18437/J XXVII. GP
Eingelangt am 24.04.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
des Abgeordneten Peter Wurm
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Wie sicher ist das Einlagensicherungssystem des österreichischen Bankensektors tatsächlich?
Aktuell ist durch die Diskussion rund um ein „Europäisches Einlagensicherungssystem“ die bisher bestehende Lösung zur Absicherung der Spareinlagen in Gefahr. Sogar die österreichische Nationalbank hat hier berechtigte Sorge:[1]
Österreichische Einlagensicherung: effektive Stütze der Finanzmarktstabilität
Pläne für europäische Einlagensicherung erfordern stimmiges Gesamtkonzept
Die österreichische Einlagensicherung hat sich in den letzten Jahren bewährt und erfolgreich zur Finanzmarktstabilität beigetragen. Bezüglich möglicher Änderungen auf europäischer Ebene weist Vize-Gouverneur Gottfried Haber auf damit ausgelöste gravierende Systemänderungen im Zusammenspiel von Einlagensicherung und Abwicklung sowie die Notwendigkeit eines Gesamtkonzeptes mit genauer Kenntnis der Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität hin.
Die Einlagensicherung ist eine wesentliche Stütze der Finanzmarktstabilität, für deren Wahrung die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) im Rahmen der Aufsicht über Einlagensicherungssysteme mitverantwortlich zeichnet. Seit den letzten großen Änderungen mit der Einführung der Einlagensicherungsrichtlinie vor rund 10 Jahren hat sich das bestehende System bewährt. Es ist gut etabliert, genießt hohes Vertrauen und hat kosteneffizient funktioniert. Die Einlagensicherungsfonds sind trotz zwischenzeitlicher Sicherungsfälle aktuell mit rund 2 Mrd EUR nahezu vollständig aufgefüllt.
Die vier österreichischen Einlagensicherungsfälle der letzten Jahre haben zudem gezeigt, dass das Vertrauen der Einleger:innen in Krisenzeiten gerechtfertigt und in höchstem Ausmaß sichergestellt ist. Alle gesicherten Einleger:innen konnten kurzfristig entschädigt werden. Darüber hinaus werden bei der überwiegenden Zahl dieser Fälle die Forderungen der Einlagensicherung nach heutiger Erwartung zu 100 Prozent bedient werden können. Das System der Einlagensicherung dient neben der tatsächlichen Entschädigung von Einlegern vor allem dazu, das Vertrauen in das Bankensystem aufrecht zu erhalten. Es verhindert somit, dass in angespannten Marktsituationen Banken Einlagenabflüsse erleiden, die im schlimmsten Fall sogar zu einer Insolvenz und zum Schaden der Einleger:innen bzw. Gläubiger:innen führen würden. Die Einlagensicherungsfonds erfüllen somit eine wichtige Versicherungsfunktion.
Die OeNB begrüßt im Rahmen der Weiterentwicklung der Bankenunion und der Kapitalmarktunion, dass – vor dem Hintergrund der letztjährigen Turbulenzen rund um die Silicon Valley Bank und die Credit Suisse – derzeit auf europäischer Ebene Lehren für eine Optimierung der Instrumente für Krisenzeiten gezogen werden. Entsprechende Gesetzesvorhaben zur Einführung einer europäischen Einlagensicherung (EDIS) und für einen europäischen Krisenmanagementrahmen (CMDI) werden aktuell entwickelt. „Mögliche Bestrebungen zur Einführung einer europäischen Einlagensicherung müssen jedenfalls im Rahmen eines Gesamtkonzeptes zum geplanten europäischen Krisenmanagementrahmen (CMDI) diskutiert werden“, so Vize-Gouverneur Gottfried Haber. Die aktuellen Überlegungen, Mittel aus den Einlagensicherungen künftig auch für Abwicklungsfälle auf europäischer Ebene heranzuziehen, können deutlich höhere Dotierungen der Einlagensicherungsfonds erforderlich machen, um die Verluste aus Abwicklungen auf europäischer Ebene zu finanzieren. Haber fügt hinzu: „Es geht hier um einen möglicherweise gravierenden Systemwechsel. Eine Übertragung nationaler Einlagensicherungsmittel an einen neuen europäischen Einlagensicherungsfonds bei der europäischen Abwicklungsbehörde kann daher erst dann entschieden werden, wenn es ein stimmiges Gesamtkonzept gibt, das eine deutliche Verbesserung für die Finanzmarktstabilität bringt – das ist derzeit nicht der Fall.“
Das gegenwärtige österreichische Einlagensicherungssystem und ihre Sicherungseinrichtungen gestalten sich folgendermaßen:
Einlagensicherungssystem-Sicherungseinrichtungen
Sicherungseinrichtungen dienen dem Schutz von Personen mit Guthaben auf Konten und Sparbüchern sowie Anlegenden in von Kreditinstituten erbrachten sicherungspflichtigen Wertpapierdienstleistungen. Im Folgenden wird primär auf ihre Funktion im Rahmen der Einlagensicherung eingegangen. Diesbezüglich garantieren die Sicherungseinrichtungen, dass Einlagen jederzeit ausbezahlt werden können, auch wenn eine Bank in Konkurs geht oder zahlungsunfähig wird. In einem Sicherungsfall sind Einlagen bis zu 100.000 EUR pro Kunde und Bank abgesichert. Jedes Kreditinstitut mit Sitz in Österreich, das Kundeneinlagen entgegennehmen oder sicherungspflichtige Wertpapierdienstleistungen erbringen möchte, muss einer Sicherungseinrichtung angehören.
