18744/J XXVII. GP
Eingelangt am 29.05.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Christian Oxonitsch, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend Umsetzung des Migrations- und Mobilitätsabkommens zwischen Österreich und Indien
Im Jänner 2023 verkündete
Außenminister Schallenberg die Einigung auf ein umfassendes Migrations-
und Mobilitätsabkommen mit der Republik Indien, die endgültige
Unterzeichnung folgte ein paar Monate später.[1]
Das Abkommen soll einerseits Rückführungen von indischen
Staatsbürger:innen erleichtern, andererseits soll es die Zahl an indischen
Fachkräften in Österreich steigern. Den Detail-Statistiken Kennzahlen
des BMI ist zu entnehmen, dass die Zahl an ausgereisten indischen
Staatsbürger:innen im Jahr 2023 um etwa 200 auf insgesamt 558 Personen gestiegen
ist. Angesichts von 5.460 negativen Asylentscheidungen für Inder:innen
alleine im Jahr 2022, ist man mit 558 Ausreisen noch weit vom erhoffen Effekt
des Abkommens entfernt.
Ähnlich mager erscheinen die bisherigen Ergebnisse rund um die Steigerung
von indischen Fachkräften in Österreich. Durch bestimmte
Erleichterungen bei Aufenthaltstiteln und einer Beschleunigung der
diesbezüglichen Verfahren soll die Zahl der indischen Fachkräfte in
Österreich gesteigert werden. Als Zielwert werden jährlich mindestens
800 Rot-Weiß-Rot Karten (Plus) angegeben. Angesichts dessen, das im Jahr
2022 – also noch vor Unterzeichnung des Abkommens – bereits 714 RWR-Karten
(Plus) an indische Staatsbürger:innen ausgestellt wurden[2],
handelt es sich um kein besonders ambitioniertes Ziel. Wie die neuesten Zahlen
des Arbeitsmarktservice zeigen, war es für die jetzige Bundesregierung
aber immer noch zu ambitioniert: Im Jahr 2023, in dem das Abkommen in Kraft
trat, wurde mit 714 Karten genau die gleiche Anzahl an indische
Staatsbürger ausgestellt wie im Vorjahr. Die bisher vorliegenden Zahlen
für das Jahr 2024 lassen sogar einen Rückgang vermuten[3]:
Rechnet man die 205 Karten, die in den ersten vier Monaten an indische
Staatsbürger:innen ausgestellt wurden auf das gesamte Jahr hoch, werden
2024 etwa 100 RWR (Plus) Karten weniger ausgestellt als im Vorjahr. Angesichts
dessen, dass die Erstellung internationaler Abkommen mit viel Aufwand und hohen
Kosten verbunden ist, sind die bis dato vorliegenden Ergebnisse mehr als
ernüchternd. Außenminister Schallenberg, der das Abkommen mit Indien
vor einem Jahr noch als „Meilenstein“ bezeichnet hat[4],
wäre gut beraten, ergebnissoffen nach Gründen für die
bisherigen, desaströsen Ergebnisse zu suchen. Stattdessen werden von der
Bundesregierung aber bereits neue Fachkräfte-Abkommen, etwa mit Indonesien[5],
abgeschlossen und medial inszeniert. Solange der bisherige Prozess mit Indien
und die damit verbundenen Missstände nicht grundlegend analysiert wurden,
muss angenommen werden, dass jedes weitere Abkommen ausschließlich der
medialen Inszenierung dient und – so wie auch jenes mit Indien -
sämtliche Ziele klar verfehlen wird.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1. An welchem Datum trat das Abkommen über eine umfassende Partnerschaft für Migration und Mobilität gem Artikel 17 des Abkommens in Kraft?
2. Welche Kosten sind Ihrem Ressort für die Erstellung, Verhandlung und Unterzeichnung des Abkommens angefallen? (Personalaufwand, Reisekosten, Übersetzungskosten, etc.)
3. Gemäß Artikel 5 Absatz 4 des Abkommens werden 800 Rot-Weiß-Rot Karten (Plus) für indische Staatsbürger:innen als jährlicher Mindestwert herangezogen. Dieser Wert wurde bis dato nicht erreicht.
a. Im Falle einer Unterschreitung des Zielwertes ist vorgesehen, dass die gemeinsame Arbeitsgruppe die Situation analysiert und Möglichkeiten zur Verbesserung des Informationsaustausches findet.
i. Welche Ergebnisse brachte diese Analyse?
ii. Welche Schritte wurden zur Verbesserung des Informationsaustausches gesetzt?
b. Eine Änderung bzw. Anpassung des Zielwertes kann von der gemeinsamen Arbeitsgruppe jederzeit beschlossen werden. Wurde die Zahl von 800 Rot-Weiß-Rot Karten (Plus) mittlerweile geändert bzw. angepasst?
4. An mehreren Stellen des Abkommens[6] verpflichtet sich die österreichische Vertragspartei, Anträge auf Einreise und Aufenthalt von indischen Staatsangehörigen „zügig“ oder „so rasch wie möglich“ zu bearbeiten
a. Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt, um eine kürzere Bearbeitungsdauer bei Anträgen auf Einreise und Aufenthalt von indischen Staatsbürger:innen zu erwirken?
b. Wurde die Machbarkeit dieser Zusagen im Vorfeld mit den zuständigen Verwaltungsbehörden (Arbeitsmarktservice, Magistrat, Bezirkshauptmannschaft) abgeklärt?
i. Falls nein: Wie stellen Sie sicher, dass diese Zusagen eingehalten werden?
