18861/J XXVII. GP
Eingelangt am 13.06.2024
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Wie steht es um die Datensicherheit des Bundes?
Datensicherheit und der Schutz kritischer IT-Infrastruktur sind längst zum Rückgrat einer funktionierenden Bundesverwaltung und in weiterer Folge auch der Republik avanciert. Gerade deshalb lässt ein jüngst publizierter Prüfbericht des Rechnungshofes die Alarmglocken schrillen.[1] Darin werden erhebliche Sicherheitsmängel im IT-Bereich in zumindest drei Ministerien konstatiert.
Verbesserungsbedarf sieht der Rechnungshof jeweils bei den IT-Sicherheitsstrategien des Finanz-, Klimaschutz,- und Landwirtschaftsministeriums. Zudem sei im Bundesministeriengesetz zwar die Kompetenz für die Koordination, aber nicht für die Sicherheit der IT explizit erwähnt. Angesichts von rapide zunehmenden Cyberangriffen auf die öffentliche Verwaltung – der RH spricht allein im ersten Quartal 2023 von über 50 Sicherheitsvorfällen – ist davon auszugehen, dass auch andere Ministerien und Behörden in der Verantwortung des Bundes mit derartigen Gefahren konfrontiert sind und vermutlich nicht adäquat auf diese reagieren können. Und diese Gefahren betreffen nicht nur digitale, sondern auch physische Angriffe, etwa auf kritische Infrastrukturen.
Spätestens seit der Sabotage mehrerer Unterseekabel im Roten Meer im Februar dieses Jahres, bei der weltweite Internetverbindungen massiv gestört wurden, dürfte klar ersichtlich sein, dass die globale Vernetzung im Hardwarebereich äußert fragil ist.[2] Nicht auszuschließen ist, dass durch derartige Anschläge auch administrative Dienstleistungen oder gar militärische Infrastruktur betroffen werden. Zwischenfälle dürften aus österreichischer Sicht nicht zu vermeiden sein, besonders wenn sich wichtige IT-Infrastrukturen und -Lösungen im Ausland befinden, wovon mangels transparenter Informationen seitens der Ministerien und Vergleichswerten aus anderen europäischen Staaten ausgegangen werden muss.
Das betrifft auch den digitalen Bereich, etwa was Daten-Backups, Cloud-Storagelösungen und Datenzentren umfasst. Wenn Ministerien und Behörden hochsensible Daten generieren, speichern, verarbeiten, archivieren und/oder löschen, ist vielfach unklar, ob die dafür in Anspruch genommenen digitalen wie physischen Infrastrukturen (Software, Server), etwa über Clouds, in Österreich oder im Ausland befindlich sind. Bekannt ist lediglich, dass durch das Bundesrechenzentrum (BRZ) Cloudlösungen („GovCloud“, „BRZ GoverDrive“) angeboten werden, nicht aber, wo diese Daten letztendlich gespeichert werden.[3]
Daher ist das Ausmaß von Vernetzung, Arbeitsteilung bis hin zum kompletten Archivieren der Daten im Stammland des jeweiligen IT-Anbieters oftmals nur ungenügend bekannt. Das wirft weitere Fragen über Zugriffsmöglichkeiten, Sicherheit und Autonomie im Bereich der IT-Sicherheit auf. Kommt es etwa zu breitangelegten Cyberangriffen auf Verwaltungs-IT-Infrastrukturen, bestünde durchaus auch die realistische Gefahr des Verlustes von hochsensiblen sozialen Daten, was in weiterer Folge etwa eine Auszahlung von Sozialleistungen verunmöglicht (Arbeitslosengeld, Pensionen usw.).
Der sogenannte „Cloud Act“ der USA verpflichtet beispielsweise amerikanische Internet-Firmen und IT-Dienstleister, den US-Behörden auch dann Zugriff auf gespeicherte Daten zu gewährleisten, wenn die Speicherung nicht in den USA erfolgt. Sofern das Unternehmen seinen Sitz in den USA hat bzw. dem US-amerikanischen Recht unterliegt, haben Behörden Zugriff auf sämtliche Unternehmens- und Kundendaten von Cloud- und Kommunikationsanbietern. Der „Cloud Act“ steht damit im krassen Gegensatz zur Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die dem personenbezogenen Datenschutz höchste Priorität beimisst. Für Unternehmen, besonders aber auch Behörden, die ihre Cloud über Anbieter mit Sitz in den USA beziehen, stellt dies ein enormes Sicherheitsrisiko dar. Ähnliche Gefahren dürften bei IT-Anbietern existieren, die aus anderen außereuropäischen Staaten operieren, etwa aus China.
Strategisch aktive Nationen wie Großbritannien schützen ihre administrativen Daten zumindest soweit, als sie etwa US-Techfirmen ausschließlich auf eigenem Territorium Daten zur Verarbeitung überlassen.[4] Auch Israel handhabt dies im Bereich Cloud und Rechenzentren so.[5] Wiederum ist hier die Situation in Österreich unklar.
In diesem Zusammenhang stellt der unterfertigte Abgeordnete an den Bundesminister für Finanzen folgende
Anfrage
9. Wie ist der Stand der NIS-Richtlinien-Umsetzung in Ihrem Ministerium?
Sollten einzelne Antworten einer Vertraulichkeit bzw. Geheimhaltung unterliegen, wird ersucht, diese unter Einhaltung des Informationsordnungsgesetzes klassifiziert zu beantworten.
[1] https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/Meldungen_2024/IT_Sicherheit_in_Ministerien.html
[2] https://www.handelsblatt.com/technik/it-internet/seekabel-im-roten-meer-durchtrennt-bedrohung-fuer-das-internet-in-europa-waechst-01/100020900.html
[3] https://www.brz.gv.at/was-wir-tun/geschaeftsfelder/cloud-solutions.html
[4] https://www.theguardian.com/uk-news/2021/oct/26/amazon-web-services-aws-contract-data-mi5-mi6-gchq
[5] https://www.reuters.com/technology/amazon-invest-72-bln-israel-launches-aws-cloud-region-2023-08-01/