18474/J XXVII. GP
Eingelangt am 08.05.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Ausbildungspflicht und NEETs
Das österreichische Bildungswesen verfolgt von der Kindheit bis zum Erwachsenwerden verschiedene Ziele in Bezug auf die Persönlichkeit, das Wissen und das Können der jungen Menschen. Ein "hartes", gut messbares Ziel ist eine hohe Abschlussquote in der Sekundarstufe 2. Möglichst viele - im Idealfall alle - Jugendlichen sollen zu einem Schul- oder Lehrabschluss geführt werden, der den Einstieg in eine qualifizierte Berufstätigkeit oder in ein Studium ermöglicht. Dieses Ziel ist auch als "Wirkungsziel" im Bundeshaushalt festgeschrieben. In den letzten Jahren sind hier kaum Fortschritte gelungen - im Gegenteil: 2023 lag die Abschlussquote unter jener von 2013, wie eine Darstellung auf der vom BMKÖS betriebenen Website wirkungsmonitoring.gv.at zeigt.1
Die Abschlussquote - bzw. umgekehrt formuliert die Dropoutquote - in der Sekundarstufe 2 ist ein wesentlicher Indikator für die Effizienz und Wirksamkeit unseres Bildungssystems. Ein Schul- oder Lehrabbruch - ohne Wechsel in eine andere Schule oder Ausbildung - hat langfristige negative Konsequenzen sowohl für die betroffenen Individuen als auch für die Gesellschaft. Diese Jugendlichen sind häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen und haben ein höheres Armuts- und Kriminalitätsrisiko. Zudem stellt die Zunahme der NEETs (Not in Education, Employment, or Training) eine gesellschaftliche Herausforderung dar, da diese Gruppe oft dauerhaft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen bleibt und somit ein erhöhtes Risiko für soziale sowie wirtschaftliche Probleme birgt.
Die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr, die 2017 in Kraft getreten ist, verpflichtet eigentlich alle Jugendlichen in Österreich, nach Abschluss der Pflichtschulzeit bis zum 18. Lebensjahr eine weiterführende Schule zu besuchen, eine Lehre oder ähnliche Bildungsschienen zu frequentieren2). Die Regelung zielt darauf ab, die beruflichen Perspektiven junger Menschen zu verbessern und langfristig zur Senkung der Jugendarbeitslosigkeit beizutragen. Sieben Jahre nach dieser Reform ist fraglich, ob die Maßnahme ausreicht, um alle Jugendlichen zu einem Abschluss zu führen. Auch wenn der Bildungsabbruch sich in der Sekundarstufe 2 manifestiert, ist es die gesamte Bildungs- und Entwicklungslaufbahn vom Kleinkindalter bis zum Erwachsenwerden, die verbessert werden muss, um mehr Jugendliche zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen.
Die genannte Ausbildungspflicht wird jedenfalls mit dem Besuch einer anerkannten Schule oder Ausbildung erfüllt. Wenn das nicht möglich ist, gelten auch Maßnahmen des Sozialministeriumsservice oder des AMS, die auf eine Ausbildung vorbereiten. Für Jugendliche, die sich nicht in einer Ausbildung befinden, wird ein entsprechender Betreuungs- und Perspektivenplan ausgearbeitet. Zur Umsetzung wurden in allen Bundesländern Koordinierungsstellen eingerichtet. Für die Einhaltung der Ausbildungspflicht sind die Erziehungsberechtigten verantwortlich. Eltern, Schulen und andere Ausbildungsträger treffen auch gesetzliche Meldepflichten. Die Meldepflicht betreffend Auflösung von Lehrverhältnissen wird von den Lehrlingsstellen der Wirtschaftskammern automatisiert aus der Lehrvertragsdatenbank wahrgenommen.
Österreich liegt in Bezug auf die EU-Benchmark "Early Leaving from Education and Training" bei 8,4 Prozent im Jahr 2022 und damit um 1,2 Prozent besser als der EU-Durchschnitt. Der Indikator misst den Anteil der 18- bis 24-jährigen Personen ohne Abschluss der Sekundarstufe 2, die an keiner Aus- oder Weiterbildung teilnehmen, an der gleichaltrigen Wohnbevölkerung. Der Vergleich zeigt jedoch auch, dass sich Österreich über die Jahre verschlechtert hat, während sich der EU-Durchschnitt positiv entwickelt:
Frühe Schulabgänger:innen 2014 bis 2022 in Prozent4:
|
Jahr |
EU |
Österreich |
|
2014 |
11,1 |
7,0 |
|
2015 |
11,0 |
7,3 |
|
2016 |
10,6 |
6,9 |
|
2017 |
10,5 |
7,4 |
|
2018 |
10,5 |
7,3 |
|
2019 |
10,2 |
7,8 |
|
2020 |
9,9 |
8,1 |
|
2021 |
9,7 |
8,0 |
|
2022 |
9,6 |
8,4 |
Das BMBWF und das BMAW nennen und verlinken auf ihren Websites eine Reihe von Präventionsmaßnahmen, die dem Schul- und Ausbildungssabbruch entgegenwirken sollen. Dazu zählen:
Trotz all dieser Angebote und Maßnahmen haben sich die Zahlen, gemessen sowohl am nationalen Wirkungsziel als auch an der EU-Benchmark, verschlechtert und mehr junge Menschen sind von Bildungsabbruch und seinen Folgen betroffen.
1) https://wirkungsmonitoring.gv.at/kennzahl-detail/abschlussquote-in-der-sekundarstufe-ii-gesamt-17926-930/
2) https://www.wko.at/lehre/ausbildungspflicht-183) https://www.bmbwf.gv.at/Themen/schule/bef/schulabbruch.html#:~:text=Österreich%20liegt%20in%20Bezug%20auf,II%20oder%20einer%20Lehre%20haben:
4) https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/bildung/bildungsindikatoren
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende