18496/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.05.2024
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim,

Genossinnen und Genossen

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Gewalt gegen Frauen – Reformvorschläge der Gewaltschutzzentren – Umsetzung

 

Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben frei von Gewalt. Es ist eine traurige Realität, dass viele Frauen in unserem Land jeden Tag mit der Angst vor Gewalt leben müssen. Sie fürchten sich davor, alleine durch die Straßen zu gehen oder sogar in den eigenen vier Wänden zu sein. Die ÖVP-Frauenministerin hat zu wenig getan, um die Sicherheit von Frauen zu erhöhen. Es braucht endlich den Nationalen Aktionsplan zum Schutz vor Gewalt an Frauen und die Umsetzung der Istanbul-Konvention. Es ist das Recht von Frauen, angstfrei leben zu können. Setzen wir es endlich um.

 

Im Jahr 2023 erlebte Österreich 26 Frauenmorde. Die Polizei verhängte 15.115 Betretungs- und Annäherungsverbote. Fast 35 Prozent der weiblichen Bevölkerung über 15 Jahre erlebte schon einmal körperliche odersexuelle Gewalt, jede vierte eine Form von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Jede fünfte Frau war schon einmal von Stalking betroffen.

 

Die Zahlen sind mehr als alarmierend, es darf keine Zeit mehr verstreichen. Es braucht dringend einen Nationalen Aktionsplan zum Schutz vor Gewalt. Unser Ziel ist eine langfristig angelegte Strategie, wie sie auch vom Rechnungshof bereits eingemahnt wurde: In enger Zusammenarbeit aller Ministerien, der Polizei und Gewaltschutzorganisationen soll Gewalt gegen Frauen verhindert werden.

 

NATIONALER AKTIONSPLAN GEGEN GEWALT AN FRAUEN

Prävention im engeren Sinn wie eine gute Ausstattung der Gewaltschutzeinrichtungen in ganz Österreich, ausreichend Sicherheitskräfte, flächendeckende Hochrisikofallkonferenzen und Gewaltschutzambulanzen in allen Bundesländern – all das muss Teil eines Nationalen Aktionsplans sein, wie die SPÖ ihn umsetzen will.

 

Eine langfristige Strategie muss darüber hinaus alle Maßnahmen beinhalten, die der Bewusstseinsarbeit dienen. Gewalt gegen Frauen hängt eng mit veralteten Rollenbildern und Besitzdenken zusammen. Hier muss schon früh in den Bildungseinrichtungen angesetzt werden. Ebenso ist Gewaltschutz ein wichtiger Teil der Integration. Auch hier ist ein Konzept erforderlich, wie ein modernes Frauenbild und eine gleichberechtigte Partnerschaft als Ziel vermittelt werden. Dazu braucht es gezielte Maßnahmen.

 

ÖSTERREICH MUSS DIE ISTANBUL-KONVENTION UMSETZEN

Einen Nationalen Aktionsplan gab es bereits 2014. Auf den Weg brachte ihn die damalige Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Im Hinblick auf die Istanbul-Konvention, die Österreich als einer der ersten Staaten unterzeichnet hat und die in Österreich 2014 in Kraft getreten ist, wurden damals viele Maßnahmen ausgearbeitet, die Frauen vor Gewalt schützen sollen.

 

Ein herber Rückschlag im Gewaltschutz war die Abschaffung der Hochrisikofallkonferenzen durch die schwarz-blaue Regierung unter dem damaligen Innenminister Herbert Kickl. Die bereits aufgebaute Kooperation der Gewaltschutzeinrichtungen mit der Polizei zur Vermeidung von Femiziden wurde damals zerschlagen. Schritt für Schritt müssen diese seit dem Jahr 2020 wieder aufgebaut werden.

 

Der Bundesverband der Gewaltschutzzentren Österreichs hat im Mai 2022 einen umfangreichen und präzisen Bericht mit Reformvorschlägen, die einen Konnex zum Gewaltschutz, vorgelegt. Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher hinsichtlich der Umsetzung dieser Vorschläge folgende

 

Anfrage:

 

Welche Maßnahmen haben Sie und Ihr Ressort gesetzt, um folgende Vorschläge zur Verbesserung der Situation von Frauen im Bereich des Gewaltschutzes umzusetzen?

Welche gesetzlichen Maßnahmen wurden vorgeschlagen, wann wurden diese in Begutachtung geschickt und wann wurden sie dem Nationalrat jeweils zugeleitet? (Bitte jeweils pro Reformvorschlag beantworten.)

 

1.    Weisungen

          Häusliche Gewalt dient der gewaltausübenden Person häufig dazu, Macht und Kontrolle über sein Opfer herzustellen sowie aufrechtzuerhalten. Dabei handelt es sich um Beziehungsmuster, deren Veränderung von der gewaltausübenden Person im Rahmen von opferschutzorientierter Täterarbeit erlernt werden kann. Weisungen zu opferschutzorientierter Täterarbeit können einen Beitrag dazu leisten, den Schutz und die Sicherheit des Opfers zu erhöhen. Es sollten insgesamt die bestehenden Weisungsmöglichkeiten ausgeweitet und die Rechte der Opfer in diesem Zusammenhang erweitert werden. Insbesondere sollte die gesetzliche Möglichkeit geschaffen werden, dass die Polizei über strafgerichtliche Weisungen in Kenntnis gesetzt wird und bei einem Verstoß dagegen einschreiten kann.

 

2.    Gefährliche Drohung im Kontext häuslicher Gewalt

         Die Begriffsbestimmung und der Tatbestand der gefährlichen Drohung würden für eine strafrechtliche Reaktion auf gefährliche Drohungen im Kontext häuslicher Gewalt ausreichen. Jedoch zeigt sich in der Praxis, dass viele Verfahren eingestellt werden oder ein Freispruch erfolgt. Es ist in diesem Kontext wichtig, die besondere Dynamik von Beziehungsgewalt zu kennen, um die strafrechtliche Relevanz einer Drohung einordnen zu können.

 

3.    Neuer Tatbestand „Fortgesetzte Psychische Gewaltausübung“

          Die derzeitige Gesetzeslage bietet keine ausreichenden Möglichkeiten, um psychische Gewalt zu sanktionieren, da viele Formen psychischer Gewalt nicht unter den Tatbestand der Körperverletzung, der gefährlichen Drohung oder der beharrlichen Verfolgung subsumiert werden können. Angesichts der gravierenden Folgen psychischer Gewalt braucht es diesbezüglich eine gesetzliche Änderung. Viele Betroffene schildern, dass die erlebte psychische Gewalt schwerwiegendere Auswirkungen hat als körperliche Übergriffe. Eine strafrechtliche Sanktionierung von psychischer Gewalt wäre ein deutliches Signal mit weitreichender präventiver Wirkung.

 

4.    Rechtsmittel zur Durchsetzbarkeit der Opferrechte

          Die Rechtsmittelmöglichkeit für Privatbeteiligte besteht nur gegen Freisprüche, wenn ein abgewiesener Beweisantrag einen Nachteil auf den privatrechtlichen Anspruch gehabt haben könnte. Gegen die Verletzung entscheidender Opferrechte ist kein Rechtsmittel möglich. Die Möglichkeit der Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde bei Verstößen gegen Opferrechte (zB Gewährung der Akteneinsicht, Informationsrechte, Recht auf Kontradiktorische Vernehmung, Fortführung des Verfahrens usw) sollte gesetzlich normiert werden.

 

5.     Information über die einzelnen Verfahrensstadien unabhängig von der Inanspruchnahme von Prozessbegleitung

          Nach Art 6 Z 2a EU-Opferschutz-Richtlinie sollten Opfer alle „Informationen über jedwede rechtskräftige Entscheidung erhalten“. Auch Artikel 56 Abs 1 lit c der Istanbul-Konvention normiert für Opfer ein umfassendes Informationsgebot das gesamte Verfahren betreffend. In Österreich wurden entgegen der Istanbul-Konvention Informationsrechte beschränkt (§ 70 Abs 1a StPO). Opfer ohne Prozessbegleitung werden meist nicht über die Verfahrensstadien informiert. Eine automatische Information aller Opfer, unabhängig von der Inanspruchnahme der Prozessbegleitung erscheint geboten.

