Eingelangt am 16.05.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff,
Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Ist das BMI bereit für das
Krisensicherheitsgesetz?
Am
Höhepunkt der Coronakrise im Oktober 2021 beriefen die Regierungsparteien
eine Eilsitzung der Sicherheitssprecher:innen aller Parteien sowie
Mitarbeiter:innen des BKA und der relevanten Sicherheitsministerien ein, um die
Erarbeitung eines Krisensicherheitsgesetzes (B-KSG) anzukündigen. Um
Einigkeit in der wichtigen Frage der Krisenvorbeugung und -Abwehr zu erreichen,
wurde allen Parlamentsfraktionen die Möglichkeit gegeben, ihre
dringendsten Anliegen vorzubringen. Daraus sollte ein Entwurf entstehen, der im
folgenden Februar als Grundlage für weitere Debatten und Verabschiedung
eines Gesetzes dienen sollte.
Weitere
Taten folgten, trotz Nachfrage, jedoch lange nicht. Erst ein Jahr nach dem
dringlichen Ersttreffen wurde den Oppositionsparteien ein Entwurf vorgelegt,
der die Bedenken der Opposition nicht widerspiegelte und daher letztendlich mit
den Stimmen der Regierungsparteien allein im Juli 2023 als Bundesgesetz
verabschiedet wurde. Das Datum des Inkrafttretens war der 1.1.2024.
Seit
der ersten Debatte über die dringliche Notwendigkeit eines derartigen
Gesetzes gab es eine Vielzahl von Krisen. Während auf Krisen
unverzüglich zu reagieren ist, sollten sie - wo auch immer möglich -
verhindert bzw. bei Unabwendbarkeit höchstmögliche Resilienz
geschaffen werden. Ein Sicherheitsberater sollte, laut Kanzleramt am 9.
Jänner 2024, noch im ersten Quartal das Amt antreten. Die Regierung
demonstrierte aber weder ein Gefühl von Dringlichkeit noch eine klare
Vorstellung der Qualifikationen des Krisenberaters (https://www.diepresse.com/17975504/der-neue-krisenmodus-sorgt-weiter-fuer-kritik).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
- § 5. (2) B-KSG legt fest, dass vor Bestellung des
stellvertretenden Regierungsberaters der Leiter des
Heeres-Nachrichtenamtes, der Leiter des Abwehramtes sowie der Direktor der
Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst zur Beratung hinzuzuziehen
sind.
- Wurde der Direktor der Direktion Staatsschutz und
Nachrichtendienst bereits zu Beratungen hinzugezogen?
i. Wenn
ja, wann?
ii. Wenn
ja, mit welchem Resultat?
iii. Wenn
nein, warum nicht?
- § 7. (6) verlangt die Einrichtung eines Fachgremiums,
in dem "unter Mitwirkung des Leiters des Heeres-Nachrichtenamtes, des
Leiters des Abwehramtes sowie des Direktors der Direktion Staatsschutz
und Nachrichtendienst die regelmäßige gesamthafte
Beobachtung von für den Verfassungsschutz (§ 1 Abs. 2 des
Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetzes [SNG], BGBl. I
Nr. 5/2016) sowie den militärischen Nachrichtendienst
(§ 20 des Militärbefugnisgesetzes [MBG], BGBl. I
Nr. 86/2000) relevanten Entwicklungen im In- und Ausland sowie die
Bewertung des diesbezüglichen aktuellen Lagebildes erfolgen."
- Wurde dieses Fachgremium bereits eingerichtet?
- Inwieweit unterscheidet sich die Arbeit der DSN in diesem
Gremium von der alltäglichen Arbeit dieser Dienste?
- Inwieweit unterscheidet sich die Erstellung und Bewertung
des aktuellen Lagebildes von der Erstellung, Aktualisierung und Bewertung
des Lagebildes, das das BMI bzw. die DSN bereits vor Einrichtung dieses
Fachgremiums erstellt, aktualisiert und bewertet hat?
- In § 6. (1) des B-KSG steht zu lesen: "Im
Bundesministerium für Inneres wird für die Bundesregierung
dauerhaft ein den technischen und sicherheitsrelevanten internationalen
Standards sowie den räumlichen und personellen Bedürfnissen entsprechendes
Bundeslagezentrum eingerichtet, dessen sichere Erreichbarkeit auch bei
einer Krise gewährleistet ist."
- Welche Planungsschritte wurden bereits gesetzt, um die
Einrichtung dieses Lagezentrums voranzutreiben. Bitte um genaue
Beschreibung der Maßnahmen sowie der Daten und der leitenden
Beteiligten.
