18661/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.05.2024
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Ist das BMI bereit für das Krisensicherheitsgesetz?

 

Am Höhepunkt der Coronakrise im Oktober 2021 beriefen die Regierungsparteien eine Eilsitzung der Sicherheitssprecher:innen aller Parteien sowie Mitarbeiter:innen des BKA und der relevanten Sicherheitsministerien ein, um die Erarbeitung eines Krisensicherheitsgesetzes (B-KSG) anzukündigen. Um Einigkeit in der wichtigen Frage der Krisenvorbeugung und -Abwehr zu erreichen, wurde allen Parlamentsfraktionen die Möglichkeit gegeben, ihre dringendsten Anliegen vorzubringen. Daraus sollte ein Entwurf entstehen, der im folgenden Februar als Grundlage für weitere Debatten und Verabschiedung eines Gesetzes dienen sollte. 

Weitere Taten folgten, trotz Nachfrage, jedoch lange nicht. Erst ein Jahr nach dem dringlichen Ersttreffen wurde den Oppositionsparteien ein Entwurf vorgelegt, der die Bedenken der Opposition nicht widerspiegelte und daher letztendlich mit den Stimmen der Regierungsparteien allein im Juli 2023 als Bundesgesetz verabschiedet wurde. Das Datum des Inkrafttretens war der 1.1.2024.

Seit der ersten Debatte über die dringliche Notwendigkeit eines derartigen Gesetzes gab es eine Vielzahl von Krisen. Während auf Krisen unverzüglich zu reagieren ist, sollten sie - wo auch immer möglich - verhindert bzw. bei Unabwendbarkeit höchstmögliche Resilienz geschaffen werden. Ein Sicherheitsberater sollte, laut Kanzleramt am 9. Jänner 2024, noch im ersten Quartal das Amt antreten. Die Regierung demonstrierte aber weder ein Gefühl von Dringlichkeit noch eine klare Vorstellung der Qualifikationen des Krisenberaters (https://www.diepresse.com/17975504/der-neue-krisenmodus-sorgt-weiter-fuer-kritik).  

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. § 5. (2) B-KSG legt fest, dass vor Bestellung des stellvertretenden Regierungsberaters der Leiter des Heeres-Nachrichtenamtes, der Leiter des Abwehramtes sowie der Direktor der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst zur Beratung hinzuzuziehen sind.  
    1. Wurde der Direktor der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst bereits zu Beratungen hinzugezogen?

                                          i.    Wenn ja, wann?

                                        ii.    Wenn ja, mit welchem Resultat?

                                       iii.    Wenn nein, warum nicht?

  1. § 7. (6) verlangt die Einrichtung eines Fachgremiums, in dem "unter Mitwirkung des Leiters des Heeres-Nachrichtenamtes, des Leiters des Abwehramtes sowie des Direktors der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst die regelmäßige gesamthafte Beobachtung von für den Verfassungsschutz (§ 1 Abs. 2 des Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetzes [SNG], BGBl. I Nr. 5/2016) sowie den militärischen Nachrichtendienst (§ 20 des Militärbefugnisgesetzes [MBG], BGBl. I Nr. 86/2000) relevanten Entwicklungen im In- und Ausland sowie die Bewertung des diesbezüglichen aktuellen Lagebildes erfolgen."
    1. Wurde dieses Fachgremium bereits eingerichtet? 
    2. Inwieweit unterscheidet sich die Arbeit der DSN in diesem Gremium von der alltäglichen Arbeit dieser Dienste?
    3. Inwieweit unterscheidet sich die Erstellung und Bewertung des aktuellen Lagebildes von der Erstellung, Aktualisierung und Bewertung des Lagebildes, das das BMI bzw. die DSN bereits vor Einrichtung dieses Fachgremiums erstellt, aktualisiert und bewertet hat? 
  1. In § 6. (1) des B-KSG steht zu lesen: "Im Bundesministerium für Inneres wird für die Bundesregierung dauerhaft ein den technischen und sicherheitsrelevanten internationalen Standards sowie den räumlichen und personellen Bedürfnissen entsprechendes Bundeslagezentrum eingerichtet, dessen sichere Erreichbarkeit auch bei einer Krise gewährleistet ist."
    1. Welche Planungsschritte wurden bereits gesetzt, um die Einrichtung dieses Lagezentrums voranzutreiben. Bitte um genaue Beschreibung der Maßnahmen sowie der Daten und der leitenden Beteiligten.
  1. § 7. besagt, dass unter der Leitung des Bundesministers für Inneres ein Fachgremium einzurichten ist, "in dem unter Mitwirkung je eines Vertreters des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers, des für Landesverteidigung zuständigen Bundesministers, des Bundesministers für Justiz und des für auswärtige Angelegenheiten zuständigen Bundesministers die regelmäßige gesamthafte Beobachtung von sicherheitspolitischen Entwicklungen sowie die Analyse und Bewertung des aktuellen sicherheitspolitischen Lagebildes erfolgen."
    1. Wurde dieses Fachgremium eingerichtet?