 

6.     Untersuchungshaft in Hochrisikofällen

          In Hochrisikofällen ist die Verhängung einer Untersuchungshaft unumgänglich, gelindere Mittel stellen einen unzureichenden Opferschutz dar. Die Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes gemäß § 38a SPG als gelinderes Mittel anstelle der Verhängung einer Untersuchungshaft sowie die Enthaftung unter Auferlegung gelinderer Mittel (zB Kontaktverbot) sind im Sinne des Opferschutzes nicht ausreichend. Bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für die Verhängung von Untersuchungshaft sollte in Fällen häuslicher Gewalt ein Vorgehen nach § 173 Abs 5 Z 3 und 4 StPO ausgeschlossen sein.

 

7.          Einstellung des Strafverfahrens und Fortführungsanträge

          Bei Beschlüssen über Einstellungen von Strafverfahren ist eine Zustellung mittels Einschreiben nicht vorgesehen. Daher kommt es vor, dass Opfer keine bzw nicht fristgerecht Kenntnis von der Einstellung erlangen, wodurch ihnen das Recht auf Einbringung eines Fortführungsantrages verwehrt bleiben kann. Darüber hinaus sind die inhaltlichen Anforderungen an einen Fortführungsantrag für unvertretene Opfer mangels Fachwissens kaum zu erfüllen. Die Pauschalkosten iHv € 90,00 bei Zurück- oder Abweisung schrecken Opfer ab. Die Zustellung der Mitteilung durch RSa-Brief sollte normiert, die inhaltlichen Voraussetzungen erleichtert und die Pauschalkosten gestrichen werden.

 

8.     Rücktritt von der Verfolgung (Diversion)

          Bei lange andauernden Gewaltbeziehungen mit klarem Machtungleichgewicht oder wenn schwere Gewalt angewendet wurde, sollten diversionelle Maßnahmen ausgeschlossen sein. Ungeeignet sind in Fällen häuslicher Gewalt insbesondere die gemeinnützige Leistung und die Geldbuße. Weiters sollten diversionelle Erledigungen bei Delikten gegen die sexuelle Integrität nicht möglich sein (Gefahr der Bagatellisierung). Die Bestimmung in § 206 Abs 1 StPO, wonach Opfern vor einem beabsichtigten diversionellen Vorgehen ausreichend Zeit zur Stellungnahme zu geben ist, kommt nach den Erfahrungen der Gewaltschutzzentren in der Praxis kaum zur Anwendung.

 

9.      Verständigungsrecht bei Haftaufschub und Haftantritt

          Opfer haben nach rechtskräftiger Verurteilung im Regelfall keine Information über Zeit und Ort des Haftantritts bzw darüber, ob ein Haftaufschub gewährt wurde. Die Angst, der verurteilten Person zu begegnen, belastet Opfer oft schwer. Es bedarf daher der Schaffung einer Bestimmung, die es ermöglicht, dass Opfer vom Zeitpunkt des Haftantrittes, über einen eventuellen Haftaufschub sowie über den Haftort der verurteilten Person in Kenntnis gesetzt werden.

 

10. Verständigungsrecht bei Entlassung aus der Strafhaft sowie dem Maßnahmenvollzug sowie bei Aus- und Freigängen

          Gewaltbetroffene Opfer leben häufig in großer Sorge vor dem Zeitpunkt, in dem die verurteilte Person nach Verbüßung der Freiheitsstrafe aus der Justizanstalt oder dem Maßnahmenvollzug entlassen wird, während der Verbüßung der Haftstrafe Ausgang erhält oder von der vorläufigen strafrechtlichen Unterbringung abgesehen wird. Es bedarf daher der Erweiterung der derzeit bestehenden Regelung dahingehend, dass Opfer zur Erstellung eines adäquaten Sicherheitsplans rechtzeitig vor dem ersten und jedem weiteren unbewachten Verlassen, ebenso rechtzeitig vor der bevorstehenden Entlassung der verurteilten Person sowie dann, wenn von einer strafrechtlichen Unterbringung vorläufig abgesehen wird, verständigt werden.

