18709/J XXVII. GP

Eingelangt am 22.05.2024
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Anfrage

 

der Abgeordneten Jan Krainer, Genossinnen und Genossen

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend „Strohmama-Benko“: Ist es in Österreich normal, dass Superreiche über Schenkungen Steuern umgehen?

 

Der COFAG-Untersuchungsausschuss hat gezeigt, dass Milliardäre in Österreich sehr oft einen geringeren Steuer- und Abgabensatz haben als ganz normale Familien. Nimmt man alle Abgaben zusammen, dann zahlt die österreichische Durchschnittsfamilie von 100 Euro Einkommen rund 40 Euro an Steuern und Abgaben. Milliardäre zahlen oft nur 20 bis 25 Euro für dieselben 100 Euro. Das liegt an zahlreichen, derzeit legalen Steuergestaltungsmöglichkeiten.

Ein besonders drastischer Fall dürfte jener von René Benko sein. Wie die Krone erst Ende April unter dem Titel: „Stroh-Mama: Die geheimen Schenkungen der Mutter“[1] berichtete, hat René Benko offenbar besonders gefinkelte Konstruktionen gewählt. Über Stiftungen in Österreich und Liechtenstein hat Benko demnach Millionen an Euro an seine Mutter ausschütten lassen. Seine Mutter hat lt. Krone Bericht die Millionen aus der Laura Privatstiftung an René Benko weitergeleitet. Unter Benkos Steuerberatern war der Vorgang mehr als umstritten. Sie hatten davor gewarnt, dass durch diesen Vorgang das Risiko einer „rückwirkenden Besteuerung“ der Schenkungen bestünde. Um dies zu vermeiden, gab es offenbar Ratschläge, die Zahlungen zu entkoppeln – sowohl betragsmäßig als auch zeitlich. In praktisch allen anderen Ländern der Europäischen Union wäre der Vorgang allein aus dem Grund schon nicht möglich gewesen, weil die Millionenschenkungen unter ein Besteuerungsregime gefallen wären. Nicht so in Österreich.

Ist es für Milliardäre in Österreich also wirklich so leicht, Steuern zu umgehen? Zuletzt hatte auch ein Fall in einem großen österreichischen Glücksspielkonzern für Aufregung gesorgt. Auch hier steht im Raum, dass Einkommenssteuern dadurch umgangen wurden, dass Einkommen als Schenkungen „getarnt“ wurden, womit beim Schenkungsvorgang selbst kein einziger Euro an Steuern zu zahlen war. Was macht eigentlich die Finanz? Es scheint, als würden ÖVP-Finanzminister diesem Treiben einfach nur zuschauen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

1)    War der geschilderte Sachverhalt der Schenkungen von René Benko an seine Mutter den Finanzbehörden bereits vor der Berichterstattung der Krone bekannt und wenn ja, seit wann (bitte um Auflistung der Empfangszeitpunkte der entsprechenden Schenkungsmeldungen bzw des sonstigen Bekanntwerdens dieser Schenkungen)

2)    Hat das Finanzministerium auf Basis der medial kolportieren Schenkungen (siehe Krone-Bericht) von Benkos Mutter an ihren Sohn irgendeine Art von Amtshandlung gesetzt?

a.     Falls ja, welche Handlung wurde gesetzt?

b.     Falls nein, ist es üblich, dass bei Schenkungen an prominente Multi-Millionäre in solchen Größenordnungen keine (steuer- und finanzrechtlichen) Kontrollen stattfinden?

3)    In wie vielen Fällen kam es durch in der Trend-Reichenliste 2023 genannte Personen in den letzten 10 Jahren (seit 1.1.2015) zu Schenkungen?

a.     Wie hoch war die durchschnittliche Höhe an Schenkungen aus dem betroffenen Personen- bzw. Familienkreis?

b.     Wie hoch war der Durchschnitt der 10% der niedrigsten Schenkungen aus dem betroffenen Personen- bzw. Familienkreis?

c.     Wie hoch war der Durchschnitt der 10% der höchsten Schenkungen aus dem betroffenen Personen- bzw. Familienkreis?

d.     In wie vielen Fällen hat die Finanz eine Kontrollhandlung oder sonstige Prüfung (beispielsweise auf Steuerhinterziehung) veranlasst?

e.     In welcher Höhe wurden Abgaben nachgefordert (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr und Abgabenart)

f.      In wie vielen Fällen wurden von den Finanzbehörden amtswegig Finanzstrafverfahren eingeleitet (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr)?

g.     Wie viele dieser Finanzstrafverfahren endeten mit Strafbescheiden (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr)?

h.     Welche Strafen wurden im Durchschnitt in diesen Strafbescheiden verhängt? (Bitte um Aufschlüsselung nach Jahr)

4)    Wie viele Schenkungen [in Millionenhöhe] an natürliche Personen gab es insgesamt in den letzten 15 Jahren, beginnend mit dem 1.1.2010?

a.     Wie hoch war die durchschnittliche Höhe an Schenkungen aus dem betroffenen Personenkreis (über 1 Mio. Euro)?

b.     Wie hoch war der Durchschnitt der 10% der niedrigsten Schenkungen aus dem betroffenen Personenkreis (über 1 Mio. Euro)?

c.     Wie hoch war der Durchschnitt der 10% der höchsten Schenkungen aus dem betroffenen Personenkreis (über 1 Mio. Euro)?

d.     In wie vielen Fällen hat die Finanz eine Kontrollhandlung oder sonstige Prüfung (beispielsweise auf Steuerhinterziehung) veranlasst?

5)    Haben Millionenschenkungen in den letzten 10 Jahren die Finanz dazu veranlasst, eventuelle Steuerlücken, durch Umgehungskonstruktionen, durch Vorschläge für gesetzliche Maßnahmen oder sonstige Änderungen in der Vollziehung zu schließen?

a.     Falls Ja, welche Maßnahmen waren das?

b.     Falls Nein, sehen Sie einen Bedarf Maßnahmen zu ergreifen und welche wären das?

c.     Welche Maßnahmen wurden ressortintern empfohlen, aber nicht umgesetzt und aus welchen Gründen wurden diese nicht umgesetzt?

6)    Warum lehnen Sie eine Millionärsabgabe bzw. eine Abgabe auf Millionenerbschaften ab, wenn dadurch solche Umgehungen leicht hintanhalten zu wären?



[1] https://www.krone.at/3351521