krise mehr Geld ausgegeben zu haben als alle anderen Länder in der EU. Die Idee sich dafür zu feiern, besonders viel Geld auszugeben, ist absurd genug. Deutschland hat in der gesamten Corona-Zeit Zuschüsse an Unternehmen in der Höhe von rund 70 Milliarden Euro verteilt. In Österreich hat man die COFAG gegründet und mit 15 Milliarden Euro das Kunststück geschafft, pro Einwohner doppelt so viel Geld an Staatshilfen aus dem Steuertopf an Unternehmen auszuzahlen als Deutschland. 7 Milliarden Euro hätte sich Österreich sparen können, wenn wir einfach bei den Deutschen abgeschrieben hätten. Mit 7 Milliarden Euro hätte Österreich den Semmering-Basistunnel fast zweimal bauen können. Die Summe der Überförderung hat eine unvorstellbare Dimension. Rechnungshof und Wissenschaft haben diese maßlosen Überförderungen zerpflückt. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ist gerade dabei, die Frage zu klären, ob die COFAG bewusst gegründet wurde, um eine Zwei-Klassen-Verwaltung mit Fast-Track System für Reiche aufzubauen.

 

Die besondere Unachtsamkeit im Umgang mit Steuergeld hat sich beim Lufthansa-Aua-Deal gezeigt. Die Luftfahrtbranche war natürlich aufgrund der Reisebeschränkungen besonders betroffen. Die Unternehmen brauchten öffentliche Unterstützung. Und hier zeigt sich wunderbar, wie sorgsam Deutschland mit dem Steuergeld der Bürger:innen umgegangen ist und was die ÖVP-Politiker in dieser Zeit gemacht haben.  

Deutschland hat sich als Bedingung für die Staatshilfen an der Lufthansa beteiligt und entsprechende Aktien erworben. In Österreich ist das nicht passiert. Man hat sich in den Verhandlungen mit den Deutschen und der AUA darauf geeinigt, dem Unternehmen einen nichtrückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 150 Mio. Euro und zusätzlich Kapitalgarantien zur Verfügung zu stellen.

 

Ergebnis: 150 Mio. österreichische Steuereuros waren weg – sie sind über die AUA de facto zur Lufthansa und damit letztlich in die Taschen der Lufthansa Aktionäre geflossen.

Deutschland hat hingegen gewartet, bis die Krise vorbei ist und seine Lufthansa-Beteiligung danach mit einem Gewinn von 760 Mio. Euro wiederverkauft. Wer hat hier die bessere Wirtschaftspolitik für seine steuerzahlenden Bürger:innen gemacht? Österreich oder Deutschland – was würde der Hausverstand sagen?

Als Rechtfertigung für den 150 Mio. Euro Zuschuss hat das ÖVP-Finanzministerium angegeben, dass der Zuschuss an eine Standortgarantie geknüpft ist. Der Zuschussvertrag ist nicht öffentlich, es wurde aber damals behauptet, dass die Standortgarantie unter anderem beinhaltet, dass der Standort Wien nicht nur erhalten bleibt, sondern auch nicht schwächer wachsen darf, als die Lufthansa-Standorte etwa in München oder Frankfurt.

 

Diese Behauptungen dürften aber im Lichte der aktuellen Entwicklungen völlig unhaltbar sein. Wie sonst wäre es zu erklären, dass das AUA-Management den Beschäftigten der AUA öffentlich mit Arbeitsplatzabbau in Wien und damit eben mit einem Zurückfahren des Standorts drohen kann?

 

Entweder sind die Behauptungen von damals unwahr – was angesichts der Politik, die die ÖVP unter Sebastian Kurz eingeschlagen und noch immer nicht hinter sich gelassen hat, wenig verwunderlich wäre -– oder die Standortgarantie war so weich formuliert und damit letztlich so schlecht verhandelt, dass sie letzten Endes das Papier nicht wert ist, auf dem sie gedruckt wurde.

 

Sie, lieber Herr Finanzminister waren damals als Staatssekretär für Luftfahrt gemeinsam mit Sebastian Kurz, Gernot Blümel und Thomas Schmid am Verhandlungstisch. Im Zuge der Verhandlungen haben sie über Medien am 18.4.2020 ausgerichtet: „Unser Ziel ist, den Standort Österreich attraktiv zu halten, die Drehscheibe für die Luftfahrt gehört dazu. Standortgarantien sind unerlässlich, in welcher Form auch immer.“

Die Öffentlichkeit hat aus Sicht der SPÖ ein Recht darauf zu erfahren, wie dieser Deal zustande kam, warum Österreich 150 Mio. Euro verloren hat - während Deutschland mit einem Gewinn aus dem Deal aussteigen konnte – und warum die Standortgarantien offenbar komplett wertlos sind.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

1)    Welche Verhandlungsstrategie hat die österreichische Regierung beim AUA-Lufthansa Deal verfolgt?

a.     Gab es – wie vom damaligen Bundeskanzler Kurz medial angekündigt – die Überlegung eine Beteiligung einzugehen? Wenn ja, warum wurde diese Idee verworfen?

b.     Hat es Gespräche zwischen Vertretern der österreichischen und deutschen Bundesregierung gegeben? Falls ja, was war der Inhalt dieser Gespräche? Falls nein, warum wurden diese Gespräche nicht gesucht?

2)    Warum hat man sich – im Gegensatz zu Deutschland – nicht eine Beteiligung an der AUA gesichert, die man später – wie die Deutschen – im Sinne der Steuerzahler:innen gewinnbringend verkaufen hätte können?

3)    Warum ist der Zuschussvertrag und die darin – angeblich enthaltenen – Standortgarantien bis heute unter Verschluss?

4)    Sind Sie im BMF im Besitzt einer Kopie des Zuschussvertrags, der die Formulierungen zur Standortgarantie enthält? Falls nein, könnten Sie sich Zugang zu dem Zuschussvertrag verschaffen?

5)    Warum droht das AUA Management mit einem Rückbau des Standorts Wien, wenn die Standortgarantie angeblich über 10 Jahre geht und einen Rückbau des Standorts Wien eigentlich unmöglich machen sollte, während dieses Zeitraums?

6)    Könnten Sie den Zuschussvertrag veröffentlichen? Falls Ja, wann werden Sie diesen dem Parlament bereitstellen? Falls Nein, welche gesetzliche Ermächtigung würden Sie benötigen um den Zuschussvertrag zu veröffentlichen?

7)    Deutschland hat 760 Mio. Euro Gewinn aus dem AUA-Lufthansa-Deal gemacht. Die österreichischen Steuerzahler:inenn waren dabei die Dummen – sie mussten 150 Mio. Euro zahlen und haben dafür nichts bekommen. Fehler können allen passieren, würden Sie mit dem heutigen Wissen versuchen, eine Beteiligung an der AUA einzugehen? Falls Nein, würden Sie den Deal heute wieder so abschließen wie damals?