Eingelangt am 26.06.2024
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg
Sarre, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend Umsetzung der 15a-Vereinbarung
zur Elementarpädagogik 2022-2027
Im Bereich der Elementarbildung und
Kinderbetreuung gilt seit 1. September 2022 die "Vereinbarung
gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über
die Elementarpädagogik für die Kindergartenjahre 2022/23 bis
2026/27". Diese stellt eine wichtige Grundlage dar für die
Weiterentwicklung der Elementarpädagogik als erstem Abschnitt der Bildungslaufbahn
von Kindern in Österreich.
Die Ziele der gegenständlichen
15a-Vereinbarung waren:
- Stärkung der Rolle der Einrichtungen
als erste Bildungsinstitution
- Ganzheitliche Förderung nach einem
länderübergreifenden Bildungsrahmenplan
- Verbesserung des Übergangsmanagements
zur Volksschule
- Bildung und Erziehung der Kinder nach bundesweit
abgestimmten, empirisch belegten pädagogischen Konzepten
- Verbesserung der Vereinbarkeit von
Familie und Beruf
- Vermittlung der grundlegenden Werte
der österreichischen Gesellschaft
Dazu soll laut Abschnitt I der Vereinbarung
Folgendes umgesetzt werden:
- Förderung des
Entwicklungsstandes und der Kenntnis der Bildungssprache Deutsch
- Ganztägige und ganzjährige
Betreuungsangebote im Sinne des Barcelona-Ziels
der EU und der VIF-Kriterien
- Kostenloses letztes Kindergartenjahr vor Beginn der Schulpflicht
- Bundesweiter Werte- und
Orientierungsleitfaden
- Stärkung der
naturwissenschaftlich-technischen Vorläuferfähigkeiten und des kreativen, emotionalen, psychosozialen und physischen
Entwicklungsstandes der Kinder
In Abschnitt II wurden die Maßnahmen
näher aufgeschlüsselt.
Der Bund trägt gemäß
Abschnitt III die Verantwortung für die Bereitstellung
- der pädagogischen Grundlagendokumente,
- des Zweckzuschusses,
- der Dokumentationsinstrumente zum kindlichen
Entwicklungsstand,
- der Verfahren der Sprachstandsfeststellung
und
- für die Veröffentlichung eines
jährlichen Berichts über die Umsetzungsfortschritte.
Die Länder übernehmen diverse
Dokumentations- und Durchsetzungsverpflichtungen und u.a. auch die Aufgabe,
für die Fort- und Weiterbildung der pädagogischen Fachkräfte im
Bereich der Sprachstandsfeststellung und der frühen sprachlichen
Förderung zu sorgen.
Die Zielsetzungen der 15a-Vereinbarung decken
sich weitgehend mit jenen der Vorgängervereinbarung - wohl u.a. deshalb,
weil sie verhandelt und beschlossen wurde, bevor die alte Vereinbarung
evaluiert worden war. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass einzelne Ziele
nicht nur nicht erreicht wurden, sondern es sogar Rückschritte gab'. Das
gilt insbesondere im Bereich der Deutschkenntnisse, wo die Anzahl der Kinder,
die bei der Schuleinschreibung als nicht ausreichend der deutschen Sprache
mächtig eingestuft wurden, gestiegen statt gesunken ist.
Seit Beginn der neuen Vereinbarung sind nun
zwei Kindergartenjahre vergangen, sodass erste Zwischenergebnisse vorliegen
sollten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Zur Höhe und Ausschöpfung des
Zweckzuschusses des Bundes:
- Welches Budget war/ist 2022, 2023 und 2024
für den Zweckzuschuss vonseiten des Bundes vorgesehen?
- In welchem Ausmaß (absolut und
prozentuell) wurde dieses Budget von den Ländern in den jeweiligen
Jahren insgesamt abgerufen?
- Sofern es nicht zur Gänze abgerufen
wurde: In welchem Ausmaß (absolut und prozentuell) haben die
einzelnen Bundesländer den ihnen zugeteilten Anteil am Zweckzuschuss
in den jeweiligen Jahren abgerufen?
- Sofern es nicht zur Gänze abgerufen
wurde: Welche Gründe dafür konnte das BMBWF in Erfahrung
bringen und welche Schlüsse ergeben sich daraus ggf.?
- Kann das bisher nicht abgerufene Budget im
Laufe der weiteren Geltungsdauer der Vereinbarung vom jeweiligen
Bundesland zur Gänze "aufgeholt" bzw. nachträglich
abgerufen werden?
i. Ist das im Rahmen der Vorgängervereinbarung allen betroffenen
Bundesländern gelungen, oder blieben Gelder bis zum Schluss ungenutzt?
Wenn letzteres, in welchen Bundesländern?
- Gemäß Artikel 14 war vorgesehen,
das der Bundeszuschuss zu mindestens 65 Prozent für den Ausbau des Bildungs-
und Betreuungsangebots und zu mindestens 25 Prozent für die
frühe sprachliche Förderung verwendet wird. Wurde dies
eingehalten? Ist zukünftig geplant, die Aufteilung flexibler zu
gestalten, um den unterschiedlichen Herausforderungen im
großstädtischen und im ländlichen Raum gerecht zu werden?
- In Artikel 14 wurde weiters vereinbart,
dass die Länder je Kindergartenjahr Finanzmittel in der Höhe
von 52,5% des Zweckzuschusses des Bundes zur Verfügung stellen, mit
Ausnahme der Mittel für die Besuchspflicht gemäß Art. 5.
Bitte um Auflistung der geleisteten Kofinanzierungsbeiträge nach
Bundesländern und Jahren.
- Der Zuschuss ist zu mindesten 51 Prozent
für den Ausbau des elementaren Kinderbildungs- und
-betreuungsangebots und zu mindestens 19 Prozent für die frühe
sprachliche Förderung zu verwenden. Die verbleibenden 30 Prozent des
Bundeszuschusses können von den Ländern flexibel für beide
Zwecke verwendet werden. Zu wieviel Prozent haben die einzelnen Bundesländer
den Zuschuss bisher für welchen der beiden Zwecke verwendet?
- Zur frühen sprachlichen
Förderung: In Artikel 4, Punkt 1. der Vereinbarung war
vorgesehen, dass frühe sprachliche Förderung in den
letzten beiden Jahren vor Schuleintritt systematisch durchgeführt und
besser mit der Schnittstelle zur Schule abgestimmt wird.
- Zur Sprachstandsfeststellung wird das
Beobachtungsinstrument BESK verwendet. Wurden/werden vonseiten der
Länder Ressourcen zur Verfügung gestellt, um das Personal
für diese diagnostische Tätigkeit fortzubilden, wie das die Vereinbarung
vorsieht?
i. Wurde vonseiten des Bundes überprüft, ob und wie die
Länder diese Verpflichtung erfüllen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?
- Welche Sprachfördermaßnahmen
wurden gesetzt, wenn mittels BESK ein Förderbedarf erkannt wurde?
i. Welche Maßnahmen waren mit den bestehenden Personalressourcen in
den bestehenden großen Gruppen möglich?
ii. Für welche Maßnahmen wurden einrichtungsinterne
Personalressourcen aufgestockt?
iii. Für welche Maßnahmen wurden externe Personalressourcen (z.B.
mobile Sprachförderkräfte) geschaffen oder aufgestockt?
- Wurde im Sinne einer Best Practice Erhebung
evaluiert, welches der unterschiedlichen Sprachfördermodelle der
Bundesländer (interne Sprachförderkräfte, externe
Sprachförderkräfte, Mischformen, etc.) die beste Wirkung
entfaltet? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
- Wurde die Schnittstelle zur Schule in
Sachen Sprachförderung tatsächlich verbessert? Wenn ja,
inwiefern?
i. Wurden die Anforderungen und Erhebungsmethoden von BESK (Kindergarten)
und MIKA-D (Schule) aufeinander abgestimmt? Wenn nein, ist dies zukünftig
geplant?
ii. Wurden Kindergartenpädagog:innen und Volksschullehrer:innen
hinsichtlich der Anforderungen und Erhebungsmethoden der jeweils anderen
Sprachstandserhebung geschult, um das gegenseitige Verständnis zu
verbessern und Fördermaßnahmen auf einander abzustimmen? Wenn nein,
ist dies zukünftig geplant?
iii. Wurden andere Maßnahmen zur Schnittstellenoptimierung gesetzt?
Wenn ja, welche?
iv. Ist zukünftig geplant, für die Einstufung der Kenntnis der
Unterrichtssprache ergänzend zum punktuellen MIKA-D auch die auf
Langzeitbeobachtung des Kindes basierende Einschätzung durch
die Kindergartenpädagog:innen heranzuziehen?
- Wurde der unter Artikel 15 (2) 2. genannte
Zielzustand erreicht, dass sich die Anzahl der außerordentlichen
Schülerinnen und Schüler in der ersten Schulstufe pro
Bundesland um mindestens 20 Prozent reduziert? Bitte um Auflistung der
prozentuellen Veränderung in den einzelnen Bundesländern seit
Beginn der Laufzeit der Vereinbarung.
- Zum Ausbau der Bildungs- und
Betreuungsangebote: In Artikel 15 (1) waren Zielzustände genannt.
- Wurde die Betreuungsquote für unter
Dreijährige pro Bundesland und Jahr um 1 Prozentpunkt angehoben?
Welche Bundesländer haben dieses Ziel erreicht, welche nicht?
- Wurde der Anteil der drei- bis
sechsjährigen Kinder, die VIF-konforme elementare
Bildungseinrichtungen besuchen, erhöht? Bitte um Auflistung der
prozentuellen Veränderungen pro Kindergartenjahr und Bundesland.
- Zur widmungsgemäßen
Verwendung des Zweckzuschusses:
- In Artikel 19 (5) ist festgelegt,
dass die Länder die Träger der elementaren
Bildungseinrichtungen prüfen und "im Anlassfall dem
Bund über das Prüfergebnis berichten". Wie oft gab es
solche Anlassfälle? Welche Anlassfälle (oder
ggf. Kategorien von Anlassfällen) waren das?
