1870/J XXVII. GP

Eingelangt am 05.05.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Grenzkontrollen im Zuge der Corona-Krise

 

Im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-Virus kam es in den vergangenen Wochen an vielen europäischen Binnengrenzen zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen bzw. partiellen Grenzschließungen.

Auch Österreich führte in diesem Zusammenhang im März 2020 wieder sukzessive Grenzkontrollen zu Italien (zuvor bereits stichprobenartige Gesundheitstests), zur Schweiz, zu Liechtenstein, Deutschland, Slowenien und Ungarn ein. Chronologisch lässt sich der diesbezügliche Ablauf wie folgt anhand der wichtigsten Punkte zu- sammenfassen:

·        9.3.: Italien erklärt sich selbst zum Sperrgebiet

·        10.3.: erste Gesundheitschecks (stichprobenartige Fiebermessungen) an der Grenze zu Italien 

·        11.3.: Österreich führt Grenzkontrollen zu Italien ein 

·        14.3.: Österreich führt Grenzkontrollen zur Schweiz und zu Liechtenstein ein 

·        19.3.: Österreich führt Grenzkontrollen zu Deutschland, Slowenien und Ungarn ein

Personen, die aktuell aus diesen Ländern nach Österreich einreisen wollen, haben nach entsprechenden Verordnungen nach § 25 Epidemiegesetz des Bundesminis- ters für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ein ärztliches         Zeugnis über ihren Gesundheitszustand mit sich zu führen, das einen negativen mo-lekularbiologischen Test auf SARS-CoV-2 bestätigt. Das Zeugnis darf bei der Einrei- se nicht älter als vier Tage sein. Personen, die ein solches Zeugnis nicht vorlegen  können, wird die Einreise verwehrt (Quelle: BM.I - https://bmi.gv.at/news.aspx?id=314A5A707A4547684D55733D).

Für diese Regelung gelten jedoch folgende Ausnahmen:

• Österreichischen Staatsbürgern oder Personen die ihren Haupt- oder Ne-benwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben, ist es erlaubt einzureisen, wenn sie sich zu einer unverzüglich anzutretenden 14-tägigen selbstüberwachten Heimquarantäne verpflichten
• Die Durchreise durch Österreich ohne Zwischenstopp, sofern die Ausreise sichergestellt ist.
• Der Güterverkehr und der gewerbliche Verkehr (mit Ausnahme der gewerblichen Personenbeförderung) sowie Pendler-Berufsverkehr sind von diesen Maßnahmen nicht betroffen. Das Lenker- und Betriebspersonal verpflichtet sich auf Anordnung der Gesundheitsbehörde einer medizinischen Überprüfung im Hinblick auf das Vorliegen eines Krankheitsverdachtes an COVID-19 zu unterziehen
• Einsatzfahrzeuge im Sinne des § 26 StVO und Fahrzeuge im öffentlichen Dienst sind nicht von den Maßnahmen betroffen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

1.    Warum wurde erst am 10. März 2020 und lediglich mit stichprobenartigen Gesundheitstests an den Grenzen zu Italien begonnen, und dies, obwohl weite Teile Italiens bereits Wochen zuvor unter Quarantäne standen?

2.    Nach welchem Vorgehen wurden Testungen ab 10. März 2020 durchgeführt?

a.    Nach welchen Kriterien wurde die Auswahl der zu testenden Personen getroffen?

                                  i.    Welche Art von Testungen wurden jeweils wann durchgeführt? 

b.    Wurden die Tests gleichermaßen bei Übertritten auf Straßen und im Bahnverkehr vorgenommen?

                                  i.    Wenn nein, inwiefern wurde unterschiedlich agiert?

c.    Wie viele Personen wurden nach diesem Vorgehen getestet?

d.    Wie vielen Personen wurde im Zuge dieser Tests die Einreise nach Österreich auf Grund welcher Kriterien zu welchem Zeitpunkt verwehrt?

e.    Welche Organisationseinheiten führten die Tests durch und wie waren die testenden Personen geschützt?

f.      Wie viele Personen wurden für die Testungen eingesetzt (falls bekannt oder mit geringem Aufwand zu eruieren)? 

3.    Welche Änderungen traten mit 11. März 2020 ein?

4.    Welche Maßnahmen wurde wann in Folge in Bezug auf das "Grenzmanagement" ab März 2020 getroffen, und welche Änderungen traten jeweils im Zeitverlauf ein?

5.    Welche Kontrollen werden aktuell (zum Zeitpunkt der Anfragestellung bzw. Anfragebeantwortung) an jenen Grenzen durchgeführt, die von den Grenzkontrollen betroffen sind, und seit wann ist dies jeweils der Fall?

a.    Werden dabei systematisch alle einreisenden Personen kontrolliert?

