18937/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.06.2024
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Anfrage

der Abgeordneten MMag. Katharina Werner Bakk., Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Klimaschutz‚ Umwelt‚ Energie‚ Mobilität‚ Innovation und Technologie

betreffend Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung - Drei Jahre interministerielle Koordinierungsstelle. Status quo?

 

Jede Österreicher:in wirft jährlich etwa 19 kg Lebensmittel weg. Am häufigsten entsorgt werden Brot, Süß- und Backwaren. Auf Platz zwei der Lebensmittelabfälle kommen Obst und Gemüse. Milchprodukte und Eier rangieren auf Platz drei. Fleisch, Wurstwaren und Fisch folgen auf Platz vier (1) Etwa eine Million Tonnen an Lebensmitteln werden in Österreich jährlich verschwendet, diese lässt sich in fünf Bereiche aufsplitten: Den Privathaushalt, den Außer-Haus-Verzehr, die Verarbeitung, den Supermarkt inklusive Großhandel und die landwirtschaftliche Herstellung. Der größte Verschwender ist mit den erwähnten 19 klg Lebensmitteln pro Person der Privathaushalt mit einem Anteil von 58 Prozent, an zweiter Stelle folgt die Gastronomie sowie der Außer-Haus-Verzehr mit 19 Prozent. An dritter Stelle steht die Verarbeitung mit 14 Prozent. und an vierter Stelle stehen Supermarkt und Großhandel mit etwa neun Prozent Anteil. (2) Die Verschwendung wertvoller Nahrungsmittel feuert Klimakrise und Artensterben an, denn die Herstellung von Lebensmitteln ist energieintensiv und es entstehen erhebliche Mengen an Treibhausgasen. Außerdem nimmt sie viel Fläche in Anspruch, die der Natur dann nicht mehr zur Verfügung steht.(3)

Das Thema wird auch von der Bundesregierung als gesamtgesellschaftliche Herausforderung verstanden, welches in enger Zusammenarbeit mit relevanten Stakeholdern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft angegangen werden soll. Im Juni 2021 hat die Bundesregierung im Ministerrat die Einrichtung einer interministeriellen Koordinierungsstelle gegen Lebensmittelverschwendung beschlossen. Sie hat zum Ziel, eine Strategie und einen Aktionsplan gegen die Lebensmittelverschwendung für Österreich auszuarbeiten. Unter Leitung des Klimaschutzministeriums gehören auch vier weitere Ministerien der Koordinierungsstelle an. Dazu zählen das Ministerium für Landwirtschaft, das Ministerium für Soziales und Gesundheit, das Ministerium für Wirtschaft sowie für Wissenschaft und Forschung.(4) Trotz der Tatsache, dass die Koordinierungsstelle seit drei Jahren arbeitet, sind kaum konkrete Zahlen und Daten über ihre Arbeit oder ihren Outcome verfügbar. Dies erschwert es, die Effektivität und den Fortschritt ihrer Bemühungen zu beurteilen.

In der ersten Sitzung der interministeriellen Koordinierungsstelle wurden laut der Anfragebeantwortung 9931/AB die Organisation und die Zusammenarbeit besprochen und festgelegt. Auch wurden gemeinsame Aufgaben definiert und erste Zeitpläne verfasst. Vor Ende des Jahres 2021 fand laut ebendieser AB eine zweite Sitzung der interministeriellen Koordinierungsstelle statt. Es wurde ein Entwurf der Strategie vorbereitet und Themen mit hoher Priorität zur Reduktion von Lebensmittelabfällen identifiziert. Der Aktionsplan gegen Lebensmittelverschwendung wird im Entwurf als Teil des Abfallvermeidungsprogramms 2022 einer Öffentlichkeitsbeteiligung unterzogen. Gemeinsam mit dem Aktionsplan wurde auch die Strategie gegen Lebensmittelverschwendung veröffentlicht. Im selben Zug werden die ersten Arbeitsgruppen für Detailfragen eingerichtet. Die Arbeitsgruppen werden sich folgenden Themenschwerpunkten widmen: Haftung bei der Weitergabe von Lebensmitteln, unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette, sowie Bildung bzw. Bewusstseinsbildung. Wirklich konkrete Antworten finden sich in der AB an den Hr. Abg. Hechenberger vom Mai 2022 nicht. (5) 

Aus diesem Grund stellten wir NEOS im September 2022 eine Anfrage zum Status Quo der Koordinierungsstelle. Die Anfragebeantwortung ergab, dass die Koordinierungsstelle in den Jahren 2021 und 2022 je zweimal getagt hatte, jedoch gab es zu diesem Zeitpunkt Arbeitsgruppen, wie etwa die Arbeitsgruppe "unlautere Handelsbedingungen" die noch gar nicht getagt hatten. Laut dieser Anfragebeantwortung 12427/AB widmete sich die Arbeitsgruppe "Haftung bei der Weitergabe von Lebensmitteln" der Unterstützung von sozialen Einrichtungen bei der Weitergabe von genussfähigen Lebensmitteln, in der Arbeitsgruppe "Bildung-und Bewusstseinsbildung" hatte man sich auf konkrete Themen und Zielgruppen geeinigt, die behandelt werden sollten. Insbesondere sollten durch die Aktivitäten der Arbeitsgruppenmitglieder die Konsument:innen bei der Vermeidung von Lebensmittelabfällen unterstützt und das Thema insgesamt noch besser in Bildungs- und Ausbildungsschienen mit einfließen. Dazu sollten in den kommenden Sitzungen gemeinsame Aktivitäten angestoßen und die Vernetzung zwischen den Mitgliedern (BOKU, TooGoodTo GO, WKÖ FA Lebensmittelindustrie, WWF, Caritas Wien, Wiener Tafel, Foodsharing/Acker Österreich, Land schafft Leben, Forum Ernährung heute, Amt der Vfbg. Landesregierung, AMA) vorangetrieben werden.  Rechenschaftsberichte der Koordinierungsstelle waren für 2023 geplant. (6)