Die österreichische Einlagensicherung ist in einem eigenen Bundesgesetz, dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (ESAEG), geregelt welches seit dem 15. August 2015 gilt. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen folgen dem Grundsatz, dass die finanziellen Folgen eines Sicherungsfalles von den Kreditinstituten selbst und nicht von den Steuerzahlerinnen und -zahlern zu tragen sind. Die Finanzierung etwaiger Sicherungszahlungen erfolgt aus einem Einlagensicherungsfonds, der jährlich – bis zum Jahr 2024 – durch die Mitgliedsinstitute der Sicherungseinrichtungen dotiert wird.
In Österreich bestehen derzeit drei Sicherungseinrichtungen:
Einlagensicherung AUSTRIA Ges.m.b.H.
Österreichische Raiffeisen-Sicherungseinrichtung eGen (ÖRS)
Sparkassen-Haftungs GmbH[2]
Einlagen sind in der EU über die gesetzliche Einlagensicherung des jeweiligen Landes bis zu 100.000 Euro je Kunde abgesichert. Um zu gewährleisten, dass Kunden im Zweifelsfall an ihr Geld gelangen, sind die Banken dazu verpflichtet, in eine Sicherungseinrichtung einzuzahlen. Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2014 gibt vor, dass bis 2025 für 0,8 Prozent der abgesicherten Einlagen Rücklagen gebildet werden müssen. Anders ausgedrückt: Das Ziel ist eine Deckungsquote von 0,8 Prozent.
Deckungsquoten der Einlagen in der Euro-Zone 2022
Von diesem Ziel sind viele EU-Länder derzeit noch ein gutes Stück entfernt. In Deutschland betrugen die über die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH abgesicherten Einlagen 2022 710,885 Milliarden Euro. Die verfügbaren Rücklagen beliefen sich auf rund 4,484 Milliarden Euro. Das entspricht einer Deckungsquote von 0,63 Prozent. Immerhin stieg sie in den letzten Jahren von 0,24 Prozent 2015 auf nun 0,63 Prozent Ende 2022.[3]
Österreich hält per 30. Juni 2023 bei einer Deckungsquote von 0,66 Prozent.
In diesem Zusammenhang richtet der unterfertigte Abgeordnete Peter Wurm an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
Anfrage
1. Wie hat sich die
Deckungsquote der Einlagensicherung seit dem 15. August 2015 jährlich
für die Jahre 2015, 2016, 2017, 2018, 2019, 2020, 2021, 2022 und 2023 in
Österreich nach den Informationen des BMSGPK insgesamt entwickelt?
2.
Wird
Österreich die für 2025 als Ziel formulierte Deckungsquote von 0,8
Prozent nach den Informationen des BMSGPK erreichen?
3. Ist diese für 2025 als Ziel formulierte Deckungsquote von 0,8 Prozent für den Banken- und Wirtschaftsstandort Österreich aus Sicht des BMSGPK ausreichend?
a. Wenn ja, wie begründen Sie das als zuständiger österreichischer Konsumentenschutzminister?
b. Wenn nein, warum nicht?
4. Welche Maßnahmen werden Sie als zuständiger österreichischer Konsumentenschutzminister setzen, um die Einlagen der Österreicher zu schützen?
[1] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240417_OTS0154/oesterreichische-einlagensicherung-effektive-stuetze-der-finanzmarktstabilitaet
[2] https://www.oenb.at/finanzmarkt/drei-saeulen-bankenunion/einlagensicherungssystem.html
[3] https://www.tagesgeldvergleich.net/statistiken/deckungsquote-der-einlagen.html