 

11. Unterbringungsgesetz

          In der Novellierung des UbG, die mit 01.07.2023 in Kraft tritt, sind Berichtspflichten der Polizei gegenüber der Anstaltsleitung normiert, wenn ein Betretungs- und Annäherungsverbot oder eine Einstweilige Verfügung zum Schutz einer gefährdeten Person erlassen wurde. Diese Regelung ist unbestimmt gehalten, was den Inhalt der diesbezüglichen Information anbelangt. Außerdem fehlt eine Berichtspflicht, was weitere gefährdete Personengruppen (Opfer im Strafverfahren) anbelangt.

 

12. Aufnahme des §382d EO in § 38a SPG

          Bringt eine gefährdete Person nach Anordnung eines Betretungs- und Annäherungsverbotes fristgerecht einen Antrag auf einstweilige Verfügung gemäß § 382d EO ein, kommt es, anders als bei Anträgen gemäß § 382b und § 382c EO, zu keiner Verlängerung des Betretungs- und Annäherungsverbotes. Diese Differenzierung ist nicht nachvollziehbar und kann zu einer Schutzlücke führen.

 

13. Informationspflicht der gefährdenden Person durch die Exekutive

          Wird ein Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt, besteht das Risiko, dass die gefährdende Person von der Antragstellung und somit von der Verlängerung des Betretungs- und Annäherungsverbotes keine Kenntnis erhält. Dies kann ein Sicherheitsrisiko darstellen, das durch Information der gefährdenden Person seitens der Polizei vermindert werden könnte. Eine derartige Informationspflicht ist derzeit im Gesetz nicht verankert.

 

14. Vergleiche

          Wenn Gerichte nicht in Beschlussform über einen Antrag auf einstweilige Verfügung entscheiden, sondern auf einen Vergleich zwischen den Parteien hinsichtlich der Inhalte des Antrags hinwirken, ist weder eine Verlängerung des Vergleichs noch die Exekution durch die Polizei oder die Erhebung eines Rechtsmittels möglich. Über Anträge auf einstweilige Verfügungen gemäß §§ 382b, c und d EO soll nur in Beschlussform entschieden werden.

 

15. Hauptverfahren bei einstweiliger Verfügung gemäß § 382b EO

          Einstweilige Verfügungen gemäß § 382b EO können durch Einleitung eines Scheidungs-, Aufteilungs- oder Räumungsverfahren auf die Dauer des jeweiligen Hauptverfahrens verlängert werden. Auch einstweilige Verfügungen, die dem Kindeswohl dienen, sind nur verlängerbar, wenn die Voraussetzungen für eines dieser Verfahren vorliegen. Aus Gründen der Rechtssicherheit bedarf es einer gesetzlichen Klarstellung, dass eine einstweilige Verfügung für Kinder und Jugendliche durch ein Hauptverfahren im Sinne des § 391 Abs 2 EO verlängert werden kann.

 

16. Pauschalentschädigung für Schmerzensgeld § 6a VOG

          § 6a VOG greift zu kurz, weil eine Pauschalentschädigung nur bei schwerer Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) oder bei Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (§ 85 StGB) vorgesehen ist. Die Folgen sexualisierter Gewalt erreichen zum Zeitpunkt der Begutachtung im Strafverfahren bzw im Verfahren vor dem Sozialministeriumservice oft nicht das Ausmaß einer schweren Körperverletzung iSd § 84 Abs 1 StGB (zB weil das Opfer keine Medikamente oder Psychotherapie in Anspruch nehmen muss), obwohl die psychischen Folgen sexualisierter Gewaltdelikte häufig akute Traumatisierungen sind und zusätzlich die Gefahr von Retraumatisierungen besteht. In solchen Fällen bleiben die Folgen sexualisierter Gewaltausübung unberücksichtigt. Art 30 Abs 2 Istanbul-Konvention und EU-Richtlinie 2004/80/EG zur Entschädigung der Opfer von Straftaten zielen auf eine angemessene staatliche Entschädigung für Opfer ab. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Erhöhung der Entschädigungsbeträge angebracht.