2023 wurde dann das Abfallvermeidungsprogramm 2023 veröffentlicht. Der 170 Seiten starke Bericht widmet sich zwar unter anderem dem "Handlungsfeld Lebensmittel", die Koordinierungsstelle, beziehungsweise deren Tätigkeiten und Empfehlungen wird aber kaum erwähnt. Lediglich auf Seite 163 findet sich ein Absatz, in dem die beiden Arbeitsgruppen "Haftung bei der Weitergabe von Lebensmitteln, lebensmittelrechtliche Verantwortung" und  "Bildung bzw. Bewusstseinsbildung" erwähnt werden und die Evaluierung des Aktionsprogramms bzw. der Maßnahmenumsetzung für 2024 angekündigt wird. (7) Insgesamt bleiben die Arbeit der Koordinierungsstelle, die Häufigkeit der Zusammenkünfte und der Outcome relativ intransparent. Es ist entscheidend, die Arbeitsweise der Koordinierungsstelle darzulegen, um sicherzustellen, dass die Bemühungen zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung transparent, effektiv und nachhaltig sind. Dies betrifft nicht nur die aktuelle Arbeit, sondern auch die Planung und Umsetzung zukünftiger Maßnahmen.

 

(1)https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/abfall/abfallvermeidung/lebensmittel/oesterreich/haushalte.html#:~:text=Werfen%20Sie%20Lebensmittel%20nicht%20einfach%20weg!&text=Jeder%20%C3%96sterreicher%20und%20jede%20%C3%96sterreicherin,durchschnittlich%20rund%20300%20Euro%20weggeworfen.

(2)https://www.landschafftleben.at/lebensmittelverschwendung

(3)https://www.wwf.at/nachhaltig-leben/lebensmittelverschwendung/

(4) https://infothek.bmk.gv.at/bmk-koordinierungsstelle-gegen-lebensmittelverschwendung/

(5) https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09931/imfname_1444961.pdf

(6) https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVII/J/12790

(7)https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/abfall/aws/bundes_awp/bawp2023.html

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie oft hat die Koordinierungsstelle 2021,2022,2023 und 2024 bisher getagt?
  2. Wie oft haben die einzelnen Arbeitsgruppen bisher getagt?
  3. Welche Mitglieder waren/sind 2021, 2022, 2023 und 2024 in der Arbeitsgruppe "Haftung bei der Weitergabe von Lebensmitteln" vertreten?
    1. Welche Ansätze und Lösungsvorschläge wurden bisher in dieser Gruppe bzw. zu dieser Thematik erarbeitet?
    2. Welche der erarbeiteten Vorschläge wurden bisher in der Praxis umgesetzt?
  1. Welche Mitglieder waren/sind 2021, 2022, 2023 und 2024 sind in der Arbeitsgruppe " unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette" vertreten ?
    1. Welche Ansätze und Lösungsvorschläge wurden bisher zu dieser Thematik erarbeitet?
    2. Welche der erarbeiteten Vorschläge wurden bisher in der Praxis umgesetzt?
  1. Welche Mitglieder waren/sind 2021, 2022, 2023 und 2024 in der Arbeitsgruppe "Bildung- und Bewusstseinsbildung" vertreten?
    1. Welche Ansätze und Lösungsvorschläge wurden bisher zu dieser Thematik erarbeitet?
    2. Welche der erarbeiteten Vorschläge wurden bisher in der Praxis umgesetzt?
  1. Gibt es Rechenschaftsberichte der Koordinierungsstelle?
    1. wenn ja, wo sind diese abrufbar und in welchen Zeitabständen erscheinen sie?
    2. wenn ja, in welchen Zeitabständen werden diese verfasst?
    3. wenn nein, warum nicht?
  1. Gibt es Tätigkeitsberichte der einzelnen Arbeitsgruppen?
    1. wenn ja, sind diese öffentlich zugänglich und abrufbar?
    2. wenn ja, in welchen Zeitabständen werden diese verfasst?
    3. wenn nein, warum nicht?
  1. Was sind die weiteren Pläne der Koordinierungsstelle im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung?
  2. Erfolgt eine Evaluierung der Koordinierungsstelle?
    1. wenn ja, wann und falls sie bereits erfolgte mit welchem Ergebnis?
    2. wenn nein, warum nicht?
  1. Wann ist mit der im Abfallvermeidungsprogramm 2023 angekündigten Evaluierung des Aktionsprogramms bzw. der Maßnahmenumsetzung  und deren Veröffentlichung zu rechnen?
  2. Welchen Anteil hatte die Koordinierungsstelle an den Inhalten des Abfallvermeidungsprogrammes 2023, bzw. wurden die Empfehlungen der Koordinierungsstelle in das Programm mit einbezogen?