- Ist für den Bund trotz dieser
"anlassbezogenen" Berichterstattung kontinuierlich
nachvollziehbar, wie die Zuschüsse von den einzelnen Gemeinden und
sonstigen Trägerorganisationen verwendet werden?
- Gemäß Artikel 19 (6)
behält sich das BMBWF das Recht vor, während des
Kindergartenjahres unangekündigte Hospitationen durchzuführen
und selbst Einsichtnahmen in die Abrechnungen gemäß Artikel 17
zu nehmen. Wie viele dieser Hospitationen und Einsichtnahmen wurden
durchgeführt, und mit welchem Ergebnis?
- Anlässlich des Rechnungshofberichts
„Frühe sprachliche Förderung in Kindergärten“
vom 28. Mai 2021 wurde in einer Aussendung festgehalten: "Der
Rechnungshof weist weiters darauf hin, dass das Land
Niederösterreich die Zweckzuschüsse für bereits bestehende
Maßnahmen verwendete. Somit finanzierte Niederösterreich schon
bestehende Ausgaben zum Teil mit Bundesmitteln." Wurden solche
Vorgangsweisen im Zuge der neuen 15a-Vereinbarung unterbunden?
i. Wenn ja, wie?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Zum Thema Qualitätssteigerung
und Verbesserung der Rahmenbedingungen: Neben dem quantitativen Ausbau
der Bildungs- und Betreuungsangebote ist vor allem deren qualitative
Verbesserung die zentrale Herausforderung im Bereich der
Elementarpädagogik in Österreich. Österreich hat etwa im
internationalen Vergleich großen Aufholbedarf beim der
Kinderhöchstzahl pro Gruppe, bei der Fachkraft-Kind-Relation und
anderen Qualitätskriterien.
- Trägt die 15a-Vereinbarung zu
Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation bei?
i. Wenn ja, wie messen Sie das und zu welchem Ergebnis kommen Sie für
die einzelnen Bundesländer?
ii. Wenn nein, warum nicht? Wie ist das Ziel einer besseren
Sprachförderung vereinbar mit einer Nicht-Verbesserung der
Fachkraft-Kind-Relation?
- Trägt die 15a-Vereinbarung zur
Reduktion der Kinderhöchstzahl pro Gruppe bei?
i. Wenn ja, wie messen Sie das und zu welchem Ergebnis kommen Sie für
die einzelnen Bundesländer?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Trägt die 15a-Vereinbarung dazu bei,
die Ausbildung der Assistenzkräfte zu vereinheitlichen und zu
verbessern?
i. Wenn ja, wie?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Trägt die 15a-Vereinbarung dazu bei,
die Ausbildung der Leitungskräfte zu vereinheitlichen und zu
verbessern?
i. Wenn ja, wie?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Trägt die 15a-Vereinbarung dazu bei,
multiprofessionelle Teams zur Unterstützung der Pädagog:innen
zu etablieren?
i. Wenn ja, wie?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Zum Thema der Abstimmung mit TSI-Projekt
und Zukunftsfonds des Finanzausgleichs
- Das Ziel bundesweiter
Qualitätsverbesserungen in der Elementarbildung und Kinderbetreuung
wird auch im TSI-Projekt (Technical Support Instrument der EU) zur
Elementarpädagogik verfolgt.
i. Wie ist der aktuelle Status in diesem Projekt? Wann ist mit Ergebnissen
zu rechnen?
ii. In welchem Zusammenhang steht es mit der 15a-Vereinbarung und wie
werden die beiden Schienen koordiniert bzw. aufeinander abgestimmt?
- Neben dem Zweckzuschuss von 200 Mio. Euro
im Rahmen der 15a-Vereinbarung vergibt der Bund seit heuer auch über
500 Mio. Euro als Beitrag zur Elementarpädagogik im Wege des
Zukunftsfonds des Finanzausgleichs an die Bundesländer.
i. Mit welchen Zielen und Qualitätskriterien ist die Vergabe dieser
Zukunftsfonds-Mittel verbunden?
ii. In welchem Zusammenhang steht der Zukunftsfonds mit der
15a-Vereinbarung und wie werden die beiden Schienen koordiniert bzw. aufeinander
abgestimmt?
iii. Wie soll zukünftig das Monitoring und die Evaluierung der beiden
Schienen koordiniert oder zusammengeführt werden?
- Zu einem bundesweiten
Qualitätsrahmen für die Elementarpädagogik
- Ist aus Ihrer Sicht ein bundesweiter
Qualitätsrahmen für die Elementarpädagogik sinnvoll und
notwendig, um die im Regierungsprogramm und in der 15a-Vereinbarung
gesetzten Ziele zu erreichen und nachhaltig abzusichern?
- Haben Sie im Jahr 2024 bisher konkrete
Schritte gesetzt, um einem solchen bundesweiten Qualitätsrahmen
näher zu kommen?
i. Wenn ja, welche?
- Sind für den weiteren Jahresverlauf
2024 konkrete Schritte geplant, um einem solchen bundesweiten
Qualitätsrahmen näher zu kommen?
i. Wenn ja, welche und wann?