18472/J XXVII. GP

Eingelangt am 08.05.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Michael Schnedlitz

an die Präsidentin des Rechnungshofes

betreffend Kontrolle der rechtmäßigen Verwendung der Bundesjugendförderung

 

 

Die[1] Bundesjugendförderung ist eine wichtige, verankerte, finanzielle Unterstützung für Maßnahmen der außerschulischen Jugendarbeit. Im Vordergrund sollte dabei die Förderung der Entwicklung verschiedener Kompetenzen bei Kindern und Jugendlichen stehen. Nach dem Bundes-Jugendförderungsgesetz (B-JFG)[2] umfasst Jugendarbeit alle geeigneten Maßnahmen der Erziehung und Bildung junger Menschen außerhalb des formalen Schulsystems.

 

Es steht allerdings der Verdacht im Raum, dass die Mittel für die Jugendverbände nicht effektiv und zielgerichtet zugunsten der jungen Österreicherinnen und Österreicher eingesetzt werden, sondern im politischen Vorfeld von ÖVP und Grünen versickern, bevor sie bei den Jugendlichen ankommen. Die Durchsicht verschiedener Fördernehmer zeigt, dass die Überprüfung der aktiven Jugendarbeit wenig kontrolliert wird und es zumindest fraglich ist, ob die Fördergelder nicht für parteipolitische Arbeit zweckentfremdet werden.

 

Besonders beachtenswert sind vor diesem Hintergrund Förderungen an den “Bund Europäischer Jugend / Junge Europäische Föderalisten (BEJ/JEF) Österreich”, dessen Website seit kurzem offline ist. Die amtierende Bundesgeschäftsführerin des Jugendvereins, Kati Schneeberger, ist nämlich für die Grünen im Bezirk Neubau als Bezirksrätin tätig und kandidiert auf Listenplatz 7 ihrer Partei für die EU-Wahl 2024. Bei dieser Organisation handelt es sich um den Jugendverband der „Europäischen Föderalistischen Bewegung (EFB)“[3]. Präsident dieses Muttervereins ist der ÖVP-Politiker und Abgeordnete zum Europäischen Parlament Mag. Lukas Mandl. 2024 kandidiert er für die ÖVP auf Listenplatz 5 wiederum für den Einzug ins EU-Parlament. Wie die für den Bereich Jugend im Bundeskanzleramt und somit die Vergabe der Bundesjugendförderung zuständige Staatssekretärin Claudia Plakolm, wurde dieser in der JVP sozialisiert.[4]

 

Wie aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage hervorgeht,[5] bezog der “Bund Europäischer Jugend / Junge Europäische Föderalisten (BEJ/JEF) Österreich” im Jahr 2022 eine Basisförderung gem. § 7 Abs. 3 Bundes-Jugendförderungsgesetz (B-JFG) in der Höhe von 145.345,70 €. Um eine Förderung in dieser Höhe beanspruchen zu können, müsste der Verein gegenüber der Förderstelle eine Mitgliederanzahl von 50 001 bis 80 000 Jugendlichen glaubhaft gemacht haben. Als Jugendliche im Sinne dieses Bundesgesetzes zählen aber nur jungen Menschen bis zur Vollendung ihres 30. Lebensjahres.

 

Der “Bund Europäischer Jugend / Junge Europäische Föderalisten (BEJ/JEF) Österreich” wäre – sofern die anscheinend glaubhaft gemachten Mitgliederzahlen stimmen – in derselben Größen- bzw. Förderklasse wie die Evangelische Jugend Österreich, Katholische Jugend Österreich (KJ-Österreich), Österreichische Blasmusikjugend des Österreichischen Blasmusikverbandes oder Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs (PPÖ) – um nur einige Vereine anzuführen.

 

Aber hat dieser Verein ohne Website und nennenswerte Aktivitäten tatsächlich über 50.000 Mitglieder unter 30. Jahren? Oder handelt es sich nur um eine Hülle, gefüllt mit heißer politischer Luft? Es gibt zu denken, dass in drei Bundesländern – Vorarlberg, Niederösterreich und dem Burgenland – die Vertretungsbefugnisse der organschaftlichen Vertreter seit über einem Jahr ausgelaufen sind. Über den europäischen Dachverband „Jungen Europäischen Föderalisten Europa“ heißt es er habe insgesamt „über 30.000 Mitgliedern in über 30 Ländern in Europa“.[6] Dass die österreichische Teilorganisation mehr Mitglieder hat als die Gesamtorganisation, erscheint nicht lebensnahe.

