18953/J XXVII. GP
Eingelangt am 21.06.2024
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ANFRAGE
der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner BSc.,
an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft
betreffend Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Einkommensgerechtigkeit für Frauen durch Lohntransparenz garantieren.
Die EU-Richtlinie zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen („Lohntransparenzrichtlinie 2023/970/EU“) ist seit 6. Juni 2023 in Kraft und soll insbesondere Frauen helfen, ihr Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit durchzusetzen. Schon bisher gab es in Österreich die Verpflichtung für Unternehmen in anonymisierter Form alle zwei Jahre Einkommensberichte zu erstellen, doch lassen sich von einzelnen Arbeitnehmer:innen keine konkrete Rückschlüsse auf bestehende Entgeltunterschiede zu einer Vergleichsperson ziehen. Die Vergleichbarkeit der Entgeltsituation zwischen Männern und Frauen ist daher in der Praxis schwer herzustellen und erschwert die Rechtsdurchsetzung in Fällen von Entgeltdiskriminierung.
Die neue Regelung schafft hier Abhilfe und sieht neben der Stärkung der Einkommensberichte auch ein individuelles Auskunftsrecht vor. Damit haben Arbeitnehmer:innen das Recht, Informationen über ihre individuelle Entgelthöhe, sowie auch über die durchschnittliche Entgelthöhe für die Gruppe von Arbeitnehmer:innen, die gleiche oder gleichwertige Arbeiten im Betrieb verrichten. Unternehmen sind verpflichtet, Abhilfe bei jeder Form der Lohndiskriminierung zu schaffen. Außerdem müssen sie gemäß der neuen EU-Richtlinie – wenn der Gender Pay Gap in einer Gruppe von Arbeitnehmerinnern bei mindestens 5 Prozent liegt – eine Entgeltbewertung gemeinsam mit dem Betriebsrat machen. Diese umfasst auch die konkreten Maßnahmen, die das Unternehmen zur Beseitigung der Entgeltunterschiede plant. Die EU-Mitgliedstaaten haben noch zwei Jahre Zeit für die Umsetzung der Lohntransparenzrichtlinie. Dies bietet Österreich die Chance, das Tabu rund um das Thema Entgelt zu durchbrechen, einen Kulturwandel und mehr Entgeltgerechtigkeit durch konkrete Maßnahmen herbeizuführen. Einige Bestimmungen der Richtlinien lassen Interpretationsspielräume offen, weshalb konkrete Antworten der zuständigen Minister:innen erforderlich sind.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachfolgende
Anfrage
1.1. Welche Verwaltungseinheiten, Interessensvertretungen und andere Stakeholder sind bisher in die Diskussionen zur nationalen Umsetzung eingebunden?
1.2. Welche Ergebnisse und Verhandlungsfortschritte gibt es bisher?
1.3. In welcher Form werden wissenschaftliche Expert:innen im weiteren Umsetzungsprozess eingebunden?
1.4 Gibt es einen strukturierten Prozess zu Abstimmungen beim Umsetzungsprozess mit anderen EU-Mitgliedsländern?
1.5. Wie ist der weitere Verhandlungsprozess geplant sowohl nach inhaltlichen und zeitlichen Prioritäten?
2. Wo sollen Aufgaben zur Überwachung und Unterstützung der Anwendung der Richtlinie gem. Artikel 29 in Österreich angesiedelt werden?
2.1. Wie wird sichergestellt, dass die Sozialpartner:innen in der Überwachungsstelle gestaltend vertreten und aktiv eingebunden sind?
3. Nach welchen Vorgaben werden Daten für die Einkommensberichte erhoben?
3.1. Wie wird hier die Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit zwischen Arbeitgebern, Sektoren und Regionen gem. Art. 29 Abs. 3 lit. c sichergestellt?
4. Wie werden Vergütungsstrukturen gem. Art. 4 geprüft und wie wird auf deren Umsetzung und Einhaltung geachtet?
4.1. Wie wird die Einteilung zur Bewertung der gleichen Arbeit auf nationaler Ebene erfolgen, welche dann auch auf alle Unternehmen anwendbar ist?
4.2. Welche Instrumente und Methoden sind gemäß Art. 4 Abs. 2 geplant?
7. Welche Überlegungen gibt es zur konkreten Aufschlüsselung der ergänzenden und variablen Bestandteile des Entgelts, um entsprechend dem Erwägungsgrund 21 alle Geld- und Sachleistungen im Detail abzubilden?
5. Gibt es Überlegungen zur Einführung eines Entgelttransparenzsiegels?
6. Wie werden Unternehmen mit Mitarbeiter:innen in mehreren EU-Ländern bzw. auch Drittländern an unterschiedlichen Standorten bezüglich der Abgrenzung der Unternehmensgröße, Veröffentlichungspflichten, aber auch internationalen Lohngefällen behandelt?
7. Werden Subunternehmen bzw. dauerhafte unternehmerische Zusammenarbeit in die Feststellung der Unternehmensgröße miteinbezogen?
8. In welcher Form soll die Vorgabe aus der Richtlinie, dass Vertragsklauseln, die Arbeitnehmer:innen daran hindern, Löhne offenzulegen, verboten sind, umgesetzt und legistisch ausgestaltet werden?
8.1. Soll diese auch rückwirkend gelten?