 

17. Erhöhung der Pauschalbeträge

          Art 30 Abs 2 Istanbul-Konvention und EU-Richtlinie 2004/80/EG zur Entschädigung der Opfer von Straftaten zielen auf eine angemessene staatliche Entschädigung für Opfer ab. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Erhöhung der Entschädigungsbeträge, angebracht.

 

18. Beginn und Ende der Hilfeleistungen § 10 VOG

          Um einen Ersatzanspruch bei Krisenintervention, Bestattungskosten und Pauschalentschädigung für Schmerzengeld (§ 2 Z 2a, 8 und 10 VOG) zu wahren, muss binnen drei Jahren nach dem Vorfall ein dementsprechender Antrag gestellt werden. Die Tatsache, dass die Pauschalentschädigung innerhalb einer Frist zu beantragen ist, die mit der Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung zu laufen beginnt, kann besonders schwer traumatisierte Opfer von der Antragstellung ausschließen. Auch zum Tatzeitpunkt minderjährige Opfer, die erst als Erwachsene Anzeige erstatten, bei denen im Strafverfahren keine Begutachtung zur Klärung der Frage des Vorliegens einer schweren Körperverletzung erfolgte, haben keinen Anspruch auf Pauschalentschädigung.

 

19. Juristische Prozessbegleitung auch im Zivilverfahren

          Im Strafverfahren haben Opfer unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung. Im Zivilverfahren ist lediglich die psychosoziale Prozessbegleitung vorgesehen und dies auch nur dann, wenn bereits im vorangegangenen oder parallelen Strafverfahren Prozessbegleitung in Anspruch genommen wurde bzw wird. Um die Prozessbegleitung im Zivilverfahren zu einem effizienteren Instrument auszubauen, bedarf es neben der psychosozialen Prozessbegleitung der gesetzlichen Verankerung eines Anspruchs auch auf juristische Prozessbegleitung.

 

20. Schulungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gesundheitsberufen

          Neben gesetzlichen Anzeige- und Mitteilungspflichten ist es notwendig, das Personal im Gesundheitsbereich zum Thema häusliche Gewalt zu schulen und die Thematik in sämtlichen Ausbildungscurricula zu verankern. Nur mit umfassenden Schulungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheitsberufe ist es möglich, Gewaltbetroffene ausreichend zu unterstützen und ihnen Hilfe anzubieten.

 

 

21. Teilnahme an Opferschutzgruppen

          Die Teilnahme von Vertreterinnen und Vertretern der österreichweit eingerichteten Opferschutzeinrichtungen iSd § 25 Abs 3 SPG (Gewaltschutzzentren) an Treffen von Opferschutzgruppen sollte gesetzlich verankert werden.

 

22. Notwendigkeit der Schaffung von flächendeckenden Gewaltambulanzen

          Opfer von Sexualdelikten schrecken vor einer Strafanzeige oftmals zurück. Die Opferinteressen würden          verbessert werden, wenn es die Möglichkeit geben würde, sich verfahrensunabhängig einer gerichtsmedizinischen Untersuchung mit der damit verbundenen Dokumentation zu unterziehen. Dadurch würden Opfer Zeit gewinnen, um sich zu entscheiden, ob sie eine Anzeige erstatten möchten, weil ihnen durch die Bereitstellung eines flächendeckenden Angebotes neben der klinischen Untersuchung und Behandlung auch eine rechtsmedizinische Spurensicherung ermöglicht würde.

 

23. Gewalt als Ausbildungsinhalt für Richteramtsanwärterinnen und -anwärter und Bezirksanwältinnen und -anwälte

          Die Aus- und Fortbildungen sollen die Themen Ursachen von Gewalt, Gewaltformen, Auswirkungen von Gewalt und Traumatisierung (insbesondere bei Gewalt gegen Frauen und Kinder), Gewaltdynamik, Opfer- und Täterpsychologie, vermitteln, dies bei der theoretischen und auch praktischen Ausbildung der Richteramtsanwärterinnen und -anwärter und Bezirksanwältinnen und -anwälte. Es wäre daher eine Praktikumszeit bei einer Opferschutzeinrichtung in der Dauer von zumindest vier Wochen empfehlenswert.