18763/J XXVII. GP
Eingelangt am 05.06.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Landesverteidigung
betreffend Reaktionsmiliz
Als die Miliz 2020 erstmalig in der Zweiten Republik im Zuge der Umsetzung der Corona-Maßnahmen einberufen wurde, war der Erfolg überschaubar. Einrückzeiten waren lange, Entschuldigungen viele, und die eingerückten Milizionäre waren für den Einsatz nicht bereit und mussten Zusatztraining absolvieren. Der Einsatz – im Nachhinein vieldiskutiert und evaluiert – zeigte auf, dass die Miliz, die laut Verfassung das Rückgrat der österreichischen Landesverteidigung stellt, nicht ausreichend gut ausgerüstet und ausreichend schnell mobilisierbar ist, und nach Mobilisierung auch nicht sofort einsatzbereit war.
Im Herbst 2023 stellte das Verteidigungsministerium schließlich, als Reaktion auf die Unzulänglichkeiten des bestehenden Systems, die Reaktionsmiliz vor. Diese Einheit innerhalb der bestehenden Milizstruktur soll, um in Notfällen schneller bereit zu sein, innerhalb von 48 bis 72 Stunden im gesamten Bundesgebiet einsatzbereit sein. Soldat:innen dieser Einheit verpflichten sich zunächst für drei Jahre, verlängerbar um ein weiteres Jahr, zu:
• Einrücken innerhalb von 48 Stunden nach formal ausgelöster Aufbietung bei der eigenen Einheit, anschließend Formierung, kurze Einsatzvorbereitung und Einsatz grundsätzlich bis zu drei Monate.
• Übungen von maximal 30 Tage innerhalb von zwei Jahren, mehrere Ausbildungsübungen mit je drei bis vier Tagen (unter Einbeziehung von Wochenenden) pro Jahr.
• Aufrechterhaltung der körperlich, psychisch und gesundheitlichen Einsatzfähigkeit für die Zeit der Verpflichtung.
• Erklärung, nach Maßgabe der persönlichen und familiären Verhältnisse grundsätzlich für drei Jahre keine Befreiungsanträge für Übungen und Einsätze zu stellen.
Der finanzielle Anreiz für eine freiwillige Meldung bei der Reaktionsmiliz beträgt 6.000 Euro im Jahr; ein Eignungstest muss zuvor bestanden werden. Etwa 400 Stellen hätten bis Ende 2023 besetzt werden sollen, die ersten Einheiten sollten Anfang des Jahres 2024 an den Standorten Amstetten, Horn und Spittal an der Drau eingeteilt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Wie viele Freiwillige haben sich bis Ende 2023 zur Reaktionsmiliz gemeldet?
2. Wie viele Freiwillige umfasst die Reaktionsmiliz Stand Beantwortung dieser Anfrage?
3. Ist ein weiterer Ausbau der Reaktionsmiliz geplant? Was ist der Sollstand der Reaktionsmiliz?
4. Die Reaktionsmiliz soll schnell österreichweit einsetzbar sein. Aus welchen Gründen wurden geografisch eher naheliegende Standorte gewählt, statt die Standorte weiter voneinander aufs Bundesgebiet aufzuteilen?
5. Sind weitere Standorte für die Reaktionsmiliz geplant? Welche?
6. Mitglieder der Reaktionsmiliz müssen sich verpflichten, drei Jahre lang innerhalb von 48 bis höchstens 72 Stunden einsatzbereit zu sein, 30 Tage zu üben und im Einsatzfall drei Monate lang im Einsatz zu verbleiben. Lebensumstände (Beruf, Familie, Gesundheit, Familienbetrieb …) ändern sich. Wie kann das BMLV sicherstellen, dass Mitglieder der Einsatzmiliz nicht aufgrund veränderter Lebensumstände ihren Verpflichtungen nicht mehr vollumfänglich nachkommen können?
a. Gibt es Pläne für einen Ausstieg aus der laufenden Verpflichtung, wie z.B. Rückzahlung der Prämie?
7. Auch Mitglieder der 'normalen' Miliz müssen sich zu Übungen und anderen Leistungen verpflichten, können aber mit Begründung entschuldigt werden. Gibt es spezifische Begründungen für Entschuldigung von Übung oder Einsatz bei der Reaktionsmiliz? Wie unterscheiden sich diese von den Entschuldigungsgründen anderer Milizsoldat:innen?
8. Gibt es einen Kriterienkatalog für die Aufrechterhaltung der körperlichen, psychischen und gesundheitlichen Einsatzfähigkeit (wie etwa Gewichtslimits, Einschränkungen des Alkoholkonsums oder Limits bei unfallgefährlichen Sportarten; andere)?
9. Gibt es andere Einschränkungen für die Zeit des Dienstes bei der Reaktionsmiliz, wie z.B. Verbot der Verlegung des Wohnsitzes in Ausland oder familiäre Veränderungen, die die zugesagten Einsätze unmöglich machen würden?
10. Mitglieder der Reaktionsmiliz müssen ihren Arbeitgeber über ihre Bewerbung und die mit der Bewerbung verbundenen Pflichten informieren; dieser muss laut BMLV Webseite "die Kenntnisnahme bestätigen." Was ist mit "Kenntnisnahme bestätigen" gemeint?
a. Kann der Arbeitgeber die Bewerbung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin ablehnen?
b. Kann der Arbeitgeber die Freistellung für Übungen oder Einsätze verweigern?
c. Kann der Arbeitgeber mit Verweis auf die Verpflichtungen bei der Reaktionsmiliz ein Dienstverhältnis beenden bzw. eine Einstellung ablehnen?
i. Wenn nein zu a., b. und/oder c., welche Auswirkungen hat die Bestätigung der Kenntnisnahme?
d. Gibt es klar definierte Kriterien, in Fällen von dringliche und wichtige Verpflichtungen des Dienstnehmer beim Arbeitgeber Übungen oder Einsätzen abgelehnt werden können?
11. Aus welchen Gründen wurde ein Alterslimit von 30 Jahren gesetzt – ein Alter in dem viele Menschen noch Spitzensport betreiben oder im Militär dienen?
12. Ist die Reaktionsmiliz auf Assistenzeinsätze limitiert, oder würde sie auch im Kriegsfall zur Unterstützung des österreichischen Bundesheers in Kampfeinsätzen eingesetzt werden, bis die traditionelle Miliz einsatzbereit ist?
13. Wird es auch eine Reaktionsmiliz für spezifische Aufgaben des ÖBH geben, wie z.B. eine Cybermiliz zur Abwehr einer Cyberbedrohung, die unvorhergesehen den Status einer Souveränitätsbedrohung erreicht?
a. Wenn ja, welche Spezialmilizen werden zu welchem Zeitplan geschaffen?
b. Wenn nein, warum nicht?