18714/J XXVII. GP
Eingelangt am 23.05.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Wo bleiben die Reformen für eine bessere Umsetzung von Sanktionen?
In Folge des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine verabschiedete die Europäische Union (EU) insgesamt 13 Sanktionspakete gegen Russland und Belarus und weitere Einzelmaßnahmen. Darunter fallen auch Sanktionen im Finanzbereich, wie der SWIFT-Ausschluss von russischen Banken, Einlagenbeschränkungen für russische Staatsbürger:innen, das Verbot von Transaktionen mit der russischen Zentralbank und ein Verbot der Ausgabe von EUR-Scheinen an russische Staatsbürger:innen oder Institutionen. Das 12. Sanktionspaket umfasst insbesondere die Aufnahme weiterer natürlicher Personen und Unternehmen aus Russland auf die Sanktionsliste sowie neue Ein- und Ausfuhrverbote für russische Waren. Zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine hat die EU ein 13. Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Es beinhaltet weitere Einschränkungen des russischen Zugangs zu Militärtechnologie, z. B. zu Drohnen. Außerdem wurden weitere Unternehmen und Personen, die sich an den russischen Kriegsanstrengungen beteiligen, auf die Sanktionsliste der EU aufgenommen. Damit umfasst die Liste nun mehr als 2.000 Unternehmen und Personen. 1
Dass in den letzten 2 Jahren mehr als 10% der Assets (2 Milliarden von 19 Milliarden insgesamt) von der gesamten EU in Österreich eingefroren wurden, zeugt mehr von der Beliebtheit Österreichs für sanktionierte Russ:innen und russische Firmen als von einer erfolgreichen Umsetzung der Sanktionen. Denn das Gros dieser Vermögen wurde dank automatischer Prozedere eingefroren. Es bedarf aber Willens und fachlichen Wissens der nationalen Behörden, um Umgehungskonstruktionen zu entdecken. Dass dies nicht gelingt, zeigt sich unter anderem daran, dass es nach knapp einem Jahr Angriffskrieg im Grund- und Firmenbuch nur zu sieben Vermögenseinfrierungen gekommen ist2 - dies, obwohl immer wieder Investigativjournalist:innen Versäumnisse aufzeigen - selbst dann kommen die zuständigen Behörden nicht in die Gänge. Hier nur ein Beispiel: Im Juni 2023 wurde der Fall der ominösen Villa in Kitzbühel bekannt, deren Kauf von Arkadi Rotenberg - einem Putin-Freund, der 2014 schon von der EU sanktioniert wurde - finanziert wurde und deren Eigentumsverhältnisse von den Behörden nicht geklärt werden konnten.3 Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall, Alexej Nawalny hat mehrere Fälle in Tirol aufgezeigt.
Im Juni 2023 haben NEOS im Tiroler Landtag folgenden Dringlichkeitsantrag gestellt: „Die Tiroler Landesregierung wird aufgefordert, umgehend, gemeinsam mit Polizei und Verwaltung, das Sanktionengesetz auf Mängel zu evaluieren und im Anschluss mit dem Bundesministerium in Verbindung zu treten, um die identifizierten Mängel für deren sofortige Behebung zu besprechen. Insbesondere muss eine Sanktionseinheit, bestehend aus Ermittler:innen und Jurist:innen, die bei der Generaldirektion für öffentliche Sicherheit angesiedelt ist, mit einer eigenen Sondereinheit für Tirol gegründet werden." Am 5.10.2023 wurde folgende Entschließung im Tiroler Landtag angenommen: "Der Tiroler Landtag fordert die Landesregierung auf, an die Bundesregierung heranzutreten, das Sanktionengesetz zu evaluieren und gegebenenfalls Schritte zur Reformierung des Gesetzes in die Wege zu leiten".4
Bis dato gibt es nur eine "Task Force Sanktionen, welche nur alle paar Wochen zusammentritt. Ihre Zuständigkeit bezieht sich nur auf Sanktionen gegen Russland im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, obwohl genauso iranische und belarussische Personen und Einrichtungen nach diesem Sanktionsregime sanktioniert werden.
In Österreich ist die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) für die Umsetzung der EU-Sanktionen zuständig, für die Überwachung des BMI wiederum insbesondere die DSN. Aber auch vielen anderen Behörden kommen Aufgaben zu - was in der Praxis zu unnötigen Ineffizienzen und Verzögerungen führt. Dieser Zustand erleichtert die Umgehung der Sanktionen. Diese findet meist durch Vermögenstransfers an Familienmitglieder oder durch andere Umgehungskonstruktionen statt. Sie wird auch durch Rechtsanwalts- und Notariatskanzleien ermöglicht, die nicht genau hinsehen oder schlimmer.
Auch problematisch: Die Strafen für rechtswidriges Verhalten sind gering. Das Sanktionengesetz legt bei sanktionswidrigem Verhalten eine Höchststrafe bei Rechtsgeschäften/Transaktionen von einem Jahr bzw. bei der Erbringung von Dienstleistungen an natürliche oder juristische Personen zum Zweck der Ausübung geschäftlicher Tätigkeiten in einem bestimmten Staat von zwei Jahren fest. Diese Straftatbestände werden aber erst erfüllt, wenn der Wert des Rechtsgeschäfts bzw. der Transaktion einen Wert von 100.000 € erreicht. Liegt der Wert darunter, fällt der Sachverhalt nur noch in das Verwaltungsstrafrecht (§§ 11 und 12 Sanktionengesetz).
Art 8 Abs 1 der Verordnung 833/20145 sowie Art 15 Abs 1 der Verordnung 269/20146 besagen, dass die Mitgliedstaaten für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen festlegen und die zur Sicherstellung ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen. "Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.“ Dass die bestehenden Strafbestimmungen diese Erfordernisse erfüllen, darf bezweifelt werden.
In Wahrnehmung dieser Defizite wurde in Ministerien auf der Fachebene eine Reform des Sanktionengesetzes erarbeitet - und leider im Laufe der interministeriellen Verhandlungen verwässert. Selbst das kleine Reformpaket verstaubt in der Lade.
Die bisherige Bilanz der Bundesregierung zur Überwachung und Umsetzung von Sanktionen macht aber klar: Es wäre wichtig, eine Reform des Sanktionengesetzes vorzunehmen.
Denn Fahrlässigkeit und Säumigkeit der Behörden und der Bundesregierung in diesem Bereich hilft nur dem Putin-Regime. Die Bundesregierung möge nicht nur reden, sondern auch handeln.
1) https://germany.representation.ec.europa.eu/news/europaische-kommission-begrusst-13-eu-sanktionspaket-gegen-russland-2024-02-23_de
2) https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/AB/13140
3) https://www.derstandard.at/story/3000000175978/neos-fordern-nach-fall
4) https://portal.tirol.gv.at/LteWeb/public/ggs/ggsDetails.xhtml?id=19945
5) https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02014R0833-20240224
6) https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:02014R0269-20240314
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Wurde auch der Inhalt des Prüfvorbehaltes kundgetan?
i. Waren Personen oder Organisationseinheit in diesen Prozess eingebunden, die nicht Ihrem Ressort oder dem BKA zuzurechnen sind?
i. Gab es auch Kritik/Zweifel in Bezug auf den Prüfvorbehalt?
1. Wenn ja, wer äußerte diese?
i. Wenn ja, wann durch wen und an wen?
i. Waren Personen oder Organisationseinheit in diesen Prozess eingebunden, die nicht Ihrem Ressort oder dem BKA zuzurechnen sind?
i. Gab es auch Kritik/Zweifel in Bezug auf diese Bedingung?
1. Wenn ja, wer äußerte diese?
i. Wenn ja, wann durch wen und an wen?
i. Welche Position nahm das BMEIA jeweils ein?
a. Wenn ja, wer war wann daran beteiligt und was war der genaue Gesprächsinhalt?
1. Welche Position nahm das BMEIA jeweils ein?
b. Wenn nein, warum nicht?
i. Wenn ja, durch wen wann an wen mit welchem Inhalt?
i. Gab es diesbezüglich Gespräche mit anderen Mitgliedern der Task Force?
1. Wenn ja, was war der genaue Gesprächsinhalt und welche Position nahm das BMEIA jeweils ein?
i. Gab es diesbezüglich Gespräche mit anderen Mitgliedern der Task Force?
1. Wenn ja, was war der genaue Gesprächsinhalt und welche Position nahm das BMEIA jeweils ein?
i. Gab es diesbezüglich Gespräche mit anderen Mitgliedern der Task Force?
1. Wenn ja, was war der genaue Gesprächsinhalt und welche Position nahm das BMJ jeweils ein?
i. Welcher Zeitrahmen ist für die Begutachtungsfrist eingeplant?
i. Wenn ja, wer aus welcher Organisationseinheit war wann daran beteiligt und was war der konkrete Gesprächsinhalt?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wenn ja, wer aus welcher Organisationseinheit war wann daran beteiligt und was war der konkrete Gesprächsinhalt?
1. Welche Position nahm das BMEIA jeweils ein?
ii. Wenn nein, warum nicht?