18458/J XXVII. GP
Eingelangt am 02.05.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Wie Österreich zur Geldwäsche einlädt
In Österreich lässt sich anscheinend gut Geld waschen, wie auch ein aktueller von den Medien aufgegriffener Fall zeigt: Mit Geld, das in Russland veruntreut und dann über Scheinfirmen geschleust wurde, wurde eine Wiener Luxus-Immobilie gekauft. Und zwar über einen Wiener Immobilienmakler, der auch gleichzeitig als Strohmann fungierte. Ziel des Deals: Geldwäsche. Das veruntreute und auf diversen Off-Shore-Konten geparkte Geld wird mit dem Kauf der Immobilie in den regulären Wirtschaftskreislauf eingeschleust.(1)
Die Opfer der in Russland getätigten Veruntreuung versuchen seit Jahren, den ihnen zugefügten Schaden auch international einzuklagen. Das gestaltet sich aber in Österreich besonders schwierig, denn systemische Mängel im österreichischen Rechtssystem erschweren es Opfern internationaler Geldwäsche anscheinend, das von ihnen gestohlene und in der Folge im Ausland gewaschene Geld wieder zurückzubekommen. Entscheidend ist nicht nur eine rasche Abwicklung des Verfahrens (sonst droht eine Verjährung), sondern auch, dass Opfer von Geldwäsche im Verfahren den Status als Privatbeteiligte erhalten. Nur so haben sie eine Chance, den ihnen zugefügten Schaden kompensiert zu bekommen.(2)
Im medial erwähnten Fall wurde der geschädigten Partei jedoch von Seiten der ermittelnden Behörde (WKStA) der Opferstatus aberkannt (und damit die Möglichkeit einer Privatbeteiligung am Verfahren), weil sie nicht durch den Kauf der Immobilie, sondern "nur" durch den im Ausland getätigten kriminellen Tatbestand geschädigt worden sei. Opferschutz ist bei Geldwäsche-Verfahren in Österreich somit nicht garantiert. In der EU-Opferschutzrichtlinie 2012/29/EU (3) ist hingegen klar Opferschutz auch bei Geldwäsche vorgesehen. Auch in Deutschland geht die Rechtsprechung davon aus, dass der durch die Vortat Geschädigte durch nachfolgende Geldwäschehandlungen weiter geschädigt wird, weshalb Schadensersatzansprüche auch auf den Verstoß gegen den Straftatbestand der Geldwäsche gestützt werden können.
Wird Opfern von Strafdelikten und anschließender Geldwäsche die Möglichkeit der Parteistellung im Strafverfahren verwehrt, entzieht man diesen nicht nur die Möglichkeit ihr gestohlenes bzw. veruntreutes Geld zurückzuerhalten, sondern untergräbt auch das Vertrauen in die institutionellen Mechanismen zur Rechtsdurchsetzung. Österreich läuft bei derartigen Entwicklungen Gefahr, eine Geldwäsche-Oase zu sein. Es ist daher dringend an der Zeit( die Lücken im österreichischen System zur Bekämpfung von Geldwäsche zu schließen.
Quellen:
1. https://www.diepresse.com/17881062/wie-oesterreich-zur-geldwaesche-einlaedt
2. https://www.diepresse.com/18213199/wie-oligarchen-mit-imnnobilien-ihr-schwarzgeld-in-oesterreich-waschen
3. https://eur-
lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:315:0057:0073:DE:PDFi
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Wurde im og. Fall über das Rechtsmittel gegen die Zurückweisung gegen die Erklärung des Opfers zum Privatbeteiligten schon entschieden?
a. Wenn ja, wurde der Status des Privatbeteiligten zuerkannt?
i. Wenn nein, mit welcher Begründung?
2. Inwiefern ist, Frau Ministerin, die Entscheidung der WKStA im og. Fall im Einklang mit der EU-Opferschutz-Richtlinie (Richtlinie 2012/29/EU) und der Strafprozessordnung?
3. Sehen Sie hinsichtlich des Opferschutzes bei Geldwäsche mit Blick auf die Umsetzung der EU-Opferschutz-Richtlinie legistischen Verbesserungsbedarf?
a. Wenn ja, inwiefern?
i. Für wann sind diese Schritte geplant?
b. Wenn nein, warum nicht?
4. Setzen Sie sich, Frau Ministerin, auf EU-Ebene für eine Verbesserung des Opferschutzes bei Geldwäsche ein?
a. Wenn ja, inwiefern?
b. Wenn nein, warum nicht?
5. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen § 165 StGB (Geldwäscherei) wurden in den Jahren 2020-24 geführt (bitte um Angabe in absoluten Zahlen und als Prozent der Gesamtzahl und um Aufschlüsselung nach Jahren sowie Sprengel der Oberstaatsanwaltschaften}?
6. Wie oft ordneten in den Jahren 2020-24 Staatsanwaltschaften Zwangsmaßnahmen bei Verdacht der Geldwäsche an (bitte um Angabe in absoluten Zahlen und als Prozent der Gesamtzahl)?
a. Wie oft werden diesen stattgegeben?
7. Wie viele Hauptverfahren wegen § 165 StGB (Geldwäscherei) wurden in den Jahren 2020-24 geführt (bitte um Angabe in absoluten Zahlen und als Prozent der Gesamtzahl und um Aufschlüsselung nach Jahren sowie Sprengel der Oberstaatsanwaltschaften))?
8. Wie viele rechtskräftige Verurteilen wegen § 165 StGB (Geldwäscherei) gab es in den Jahren 2020-24 (bitte um Angabe in absoluten Zahlen und als Prozent der Gesamtzahl und um Aufschlüsselung nach Jahren sowie Sprengel der Oberstaatsanwaltschaften)?
9. Wie oft wurden in den Jahren 2020-24 im Zusammenhang mit Geldwäscheverfahren von Behörden Rechtshilfeersuchen an Länder, in denen die Vortaten stattfanden, gestellt (bitte um Angabe in absoluten Zahlen und als Prozent der Gesamtzahl und um Aufschlüsselung nach Jahren)?
10. Wie viele Geldwäscheverfahren wurden in den Jahren 2020-24 eingestellt (bitte um Angabe in absoluten Zahlen und als Prozent der Gesamtzahl und um Aufschlüsselung nach Jahren sowie Sprengel der Oberstaatsanwaltschaften)?
a. Wie oft mit der Begründung, dass die Vortaten im Ausland stattfanden (bitte um Angabe in absoluten Zahlen und als Prozent der Gesamtzahl)?
11. Warum stellte Österreich im Jahr 2022 in Verbindung mit Geldwäscheverfahren nur zwei Millionen Euro sicher, während ein statistisches Modell der TU Wien und der Utrecht School of Economics (2020) geht für Österreich im Jahr 2014 von einem Geldwäschevolumen von insgesamt 11 Mrd. Euro aus (durch, in und nach Österreich)?
12. Welche Maßnahmen setzt das BMJ bei der Bekämpfung von Geldwäsche in Österreich?
13. Wie schnitt Österreich in den letzten internationalen Rankings und Benchmarking-Systemen im Bereich Geldwäsche ab? Bitte um Verweis auf die öffentlich zugängliche Quelle.
14. Wurde dem BMJ gegenüber (internationale) Kritik an Österreichs System der Geldwäschebekämpfung geäußert?
a. Wenn ja, wann welche Kritik durch wen?
b. Wenn ja, mit welcher Maßnahme reagierte das BMJ wann darauf?
15. Hat das BMJ je Studien in Auftrag gegeben, die sich mit Ausmaß und Problematik von Geldwäsche in Österreich auseinandersetzen?
a. Wenn ja, wann welche zu welchem Thema?
b. Wenn nein, warum nicht?
16. Welche Maßnahmen setzte das BMJ in den Jahren 2020-24, um effektiv(er) gegen Geldwäsche in Österreich vorzugehen?
17. Im Rahmen welcher Maßnahmen arbeitete man in diesem Zeitraum mit anderen Behörden, Ressorts, EU- Staaten, Drittstaaten oder internationalen Organisationen zusammen?
18. Welche weiteren Maßnahmen im Zusammenhang mit Geldwäschebekämpfung und Opferschutz sind von Ihrem in dieser Legislaturperiode noch geplant?
19. Wie hoch sind die beim BMJ in den Jahren 2020-24 jeweils für die Geldwäschebekämpfung veranschlagten, bzw. ausgegebenen Mittel?
a. Wofür wurden diese veranschlagt/ausgegeben?
20. Wie viele Mitarbeiter:innen sind im BMJ für Geldwäsche zuständig (bitte um Angabe für die Jahre 2020-24 in Planstellen und tatsächlich Beschäftigten sowie der Vollzeitäquivalente?