18475/J XXVII. GP
Eingelangt am 08.05.2024
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten MMag. Katharina Werner Bakk., Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Maßnahmen gegen Qualzucht
Mit der neuen Novelle 2024 soll auch der Qualzucht ein Ende gesetzt werden. Die Tiere aus einer solchen Zucht kämpfen oft mit schweren Gesundheitsproblemen wie zu kurzen Schnauzen, ständiger Atemnot oder kaputten Gelenken. Qualzucht bezeichnet das bewusste Verpaaren zweier Tiere mit ganz bestimmten Merkmalen (unabhängig davon, ob das Zuchtmotiv ästhetische Zwecke oder die Leistungssteigerung betreffen), deren Nachkommen aufgrund der Ausprägung dieser Merkmale Schmerzen, Leiden, Schäden oder Angst erleiden werden. Prinzipiell ist Qualzucht in Österreich schon jetzt verboten, Änderungen in der Zuchtauswahl durch verbesserte Zuchtstandards bzw. entsprechende Gesundheitsuntersuchungen der Zuchttiere zeigen sich jedoch nicht sofort in den gezüchteten Jungtieren. Zudem gibt es bislang Schlupflöcher. Ein Ausstieg aus der Qualzucht benötigt mehrere Generationen. ZüchterInnen von Tierrassen, bei denen Qualzuchtmerkmale auftreten, verstoßen bisher nicht gegen § 5 Abs. 2, wenn durch eine laufende Dokumentation von züchterischen Maßnahmenprogrammen nachgewiesen werden kann, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Nachkommen reduziert und in Folge beseitigt werden. Zu den häufigsten Qualzuchtsymptomen gehören Atemnot, Bewegungsanomalien, Gelenkserkrankungen, Entzündungen der Haut, Haarlosigkeit, Blindheit oder Taubheit.(1)
Laut einer Umfrage der Tierschutzorganisation Vier Pfoten sprachen sich im Oktober 2023 83 Prozent der Befragten für ein generelles Verbot von Qualzucht-Tierrassen ohne mögliche Ausnahmen aus. Vier Pfoten etwa forderte, so wie auch andere Tierschutzorganisationen die schon länger von der Regierung angekündigte Novelle des Tierschutzgesetzes und der 2. Tierhaltungsverordnung. Darin soll das Problem der Qualzucht auch Inhalt sein. Die Tierschutzorganisation plädierte für ein Ende der noch immer gültigen Ausnahmeregelung, wonach profitorientierten Züchter:innen und Welpenhändler:innen sehr einfach ein Schlupfloch geöffnet würde, um das eigentlich geltende gesetzliche Verbot für Qualzucht zu umgehen.(2) Laut Ankündigungen der Regierung, soll dieses Verbot mit der neuen Novelle nun auch kommen und die Zucht in Österreich neu geregelt werden. Eine Lösung in Bezug auf österreichische Zucht scheint greifbar. Doch es bringt wenig, wenn der Großteil der Tiere, die unter Qualzuchtmerkmalen leiden nicht aus der österreichischen Zucht kommen, sondern aus dem Ausland importiert werden. Es stellt sich daher die Frage, wie es mit dem - teils illegalen- Handel von Tieren, u.a. Welpen- und Kittenhandel im generellen und mit Qualzuchtmerkmalen im speziellen aussieht. Neben Deutschland, Österreich und der Schweiz haben die folgenden europäischen Staaten Vorschriften zum Verbot zuchtbedingter Belastungen: Finnland, Irland, Litauen, Luxemburg, Malta, Norwegen und Schweden. In Frankreich existiert – anders als in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich – kein eigentliches Tierschutzgesetz. Tierschutzrechtliche Bestimmungen finden sich im Strafgesetz, im Code rural et de la pêche maritime sowie im Zivilgesetz. Staaten wie Ungarn, Tschechien, die Slowakei oder Bulgarien und Rumänien haben dahingehend keine Regelungen. (3,4)
Gerade beim Kauf von Rassehunden- oder Katzen vor allem über das Internet, kommt es häufig zum Verkauf von Tieren aus Massenvermehrungen oder von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen und -Symptomen aus Ostländern (Tschechien, Ungarn, Slowakei), in denen wie oben erwähnt keine entsprechenden tierschutzrechtlichen Bestimmungen existieren. Aufgrund seiner geografischen Lage ist Österreich hier besonders für den Import von genetisch belasteten Tieren prädestiniert. Besonders betroffen sind beispielsweise die sogenannten „Trend-Hunderassen“ wie, beispielsweise, Französische Bulldoggen, Möpse oder Tea-Cup-Welpen (Miniaturhunde). Diese Hunderassen werden oft über Nacht populär und dann entsprechend schnell gezüchtet, um die Nachfrage danach befriedigen zu können. Der illegale Handel floriert. Aus den von VIER PFOTEN gesammelten Informationen geht hervor, dass nur wenige der populärsten Tierrassen rechtmäßig unter dem Schutz von Zuchtvereinen gezüchtet werden.(5) Generell ist laut österreichischem Tierschutzgesetz der Erwerb von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen laut §8 verboten. (6) Die Erläuterungen zur geplanten Novelle stellen dazu klar, das dies auch den Erwerb von Jungtieren betrifft, bei denen die Merkmale noch nicht vollständig entwickelt sind, aber bei denen aufgrund ihrer Zuchtlinie davon auszugehen ist, dass Symptome oder äußerlich erkennbare Merkmale auftreten werden.(7) Viele Menschen wissen jedoch gar nicht, wie sie derartige Merkmale erkennen können oder das beispielsweise Möpse, Bulldoggen, Boxer, Pekinesen oder Perser- und Sphynxkatzen zu Qualzuchten zählen.(8) Die Gefahr einer Kriminalisierung durch Unwissenheit droht.