5. In Artikel 8 Absatz 2 des Abkommens sichern beide Vertragsparteien ihre Bemühungen zu, die Bearbeitung von Anträgen für internationale Mobilität von qualifizierten unternehmensintern transferierten Arbeitskräften zu vereinfachen.
a. Welche Vereinfachungen wurden seit Inkrafttreten des Abkommens in Österreich implementiert?
i. Profitieren ausschließlich indische Staatsbürger:innen von diesen Vereinfachungen?
6. Gemäß Artikel 3 Abs 4 des Abkommens verpflichtet sich die Österreichische Vertragspartei Mittel und Wege zu prüfen, um sicherzustellen, dass Aufenthaltstitel für indische Studierende „so rasch wie möglich“ erteilt werden.
a. Welche Mittel und Wege wurden bisher geprüft? Welche Ergebnisse brachten diese Prüfungen?
7. In Artikel 4 Absatz 4 des Abkommens wird festgehalten, dass die Republik Österreich bestrebt ist, Aktivitäten in Indien zu verstärken, um die Möglichkeiten einer Hochschulbildung in Österreich zu fördern und zu verstärken.
a. Welche Aktivitäten im Bereich österreichische Hochschulbildung wurden seit Inkrafttreten des Abkommens in Indien gesetzt?
b. Wurden seit Inkrafttreten des Abkommens Kooperationsvereinbarungen zwischen österreichischen und indischen Universitäten geschlossen?
i. Falls ja: Wann wurde(n) diese Vereinbarung(en) geschlossen und welche Universitäten sind beteiligt? Was ist Inhalt der Vereinbarung(en)?
8. Gemäß Artikel 15 des Abkommens wird eine gemeinsame Arbeitsgruppe zur Begleitung, Überwachung und Durchführung des Abkommens aus österreichischen und indischen Vertreter:innen eingesetzt.
a. Welche österreichischen Vertreter:innen wurden in diese Arbeitsgruppe entsandt?
b. Wie oft und an welchen Orten trat die Arbeitsgruppe im Zeitraum März 2023 bis Juni 2024 zusammen?
i. Welche Kosten sind Ihrem Ressort im Zusammenhang mit bisherigen Sitzungen der Arbeitsgruppe entstanden? (Reisekosten, Personalaufwand, Übersetzungskosten, etc.)
c. Gemäß Artikel 15 Absatz 1 und 4 des Abkommens, hat die Arbeitsgruppe geeignete Vorschläge zur Verbesserung des Abkommens sowie Vorschläge für Änderungen und Ergänzungen der Anhänge des Abkommens zu unterbreiten.
i. Welche Vorschläge iSd Artikel 15 wurden im Zeitraum März 2023 bis Juni 2024 von der Arbeitsgruppe unterbreitet?
9. Welche Kommunikationsmechanismen zur Überwachung und Begleitung der Umsetzung des Abkommens bestehen zwischen den zuständigen Ministerien (BMEIA, BMI, BMAW, BMBWF)?
a. Wird die Zahl der an indische Staatsbürger:innen ausgestellten Rot-Weiß-Rot Karten (Plus) regelmäßig an das BMEIA übermittelt?
b. Wird die Zahl der durchgeführten Rückführungen von indischen Staatsbürger:innen regelmäßig an das BMEIA übermittelt?
10. Gemäß Artikel 5 Absatz 1 des Abkommens verpflichten sich beide Vertragsparteien, optimale Bedingungen für die Herstellung von Kontakten und den Wissensaustausch zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen in verschiedenen Wirtschaftszweigen zu schaffen
a. Welche „optimalen Bedingungen“ wurden bis dato geschaffen?
b. Hat es bereits einen entsprechenden Austausch gegeben?
c. Sind Sie diesbezüglich bereits an den Gewerkschaftsbund, die Arbeiterkammer oder die Wirtschaftskammer herangetreten?
i. Falls ja: Wann und an welche Einrichtungen? Welche weitere Vorgehensweise ist geplant?
[1] https://www.derstandard.at/story/2000146410489/schallenberg-unterzeichnet-migrationsabkommen-mit-indien
[2] https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/AB/13082/imfname_1530400.pdf
[3] https://www.derstandard.at/story/3000000220073/oesterreich-startete-eine-fachkraefteoffensive-in-indien-heuer-kamen-bisher-gerade-205-inder
[4] https://www.bmeia.gv.at/ministerium/presse/aktuelles/alle/2023/05/schallenberg-meilenstein-in-den-beziehungen-mit-indien-unterzeichnung-des-migrations-und-mobilitaetsabkommens#:~:text=Das%20Abkommen%20ist%20ein%20klares,so%20Au%C3%9Fenminister%20Alexander%20Schallenberg.
[5] https://www.heute.at/s/oesterreich-holt-jetzt-fachkraefte-aus-indonesien-120036440
[6] Artikel 5 Absatz 6, Artikel 3 Absatz 4, Artikel 8 Absatz 5,