18941/J XXVII. GP
Eingelangt am 20.06.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Nina Tomaselli, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Inneres
betreffend Kurz-Fan und ÖVP-Funktionär als Leiter der SOKO Benko
BEGRÜNDUNG
Signa ist die größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. Klar ist: Wir kennen bis jetzt nur die Spitze des Eisbergs und stehen erst am Beginn der Aufklärung. Das Geschäftskonzept Immobilien auf Pump anzuhäufen und mittels massiver Aufwertung und aggressiver Expansion voranzutreiben, wird aller Wahrscheinlichkeit nach für mehrere Beteiligte nicht folgenlos bleiben. Seit Oktober 2022 werden in der Causa Tuchlaubenkomplex und mögliche Interventionen in Strafverfahren ermittelt. Seit der Pleitegeier über der Signa fliegt, dürften noch zahlreiche Verfahren dazu gekommen sein. Darunter Erhebungen, ob es sich bei Benko um den faktischen Geschäftsführer handelte, was zivil- und strafrechtliche Folgen haben könnte.[1] Außerdem bestätigte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Ermittlungen wegen schweren Betrugs bei der Kapitalbeschaffung[2] und Ermittlungen wegen Betrugs gegen René Benko, eine Signa-Gesellschaft und eine weitere Person, wegen mutmaßlicher Vortäuschung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit der Signa-Gruppe.[3]
Anfang März wurde bekannt, dass eigens eine SOKO Signa im Bundeskriminalamt eingerichtet wird.[4] Das ist insofern bemerkenswert, wonach die Bildung von Sonderkommissionen in der Regel auf Bestreben der Justiz erfolgt. Mit dem Aufbau der Soko sei man seit Jahresbeginn beschäftigt. Geplant sei eine Dienststelle in Wien und eine Außenstelle in Tirol. Das Kernteam der SOKO bestehe aus zehn Ermittler:innen mit langjähriger Erfahrung im Bereich der Wirtschaftsermittlung. Die SOKO könne auf bis zu 40 Personen anwachsen, teilte das Innenministerium mit, so berichtete ORF.at Ende März.[5]
Nur zehn Tage später berichtete die Tiroler Tageszeitung in Berufung auf Insider, dass in der Soko Signa Stillstand herrsche, der Aufbau gehe nur schleppend voran, es seien innerhalb der Organisation noch nicht mal Arbeitsaufträge vergeben worden. Bei Signa stehe das Innenministerium auf der Bremse. In Polizeikreisen sei es „unbegreiflich, wie lange man untätig bleibt“. Je mehr Zeit vergehe, desto mehr werde Beschuldigten die Möglichkeit gegeben, Beweise zu vernichten, wird befürchtet.[6]
Nicht nur deshalb lassen die jüngsten Enthüllungen aufhorchen. Wie die Kronen Zeitung und news.at berichteten, ist mit Manuel Scherscher ein ÖVP-Funktionär und bekennender Kurz-Fan zum Leiter der SOKO Signa bestellt worden. Zudem war Scherscher auch Mitarbeiter im Kabinett des früheren Innenministers Sobotka.[7] Die Facebook-Seite von Scherscher zeigt ihn als emsigen ÖVP-Parteianhänger. Im Wahlkampf 2019 bekleidete er sich gleich mehrmals mit der Wir für Kurz-Wahlkampfjacke.
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Quelle: facebook.com
Die Politik hat eine wesentliche Rolle beim Aufstieg des Immobilienjongleurs Benko gespielt. Nicht nur, aber gerade deswegen ist sicherzustellen, dass jegliche Ermittlungsarbeit frei vom Anschein möglicher Befangenheiten vonstattengehen. Einen ausgewiesenen Parteifunktionär in die Position des Organisationsleiters zu bringen, ist deshalb absolut nicht nachvollziehbar.
Es kann zu diesem Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass auch Altkanzler Sebastian Kurz eine Rolle in den Ermittlungen spielen könnte. Die Reisen nach Abu Dhabi geben viele Rätsel auf und in der Causa “Tuchlauben” wird Kurz von Thomas Schmid in dessen Beschuldigteneinvernahmen massiv belastet. Kurz sei von Schmid darüber informiert worden, dass sich dieser um Benkos Steuerangelegenheiten kümmere. Laut Schmid war klar, dass es sich dabei um ein Tätigwerden in unsachlicher Art und Weise handle.[8]
Nach der Meinung der unterzeichnenden Abgeordneten sind sofort Schritte zu setzen, die reibungslose Ermittlungstätigkeiten garantieren können. Mit der Forderung die Allgemeinheit und die Steuerzahler:innen möglichst schadlos zu halten, wird an Sie als zuständiger Minister folgende
A N F R A G E
gestellt:
Falls nein, warum nicht?
Falls nein, warum nicht?
17.1. Falls nein, warum nicht?
18.1. Gibt es dazu Aufzeichnungen im Innenministerium. Falls ja, mit welchem Inhalt?
18.2. Warum wurden dazu keine Akten an den COFAG-Untersuchungsausschuss geliefert?
18.3. Was war der Inhalt der Gespräche?
19.1. Welche Akten finden sich dazu im Innenministerium?
19.2. Welche Informationen liegen Ihnen dazu vor, wer die Kosten für diesen Flug getragen hat?
[1] Kronen Zeitung, 3.4.2024
[2] https://www.justiz.gv.at/wksta/wirtschafts-und-korruptionsstaatsanwaltschaft/medienstelle/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2024/causa-signa-ermittlungen-wegen-schweren-betrugs-bei-kapitalbeschaffung.de5.de.html
[3] https://www.justiz.gv.at/wksta/wirtschafts-und-korruptionsstaatsanwaltschaft/medienstelle/pressemitteilungen/pressemitteilungen-2024/causa-signa-ermittlungen-wegen-schweren-betrugs-bei-kapitalbeschaffung.de5.de.html
[4] https://www.krone.at/3284658
[5] https://tirol.orf.at/stories/3251775/
[6] https://www.tt.com/artikel/30879656/insider-berichten-ueber-stillstand-soko-signa-wirft-einige-fragen-auf
[7] https://www.news.at/a/causa-benko-beziehungen-chef-ermittler
[8] WKStA, 17 St 5/19d, ON 3047a, Beschuldigtenvernehmungen MMag. Thomas Schmid , S. 274