 

Ein Verein im politischen Vorfeld der Koalitionsparteien ÖVP und Grüne lukriert augenscheinlich überhöhte Förderungen auf Grundlage unrichtiger bzw. überhöhter Mitgliederzahlen. Da es um Förderungen geht, die eigentlich der Jugend zukommen sollen, gilt es besonders genau hinzuschauen.

 

 

Vor diesem Hintergrund richtet der unterfertigte Abgeordnete an die Präsidentin des Rechnungshofes nachstehende

 

Anfrage

 

  1. In welchen Zeitabständen wurde in den Jahren 2020 bis 2024 durch wen geprüft, ob die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung gemäß § 6 B-JFG von verbandlichen Jugendorganisationen erfüllt werden?
  2. Wann wurde durch wen zuletzt geprüft, ob die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung gemäß § 6 B-JFG vom “Bund Europäischer Jugend / Junge Europäische Föderalisten (BEJ/JEF) Österreich” bzw. dazugehörigen Zweig- und Subvereinen erfüllt werden?
  3. Wie wird durch den Rechnungshof geprüft, ob die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung einer Förderung gemäß § 6 B-JFG von verbandlichen Jugendorganisationen erfüllt werden?
  4. Wurde das Erfüllen der Voraussetzungen im Fall vom “Bund Europäischer Jugend / Junge Europäische Föderalisten (BEJ/JEF) Österreich” überhaupt jemals in einer Form vom Rechnungshof geprüft?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, durch wen?
    3. Wenn nein, warum nicht?
  5. Wurde der “Bund Europäischer Jugend / Junge Europäische Föderalisten (BEJ/JEF) Österreich” mitsamt seiner Zweig- und Subvereinen überhaupt jemals in einer Form vom Rechnungshof geprüft?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, durch wen?
    3. Wenn nein, warum nicht?
  6. Sind dem Rechnungshof betreffend der mittels Bundesjugendförderung geförderten Vereine Ungereimtheiten bekannt?
    1. Wenn ja, seit wann?
    2. Wenn ja, wodurch sind diese Aufgefallen bzw. bekannt geworden?
    3. Wenn ja, betreffend welcher verbandlichen Jugendorganisationen, Jugendinitiativen und nicht verbandlich organisierten Jugendgruppen sowie Einrichtungen der offenen Jugendarbeit? (Bitte jeweils die Organisationsform iSd § 4 B-JFG angeben)
    4. Wenn ja, welche Prüfschritte wurden diesbezüglich gesetzt?
  7. Wann waren Förderungen an die „Europäischen Föderalistischen Bewegung (EFB)“ zuletzt bei Prüfungen des Rechnungshofes gegenständlich?
  8. Wurden das Erfüllen von Fördervoraussetzungen durch die „Europäischen Föderalistischen Bewegung (EFB)“ überhaupt jemals in einer Form vom Rechnungshof geprüft?
    1. Wenn ja, wann?
    2. Wenn ja, durch wen?
    3. Wenn nein, warum nicht?
  9. Sind dem Rechnungshof betreffend der „Europäischen Föderalistischen Bewegung (EFB)“ Ungereimtheiten bekannt?
    1. Wenn ja, seit wann?
    2. Wenn ja, wodurch?
    3. Wenn ja, inwiefern?
    4. Wenn ja, welche Prüfschritte wurden diesbezüglich gesetzt?
  10. Welche Schritte wird der Rechnungshof setzen, um die mutmaßlich überhöhten Förderungen aufgrund unrichtiger Mitgliederzahlen auf Grundlage des B-JFG zu überprüfen?
  11. Inwiefern wird der Rechnungshof prüfen, ob die mutmaßlich überhöhten Förderungen nicht für die Wahlkampagne bzw. den Wahlkampf der ÖVP oder der Grünen verwendet werden?
  12. Welche konkreten Prüfungshandlungen wird der Rechnungshof setzen, um sicherzustellen, dass Förderungen auf Grundlage des B-JFG nicht für die Wahlkampagne bzw. den Wahlkampf zur EU-Wahl und Nationalratswahl 2024 der ÖVP oder der Grünen verwendet werden?

 

 

Sollten einzelne Antworten einer Vertraulichkeit bzw. Geheimhaltung unterliegen, wird ersucht, diese unter Einhaltung des Informationsordnungsgesetzes klassifiziert zu beantworten.



[1] Eine umfassendere Anfrage zu diesem Sachverhalt wird ebenfalls an den Bundeskanzler gerichtet.

[2] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20001058

[3] https://efb.at/

[4] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240226_OTS0094/plakolm-jvp-reissverschluss-bei-eu-kandidaten

[5] https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/15307/imfname_1583735.pdf

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Junge_Europ%C3%A4ische_F%C3%B6deralisten