                                  i.    Wenn nein, nach welchen Kriterien wird die Auswahl der zu kontrollierenden Personen getroffen?

b.    Werden diese Kontrollen gleichermaßen bei Übertritten auf Straßen und im Bahnverkehr vorgenommen?

c.    In welcher Form und Intensität wurden im zeitlichen Verlauf Identitätskontrollen durchgeführt?

d.    In welcher Form und Intensität wurden im zeitlichen Verlauf Personen- und Fahrzeugkontrollen durchgeführt? 

e.    Wie vielen Personen wurde die Einreise nach Österreich auf Grund der Grenzkontrollen auf Grund welcher Rechtsgrundlagen verwehrt?

f.      Welche Organisationseinheiten führen die Kontrollen durch und wie sind die kontrollierenden Personen geschützt?

g.    Wie viele Personen sind dafür in Einsatz (falls bekannt oder mit geringem Aufwand zu eruieren)?

h.    Werden an Österreichs Grenzen auch weiterhin Gesundheitstests durchgeführt und seit wann ist das jeweils der Fall (bitte bejahendenfalls um genaue Erläuterung, welche Gesundheitstests an welchen Grenzen seit wann und in welchem Ausmaß durch wen durchgeführt werden)? 

6.    Ist ein Ende der Kontrollen abzusehen, bzw. nach welchen Kriterien soll ein solches bestimmt werden?

7.    Wie wird nach der Einreise von österreichischen Staatsbürger_innen oder Personen, die ihren Haupt- oder Nebenwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben sichergestellt, dass diese ihrer Verpflichtung zur 14-tägigen  selbstüberwachten Heimquarantäne nachkommen? 

a.    Wie wird sichergestellt, dass diese Personen von dieser Verpflichtung in Kenntnis sind?

8.    Wie wird aktuell die Ausreise aus Österreich auf ihre Vornahme ohne Zwischenstopp hin überwacht? 

9.    War das Innenministerium über die Maßnahmen, die letztlich in Ischgl gesetzt wurden (Verhängung der Quarantäne am 13. März 2020 und Ausreise ausländischer Personen), informiert?

a.    Wenn ja, über welche Maßnahme wurde das Innenministerium zu welchem Zeitpunkt informiert?

                                  i.    Wenn ja, wer wurde jeweils im Innenministerium informiert und wann trug dieser die Information an Sie heran?

b.    Wenn ja, was war wann Ihre Reaktion auf die Information der jeweiligen Maßnahme?

c.    Wurde seitens der LPD Tirol hinsichtlich des damit verbundenen Einsatzes von Sicherheitsorganen um Unterstützung angefragt?

                                  i.    Wenn ja, wann wurde um welchen Umfang von Unterstützung bei wem angefragt?

                                ii.    Wenn ja, was war wann die Reaktion von wem aus Ihrem Haus auf diese Anfrage?

10. Auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgten in Zusammenhang mit Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz im Paznauntal und in Sankt Anton am Arlberg jeweils wann Einsätze der Sicherheitskräfte?

11. Wann wurde die entsprechende Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck (Geschäftszahl LA-KAT-COVID-EPI/57/9-2020) erstellt, and die betroffenen Gemeinden versandt und wann trat sie in Kraft (bitte jeweils um Uhrzeit der Erstellung, des Versands bzw. der jeweiligen Kundmachungen in den betroffenen Gemeinden)?

12. Wann wurde dem BM.I bzw. den betroffenen Polizeidienststellen die Verordnung erstmalig übermittelt (bitte um genaue Angabe, Datum und Uhrzeit)?

13. Wie wurde vor Einsätzen der Sicherheitskräfte in Zusammenhang mit der Verordnung LA-KAT-COVID-EPI/57/9-2020 sichergestellt, dass diese bereits für die jeweiligen Einsatzorte in Kraft war?

a.    Wenn diese zu irgendeinem Zeitpunkt der Einsätze noch nicht in Kraft war: auf welcher Rechtsgrundlage erfolgten die Einsätze dann?

14. Ist es korrekt, dass inländische TouristInnen auch nach der medial verlautbarten Verhängung der Quarantäne am 13. März 2020 ab 14 Uhr die betroffenen Gebie- te noch verlassen konnten?

a.    Wenn ja: Wie ist dies mit § 1 lit a der Verordnung LA-KAT-COVID-EPI/57/9-2020 vereinbar?

b.    Wenn ja: Lag dies daran, dass die Verordnung zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in Kraft war?