                                          i.    Wenn ja, wann?

                                        ii.    Wenn ja, zu welchen Daten und zu welchen Themen hat dieses Gremium wann bereits getagt?

                                       iii.    Inwiefern unterscheidet sich dieses Lagebild vom Risikobild, welches das BMLV ständig erstellt und aktualisiert?

  1. § 9. besagt, dass zur "gesamthaften strategischen Koordination von Fragen der Krisenvorsorge und -bewältigung ein Bundes-Krisensicherheitskabinett eingerichtet" werden solle. Diesem gehören der Bundeskanzler und der Vizekanzler sowie die im jeweiligen Wirkungsbereich betroffenen Minister:innen an. 
    1. Wurde ein derartiges Krisensicherheitskabinett eingerichtet?
    2. Zu welchen Themen hat es getagt?
    3. Wer war zu den jeweiligen Tagungen anwesend? 
  1. Weiters verlangt § 10. (4) dass "insbesondere Vertretern der Länder, des Österreichischen Städtebundes, des Österreichischen Gemeindebundes, der Betreiber kritischer Infrastrukturen gemäß § 74 Abs. 1 Z 11 StGB, der Einsatzorganisationen und der Nichtregierungsorganisationen die Teilnahme ermöglicht" werden solle, "wobei in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung bei Einladung eine Teilnahmepflicht der Ländervertreter besteht."
    1. Welche Koordinationsmaßnahmen wurden gesetzt, um im Krisenfall schnell und effektiv mit diesen Institutionen kommunizieren zu können?

                                          i.    Wurden Kontaktpersonen in all den angeführten Institutionen bestimmt? 

1.    Wenn ja, um welche Personen bzw. Funktionen oder Dienststellen handelt es sich jeweils?

2.    Wenn ja, wer hat die Entscheidungen über diese Personen bzw. Funktionen oder Dienststellen getroffen?

                                        ii.    Wer in welchem Ministerium (BKA? BMI? Andere?) koordiniert die Kommunikation bzw. gegebenenfalls die Einberufung dieser designierten Personen?

                                       iii.    Welche Art der schnellen und sicheren Kommunikation für den Krisenfall verbindet die betroffenen Personen bzw. Dienststellen?

  1.  § 12. (1) sieht vor, dass jedes Mitglied der Bundesregierung "im jeweiligen Wirkungsbereich die notwendigen strukturellen Voraussetzungen für ein effektives Management bei einer Krise zu schaffen, erforderliche Schulungen zu veranlassen, Erreichbarkeiten festzulegen, Krisenpläne zur Krisenbewältigung aufzustellen sowie regelmäßige Übungen zur Überprüfung der Krisenpläne durchzuführen [hat], um zu gewährleisten, dass auch bei einer Krise die staatlichen Strukturen so lange wie möglich die für die Bevölkerung notwendigen Leistungen erbringen können. Zudem haben sie ein System zur Qualitätssicherung hinsichtlich der Bewertung der gesetzten Maßnahmen zur Krisenvorsorge einzurichten."
    1. Hat das BMI die notwendigen strukturellen Voraussetzungen gemäß § 12. geschaffen? Bitte um Beschreibung.
    2. § 12. (2) verlangt, dass alle Mitglieder der Bundesregierung im jeweiligen Wirkungsbereich dafür Sorge tragen, "dass entsprechend den gemäß Abs. 1 aufgestellten Krisenplänen erforderliche Hilfsmittel zur Krisenbewältigung sowie systemrelevante Güter im jederzeit einsatzbereiten Zustand zur Verfügung stehen."
    3. Hat das BMI die in seinem Wirkungsbereich erforderlichen Hilfsmittel identifiziert und für die Bereitstellung Sorge getragen?

                                          i.    Bitte um die Beschreibung der für das BMI erforderlichen Hilfsmittel.

                                        ii.    Bitte um Beschreibung, wie diese zur Verfügung gestellt werden und in einsatzbereitem Zustand erhalten werden.

    1. Absatz (3) sieht vor, dass jedes Mitglied der Bundesregierung für das Bundeslagezentrum eine zentrale Kontaktstelle benennt.

                                          i.    Hat das BMI dieser Vorschrift Rechenschaft getragen? Welche zentrale Kontaktstelle wurde wann benannt?