Um der Qualzucht in Österreich als Teil des europäischen Binnenmarktes Einhalt zu gebieten braucht es über nationale Gesetze hinausgehend europaweite Maßnahmen gegen illegalen Tierhandel, insbesondere gegen Welpen- und Kittenhandel und Handel von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen sowie Aufklärungskampagnen um den Erwerb solcher Tiere einzudämmen.
(1) https://www.sozialministerium.at/#q=Qualzucht&pq=1&t=simple&po=&mi=
(2) https://www.vienna.at/qualzucht-viele-osterreicher-fur-zuchtverbot/8325640
(3) https://qualzucht-datenbank.eu/rechtliches-qualzucht/
(4) https://www.globalanimallaw.org/database/national/index.html
(5) https://www.vier-pfoten.at/kampagnen-themen/themen/heimtiere/zucht-von-hunden-mit-genetischen-stoerungen/qualzucht-und-der-illegale-welpenhandel
(6) https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20003541
(7) https://www.Parlament.gv.at/dokument/XXV/I/1515/fname_618765.pdf
(8) https://www.peta.de/themen/qualzucht-haustiere/?campaign=grants_tmb&gad_source=1&gclid=CjwKCAiAuNGuBhAkEiwAGld4aoiQ8pfRLKzEcfW1JkqS54Gm3o7g50Meqe7FCnCkEmiK-5ZXYxbXlhoC6GYQAvD_BwE
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Welche Maßnahmen wurden vom Ministerium auf europäischer Ebene für ein Qualzuchtverbot gesetzt?
2. Hat der Minister insbesondere mit seinen Kolleg:innen aus der Slowakei, Tschechien, Ungarn, Bulgarien und Rumänien Gespräche bezüglich Qualzuchtverbot geführt?
a. Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis?
b. Wenn nein, warum nicht?
3. Ist dem Ministerium bekannt, welche Maßnahmen der österreichische Zoll gesetzt hat um den Import von Qualzuchttieren hintanzuhalten?
4. Ist der Minister im Austausch mit dem Innenministerium um Maßnahmen gegen den Import von Qualzuchttieren beim österreichischen Zoll zu erarbeiten?
a. Wenn ja, welche Maßnahmen wurden erarbeitet und wann werden sie durchgesetzt?
b. Wenn nein, warum nicht?
5. Wurden Aufklärungsmaßnahmen in der breiteren Bevölkerung (abgesehen von Tierschutz macht Schule) gesetzt um über das durch Überzüchtung entstehende Tierleid aufzuklären beziehungsweise sind solche geplant?
a. Wenn ja, welche und wann?
b. Wenn nein, warum nicht?
6. Wird das Ministerium Maßnahmen setzen um den illegalen Online-Verkauf von Qualzuchttieren und insb. Welpen und Kitten einzudämmen?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn nein, warum nicht?
7. Ist bekannt, wie viele Kontrollen des illegalen Welpen- & Kittenhandels in den Jahren 2020, 2021,2022,2023 und 2024 bis heute durchgeführt wurden?
a. Wenn ja bitte um Auflistung nach Jahr und Bundesland.
b. Wenn nein, warum nicht?
8. Ist bekannt, aus welchen Ländern die kontrollierten und beanstandeten Fälle von Welpen- bzw. Kittenhandel getätigt wurden?
a. Wenn ja bitte um Auflistung nach Jahren 2020,2021,2022 und 2023 und 2024 bis heute.
b. Wenn nein, warum nicht?
9. Ist bekannt, in wie vielen Fällen es sich bei den beanstandeten Fällen um Tiere mit Qualzuchtmerkmalen handelte?
a. Wenn ja, bitte Auflistung nach Jahr, Importland und Tierart und -rasse.
b. Wenn nein, warum nicht.
10. Hat das Ministerium Kenntnis davon, wie viele illegale Welpen- und Kittenimporte nach Österreich über Online Plattformen in den Jahren 2020,2021,2022,2023 und 2024 bis heute getätigt wurden?
a. Wenn ja, wie viele?
b. Wenn nein, warum nicht?
11. Wie viele illegal eingeführte Tiere mit Qualzuchtmerkmalen wurden in den Jahren 2020,2021,2022,2023 und 2024 bisher in Tierschutzheimen abgegeben? Bitte um Aufschlüsselung nach Tierart.
12. Wie viele der in den Jahren 2020,2021,2022,2023 und 2024 bisher in Tierschutzheimen abgegeben Tiere mit Qualzuchtmerkmalen waren Fundtiere? Bitte um Aufschlüsselung nach Tierheim und Tierart.
13. Plant das Ministerium Aufklärungskampagnen um Menschen, die Hunde erwerben wollen über Qualzuchtmerkmale bei Jungtieren aufzuklären und so einer Kriminalisierung im Fall eines Kaufs eines Jungtiers mit Qualzuchtmerkmalen entgegenzuwirken?
a. wenn ja in welcher Form und ab wann?
b. wenn nein, warum nicht?