15. Wurde die Ausreise aus Österreich auf ihre Vornahme ohne Zwischenstopp hin aus dem Paznauntal überwacht, unmittelbar bevor dieses am 13. März 2020 unter Quarantäne gestellt wurde bzw. nach dem Ende der Quarantäne? 

a.    Wenn ja, wie erklärt sich, dass offenbar hunderte ausländische Personen, zum Teil für mehrere Nächte, in Tirol verblieben                  (https://www.derstandard.at/story/2000115814867/viele-urlauber-aus-den-quarantaenegebietenblieben-in-tiroler-orten)?

b.    Waren Sie über diese Vorgehensweise informiert bzw. erfolgte diese in Ihrem Auftrag?

c.    Waren Gesundheitsminister Anschober, LH Platter bzw. Bundeskanzler Kurz über diese Maßnahmen jeweils informiert, und wenn ja ab wann und durch wen?

d.    Wenn nein, warum nicht?

16. Wurden bei der Ausreise aus Österreich aus dem Paznauntal auch Gesundheitschecks vorgenommen?

a.    Wenn ja, seit wann und inwiefern (bitte um genaue Erläuterungen zu den vorgenommen Tests: Anzahl, umfassend oder Stichproben, Schutz der testenden Personen, Art der Untersuchung, etc.)?

b.    Waren Sie über diese Vorgehensweise informiert bzw. erfolgte diese in Ihrem Auftrag?

c.    Waren Gesundheitsminister Anschober, LH Platter bzw. Bundeskanzler Kurz über diese Maßnahmen jeweils informiert, und wenn ja ab wann und durch wen?

17. Sind Zeitungsberichte, wonach Touristen in Hotels in Tirol unter Mithilfe der Sicherheitsorgane verteilt wurden, korrekt                                             (https://www.derstandard.at/story/2000115838597/tiroler-behoerden-halfen-     touristen-aus-quarantaenegebieten-zu-verteilen)?

a.    Wenn ja: Wie viele Personen wurden umverteilt, an welche Zielorte wurden diese gebracht und welche genaue Rolle übernahmen die Sicherheitskräf-te auf wessen Anordnung hin?

b.    Waren Sie über diese Vorgehensweise informiert bzw. erfolgte diese in Ihrem Auftrag?

c.    Waren Gesundheitsminister Anschober, LH Platter bzw. Bundeskanzler Kurz über diese Maßnahmen jeweils informiert, und wenn ja ab wann und durch wen?

18. Wie der ORF-Sendung "Am Schauplatz: Ausnahmezustand in Ischgl" vom 2. April 2020 zu entnehmen ist, wurden offenbar durch den Ischgler Gemeindearzt zahl-   reiche Bestätigungen ausgestellt, wonach es bei den jeweils untersuchten Perso-nen keinerlei Verdacht auf eine Infektion mit COVID-19 gäbe und diese auch kei-nerlei Kontakt mit positiv auf COVID-19 getestete Personen gehabt hätten. Laut Aussagen in der genannten Sendung wurden diese Bestätigungen ohne umfassende Untersuchung ausgestellt. Inwiefern erleichterten diese Bestätigungen die Ausreise aus dem Paznauntal, vor bzw. während aufrechter Quarantäne (sie-he https://tvthek.orf.at/profile/Am-Schauplatz/1239/Am-Schauplatz-                      Ausnahmezustand-in-Ischgl/14046890/Am-Schauplatz-Ausnahmezustand-in-Ischgl/14672982)?

a.    Seit wann haben Sie bzw. Ihr Ressort von diesem Umstand Kenntnis und welche Reaktionen setzten Sie in Folge?

19. Wurden durch das BM.I im Zuge des Endes der Semesterferien Ende Febru- ar/Anfang März 2020 und der damit verbundenen Rückkehr tausender italieni-scher Student_innen an Österreichs Universitäten Gesundheitschecks an den Grenzen zu Italien durchgeführt (https://www.oe24.at/oesterreich/chronik/Jetzt-kommen-Tausende-Studenten-aus-Corona-Gebieten-zurueck/419468171)?

a.    Wenn ja, seit wann und inwiefern (bitte um genaue Erläuterungen zu den vorgenommen Tests: Anzahl, umfassend oder Stichproben, Schutz der testenden Personen, Art der Untersuchung, etc.)?

b.    Wenn nein, warum nicht?

c.    Waren Sie über diese Vorgehensweise informiert bzw. erfolgte diese in Ihrem Auftrag?

d.    Waren Gesundheitsminister Anschober, LH Platter bzw. Bundeskanzler Kurz über diese Maßnahmen jeweils informiert, und wenn ja ab wann und durch wen?