- § 7. besagt, dass unter der Leitung des
Bundesministers für Inneres ein Fachgremium einzurichten ist,
"in dem unter Mitwirkung je eines Vertreters des Bundeskanzlers, des
Vizekanzlers, des für Landesverteidigung zuständigen Bundesministers,
des Bundesministers für Justiz und des für auswärtige
Angelegenheiten zuständigen Bundesministers die
regelmäßige gesamthafte Beobachtung von sicherheitspolitischen
Entwicklungen sowie die Analyse und Bewertung des aktuellen
sicherheitspolitischen Lagebildes erfolgen."
- Wurde dieses Fachgremium eingerichtet?
i. Wenn
ja, wann?
ii. Wenn
ja, zu welchen Daten und zu welchen Themen hat dieses Gremium wann bereits
getagt?
iii. Inwiefern
unterscheidet sich dieses Lagebild vom Risikobild, welches das BMLV
ständig erstellt und aktualisiert?
- § 9. besagt, dass zur "gesamthaften
strategischen Koordination von Fragen der Krisenvorsorge und
-bewältigung ein Bundes-Krisensicherheitskabinett eingerichtet"
werden solle. Diesem gehören der Bundeskanzler und der Vizekanzler sowie
die im jeweiligen Wirkungsbereich betroffenen Minister:innen an.
- Wurde ein derartiges Krisensicherheitskabinett
eingerichtet?
- Zu welchen Themen hat es getagt?
- Wer war zu den jeweiligen Tagungen anwesend?
- Weiters verlangt § 10. (4) dass "insbesondere
Vertretern der Länder, des Österreichischen Städtebundes,
des Österreichischen Gemeindebundes, der Betreiber kritischer
Infrastrukturen gemäß § 74 Abs. 1 Z 11 StGB, der
Einsatzorganisationen und der Nichtregierungsorganisationen die Teilnahme
ermöglicht" werden solle, "wobei in Angelegenheiten der
mittelbaren Bundesverwaltung bei Einladung eine Teilnahmepflicht der
Ländervertreter besteht."
- Welche Koordinationsmaßnahmen wurden gesetzt, um im
Krisenfall schnell und effektiv mit diesen Institutionen kommunizieren zu
können?
i. Wurden
Kontaktpersonen in all den angeführten Institutionen bestimmt?
1. Wenn ja, um
welche Personen bzw. Funktionen oder Dienststellen handelt es sich jeweils?
2. Wenn ja, wer hat
die Entscheidungen über diese Personen bzw. Funktionen oder Dienststellen
getroffen?
ii. Wer
in welchem Ministerium (BKA? BMI? Andere?) koordiniert die Kommunikation bzw.
gegebenenfalls die Einberufung dieser designierten Personen?
iii. Welche
Art der schnellen und sicheren Kommunikation für den Krisenfall verbindet
die betroffenen Personen bzw. Dienststellen?
- § 12. (1) sieht vor, dass jedes Mitglied der
Bundesregierung "im jeweiligen Wirkungsbereich die notwendigen
strukturellen Voraussetzungen für ein effektives Management bei einer
Krise zu schaffen, erforderliche Schulungen zu veranlassen,
Erreichbarkeiten festzulegen, Krisenpläne zur Krisenbewältigung
aufzustellen sowie regelmäßige Übungen zur
Überprüfung der Krisenpläne durchzuführen [hat], um zu
gewährleisten, dass auch bei einer Krise die staatlichen Strukturen
so lange wie möglich die für die Bevölkerung notwendigen
Leistungen erbringen können. Zudem haben sie ein System zur
Qualitätssicherung hinsichtlich der Bewertung der gesetzten
Maßnahmen zur Krisenvorsorge einzurichten."
- Hat das BMI die notwendigen strukturellen Voraussetzungen
gemäß § 12. geschaffen? Bitte um Beschreibung.
- § 12. (2) verlangt, dass alle Mitglieder der
Bundesregierung im jeweiligen Wirkungsbereich dafür Sorge tragen,
"dass entsprechend den gemäß Abs. 1 aufgestellten
Krisenplänen erforderliche Hilfsmittel zur Krisenbewältigung
sowie systemrelevante Güter im jederzeit einsatzbereiten Zustand zur
Verfügung stehen."
- Hat das BMI die in seinem Wirkungsbereich erforderlichen
Hilfsmittel identifiziert und für die Bereitstellung Sorge getragen?
i. Bitte
um die Beschreibung der für das BMI erforderlichen Hilfsmittel.
ii. Bitte
um Beschreibung, wie diese zur Verfügung gestellt werden und in
einsatzbereitem Zustand erhalten werden.
- Absatz (3) sieht vor, dass jedes Mitglied der
Bundesregierung für das Bundeslagezentrum eine zentrale
Kontaktstelle benennt.
i. Hat
das BMI dieser Vorschrift Rechenschaft getragen? Welche zentrale Kontaktstelle
wurde wann benannt?