18719/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.05.2024
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Anfrage

 

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

 

an die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie

 

betreffend Regierung ohne Klimaschutzgesetz – was nun?

 

Am 1.1. 2021, also rund ein Jahr nach Regierungsantritt von ÖVP und Grünen, sind die wesentlichen gesetzlichen Vorgaben des Bundesgesetzes zur Einhaltung von Höchstmengen von Treibhausgasemissionen und zur Erarbeitung von wirksamen Maßnahmen zum Klimaschutz (Klimaschutzgesetz – KSG) ausgelaufen. In ihrem Regierungsprogramm bekennen sich ÖVP und Grüne zu einem Klimaschutzgesetz:

„Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Reduktionspfaden bis 2040 und verbindlichen Zwischenzielen bis 2030

– Verbindliche Gesamt- und Sektorziele für alle Sektoren, Pfade, Ressourcen und Maßnahmen-Verantwortlichkeiten

– Verantwortlichkeitsmechanismus zwischen Bund und Ländern für die Zielerreichung und bei Zielverfehlung

– Verbesserter Mechanismus zum Ergreifen von zusätzlichen Maßnahmen bei Zielverfehlung

– Zeitnäheres und laufendes unabhängiges Monitoring der Klimapolitik durch das UBA

– Erarbeitung eines Klimaschutzaktionsplans der Bundesregierung zur konkreten Umsetzung der Maßnahmen“[1]

 

Aber bisher haben sich die Regierungsparteien ÖVP und Grüne noch nicht einmal auf einen Begutachtungsentwurf für ein neues Klimaschutzgesetz einigen können.

Damit gibt es weder gesetzliche Klimaziele, noch Möglichkeiten Maßnahmen in anderen Bereichen anhand von klar definierten Kriterien auf Wirksamkeit und Effizienz zu prüfen. Österreich befindet sich somit im klimapolitischen Blindflug. Leidtragende sind dabei nicht nur das Klima, es sind auch die Arbeitnehmer:innen und Unternehmen. Egal ob es um notwendige Investitionen in Produktionsketten geht oder um soziale Begleitmaßnahmen für einen gerechten Wandel, sie alle stecken wegen des fehlenden Klimaschutzgesetzes fest.

Trotz zahlreicher Aufforderung durch die Klimabewegung, seitens der Wissenschaft, von NGOs, Parteien, etc. ist die Bundesregierung bislang untätig geblieben. Zwischendurch wurde auf Kritik sogar mit dem Verweis, man habe ja ohnehin gültige Klimaziele in Form der EU-Vorgaben, reagiert. Welchen Wert diese Ziele haben, zeigt sich an der ebenso überfälligen Vorlage eines Entwurfs für den Nationalen Energie- und Klimaplan. Hier ist Österreich als einziges EU-Mitglied säumig und befindet sich in einem Vertragsverletzungsverfahren.

Im Zuge der Anfragebeantwortung 16938/AB wurde seitens BM Gewessler auf die Frage nach dem weiteren Zeitplan wie folgt geantwortet:

„Der weitere Fahrplan bis zum Beschluss einer Regierungsvorlage für ein neues Klimaschutzgesetz umfasst den Abschluss der regierungsinternen Gespräche, die Begutachtung, das Einarbeiten von Stellungnahmen nach Begutachtung und die Behandlung im Ministerrat. Der genaue Zeitplan hängt davon ab, bis wann die regierungsinternen Gespräche abgeschlossen sind.“

 

Haben bislang Äußerungen von ÖVP-Regierungsmitgliedern schon große Zweifel am Zustandekommen eines neuen Klimaschutzgesetzes aufkommen lassen, ist nun spätestens nach dem letzten planmäßigen Umweltausschuss am 8. Mai 2024 endgültig klar, dass dieser „Fahrplan“ in der verbleibenden Zeit dieser Legislaturperiode nicht mehr eingehalten werden kann und somit kein ordentlicher Gesetzgebungsprozess für ein Klimaschutzgesetz mehr möglich ist.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

 

1.    Zu welchem Zeitpunkt war Ihnen klar, dass es in dieser Gesetzgebungsperiode kein Klimaschutzgesetz mehr geben wird?

2.    An welchen inhaltlichen Punkten ist eine regierungsinterne Einigung über einen Entwurf für ein Klimaschutzgesetz gescheitert?

3.    Finden derzeit noch regierungsinterne Abstimmungen betreffend ein Klimaschutzgesetz statt?

a.    Wenn ja, mit welchem Ziel?

b.    Wenn nein, wann fand der letzte bisherige Abstimmungstermin zum Klimaschutzgesetz statt?

4.    Mit welchen Bundesministerien fanden die Abstimmungsgespräche über einen Entwurf für ein Klimaschutzgesetz statt?

5.    Welche Einwände gegen die Entwürfe des BMK wurden seitens anderer Ministerien erhoben (bitte um inhaltliche Gliederung und Zuordnung zu den jeweiligen Bundesministerien)?

6.    Welche inhaltlichen Punkte konnten regierungsintern außer Streit gestellt werden?

7.    Gab bzw. gibt es in Ihrem Ressort bzw. innerhalb der Regierung Überlegungen, statt eines neuen Gesetzes zumindest wesentliche Eckpunkte in das bestehende Klimaschutzgesetz einzuarbeiten?

a.    Wenn ja, welche Punkte wären das?

8.    Werden Sie den Letztstand des Entwurfs für ein Klimaschutzgesetz (womöglich mit Begleitdokumenten) veröffentlichen bzw. den im Nationalrat vertretenen Parteien zur Verfügung stellen?

a.    Wenn nein, wie erfolgt die Sicherung der Prozessergebnisse aus über vier Jahren Vorbereitungsarbeit?

9.    Welche Organisationseinheiten innerhalb des BMK waren mit der Ausarbeitung bzw. mit regierungsinternen Abstimmungen in Zusammenhang mit dem Klimaschutzgesetz betraut?

10.  Wie viele Personen waren innerhalb des BMK mit der Ausarbeitung bzw. mit regierungsinternen Abstimmungen in Zusammenhang mit dem Klimaschutzgesetz betraut?

11.  Welche ressortinterne Arbeitsleistung ist seit Beginn dieser Gesetzgebungsperiode in das Projekt Klimaschutzgesetz gesteckt worden?

12.  Welche externen Gutachten/Studien/Einschätzungen/etc. sind in Zusammenhang mit dem Klimaschutzgesetz beauftragt worden (bitte um Auflistung des Titels, des Auftragnehmers / der Auftragnehmerin, der Kosten, des Orts der Veröffentlichung und im Falle der Nicht-Veröffentlichung des jeweiligen Grundes dafür)?

13.  Abseits des Klimaschutzgesetzes gäbe es auch zahlreiche andere strukturelle Maßnahmen zur Verbesserung der Klima-Governance, z.B. ein verpflichtender Klima-Check analog bzw. ergänzend zur Wirkungsorientierten Folgenabschätzung gem. § 17 BHG 2013 oder die Beauftragung des Umweltbundesamtes mit einem zeitnäheren Monitoring der Treibhausgasemissionen. Welche strukturellen Maßnahmen im Bereich der Klima-Governance werden Sie abseits des Klimaschutzgesetzes in dieser Gesetzgebungsperiode noch umsetzen?

14.  Welche Folgen hat aus Ihrer Sicht der Nicht-Beschluss eines neuen Klimaschutzgesetzes?

 



[1] Aus Verantwortung für Österreich. Regierungsprogramm 2020 – 2024. S. 73f.